Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 III 65



109 III 65

19. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 19. Mai 1983 i.S. Bau + Touristik AG (Rekurs) Regeste

    Verteilung der Mieterträgnisse aus einem verpfändeten Grundstück
(Art. 806 Abs. 1 ZGB und Art. 22 VZG).

    Auf Art. 806 Abs. 1 ZGB können sich nur Gläubiger berufen, die im
Besitz eines gültigen Grundpfandes an der verpfändeten Liegenschaft
sind. Ist der Erwerb von Grundpfandtiteln aufgrund der Bestimmungen des
Bundesbeschlusses über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im
Ausland (BewB) nichtig erklärt worden, so ist dieser Entscheid sowohl
für den Zivilrichter als auch für die Vollstreckungsorgane verbindlich.

Sachverhalt

    A.- Stefan Götz ist Eigentümer einer Liegenschaft in Zollikon,
die mit einem Mehrfamilienhaus überbaut ist. Diese Liegenschaft ist mit
Schuldbriefen im 1. bis 6. Rang belastet. Am 3. Oktober 1973 wurden die
beiden Inhaberschuldbriefe im 4. und 5. Rang im Werte von je Fr. 600'000.--
der Bau + Touristik AG übergeben. Der Schuldbrief im 6. Rang im Werte
von Fr. 1'000'000.-- wurde derselben Firma aufgrund von Darlehensverträgen
vom 26. September, 7. November und 18. Dezember 1974 ausgehändigt.

    Am 9. September 1975 wurde über Stefan Götz der Konkurs eröffnet,
der am 1. November 1977 mangels Aktiven wieder eingestellt wurde. Während
des Konkursverfahrens gingen der Konkursverwaltung Mieterträgnisse aus der
Liegenschaft in Zollikon von Fr. 213'280.10, abzüglich Verteilungskosten,
zu. Nach der Einstellung des Konkurses führte das Betreibungsamt Zollikon
die bereits angestrengten Grundpfandbetreibungen weiter und erstellte
am 6. März 1978 einen vorläufigen Verteilungsplan für die eingegangenen
Mietzinserträgnisse, um Abschlagszahlungen an die Gläubiger ausführen
zu können. Das Betreibungsamt schloss die Bau + Touristik AG von dieser
Verteilung aus, weil es den Erwerb der Schuldbriefe im 4., 5. und 6. Rang
durch diese Gesellschaft als nichtig betrachtete.

    B.- Die Bau + Touristik AG erhob am 9. März 1978 gegen das Vorgehen
des Betreibungsamtes Zollikon beim Bezirksgericht Zürich als unterer
kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde
mit dem Begehren, die drei Schuldbriefe im 4. bis 6. Rang im Werte von 2,2
Millionen Franken seien in den Verteilungsplan aufzunehmen und der ihr an
den eingegangenen Mietzinsen zustehende Teil sei ihr zuzuweisen. Die untere
Aufsichtsbehörde sistierte das Beschwerdeverfahren bis zum Entscheid über
das hängige Bewilligungsverfahren aufgrund des Bundesbeschlusses über den
Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewB), das sich auf
die von der Bau + Touristik AG erworbenen Grundpfandrechte bezog. Mit
zwei Entscheiden vom 5. März 1981 bestätigte das Bundesgericht die
Nichtigkeit der Übertragung der fraglichen Schuldbriefe von Götz auf
die Bau + Touristik AG und wies deren Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab
(siehe BGE 107 Ib 12 ff.). Die untere Aufsichtsbehörde nahm die Sache
deshalb wieder auf und schrieb das Geschäft zufolge Gegenstandslosigkeit
der Beschwerde am 11. November 1981 als erledigt ab.

    Hiegegen erhob die Bau + Touristik AG Rekurs an das Obergericht des
Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde. Sie beantragte
die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Gutheissung ihrer
Beschwerde, eventuell die Sistierung des Verfahrens, bis über ihr
Wiederherstellungsgesuch im Sinne von Art. 22 BewB und über den zwischen
ihr und Götz hängigen Zivilprozess entschieden worden sei. Das Obergericht
wies Rekurs und Beschwerde mit Beschluss vom 8. April 1983 ab.

    C.- Gegen diesen Beschluss führt die Bau + Touristik AG Rekurs
an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie
stellt den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie des
Verteilungsplanes des Betreibungsamtes Zollikon vom 6. März 1978 und
verlangt, dass der auf die Schuldbriefe im 4. bis 6. Rang, lastend auf
der Liegenschaft von Götz, entfallende Anteil an den Mietzinseingängen
zu berechnen, in den Verteilungsplan aufzunehmen und der Rekurrentin,
eventuell dem Faustpfandgläubiger zuzuweisen, subeventuell in
Verwahrung des Betreibungsamtes zu nehmen sei. Die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer weist den Rekurs ab, soweit sie darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Vorinstanz ist gestützt auf Art. 806 Abs. 1 ZGB mit Recht davon
ausgegangen, dass die Ausdehnung der Pfandhaft auf Mietzinsforderungen,
die seit der Konkurseröffnung aufgelaufen sind, nur für Gläubiger
in Frage kommt, die im Besitze eines gültigen Grundpfandes an der
betreffenden Liegenschaft sind. Im vorliegenden Fall steht aufgrund der
rechtskräftigen Entscheidungen des Bundesgerichts vom 5. März 1981 fest,
dass die Rekurrentin kein Pfandrecht an der Liegenschaft von Götz besitzt,
da ihr Erwerb der Schuldbriefe im 4. und 5. Rang nichtig ist und für den
Erwerb des Titels im 6. Rang die Bewilligung gemäss BewB rechtskräftig
verweigert worden ist. Sie ist somit nicht Pfandgläubigerin von Götz,
weshalb ihr auch kein Anteil an den während des Konkursverfahrens
aufgelaufenen Mietzinserträgnissen zukommt.

    Die Rekurrentin beanstandet diese Argumentation der Vorinstanz
nicht. Sie wendet lediglich ein, dass sie ihre Ansprüche an den
Schuldbriefen nicht gänzlich fallengelassen habe, sondern dass über
den Bestand ihrer Rechte an den Zürcher Gerichten noch ein Zivilprozess
hängig sei, dessen Ausgang von den Betreibungsbehörden beachtet werden
müsse. Dieser Einwand ist indessen nicht stichhaltig. Die Rekurrentin
gibt ausdrücklich zu, dass auch der Zivilrichter an die festgestellte
Nichtigkeit des Erwerbs der Schuldbriefe gebunden sei. Der Ausgang
dieses Prozesses ist daher für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung.
Die Rekurrentin könnte an den eingegangenen Mietzinsbetreffnissen
nur teilhaben, wenn ihr Erwerb der entsprechenden Pfandtitel gültig
wäre. Nachdem diese Frage in negativem Sinne entschieden worden ist,
kommt es auch nicht mehr auf den Ausgang des Zivilprozesses an. Dass die
Rekurrentin das Gegenteil behauptet, ist daher unbeachtlich.

Erwägung 4

    4.- Die Rekurrentin wendet ebenfalls zu Unrecht ein, die Frage,
wer berechtigt sei, den Anteil an den Mietzinseingängen zu beanspruchen,
sei noch nicht entschieden worden, auch wenn ihr Erwerb der Schuldbriefe
nichtig sei. Das Betreibungsamt hat vielmehr mit Recht angenommen, dass
die Pfandtitel unter diesen Umständen Götz gehörten, der sie errichtet
habe, und dass folglich Art. 35 Abs. 1 VZG zur Anwendung gelange.

    Vergebens weist die Rekurrentin darauf hin, es sei nicht Sache
der Betreibungsbehörden, über den Bestand eines Rechts zu befinden,
dieser Entscheid stehe vielmehr allein dem Zivilrichter zu. Nicht
die Betreibungsbehörden haben entschieden, dass der Erwerb der drei
Schuldbriefe durch die Rekurrentin nichtig sei, sondern die nach den
Bestimmungen des BewB hiefür zuständigen Instanzen, letztinstanzlich
das Bundesgericht mit seinen Urteilen vom 5. März 1981. Dieser Entscheid
ist sowohl für die betreibungsrechtlichen Behörden und Aufsichtsbehörden
(BGE 88 III 91 und 89 III 81) als auch für den Zivilrichter verbindlich.

Erwägung 5

    5.- Im weiteren macht die Rekurrentin geltend, der Zivilrichter habe
die Auffassung vertreten, die drei Schuldbriefe seien gemäss Art. 22
BewB zu versteigern. In diesem Falle würden aber die Pfandtitel auf einen
Dritten übergehen, in dessen Rechte die angefochtene Verfügung eingreifen
würde. Ein Entscheid, der eine Versteigerung der Schuldbriefe anordnen
würde, liegt jedoch gar nicht vor. Sollte aber trotzdem eine Versteigerung
vorgenommen werden (welche die angeblichen Rechte der Rekurrentin im
übrigen nicht berühren würde), so wäre der Erwerber der Schuldbriefe
erst vom Zeitpunkt des Zuschlags an Grundpfandgläubiger von Götz. Auf die
während der Dauer des Konkursverfahrens, d.h. vom 9. September 1975 bis
zum 1. November 1977, eingegangenen Mietzinserträgnisse könnte er daher
keinerlei Anspruch erheben. Die Rüge der Rekurrentin, die angefochtene
Verfügung des Betreibungsamtes habe auch die Rechte unbeteiligter Dritter
missachtet, ist somit ebenfalls nicht stichhaltig.

Erwägung 6

    6.- Die Rekurrentin behauptet ferner, der angefochtene Beschluss
verstosse gegen Art. 93 und 95 VZG. Sie beruft sich auf Art. 93 Abs. 4 VZG
und macht geltend, die Mietzinssperre sei so lange aufrechtzuerhalten,
bis ihre Klage rechtskräftig erledigt sei. Das bedeute, dass auch keine
Abschlagszahlungen vorgenommen werden dürften. Richtig ist, dass die
Rekurrentin im Anschluss an den Rechtsvorschlag des Schuldners beim
Zivilrichter Klage erhoben hat. Das ändert aber nichts daran, dass
die zuständige Behörde die Nichtigkeit des Erwerbs der Grundpfandrechte
durch die Rekurrentin festgestellt hat, so dass die in Art. 93 Abs. 4 VZG
vorgesehene provisorische Massnahme gegenstandslos ist. Diese Bestimmung
kann selbstverständlich nicht zum Zuge kommen, wenn der Betreibende gar
nicht Grundpfandgläubiger ist.

    Dasselbe gilt auch bezüglich der Anwendung von Art. 95 VZG. Nachdem
die Rekurrentin nicht Grundpfandgläubigerin von Götz ist und demzufolge
aus Art. 806 ZGB keine Rechte ableiten kann, braucht auch ihr Widerspruch
gegen die Verteilung der eingegangenen Mietzinse nicht beachtet zu werden.