Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 IB 114



109 Ib 114

17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 16. März 1983 i.S. Staat Zürich gegen Hofstetter, Steinmann,
Steiner und Wüest sowie Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 5 Abs. 2 RPG; Rechtsnatur und Bedeutung des Begriffs der
materiellen Enteignung.

    Die materielle Enteignung ist ein bundesrechtlicher Begriff, den die
bundesgerichtliche Rechtsprechung umschreibt. Art. 5 Abs. 2 RPG verwehrt
es den Kantonen, den Begriff weiter zu fassen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Das Verwaltungsgericht stützt den angefochtenen Entscheid auf
seine der bundesgerichtlichen Rechtsprechung teilweise widersprechende
Praxis, wonach eine Eigentumsbeschränkung zum Schutz des Orts- und
Landschaftsbildes dann einer Enteignung gleichkommt, wenn sie Land
mit einem "gefestigten" Verkehrswert trifft und einen "gängigen" Preis
dauernd zerstört. Hiezu hat das Bundesgericht schon im Jahre 1972 im
staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren festgestellt, es habe keinen Anlass,
von seiner Rechtsprechung abzugehen (BGE 98 Ia 386 E. 2c).

    Das am 1. Januar 1980 in Kraft getretene Bundesgesetz über die
Raumplanung wiederholt in Art. 5 Abs. 2 den verfassungsrechtlichen
Grundsatz der vollen Entschädigung bei Eigentumsbeschränkungen,
die einer Enteignung gleichkommen. Zudem räumt es nicht nur den
betroffenen Eigentümern, sondern auch Kantonen und Gemeinden das
Beschwerderecht gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen ein
(Art. 34 Abs. 2 RPG). Wie erwähnt (E. 1), will es damit auch dem
entschädigungspflichtigen Gemeinwesen einen Schutz gegen die Festsetzung
übermässiger Entschädigungsbeträge gewähren (BGE 107 Ib 222 E. 2). Bei der
freien Prüfung der Verletzung von Bundesrecht im verwaltungsgerichtlichen
Beschwerdeverfahren ist daher die Frage, ob der kantonale Entscheid
die Voraussetzungen der Entschädigungspflicht zutreffend festgestellt
und die Entschädigungshöhe richtig ermittelt hat, gemäss den Kriterien
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu beurteilen (in der amtlichen
Sammlung unveröffentlichte E. 4 des Urteils BGE 107 Ib 229 ff., publiziert
in ZBl 83/1982, S. 84). Nur dadurch wird die vom Gesetzgeber gewollte
Rechtseinheit hinsichtlich des Begriffs der materiellen Enteignung
erreicht. Das Raumplanungsgesetz verwehrt es den Kantonen, diesen Begriff
weiter zu fassen als das Bundesrecht. Die Freiheit, welche die Kantone
vor dessen Inkrafttreten hatten, ist damit dahingefallen.