Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 IA 113



109 Ia 113

23. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
18. Mai 1983 i.S. Firma Arbau AG gegen Einwohnergemeinde Teufen und
Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste

    Rechtssicherheit; Änderung von Zonenplänen.

    Bei Zonenplanänderungen ist dem Gebote der Rechtssicherheit Rechnung zu
tragen. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Rechtssicherheit
jenes an einer Änderung des Zonenplanes.

Sachverhalt

    A.- Aufgrund einer Initiative stimmten die Stimmbürger der Gemeinde
Teufen am 8. Juni 1980 einer Änderung des Bebauungsplanes (Zonenplanes)
zu und beschlossen, dass das Gebiet "Stofel" von der dreigeschossigen
Zone in die Wohn- und Gewerbezone mit zwei Geschossen umgezont werde. Die
von dieser Änderung betroffene Firma Arbau AG in Gründung erhob dagegen
erfolglos Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. Mit
staatsrechtlicher Beschwerde machte die Firma u.a. eine Verletzung
von Art. 4 BV und des Grundsatzes der Rechtssicherheit geltend. Das
Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die Änderung des
Bebauungsplanes vom 8. Juni 1980 stehe im Widerspruch zur Rechtssicherheit,
da dieser erst seit dem 14. Februar 1978 in Kraft stehe. Demgegenüber führt
der Regierungsrat im wesentlichen aus, Zonenpläne könnten grundsätzlich
frei geändert werden, wenn hierfür ein öffentliches Interesse gegeben
sei. Dieses öffentliche Interesse erblickt er im Gesinnungswandel der
Bevölkerung gegenüber Nutzungsmöglichkeiten von Bauland und bezüglich
des Baustils.

    Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit Zonenplanänderungen
wiederholt festgestellt, dass die Eigentumsgarantie dem Grundeigentümer
keinen unbedingten Anspruch darauf gibt, dass sein Land dauernd
in jener Zone bleibt, in die es einmal eingewiesen worden ist. Die
verfassungsmässige Gewährleistung des Eigentums steht einer nachträglichen
Änderung oder Beschränkung der aus einer bestimmten Zoneneinteilung
folgenden Nutzungsmöglichkeiten nicht entgegen (BGE 107 Ia 36, 107 Ib 335,
105 Ia 317, 104 Ia 337 f., 104 Ia 126, 102 Ia 336, mit Hinweisen). Planung
und Wirklichkeit müssen bei Bedarf in Übereinstimmung gebracht werden
können. Das Bundesgericht hat indessen darauf hingewiesen, dass bei der
erforderlichen Interessenabwägung dem Gebot der Rechtssicherheit Rechnung
zu tragen ist. Ein Zonenplan kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn er
eine gewisse Beständigkeit aufweist. Er ist daher nur aus entsprechend
gewichtigen Gründen abzuändern; je neuer ein Plan ist, um so mehr darf
mit seiner Beständigkeit gerechnet werden, und je einschneidender sich
die beabsichtigte Änderung auswirkt, um so gewichtiger müssen die Gründe
sein, welche für die Planänderung sprechen (BGE 102 Ia 333, 338, Urteil
vom 8. Februar 1978, in: ZBl 79/1978 S. 357 E. g, mit Hinweisen). Dieser
Praxis entspricht Art. 21 Abs. 2 des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes,
wonach die Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst werden,
wenn sich die Verhältnisse erheblich geändert haben.

    Für die Beurteilung der im vorliegenden Fall in Frage stehenden
Änderung des Bebauungsplanes unter dem Gesichtswinkel der Rechtssicherheit
ist vorerst in Betracht zu ziehen, dass im Zeitpunkt der Abstimmung über
die Initiative seit dem Inkrafttreten des Planes erst etwas mehr als zwei
Jahre verstrichen sind. Nach der dargelegten Rechtsprechung müssen für
eine Änderung nach so kurzer Zeit ganz besonders gewichtige Gründe gegeben
sein. Solche sind indessen im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der
Regierungsrat verweist zwar auf die gewandelte Einstellung der Bevölkerung
gegenüber der Nutzung von nicht überbautem Land. Dieser Sinneswandel allein
vermag aber die Änderung noch nicht zu rechtfertigen. Das Bundesgericht
hat entschieden, dass selbst eine Zonenplanänderung nach fünf Jahren
nicht allein auf eine gewandelte Einstellung zur Überbauung gestützt
werden kann, sondern hierfür gewichtige Gründe tatsächlicher oder
rechtlicher Art gegeben sein müssen (zitiertes Urteil, in: ZBl 79/1978
S. 358). Auch aus planerischen Gründen drängt sich die Umzonung nicht
auf, wie der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid ausgeführt hat;
das Planungsamt kam vielmehr zum Schluss, dass eine dreistöckige Bebauung
im Gebiet "Stofel" keine schutzwürdigen Ortsteile oder Aussichtspunkte
beeinträchtigen würde. Bei dieser Sachlage sprechen keine gewichtigen
Gründe für die Herabzonung, welche das Rechtssicherheitsinteresse
und das Vertrauen in die Beständigkeit des Überbauungsplans überwiegen
würden. Daher erweist sich die Beschwerde auch unter diesem Gesichtswinkel
als begründet, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben, soweit er
sich auf die Änderung des Bebauungsplanes der Gemeinde Teufen bezieht.