Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 IB 190



109 Ib 190

32. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. November
1983 i.S. Dachser Spedition AG gegen Eidg. Zollverwaltung und
Eidg. Zollrekurskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 125 Abs. 2 ZG.

    Gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG ist Voraussetzung der Rückforderung einer
bezahlten Zollabgabe allein die Tatsache, dass die Abgabe ganz oder
teilweise nicht geschuldet ist. Unter dieser Voraussetzung kann der
zuviel bezahlte Betrag innert 60 Tagen seit der Zollabfertigung auf dem
Beschwerdeweg zurückverlangt werden, sofern der Nachweis erbracht wird,
dass die eingeführte Ware der streitigen Abgabe nicht unterliegt.

Sachverhalt

    A.- Die Dachser Spedition AG ersuchte mit Schreiben vom 1.  März 1978
um Rückerstattung des Zollzuschlages für fünf Sendungen Schmelzkäse,
welche sie anfangs Januar 1978 eingeführt hatte. Sie legte entsprechende
Ausfuhrbescheinigungen bei. Die Zollbehörden lehnten diese Rückerstattung
im wesentlichen mit der Begründung ab, dass die für die Befreiung vom
Zollzuschlag massgebenden Ausfuhrbescheinigungen bei der definitiven
Verzollung nicht vorgelegt worden seien. Das Bundesgericht heisst die
Beschwerde der Zollzahlungspflichtigen gut, aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführerin verlangt die Rückerstattung des
Zollzuschlages von insgesamt Fr. 28'664.40, den sie für die fünf Sendungen
Schmelzkäse, welche sie zwischen dem 4. Januar und dem 15. Februar 1978
einführte, entrichtet hat.

    a) Die Rückerstattung und Rückforderung nicht geschuldeter
Zollzahlungen werden in Art. 125 ZG geregelt. Nach Art. 125 Abs. 1 ZG
ist der zuviel bezahlte Zollbetrag von Amtes wegen zurückzuerstatten,
wenn bei der amtlichen Nachprüfung der Zollabfertigungen Unrichtigkeiten
festgestellt werden, die eine Zollzahlung als ganz oder teilweise nicht
geschuldet erscheinen lassen. Art. 125 Abs. 2 ZG bestimmt:

    "Die Rückforderung einer Abgabe durch den Zollpflichtigen kann, soweit
   es sich nicht um die in den Artikeln 16 und 18 vorgesehene Rückvergütung
   handelt, nur im Wege der Beschwerde gegen die Festsetzung der Abgabe
   erfolgen. Stützt sich die Rückforderung auf einen Rechnungsfehler,
   so beträgt die Rückforderungsfrist ein Jahr."

    Die Frist für die erste Beschwerde gegen die Zollabfertigung beträgt
60 Tage und läuft von der Zollabfertigung an (Art. 109 Abs. 2 ZG). Die
Rückforderung einer ganz oder teilweise nicht geschuldeten Abgabe hat
demgemäss binnen 60 Tagen zu erfolgen, wobei in der Beschwerde Zeit,
Grund und Betrag der geleisteten Zahlung genau anzugeben und die bei der
Bezahlung erhaltenen amtlichen Ausweise beizulegen sind (Art. 150 Abs. 1
ZV). Bei der Gutheissung der Beschwerde wird dem Berechtigten der zuviel
bezahlte Betrag von Amtes wegen zugesandt (Art. 150 Abs. 2 ZV).

    b) Art. 125 Abs. 2 ZG beruht auf dem nämlichen Gedanken, der auch der
zivilrechtlichen Bereicherungsklage wegen Bezahlung einer Nichtschuld
(Art. 63 OR) zugrundeliegt. Im Unterschied zur zivilrechtlichen
Rückforderungsklage verlangt Art. 125 ZG jedoch keinen Irrtum seitens
des Rückforderungsberechtigten. Voraussetzung der Rückerstattung ist
allein die Tatsache, dass eine bezahlte Abgabe ganz oder teilweise nicht
geschuldet ist (vgl. BLUMENSTEIN, Grundzüge des schweizerischen Zollrechts,
Bern 1931, S. 43). Unter dieser Voraussetzung kann der zuviel bezahlte
Betrag innert 60 Tagen seit der Zollabfertigung im Wege der Beschwerde
zurückverlangt werden. Aus einer beiläufigen Bemerkung in einem früheren
Urteil könnte zwar geschlossen werden, die Rückerstattung gemäss Art. 125
Abs. 2 ZG setze entsprechend der zivilrechtlichen Bereicherungsklage
einen Irrtum des Zollzahlungspflichtigen voraus (vgl. BGE 106 Ib 220
E. 2b). Das Bundesgericht hatte im erwähnten Entscheid die Tragweite von
Art. 126 ZG - nicht von Art. 125 ZG - zu beurteilen; im Gegensatz zu Art.
125 setzt aber die Nachforderung zu Lasten des Zollpflichtigen gemäss
Art. 126 ZG ausdrücklich einen Irrtum der Zollverwaltung voraus. Soweit
aus diesem Präjudiz auf eine andere Auslegung von Art. 125 ZG geschlossen
werden könnte, ist daran nicht festzuhalten.

    c) Die Vorinstanz leitet aus Art. 31 Abs. 1 ZG in Verbindung mit
Art. 35 Abs. 2 ZG ab, dass Ausfuhrbescheinigungen, welche den Anspruch auf
Ermässigung der Zollabgabe belegen, mit dem Abfertigungsantrag vorzulegen
sind und dass der Aussteller der Deklaration deren Verbindlichkeit gegen
sich gelten lassen muss, sofern er nicht gemäss Art. 40 Abs. 1 ZG in
Verbindung mit Art. 68 ZV die provisorische Verzollung beantragt hat. Nach
Art. 40 Abs. 1 ZG werden zur Überführung in den freien Verkehr bestimmte
ausländische Waren provisorisch verzollt, wenn deren endgültige Abfertigung
im Zeitpunkt der Anmeldung zur Einfuhr nicht tunlich erscheint. Es
ist zwar nicht ausgeschlossen und wird in der Regel zweckmässig sein,
eine provisorische Abfertigung vorzunehmen, wenn der Zollpflichtige
Bescheinigungen nicht vorlegen kann, welche eine Reduktion der Abgaben
belegen sollen. Diese Möglichkeit der provisorischen Verzollung schliesst
indessen die Rückforderungsklage gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG nicht aus.
Die Rückerstattung zuviel bezahlter Abgaben nach Art. 125 ZG setzt im
Gegenteil die definitive Bezahlung (nicht die blosse Sicherstellung) der
Abgaben und damit die definitive Abfertigung voraus. Die Verbindlichkeit
der Deklaration für den Aussteller im Sinne von Art. 35 Abs. 2 ZG bedeutet
entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht, dass eine Rückforderung auf
dem Beschwerdeweg und innerhalb der Beschwerdefrist ausgeschlossen wäre.

    d) Dass die Rückerstattung zuviel bezahlter Zollabgaben gemäss Art. 125
Abs. 2 ZG grundsätzlich zulässig ist, wenn nach der Abfertigung und
innerhalb der Beschwerdefrist Belege über die Befreiung von Zollzuschlägen
eingereicht werden, bedeutet freilich nicht, dass die Zollbehörden die
entsprechenden Beträge aufgrund solcher Belege ohne weiteres auszahlen
müssten. Der Zollpflichtige hat den Beweis dafür zu erbringen, dass bei der
Abfertigung ein zu hoher Abgabebetrag bezahlt worden ist. Sofern er diese
Tatsache durch nachträglich eingereichte Belege nicht mit hinreichender
Sicherheit nachweisen kann - weil etwa eine Kontrolle der eingeführten
Ware nicht mehr möglich ist - ist die Rückerstattung zu verweigern. Soweit
der Zollpflichtige im übrigen die Möglichkeit gehabt hätte, entsprechende
Belege bereits bei der Abfertigung beizubringen, kann dieser Umstand auch
für die Kostenfolge berücksichtigt werden.

    e) Die Beschwerdeführerin hat am 1. März 1978, innerhalb der
Beschwerdefrist, den Zollbehörden Ausfuhrbescheinigungen vorgelegt, welche
für ihre fünf Importe von Schmelzkäse die Befreiung vom Zollzuschlag
belegen sollen. Die Zollbehörden hätten gemäss Art. 125 Abs. 2 ZG in
Verbindung mit Art. 150 ZV prüfen müssen, ob damit der Beweis erbracht ist,
dass diese Zollzuschläge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beschwerde
ist in diesem Sinne gutzuheissen und die Akten sind gemäss Art. 114 Abs. 2
OG an die Oberzolldirektion zurückzuweisen.

Erwägung 2

    2.- Da die Beschwerde gutzuheissen ist, hat die Beschwerdegegnerin
gemäss Art. 156 OG die Verfahrenskosten zu tragen und die durch einen
Anwalt vertretene Beschwerdeführerin gemäss Art. 159 OG zu entschädigen.