Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 II 319



108 II 319

61. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Oktober 1982
i.S. L. gegen H., Bezirksgerichtspräsident von Arlesheim und Obergericht
des Kantons Basel-Landschaft (Staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Wechselrecht.

    Ein auf den Inhaber ausgestellter Wechsel ist nichtig.

Sachverhalt

    A.- Am 14. September 1981 leitete H. beim Betreibungsamt Arlesheim
gegen L. eine Wechselbetreibung auf Zahlung von Fr. 30'000.-- nebst
Zins zu 5% seit 16. Juli 1981 ein (Betreibung Nr. 7101). Er stützte sich
dabei auf einen von L. am 15. April 1981 ausgestellten und am 15. Juli
1981 fällig gewordenen Wechsel, der ursprünglich an die Order "Inhaber"
gestellt war, in der Folge aber abgeändert wurde, wobei das Wort "Inhaber"
durchgestrichen und durch den Namen H. ersetzt wurde.

    Mit Urteil vom 26. Oktober 1981 wies der Gerichtspräsident von
Arlesheim das Gesuch der Betriebenen um Bewilligung des Rechtsvorschlages
ab. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft bestätigte am 13. Juli
1982 in Abweisung einer Appellation der Betriebenen den Entscheid des
Gerichtspräsidenten.

    Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde der
Betriebenen gegen den Entscheid des Obergerichts gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Das Obergericht ging davon aus, dass der Wechsel grundsätzlich
ein geborenes Orderpapier sei, das nicht auf den Inhaber ausgestellt
werden könne. Es kam jedoch zum Schluss, dieses Verbot des Inhaberwechsels
sei nicht einsichtig, nachdem der gleiche Erfolg dadurch erzielt werden
könne, dass der Aussteller sich selbst als ersten Wechselnehmer einsetze
und den Wechsel mit einem Blankoindossament oder mit einem Indossament
an den Inhaber versehe. Die Vollständigkeit der Urkunde sei nur für
die Geltendmachung der Forderung, nicht jedoch für deren Entstehung
notwendig. Das Prinzip des Handelns nach Treu und Glauben sowie die
Verkehrssicherheit verlangten, dass eine auf den Inhaber als Remittenten
ausgestellte Wechselurkunde als vollgültiger Blankowechsel zu behandeln
sei, sofern zur Zeit der Geltendmachung der Forderung der Remittent
namentlich auf der Urkunde vermerkt sei. Die Streichung des Wortes
"Inhaber" und dessen Ersetzung durch den Namen des Remittenten könnten
nicht als Verfälschung bezeichnet werden.

Erwägung 4

    4.- Diese Argumentation wird in der Beschwerde zu Recht als unhaltbar
beanstandet.

    Gemäss Art. 991 Ziff. 6 und 1096 Ziff. 5 OR haben der gezogene
Wechsel bzw. der Eigenwechsel den Namen dessen zu enthalten, an den
oder an dessen Order gezahlt werden soll. Diese Bestimmungen schliessen
den Inhaberwechsel aus. Die Lehre unterstreicht einmütig das Verbot
des Inhaberwechsels, mag sie auch dessen Zweckmässigkeit bezweifeln
(GUHL/MERZ/KUMMER, Das schweizerische Obligationenrecht, 7. Aufl.,
S. 833; BAUMBACH/HEFERMEHL, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 13. Aufl.,
N. 11 zu Art. 1; STAUB/STRANZ, Kommentar zum Wechselgesetz, 13. Aufl.,
N. 48 zu Art. 1; STRANZ, Wechselgesetz, 14. Aufl., N. 17 zu Art. 1;
KAPFER, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 8. Aufl., N. 9 zu Art. 1;
ARMINJON/CARRY, La lettre de change et le billet à ordre, S. 224/225
N. 201; PERCEROU ET BOUTERON, La lettre de change, S. 12 N. 9; MOSSA,
Trattato della cambiale, 3. Aufl., S. 291; DE SEMO, Trattato di diritto
cambiario, 3. Aufl., S. 296 N. 328).

    Der Hinweis des Obergerichts auf die Möglichkeit, den gleichen Erfolg
mit einem Blankowechsel zu erreichen, ändert nichts. Ein Blankowechsel
ist seiner Natur nach unvollständig (Art. 1000 OR); er kann nachträglich
ausgefüllt werden. Der Inhaberwechsel ist dagegen von Anfang an vollständig
ausgefüllt und als solcher, ebenfalls von Anfang an, formnichtig. Diese
Formnichtigkeit ist im vorliegenden Fall umso mehr zu beachten, als es
den Anschein hat, dass die Änderung des ausgefüllten Wechsels nach der
Unterzeichnung durch die Beschwerdeführerin als Ausstellerin, Bezogene und
Akzeptantin vom Beschwerdegegner vorgenommen oder veranlasst worden ist.

    Das Wechselrecht ist - gerade im Interesse der Verkehrssicherheit
und im Hinblick auf die wechselmässige Haftung - durch Formstrenge
gekennzeichnet. Die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit des Wechsels muss sich
aus der Urkunde selbst ergeben.