Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IV 81



108 IV 81

22. Urteil des Kassationshofes vom 28. Juni 1982 i.S. J. gegen
Staatsanwaltschaft des Mittellandes des Kantons Bern
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    1. Art. 5 und 6 StGB; Auslandstat eines Schweizers gegen einen
Schweizer.

    Begeht ein Schweizer im Ausland ein Delikt gegen einen andern
Schweizer, so kommen sowohl Art. 5 als auch Art. 6 StGB sinngemäss zur
Anwendung. Wurde die im Ausland ausgefällte Strafe dort nur teilweise
vollzogen, so ist die Straftat in der Schweiz neu zu beurteilen (E. 1).

    2. Art. 43 StGB; Begriff der Heil- oder Pflegeanstalt.

    Eine Heilanstalt i.S. des Gesetzes liegt vor, wenn sie von einem
Arzt geleitet wird oder ihr zumindest ein Arzt zur Verfügung steht, der
regelmässig die Anstalt besucht, wobei zudem die notwendigen speziellen
Einrichtungen sowie entsprechend ausgebildetes und ärztlich überwachtes
Personal vorhanden sein müssen (E. 3c).

Sachverhalt

    A.- Am 6. Juni 1976 tötete der Schweizer J. auf dem Flughafen
Seattle-Tacoma (USA) seine Ehefrau mit Messerstichen.

    Er wurde deswegen von den zuständigen Gerichten des US-Bundesstaates
Washington schuldig befunden des "murder of the first degree (while armed
with a deadly weapon)" und rechtskräftig zu lebenslanger Freiheitsstrafe
verurteilt.

    Im Verlaufe des Strafverfahrens und während des anschliessend
im Washingtoner Staatsgefängnis Walla-Walla begonnenen Strafvollzugs
traten bei J. gesundheitliche Störungen vorab psychischer Natur auf. Am
25. April 1978 erliess die Gouverneurin des Staates Washington eine "Order
Releasing J. to the Custody of the Swiss Gouvernement for Completion of
the Sentence". Der Verurteilte, dessen Angehörige in der Schweiz, sein
amerikanischer Verteidiger sowie die Schweizer Botschaft in den USA und
konsularische Vertreter hatten sich zuvor für eine geeignete Unterbringung
und Behandlung in der Schweiz eingesetzt. In der Order der Gouverneurin
wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Strafverbüssung in der Schweiz
fortzusetzen sei.

    Am 8. November 1978 traf J. in der Schweiz ein.

    B.- Auf ein vom Bezirksprokurator II von Bern bei der Kriminalkammer
des Kantons Bern eingereichtes Begehren, diese Instanz möge gestützt
auf Art. 5 Abs. 3 StGB über die noch vollziehbare Strafe entscheiden,
erachtete sich die Kriminalkammer als nicht zuständig. Darauf leitete
die Staatsanwaltschaft des Mittellandes beim Geschwornengericht des
Mittellandes gegen J. ein Verfahren auf Vollstreckung des in den USA
gefällten Strafurteils ein. Mit Entscheid vom 17. Juli 1980 nahm die
Kriminalkammer dieses Begehren zuhanden des Geschwornengerichts entgegen,
verfügte die Verhaftung von J. und veranlasste seine psychiatrische
Begutachtung.

    Am 4. Dezember 1980 führte das Geschwornengericht des II. Bezirks des
Kantons Bern eine Exequaturverhandlung durch. Dabei beurteilte es die
im US-Bundesstaat Washington begangene Tat nach schweizerischem Recht
vollständig und verurteilte J. wegen Mordes in Berücksichtigung des
bereits in den USA erlittenen Freiheitsentzugs zu einer Reststrafe von
zehn Jahren Zuchthaus. Das Geschwornengericht folgte den Empfehlungen
des psychiatrischen Experten und ordnete gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1
StGB an, dass J. unter Aufschub des Strafvollzugs in eine geeignete,
nicht klinisch geführte Heilanstalt zur stationären psychiatrischen
Behandlung einzuweisen sei, wobei als geeigneter Vollzugsort die Anstalten
St. Johannsen empfohlen wurden.

    C.- Sowohl J. als auch die Staatsanwaltschaft des Mittellandes führten
gegen das Urteil des Geschwornengerichts eidg. Nichtigkeitsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Überprüfung und die Übernahme der Vollstreckung des in den USA
gegen J. gefällten Strafurteils richtet sich nicht nach den Bestimmungen
von Art. 94 ff. BG über internationale Rechtshilfe im Strafsachen (IRSG);
denn dieses neue Gesetz tritt erst auf den 1. Januar 1983 in Kraft und
bezieht sich überdies gemäss Art. 94 Abs. 3 IRSG nicht auf die in Art. 5
und 6 StGB geregelten Fälle (vgl. H. SCHULTZ in SJZ 77/1981 S. 107).

    Das Geschwornengericht ist richtigerweise davon ausgegangen, dass die
hier in Frage stehende, im Ausland begangene Straftat eines Schweizers
gegen eine Schweizerin unter Anwendung der Art. 5 und 6 StGB zu beurteilen
sei. Mit der Kriminalkammer (Entscheid vom 17. Juli 1980) hielt es dafür,
beim Zusammentreffen der Voraussetzungen von Art. 5 und Art. 6 StGB
habe Art. 5 StGB den Vorrang, die Frage der Vollstreckung der Reststrafe
bestimme sich somit hier nach Art. 5 Abs. 3 StGB; es sei aber in einem
Exequaturverfahren die in der Schweiz zu vollziehende Strafe festzusetzen.

    a) Die Auffassung, dass bei einer Konkurrenz zwischen Art. 5 und Art. 6
StGB dem Art. 5 der Vorrang zukomme, findet sich bei THORMANN-V. OVERBECK
(S. 50, N. 6 zu Art. 5), LOGOZ-SANDOZ (S. 45, N. 2 zu Art. 5), HAFTER
(Lehrbuch A.T. 2. Aufl., S. 60), SCHULTZ (Das schweiz. Auslieferungsrecht,
1953, S. 46 f.; Einführung in den allgemeinen Teil, 1. Band, 4. Aufl.,
S. 111) und wurde auch in BGE 99 IV 259 übernommen.

    Zur Begründung ihrer Auffassung stützen sich THORMANN-VON OVERBECK
vor allem auf den Wortlaut des Gesetzes, insbesondere auf die Einleitung
von Art. 5 mit "Wer ..." statt "Der Ausländer, der ..." (wie es in
den Vorentwürfen hiess). Zudem hätte die Anwendung des Art. 6 auf die
Auslandtat eines Schweizers gegen eine Schweizerin "die missliche Folge",
dass die im Ausland erfolgte Freisprechung anerkannt werden müsste, während
gemäss Art. 5 der im Ausland erfolgte Freispruch einer neuen Beurteilung
in der Schweiz nicht entgegensteht. HAFTER begründet den Vorrang mit
dem Hinweis, Art. 5 sei (gegenüber Art. 6) eine Spezialnorm ("besondere
Bestimmung"). In seiner Einführung (aaO) erklärt SCHULTZ, Art. 5 gehe,
weil er nicht auf Auslieferungsdelikte beschränkt sei, dem Art. 6 StGB vor.

    b) Prüft man die Konkurrenzfrage im Hinblick auf den hier
interessierenden konkreten Fall, so ergibt sich, dass die im Ausland
erfolgte Verurteilung mit teilweiser Verbüssung der ausgefällten Strafe
nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 StGB in der Schweiz den Vollzug
der Reststrafe (ohne neue Beurteilung) zur Folge haben muss, während
der auf den schweizerischen Täter zugeschnittene Art. 6 StGB in keinem
Fall den Vollzug einer ausländischen Sanktion vorsieht, sondern dem
Schweizer, der wegen einer Auslandtat in der Schweiz zu bestrafen ist,
stets die Neubeurteilung durch die schweizerische Justiz gewährleistet
unter Anrechnung des im Ausland bereits verbüssten Teils der dort
ausgefällten Strafe (letzter Abs. von Art. 6 Ziff. 2 StGB). Diese Gewähr
der Neubeurteilung muss sinngemäss auch gelten, wenn nicht nur der Täter,
sondern auch das Opfer der Auslandtat Schweizer ist; denn es besteht kein
Grund, einen Täter schweizerischer Staatsangehörigkeit entgegen Art. 6
(d.h. gemäss Art. 5 Abs. 3 StGB) in der Schweiz eine ausländische Sanktion
ganz oder teilweise verbüssen zu lassen, wenn das Opfer der Tat ebenfalls
die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, während die analoge Tat
gegen einen Ausländer nur aufgrund einer Neubeurteilung in der Schweiz
bestraft werden kann.

    Ergibt sich somit aus dieser Erwägung, dass die Bestrafung der
Auslandtat eines Schweizers prinzipiell gestützt auf eine Neubeurteilung
durch das zuständige schweizerische Gericht zu erfolgen hat (Art. 6 StGB),
so kann die richtige Lösung beim Zusammentreffen der Voraussetzungen von
Art. 5 und 6 StGB (Täter und Opfer sind Schweizer) nicht im Vorrang und
der ausschliesslichen Anwendbarkeit der einen oder andern Norm liegen,
sondern die beiden Bestimmungen sind sinngemäss zu kombinieren. Der
Schweizer, der im Ausland gegen einen Schweizer delinquiert hat, muss
sich in der Schweiz gegebenenfalls gemäss Art. 5 für jede solche Straftat
(nicht nur für Auslieferungsdelikte wie gemäss Art. 6 StGB) verantworten,
er kann sich auch nicht auf den im Ausland erfolgten Freispruch berufen,
weil Art. 5 (abweichend von Art. 6 StGB) dies nicht vorsieht. Anderseits
hat er als Schweizer stets Anspruch auf Neubeurteilung in der Schweiz,
die Vollstreckung einer ausländischen Sanktion im Sinne von Art. 5 Abs. 3
StGB ist gegenüber einem Schweizerbürger ausgeschlossen.

    c) Diese dem Sinn und Zweck entsprechende, kombinierte Anwendung
der Art. 5 und 6 StGB, führt im vorliegenden Fall zum Schluss, dass die
Vorinstanz zu Unrecht glaubte, ausschliesslich Art. 5 Abs. 3 StGB anwenden
zu müssen. Ob bei Vollstreckung eines rechtskräftigen ausländischen
Urteils gemäss dieser Gesetzesbestimmung - trotz Fehlens entsprechender
Vorschriften (Exequaturverfahren) - eine vollständige Überprüfung
von Subsumtion und Strafmass nach schweizerischem Recht erlaubt wäre,
erscheint als fraglich, ist aber hier nicht zu entscheiden. (Eine solche
Überprüfungsmöglichkeit und damit einen neuen Strafprozess verneinen:
THORMANN/V. OVERBECK, N. 21 zu Art. 5 StGB; MICHEL DIND, La Convention
européenne sur la valeur internationale des jugements répressifs du 28
mai 1970 et son application en Suisse, Diss. Lausanne 1977 S. 60 ff.;
RUTH ESTHER MAAG-WYDLER, Die Vollstreckung ausländischer Straferkenntnisse
im Inland, Diss. Zürich 1978 S. 48 f., 56; WALTER HASLER, Die Wirkung
ausländischer Strafurteile im Inland, Diss. Zürich 1939, S. 133 ff.). Auch
die Art. 94 ff. IRSG dürften übrigens keine Grundlage für eine solche
Überprüfung bilden. Ist der Täter eines gegen einen Schweizer begangenen
Deliktes Schweizer, so hat auf jeden Fall gemäss Art. 6 StGB stets eine
Neubeurteilung Platz zu greifen, wenn eine Bestrafung in der Schweiz in
Frage kommen soll.

    Das Vorgehen des Geschwornengerichts, das die in den USA begangene
Tat neu beurteilte und im praktischen Ergebnis nicht die Vollstreckung
des amerikanischen Strafurteils angeordnet, sondern in Anwendung des
schweizerischen Rechts eine neue Sanktion ausgefällt hat (unter Anrechnung
des im Ausland bereits vollzogenen Teils der dort verhängten Strafe), kann
zwar in der rechtlichen Begründung nicht bestätigt werden, entspricht aber
im Ergebnis dem Bundesrecht, weil gemäss Art. 6 StGB unter den gegebenen
Umständen die Beurteilung der Tat und die Festsetzung der Rechtsfolgen
in der Schweiz nach dem schweiz. Strafgesetzbuch erfolgen muss (unter dem
Vorbehalt milderen ausländischen Rechts). Dies hat die Vorinstanz effektiv
getan, ohne allerdings das Dispositiv entsprechend zu formulieren. Dass
das Verfahren - unrichtigerweise - formell als Vollstreckungsverfahren
deklariert wurde, bildet keinen Grund, den Entscheid, der materiell
einer gemäss Art. 6 StGB vorgenommenen Neubeurteilung der Auslandtat nach
schweizerischem Recht gleichkommt, aufzuheben.

    Soweit in den beiden Nichtigkeitsbeschwerden eine Verletzung der
Bestimmungen über die schweizerische Gerichtsbarkeit (insbesondere von
Art. 5 Abs. 3 StGB) gerügt wird, erweisen sie sich somit im Ergebnis als
unbegründet (vgl. BGE 101 IV 330 E. 2d).

Erwägung 3

    3.- c) Gemäss der Empfehlung des psychiatrischen Experten hat die
Vorinstanz eine stationäre psychiatrische Betreuung angeordnet und
zwar formell durch Aufschub des Vollzugs der verbleibenden Strafe und
Einweisung des Verurteilten in eine geeignete, nicht klinisch geführte
Heilanstalt gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, wobei im Urteil konkret
als Vollzugsort St. Johannsen genannt wird.

    In der Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten wird anerkannt, dass
die Verbüssung des Freiheitsentzuges in St. Johannsen mit den dortigen
therapeutischen Möglichkeiten die geeignete Sanktion darstellt; doch macht
J. geltend, Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB setze voraus, dass der Täter einer
spezialärztlichen Behandlung in einer psychiatrischen Klinik bedürfe; St.
Johannsen sei keine Heil- oder Pflegeanstalt im Sinne dieser Bestimmung.
Sinngemäss wird die Auffassung vertreten, der gewöhnliche Strafvollzug,
allenfalls mit ausdrücklicher Anordnung der therapeutischen Behandlung
ergebe die richtige rechtliche Grundlage für die als geeignet erachtete
Sanktion.

    Der Staatsanwalt des Mittellandes beanstandet in seiner
Nichtigkeitsbeschwerde ebenfalls die Anwendung von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1
StGB. Im Ergebnis hält auch er dafür, dass Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB die
Einweisung in eine psychiatrische Klinik erfordere und für die Internierung
in einer nicht klinisch geführten Anstalt keine Grundlage bilde, die
Bestimmung hätte daher im vorliegenden Fall nicht angewendet werden sollen.

    Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gibt dem Richter die Möglichkeit
- unabhängig von der Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit - jene
ärztliche Behandlung (oder besondere Pflege) anzuordnen, welche nach
dem Geisteszustand des Täters als angezeigt erscheint. An erster Stelle
nennt das Gesetz die Einweisung in eine spezielle Institution, die
mit dem herkömmlichen Begriff "Heil- oder Pflegeanstalt" umschrieben
wird. Es ist aber auch die ambulante Behandlung zulässig und zwar nicht
nur unter Aufschiebung der Freiheitsstrafe, sondern auch in Verbindung
mit dem Strafvollzug (BGE 100 IV 12). Im Rahmen dieser umfassenden und
vom Gesetzgeber möglichst flexibel ausgestalteten Regelung, welche im
Einzelfall eine den therapeutischen Bedürfnissen entsprechende Lösung
erlauben soll, ist die (seit dem Vorentwurf 1894 gebräuchliche) Wendung
"Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt" auszulegen. Damit war und
ist natürlich in erster Linie die Unterbringung in einer psychiatrischen
Klinik gemeint. Indem der Gesetzgeber aber nicht einfach den zur
Zeit der Schaffung des StGB für klinisch geführte psychiatrische
Institutionen verwendeten Terminus "Heil- und Pflegeanstalt" braucht,
sondern von "Heil- oder Pflegeanstalt" spricht, erweitert er den Kreis
möglicher Unterbringungsorte über die psychiatrischen Anstalten hinaus
(vgl. Schultz, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafrechts,
2. Bd., 4. Aufl., S. 154 f.). Als mögliche Pflegeheime wurden in diesem
Zusammenhang etwa Anstalten für Taubstumme, Schwachsinnige, Epileptiker
genannt. Diesen Beispielen ist gemeinsam, dass sie keine eigentliche
psychiatrische Kliniken darstellen, aber eine Behandlung anbieten, bei der
die ärztliche Betreuung im Vordergrund steht. Art. 43 StGB spricht nur von
ärztlicher Behandlung. Eine Heilanstalt i.S. des Gesetzes liegt deshalb
nur vor, wenn die Behandlung durch einen Arzt oder unter Aufsicht eines
Arztes erfolgt (BGE 103 IV 3). Im Regelfall wird somit verlangt werden
müssen, dass die Anstalt von einem Arzt geleitet wird oder ihr zumindest
ein Arzt zur Verfügung steht, der regelmässig die Anstalt besucht,
wobei zudem die notwendigen speziellen Einrichtungen sowie entsprechend
ausgebildetes und ärztlich überwachtes Personal vorhanden sein müssen.

    Das Geschwornengericht verfügte den Vollzug der Massnahme gemäss
Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in einer "nicht klinisch geführten
Heilanstalt". Als solche empfiehlt es der Strafvollzugsbehörde
die Anstalten von St. Johannsen. Bei diesen handelt es sich um ein
sog. Massnahmevollzugszentrum. Zum einen Teil werden Massnahmen mit
Schwergewicht auf der Behandlung und Therapie (z.B. Art. 43 Ziff. 1
Abs. 1 und Art. 44 StGB), zum andern Teil werden sichernde Massnahmen
(z.B. Art. 42, Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) in St. Johannsen vollzogen. Das
Anstaltskonzept sieht den Gruppenvollzug vor; die Insassen leben in
räumlich getrennten Gruppen (sog. Heimen) im Pavillonsystem mit fest
integriertem Heimleiter und Betreuern. Dieser Art verfügen die Anstalten
von St. Johannsen über eine Verwahrungsabteilung, ein Therapieheim, eine
Suchtheilstätte sowie eine Arbeitsanstalt. Die gemäss Art. 43 Ziff. 1 StGB
eingewiesenen Straftäter werden im Therapieheim untergebracht. Neben
Betreuern mit Spezialausbildung (Heimerzieher, Sozialarbeiter,
Psychiatriepfleger etc.) auf Gruppenstufe ist im Anstaltsrahmen ein
psychiatrisch/psychologischer Dienst eingerichtet. Letzterer wird von einem
externen Spezialarzt geleitet, der sich wöchentlich mindestens einmal
um die Betreuten kümmert. Zum psychiatrischen Dienst gehört auch ein
ganzzeitig zur Verfügung stehender Psychotherapeut. Entgegen der Ansicht
der Beschwerdeführer sind deshalb die Anstalten in St. Johannsen nicht
generell als "eigentliche Strafvollzugsanstalt" zu bezeichnen. Vielmehr
müssen die einzelnen "Heime" getrennt betrachtet werden. Das im Rahmen
der Anstalt selbständige Therapiezentrum verfolgt offensichtlich (im
Gegensatz etwa zur Verwahrungsabteilung) als primären Zweck, unter
regelmässiger ärztlicher Aufsicht die psychotherapeutische Behandlung
sicherzustellen. Damit erfüllt es die Voraussetzungen einer Heil- oder
Pflegeanstalt i.S. des Gesetzes.

    Das Geschwornengericht verfügt in seinem Urteilsdispositiv nur
die Einweisung in eine "nicht klinisch geführte Heilanstalt". Auch
in den Urteilserwägungen umschreibt es nicht in allgemeiner Weise,
was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Es genügt indessen, dass das
Gericht im konkreten Fall die Anstalten von St. Johannsen als Vollzugsort
bezeichnet hat und damit implizite dem an sich weiten Begriff der "nicht
klinisch geführten Heilanstalt" einen, genau bestimmten Inhalt gegeben
hat. In dieser Sicht erscheint die im vorliegenden Fall getroffene Lösung
gesetzeskonform und die beiden Nichtigkeitsbeschwerden sind auch in diesem
Punkt abzuweisen.