Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 V 235



108 V 235

53. Urteil vom 28. Dezember 1982 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung
gegen W. und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz Regeste

    Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG.

    - Die Abzugsfähigkeit von Psychotherapiekosten im Bereich der
Ergänzungsleistungen beurteilt sich nicht nach den für die Leistungspflicht
der Krankenkassen entwickelten Grundsätzen (Erw. 3).

    - Verfassungskonforme Auslegung von Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG
(Erw. 4a-c).

    - Begriff der Krankenpflege im Rahmen des ELG. Die Kosten der
Psychotherapie sind auch dann zu berücksichtigen, wenn die Behandlung auf
ärztliche Anordnung und Zuweisung hin von einem selbständigerwerbenden
nichtärztlichen Psychologen oder Psychotherapeuten vorgenommen wird
(Erw. 4d, e).

    Art. 11 ELKV. Diese Bestimmung schliesst die Erfassung gewöhnlicher
Reisespesen nicht aus; Voraussetzungen für deren Abzug vom anrechenbaren
Einkommen (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Elisabeth W., geb. 1939, leidet u.a. an einer schweren
neurotisch-reaktiven Depression. Sie steht seit Jahren beim Internisten Dr.
med. K. in L. in ärztlicher Behandlung; ferner erhält sie auf ärztliche
Anordnung hin bei Dr. phil. B. in L. Psychotherapie. Seit 1. September
1976 bezieht Elisabeth W. eine ganze einfache Invalidenrente der
Invalidenversicherung.

    Ende 1978 ersuchte Elisabeth W. um Ausrichtung von
Ergänzungsleistungen. Dies lehnte die Ausgleichskasse mit Verfügung
vom 7. März 1979 ab, da das anrechenbare Einkommen die Einkommensgrenze
überschreite.

    B.- Hiegegen reichte Elisabeth W. Beschwerde ein, wobei es ihr im
wesentlichen um die Berücksichtigung von Krankheitskosten im Rahmen der
Ergänzungsleistungen ging.

    Mit Entscheid vom 18. Juli 1980 hiess das Verwaltungsgericht des
Kantons Schwyz die Beschwerde insofern gut, als es Elisabeth W. zufolge
Krankheitskosten für 1977 eine Ergänzungsleistung von Fr. 656.-- und
für 1978 eine solche von Fr. 34.-- zusprach; im übrigen wies es die
Beschwerde ab. Seiner Berechnung legte das Gericht als Krankheitskosten
die folgenden Beträge zugrunde:
                                                 1977            1978

    - Honorare für die Behandlung durch den

    Psychologen Dr. B.                      Fr. 4'655.--    Fr. 4'125.--

    - Selbstbehalte der Krankenkasse          Fr.   212.30    Fr.   117.50

    - Fahrtkosten                             Fr.   311.10    Fr.   290.70

    - Kurkosten                                               Fr.   320.--
                                             ------------    ------------

    Total                                     Fr. 5'178.40    Fr. 4'853.20

    C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangt das
Bundesamt für Sozialversicherung, es sei der vorinstanzliche Entscheid
aufzuheben, weil Elisabeth W. für 1977 und 1978 kein Anspruch auf Vergütung
der Krankheitskosten zustehe.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Unbestritten ist, dass die Krankenkassenselbstbehalte (1977
Fr. 212.30; 1978 Fr. 117.50) und die von der Krankenkasse nicht gedeckten
Kurkosten (1978 Fr. 320.--) Krankheitskosten darstellen, die bei der
Ergänzungsleistungs-Berechnung abgezogen werden können. Dagegen ist
streitig, ob dazu auch die Kosten der Psychotherapie und die Fahrtkosten
für die Besuche beim Psychologen gehören.

Erwägung 2

    2.- a) Die Beschwerdegegnerin liess sich in den fraglichen Jahren 1977
und 1978 einerseits durch den Internisten Dr. med. K. und anderseits durch
den (nichtärztlichen) Psychologen Dr. phil. B. behandeln. Während die
Kosten für Dr. med. K. bis auf die Selbstbehalte von der Krankenkasse
übernommen wurden, musste die Beschwerdegegnerin die Honorare des
Psychologen selber bezahlen.

    b) In seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde wendet das Bundesamt für
Sozialversicherung ein, ein Psychologe sei weder eine Medizinalperson
im Sinne von Art. 12 KUVG noch eine medizinische Hilfsperson nach
diesem Artikel (in Verbindung mit Art. 1 der Verordnung VI über die
Krankenversicherung vom 11. März 1966); seine psychotherapeutische
Behandlung könne, selbst wenn sie - wie vorliegend - durch einen Arzt
angeordnet sei, nicht als medizinische Massnahme gelten; die Kosten dieser
Behandlung seien deshalb nicht als Kosten gemäss Art. 3 Abs. 4 lit. e
ELG abziehbar.

    Demgegenüber geht die Vorinstanz, der sich die Beschwerdegegnerin
in ihrer Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde anschliesst,
davon aus, dass die Ergänzungsleistungen den minderbemittelten
AHV/IV-Rentenbezügern ein gewisses Existenzminimum gewährleisten sollen;
man dürfe daher bezüglich des Begriffs der "Krankenpflege" nicht einfach
auf die Rechtsprechung im Bereich der Krankenversicherung abstellen; im
Rahmen des Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG seien alle Vorkehren der Krankenpflege
zuzurechnen, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft
zur Heilung, Linderung oder Stabilisierung eines Leidens erforderlich
sind; darunter falle auch die von einem Arzt angeordnete und von einem
Psychologen durchgeführte Psychotherapie.

Erwägung 3

    3.- a) Nach der gesetzlichen Ordnung im Bereich der Krankenversicherung
gilt die Psychotherapie, mit Ausnahme der analytisch-tiefenpsychologisch
orientierten Methoden, als ärztliche Behandlung und gehört zu den
Pflichtleistungen der Krankenkassen im Rahmen der Krankenpflege
(Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. a KUVG in Verbindung mit Verfügung 8 des
Eidgenössischen Departements des Innern über die Krankenversicherung
vom 16. Dezember 1965). Dabei ist vorausgesetzt, dass sie durch
einen Arzt im Sinne von Art. 21 Abs. 1 und 2 KUVG vorgenommen wird;
die Rechtsprechung anerkennt indessen auch die psychotherapeutische
Behandlung durch einen von einem Arzt angestellten (nichtärztlichen)
Psychologen oder Psychotherapeuten in den Praxisräumen dieses Arztes und
unter dessen Aufsicht und Verantwortlichkeit als ärztliche Behandlung
im Sinne des KUVG und mithin als Pflichtleistung, sofern die betreffende
therapeutische Vorkehr nach den Geboten der ärztlichen Wissenschaft und
Berufsethik sowie nach den Umständen des konkreten Falles grundsätzlich
an eine solche (unselbständige) Hilfsperson delegierbar ist (BGE 107 V
46). Keine gesetzliche Leistungspflicht der Krankenkassen besteht hingegen,
wenn die Psychotherapie von einem selbständigerwerbenden nichtärztlichen
Psychologen oder Psychotherapeuten vorgenommen wird (BGE 107 V 48 Erw. 3
mit Hinweisen).

    b) Laut Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG können für die Berechnung der
Ergänzungsleistungen vom Einkommen abgezogen werden:

    "ausgewiesene, im laufenden Jahr entstandene Kosten für Arzt, Arznei
   und Krankenpflege sowie für Hilfsmittel".

    Sowohl Art. 12 KUVG als auch Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG sprechen von
"Krankenpflege". Daraus kann indessen nicht abgeleitet werden, dass dieser
Begriff in beiden Gesetzen gleich zu verstehen ist. Dies liesse sich mit
den unterschiedlichen Zielsetzungen der fraglichen Bestimmungen nicht
vereinbaren. Während Art. 12 KUVG die Mindestversicherungsleistungen
der Krankenkassen umschreibt, soll Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG dazu
beitragen, dass die bedürftigen Bezüger von Renten der AHV und
Invalidenversicherung zusammen mit den Ergänzungsleistungen über ein
regelmässiges Mindesteinkommen verfügen (vgl. hinten Erw. 4c). In seiner
Rechtsprechung hat das Eidg. Versicherungsgericht daher bei Art. 3 Abs. 4
lit. e ELG einen erheblich weiteren Massstab angelegt als bei Art. 12
KUVG. So hat es die Zahnarztkosten schon zu einer Zeit, als der Zahnarzt
in Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG noch nicht erwähnt war (vgl. die genannte
Bestimmung in der bis Ende 1968 gültig gewesenen Fassung, AS 1965 539),
als abzugsfähige Arztkosten betrachtet (EVGE 1968 S. 134 Erw. 4a), wogegen
zahnärztliche Vorkehren grundsätzlich nicht zu den Pflichtleistungen
der Krankenkassen gehören (BGE 105 V 305 Erw. 5b, c). Ferner hat das
Gericht - ohne Rücksicht darauf, ob allenfalls eine Leistungspflicht
der Krankenkassen gemäss Art. 12 KUVG besteht - Krankenpflegekosten
im Sinne von Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG anerkannt und Abzüge zugelassen
bei lebensnotwendiger Diät (EVGE 1968 S. 69; nicht veröffentlichtes
Urteil Hollosy vom 31. Oktober 1968), bei Aufwendungen für eine ärztlich
verordnete Badekur (nicht veröffentlichtes Urteil Marschall vom 9. Dezember
1970), bei Starbrillen als notwendiger Ergänzung einer Staroperation (nicht
veröffentlichtes Urteil Herzog vom 22. August 1967), bei den Auslagen
eines Blinden für die Begleitung bei Arztbesuchen (nicht veröffentlichtes
Urteil Hollosy vom 31. Oktober 1968), ferner bei Ambulanzkosten und bei
Transportspesen, die durch den sachlich gerechtfertigten Besuch eines
auswärtigen Arztes oder bei einer ärztlich angeordneten Badekur entstehen
(nicht veröffentlichte Urteile Dörrwächter vom 4. März 1971, Caflisch
vom 2. März 1971 und Marschall vom 9. Dezember 1970) ...

    Aus diesen Gründen hält der Einwand des beschwerdeführenden
Bundesamtes nicht Stich, die hier streitigen Behandlungskosten des
Psychologen Dr. phil. B. könnten im Hinblick auf Art. 12 KUVG und die
Rechtsprechung dazu nicht berücksichtigt werden.

Erwägung 4

    4.- a) Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass ein
nichtärztlicher Psychologe nicht unter den Begriff des "Arztes"
subsumiert werden kann. Es fragt sich aber, ob die von ihm durchgeführte
Psychotherapie nicht als "Krankenpflege" im Sinne von Art. 3 Abs. 4 lit. e
ELG betrachtet werden kann.

    Der deutsche Text dieser Bestimmung lautet wie folgt:

    "Vom Einkommen werden abgezogen:

    ...

    e. ausgewiesene, im laufenden Jahr entstandene Kosten für Arzt,

    Zahnarzt, Arznei und Krankenpflege sowie für Hilfsmittel."

    Demgegenüber enthalten der französische und der italienische Text
die folgenden Formulierungen:

    "Sont déduits du revenu:

    ...

    e. les frais intervenus durant l'année en cours et dûment établis, de
   médecin, de dentiste, de pharmacie, d'hospitalisation et de soins à
   domicile, ainsi que de moyens auxiliaires."

    "Dal reddito sono dedotti:

    ...

    e. le spese insorte durante l'anno in corso e debitamente comprovate
   di medico, dentista, farmacista, cura ospedaliera, cura a domicilio
   come anche mezzi ausiliari."

    b) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist
der Text nicht ganz klar oder sind verschiedene Auslegungen möglich, so
muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung
aller Auslegungselemente, namentlich der Auslegung nach dem Zweck, nach
dem Sinn und nach den dem Text zugrunde liegenden Wertungen. Der Sinn,
der einer Norm im Kontext zukommt, ist ebenfalls wichtig. Bei mehreren
Auslegungsmöglichkeiten ist die verfassungskonforme zu wählen. Auch wenn
das Eidg. Versicherungsgericht die Verfassungsmässigkeit von Bundesgesetzen
nicht überprüfen darf (Art. 113 Abs. 3 und 114bis Abs. 3 BV), gilt die
Vermutung, dass der Gesetzgeber keine im Widerspruch zur Bundesverfassung
stehenden Gesetzesbestimmungen erlässt, es sei denn, das Gegenteil gehe
klar aus dem Wortlaut oder aus dem Sinn des Gesetzes hervor (BGE 107 V
215 Erw. 2b mit Hinweisen).

    c) Der Vergleich der drei Texte zeigt, dass der deutsche den
generellen und weiten Begriff der "Krankenpflege" verwendet, während der
französische und italienische Wortlaut restriktiver ist, indem er nur den
Heilanstaltsaufenthalt bzw. die Heilanstaltspflege sowie die Hauspflege
erwähnt. Die Kosten für Psychotherapie könnten hier grundsätzlich nur
berücksichtigt werden, wenn diese anlässlich eines Heilanstaltsaufenthalts
erfolgt, wenn sie von einem Arzt durchgeführt wird und demzufolge bereits
unter den Begriff der Arztkosten fällt oder wenn sie gemäss BGE 107 V
46 vom Arzt an einen angestellten Psychologen oder Psychotherapeuten
delegiert und von diesem vorgenommen wird.

    Die Divergenz zwischen dem deutschen Text einerseits und
dem französischen und italienischen Text anderseits war schon
im bundesrätlichen Entwurf zum Ergänzungsleistungsgesetz enthalten
(Botschaft vom 21. September 1964, BBl 1964 II 713, fr. FF 1964 II 741,
it. FF 1964 II 1819) und besteht seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar
1966 (allerdings mit einem Unterbruch für den italienischen Text, der
bis Ende 1968 dem deutschen entsprach; vgl. RU 1965 537). Die Gründe
für die unterschiedlichen Fassungen von Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG und die
Änderung des italienischen Textes sind aus den Gesetzesmaterialien und den
parlamentarischen Beratungen nicht ersichtlich (vgl. BBl 1964 II 693, 705,
fr. FF 1964 II 719, 732, it. FF 1964 II 1798 f., 1811; Amtl.Bull. 1964 S
267 f., 1965 N 39, S 38 f.). Ebensowenig vermögen darüber die späteren
Gesetzesnovellen zum genannten Artikel Aufschluss zu geben (Botschaft
vom 4. März 1968, BBl 1968 I 602 ff., insbesondere 630, 665; Botschaft
vom 28. Januar 1970, BBl 1970 I 141 ff., insbesondere 151; Botschaft vom
7. Juli 1976, BBl 1976 III 1 ff., insbesondere 74 f.).

    Unter diesen Umständen ist nach dem Sinn und Zweck von Art. 3 Abs. 4
lit. e ELG zu fragen. Gemäss Bundesverfassung sollen die Renten von AHV
und Invalidenversicherung den Existenzbedarf angemessen decken; solange
dies nicht der Fall ist, richtet der Bund den Kantonen Beiträge an die
Finanzierung von Ergänzungsleistungen aus (Art. 34quater Abs. 2 BV, Art. 11
Abs. 1 ÜbBest. BV). Diese bezwecken demnach, das Renten- sowie weiteres
Einkommen der Betagten, Hinterlassenen und Invaliden so weit zu ergänzen,
dass ein regelmässiges Mindesteinkommen sichergestellt ist (BBl 1964 II 689
und 692, 1981 III 804). Die nicht durch Versicherungsleistungen gedeckten
Krankheitskosten stellen namentlich für Betagte und Invalide eine oft
sehr grosse finanzielle Belastung dar. Mit der Ermöglichung eines Abzugs
solcher Kosten wird ein entsprechender Ausgleich geschaffen und verhindert,
dass das Einkommen unter die Grenze eines angemessenen Existenzbedarfs
absinkt. Dieser Zielsetzung wird nur eine weite Umschreibung der
abziehbaren Krankheitskosten gerecht. Gemäss Beschluss des Gesamtgerichts
sind daher in Übereinstimmung mit dem deutschen Text im Rahmen von Art. 3
Abs. 4 lit. e ELG alle nicht durch Versicherungsleistungen gedeckten Kosten
zu berücksichtigen, die unter den Begriff der Krankenpflege fallen und
nicht schon Arzt-, Zahnarzt-, Arznei- oder Hilfsmittelkosten darstellen.

    d) In EVGE 1968 S. 69 hat das Eidg. Versicherungsgericht entschieden,
dass Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG die Ausgaben für alle Arten von Vorkehren
umfasst, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft zur
Heilung, Linderung oder Stabilisierung eines Leidens erforderlich sind
(so auch die nicht veröffentlichten Urteile Caflisch vom 2. März 1971,
Marschall vom 9. Dezember 1970 und Hollosy vom 31. Oktober 1968). Daran
ist festzuhalten. Als Krankenpflege gelten daher alle Vorkehren, welche
der erwähnten Umschreibung entsprechen und nicht schon unter den Titel
der Arzt-, Zahnarzt-, Arznei- oder Hilfsmittelkosten fallen.

    Psychotherapie kann verschiedene Aufgaben erfüllen. Einerseits kann
sie der Heilbehandlung seelischer oder auch körperlicher Störungen dienen,
anderseits aber auch blosse Erziehung, Beratung oder Lebenshilfe bezwecken
(Brockhaus Enzyklopädie, Wiesbaden 1972, Band 15 S. 237 f.; Bleuler,
Lehrbuch der Psychiatrie, Berlin usw. 1979, S. 140, 144 f.). Unter den
Begriff der Krankenpflege nach Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG fällt sie jedoch
nur, wenn sie zufolge eines seelischen oder körperlichen Leidens notwendig
ist. Unter dieser Voraussetzung sind die Behandlungskosten gemäss Beschluss
des Gesamtgerichts auch dann zu berücksichtigen, wenn die Psychotherapie
auf ärztliche Anordnung und Zuweisung hin von einem selbständigerwerbenden
nichtärztlichen Psychologen oder Psychotherapeuten vorgenommen wird.

    e) Die Beschwerdegegnerin leidet u.a. an einer schweren
neurotisch-reaktiven Depression. Im Sinne einer Doppelbetreuung hält
der Internist Dr. med. K. neben der internistischen Behandlung auch
Psychotherapie für notwendig und hat die Beschwerdegegnerin deshalb
an den Psychologen Dr. phil. B. gewiesen. Damit steht fest, dass die
Beschwerdegegnerin aus ärztlicher Sicht Psychotherapie benötigt und dass
diese zur Leidensbehandlung gehört. Die anfallenden Kosten sind daher
als Krankenpflegekosten gemäss Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG abziehbar,
wie die Vorinstanz entschieden hat. Es sind keinerlei Anhaltspunkte
dafür ersichtlich, dass die Psychotherapie vorliegend etwa bloss als
Lebenshilfe verstanden werden müsste; das Bundesamt behauptet dies denn
auch mit Recht nicht.

Erwägung 5

    5.- a) Sodann erhebt sich die Frage, ob auch die Fahrtkosten der
Beschwerdegegnerin, welche in I. wohnt, für den Besuch des Psychologen in
L. zu den abziehbaren Kosten gemäss Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG gehören. Die
Vorinstanz bejaht dies mit dem Hinweis, es handle sich dabei um notwendige
Nebenkosten einer ambulanten Behandlung, und berücksichtigt Bahnkosten
(10-Fahrten-Abonnement, 2. Klasse) in der Höhe von Fr. 311.10 (1977)
bzw. von Fr. 290.70 (1978).

    Demgegenüber vertritt das Bundesamt die Auffassung, eine Anerkennung
solcher Kosten könne nicht in Betracht kommen. Dabei geht es davon aus,
dass die Fahrtkosten, für welche im Bereich der Krankenversicherung keine
Leistungspflicht besteht, nicht als Krankheitskosten im Sinne von Art. 3
Abs. 4 lit. e ELG betrachtet werden könnten; dies werde verdeutlicht
durch Art. 11 ELKV, wonach lediglich die "Kosten für den Transport mit
Krankenwagen und die Entschädigung für Begleitpersonen" abziehbar sind;
diese Bestimmung erfasse allein die Transportkosten von Spital zu Spital
sowie in Notfällen und schliesse eine Berücksichtigung normaler Reisekosten
für den Arztbesuch e contrario aus; dies ergebe sich auch aus Rz. 288
der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen.

    b) Wie in Erw. 3b hievor erwähnt, hat das Eidg. Versicherungsgericht
wiederholt Ambulanzkosten sowie Transportspesen, die durch den sachlich
gerechtfertigten Besuch eines auswärtigen Arztes oder bei einer ärztlich
verordneten Badekur entstehen, als notwendige Folgen abzugsfähiger
Arzt- und Krankenpflegekosten betrachtet und festgehalten, dass sie
bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens einzubeziehen sind. Die
betreffenden Urteile bezogen sich jedoch auf Streitfälle aus der Zeit vor
Inkrafttreten der ELKV (1. Januar 1971). Es fragt sich, ob Art. 11 dieser
Verordnung in der Weise zu verstehen ist, dass ausschliesslich die dort
erwähnten und keine andern Transportkosten abziehbar sind, oder ob die
genannte Vorschrift bloss den Fall besonders aufwendiger Transportkosten
regeln will, ohne damit aber die Berücksichtigung anderer Reisekosten
völlig auszuschliessen. Dabei ist zu beachten, dass auch gewöhnliche
Reisespesen für einen bedürftigen Rentenbezüger finanziell sehr belastend
sein können, wenn er sich mangels entsprechender Möglichkeiten am Wohnort
oder in dessen Umgebung auswärts behandeln lassen muss. Sie können in
gleicher Weise wie die eigentlichen Krankheitskosten dazu führen, dass
das Einkommen die Grenze des angemessenen Existenzbedarfs unterschreitet
(vgl. Erw. 4c hievor). Wie das Gesamtgericht festgestellt hat, bezweckt
Art. 11 ELKV nicht eine Limitierung auf teure Transportkosten; denn eine
solche Auslegung wäre sinnwidrig im Hinblick darauf, dass auch gewöhnliche
Reisespesen die finanzielle Lage eines bedürftigen Rentners in einer im
Rahmen des Ergänzungsleistungsgesetzes beachtlichen Weise beeinflussen
können. Art. 11 ELKV will im Gegenteil erweiternd klarstellen, dass
sogar die Kosten von Krankenwagen und Begleitpersonen Berücksichtigung
finden. Daher hat das Gesamtgericht entschieden, dass gewöhnliche
Reisespesen vom anrechenbaren Einkommen abzuziehen sind, soweit sie
die unvermeidliche Folge einer notwendigerweise auswärts vorzunehmenden
Behandlung darstellen, die ihrerseits zu abziehbaren Krankheitskosten
führt.

    c) Wie Vorinstanz und Beschwerdegegnerin in ihren Stellungnahmen
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausführen, kann die von der
Beschwerdegegnerin benötigte Psychotherapie am Wohnort oder in dessen
Umgebung nicht gewährt werden, womit die Notwendigkeit einer auswärtigen
Behandlung und der damit verbundenen Auslagen für die Bahn hinreichend
erstellt ist. Die Vorinstanz entschied demnach richtig, indem sie
die Fahrtkosten ebenfalls in ihre Berechnung der Ergänzungsleistung
miteinbezog. Angesichts der im Streite liegenden Beträge kann hier
offenbleiben, ob Reisespesen auch dann zu berücksichtigen sind, wenn sie
bloss gelegentlich anfallen und nur Bagatellcharakter aufweisen.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.