Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 III 21



108 III 21

9. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 24. August 1982
i.S. Kallivroussis (Rekurs) Regeste

    Art. 243 Abs. 1 SchKG.

    Einziehung von unbestrittenen fälligen Guthaben der Masse auf dem
Betreibungsweg; Begriff des unbestrittenen Guthabens.

Sachverhalt

    A.- Am 17. Oktober 1980 wurde über Georgios Kallivroussis
der Konkurs eröffnet. Zwischen ihm und der Bad Flüh AG ist ein
Zivilprozess anhängig. Am 3. Februar 1981 anerkannte die damalige
Verwaltungsratspräsidentin der Bad Flüh AG, Blanka Maria Kallivroussis,
eine Forderung des Gemeinschuldners im Umfang von Fr. 1'050'000.--. Diese
Anerkennung wurde in der Folge vom heutigen Verwaltungsratspräsidenten
der Bad Flüh AG widerrufen. Eine Abschreibung der Klage unterblieb.

    B.- Am 24. April 1982 forderte der Gemeinschuldner die
Konkursverwaltung auf, das Guthaben bei der Bad Flüh AG einzuziehen. Die
Konkursverwaltung antwortete am 4. Mai 1982, der Entscheid über
die Geltendmachung der Forderung stehe nicht ihr, sondern der 2.
Gläubigerversammlung zu. Hiegegen beschwerte sich der Gemeinschuldner
bei der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons
Solothurn. Seine Beschwerde wurde jedoch mit Entscheid vom 28. Juli
1982 abgewiesen.

    C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt der Gemeinschuldner,
den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde aufzuheben und die
Konkursverwaltung anzuweisen, das der Konkursmasse zustehende Guthaben
gegenüber der Bad Flüh AG in Betreibung zu setzen.

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 243 Abs. 1 SchKG hat die Konkursverwaltung unbestrittene
und fällige Guthaben der Masse, nötigenfalls auf dem Betreibungsweg,
einzuziehen. Nach Lehre und Rechtsprechung hat die Konkursverwaltung gegen
alle Drittschuldner, die auf eine vorausgegangene briefliche Aufforderung
weder bezahlt noch eine ausdrückliche Bestreitung eingereicht haben,
die Betreibung anzuheben. Ist eine Bestreitung offenbar trölerisch und
der Rechtsvorschlag des Schuldners durch (provisorische oder definitive)
Rechtsöffnung zu beseitigen, so ist für solche Forderungen trotz der
Bestreitung die Betreibung fortzusetzen. Liegt dagegen eine ernsthafte
Bestreitung vor, so ist es Sache der 2. Gläubigerversammlung, darüber zu
entscheiden, ob der Prozessweg beschritten oder ob das Guthaben im Sinne
von Art. 260 SchKG den Gläubigern zur Abtretung angeboten werden soll
(BGE 93 III 26 E. 2; JAEGER, N. 1 und 3 zu Art. 243 SchKG; FRITZSCHE,
Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. Bd. II, S. 141).

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Fall hat die Bad Flüh AG zwar am 3.  Februar
1981 die Forderung der Konkursmasse im hängigen Zivilprozess anerkannt.
Diese Anerkennung wurde indessen kurz danach vom heutigen Präsidenten des
Verwaltungsrats der Bad Flüh AG bestritten. Sie führte zudem bisher nicht
etwa zu einer Abschreibung der Klage. Unter diesen Umständen fehlt es
bereits am Erfordernis des unbestrittenen Guthabens im Sinne von Art. 243
Abs. 1 SchKG. Welche materiell- und prozessrechtliche Tragweite die von
der Ehefrau des Rekurrenten als damaliger Verwaltungsratspräsidentin der
Bad Flüh AG ausgesprochene Anerkennung hat, ist hier nicht zu prüfen. Unter
dem Gesichtspunkt von Art. 243 Abs. 1 SchKG genügt es, dass die Bad Flüh
AG die Anerkennung heute nicht mehr gegen sich gelten lassen will, und
dass der Prozess über die Forderung weiterhin anhängig ist. Wohl könnte
die Konkursverwaltung versuchen, gestützt auf die Forderungsanerkennung
die provisorische Rechtsöffnung zu erlangen. Würde diese gewährt,
was angesichts der unklaren Rechtslage ungewiss ist, so wäre jedoch
mit Sicherheit mit einer Aberkennungsklage durch die Bad Flüh AG zu
rechnen, was wiederum darauf hinweist, dass von einem unbestrittenen
Guthaben nicht gesprochen werden kann. Dazu kommt, dass die Bad Flüh
AG gegenüber der Konkursmasse offenbar Gegenforderungen angemeldet hat,
so dass die Geltendmachung der Forderung auch unter diesem Gesichtspunkt
auf Schwierigkeiten stossen könnte.

    Bei dieser Sachlage verstösst es keineswegs gegen Art. 243
Abs. 1 SchKG, wenn die Konkursverwaltung den Entscheid über das
weitere Vorgehen hinsichtlich der Forderung gegen die Bad Flüh AG der
2. Gläubigerversammlung überlassen will. Der Rekurs ist daher als
offensichtlich unbegründet abzuweisen.