Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IB 419



108 Ib 419

73. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. November 1982
i.S. O. gegen Eidg. Militärdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Dienstverhältnis des Bundespersonals: Zuweisung einer anderen
Tätigkeit.

    1. Voraussetzungen für die Zulässigkeit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zuweisung einer anderen Tätigkeit
(Bestätigung der Rechtsprechung, E. 1).

    2. Voraussetzungen für eine nicht strafweise Zuweisung einer andern
Tätigkeit (E. 2a, 3 und 4).

    3. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2b).

Sachverhalt

    A.- O. trat am 1. Dezember 1976 in den Dienst der
Kriegsmaterialverwaltung (KMV), Abteilung Elektronikbetriebe ein. Er
wurde auf den 1. Juni 1977 zum ständigen Angestellten ernannt und in
die 5. Besoldungsklasse eingereiht. Im März 1978 wurde er der Gruppe
für Rüstungsdienste (GRD), Dienst für Systemanalyse (DSA), zugeteilt,
verblieb jedoch im Bestand der KMV. Wegen Sachzwängen, die sich aus
dem Personalstopp ergaben, kamen die KMV und die GRD im Verlaufe
des Jahres 1980 überein, O. endgültig in die GRD zu versetzen. Bei
dieser Gelegenheit wurde sein Pflichtenheft angepasst. Da O. sich dieser
Versetzung widersetzte und mit ihm keine einvernehmliche Lösung gefunden
werden konnte, verfügte das Eidg. Militärdepartement (EMD) am 12. Juni
1981, dass er mit Wirkung ab 1. August 1981 aus dienstlichen Gründen in
die GRD, Abteilung DSA, versetzt werde.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügt O. Missbrauch und Überschreiten
des Ermessens sowie eine falsche Anwendung der Angestelltenordnung. Er
bestreitet die Voraussetzungen für seine Versetzung. Diese sei weder von
seiner beruflichen Ausbildung und Qualifikation, noch vom Bedürfnis der
Verwaltung, das Personal rationell einzusetzen, gerechtfertigt. Im weiteren
rügt er eine Anzahl Aktenwidrigkeiten, ohne aber zu sagen, inwiefern diese
eine Verletzung von Bundesrecht oder eine unrichtige oder unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes zur Folge haben. Diese
Rügen fallen vielmehr zusammen mit der Rüge der falschen Anwendung der
Angestelltenordnung im konkreten Fall.

    Das EMD schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der angefochtene Entscheid des EMD ist eine Verfügung im Sinne
von Art. 5 VwVG. Gegen solche von einem Departement des Bundesrates
getroffene Verfügungen ist nach Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 lit. b
OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, es sei denn, dass ein
Ausschlussgrund gemäss Art. 99-102 OG vorläge. Das trifft hier nicht zu,
liegt doch keine Ausnahme vor, die Art. 100 lit. e OG auf dem Gebiete
des Dienstverhältnisses von Bundespersonal vorsieht. Namentlich ist
der Ausschlussgrund von Art. 100 lit. e Ziff. 3 OG nicht gegeben,
denn die Verpflichtung, sich einer Versetzung zu unterziehen, wurde
beim Beschwerdeführer nicht ausdrücklich in die Anstellungsbedingungen
aufgenommen (BGE 101 Ib 205), noch ergibt sich diese Verpflichtung aus
der Natur des vorliegenden Anstellungsverhältnisses.

Erwägung 2

    2.- a) Die nicht strafweise Versetzung im Amte und die Zuweisung einer
anderen Tätigkeit wird für die Angestellten des Bundes in Art. 11 der
Angestelltenordnung (SR 172.221.104; AngO) geregelt. Diese Bestimmung
entspricht Art. 9 des Beamtengesetzes. Art. 11 AngO bestimmt:

    "Der Angestellte kann jederzeit an einen andern Dienstort versetzt
   oder es kann ihm eine seinen Fähigkeiten entsprechende andere Tätigkeit
   zugewiesen werden, wenn es der Dienst oder die wirtschaftliche
   Verwendung der Arbeitskräfte erfordert."

    Aus dieser Bestimmung ist zu schliessen, dass eine Versetzung nur
dann gerechtfertigt ist, wenn sie einerseits entweder aus dienstlichen
oder aus Gründen des rationellen Einsatzes des Personals notwendig ist und
wenn andererseits die neu zugewiesene Tätigkeit, welche die Versetzung mit
sich bringt, den Fähigkeiten des Angestellten entspricht (vgl. VPB 1970-71,
Heft 35, Nr. 22, S. 69). Die nicht strafweise Versetzung darf zudem nicht
eine Disziplinarmassnahme verbergen, weil man die Unannehmlichkeiten
eines Disziplinarverfahrens umgehen will (VPB 1970-71 aaO). Schliesslich
wäre eine Versetzung auch unzulässig, wenn sie gegen verfassungs- oder
gesetzesmässig geschützte Persönlichkeitsrechte verstiesse, einschliesslich
des Rechts auf Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft.

    b) Ob die Voraussetzungen für eine Versetzung gegeben sind, prüft
das Bundesgericht grundsätzlich frei, denn es handelt sich um Begriffe
des Bundesrechts. Allerdings geht es um unbestimmte Rechtsbegriffe
wie Eignung des Beamten oder Bedürfnis der Verwaltung, welche schwer
überprüfbar sind. Zur Würdigung von Leistung und gesamten Verhalten eines
Beamten wie auch seines wirtschaftlich besten Einsatzes sind am besten die
Vorgesetzten imstande. Die Behörde ist verantwortlich für ein möglichst
reibungsloses Funktionieren der Verwaltung und für den bestmöglichsten
Einsatz des Personals. Ihrem Ermessen ist es deshalb zu überlassen, ob
eine Versetzung angezeigt ist. Sie hat aber ihr Ermessen wie in jedem
anderen Bereich pflichtgemäss auszuüben. Das Bundesgericht überprüft, ob
die Verwaltungsbehörde das ihr von der AngO eingeräumte und von der Natur
der Sache zustehende Ermessen überschritten oder missbraucht habe. Es
auferlegt sich dabei grosse Zurückhaltung, weil es nicht das Ermessen
der Verwaltung durch sein eigenes ersetzen kann. Nur sachlich nicht
haltbare, willkürliche Versetzungen und solche, die gegen Grundrechte
des Persönlichkeitsschutzes verstossen, sind im verwaltungsgerichtlichen
Beschwerdeverfahren aufzuheben (vgl. auch BGE 108 Ib 210).

Erwägung 3

    3.- a) Der Beschwerdeführer beklagt sich nicht so sehr darüber, dass er
die Fähigkeiten für den neuen Posten nicht besitze, als vielmehr darüber,
dass er sich in Zukunft an ein Pflichtenheft halten soll, welches seiner
Ausbildung und beruflichen Erfahrung zu wenig Rechnung trage. So habe er
sich bis jetzt vornehmlich mit mathematischen Logistikmodellen befasst
und sich auf diesem Gebiet einige Erfahrung angeeignet, was er nach dem
neuen Pflichtenheft nicht genügend zur Geltung bringen könne. Auf der
anderen Seite sei er für die neu zugewiesenen Aufgaben, insbesondere
physikalisch-ballistische Tätigkeit, nicht ausgebildet. Insgesamt
würden die Anforderungen des neuen Pflichtenhefts bedeutend unter
seinen Fähigkeiten liegen. Das EMD bestreitet diese Darstellung. Das
neue Pflichtenheft sehe zu 75% eine Beschäftigung mit mathematischen
Modellen, aufgeteilt in mathematische Logistikmodelle (30%) und übrige
mathematische Modelle (45%), vor. Physikalisch-ballistische Tätigkeiten
seien nicht vorgesehen.

    b) Der Angestellte hat nach dem klaren Wortlaut von Art. 11 AngO
bei einer nicht strafweisen Versetzung Anrecht auf die Zuweisung einer
"seinen Fähigkeiten entsprechenden anderen Tätigkeit". Er muss es sich
demnach nicht gefallen lassen, dass er von einer Stelle, für die er sich
aufgrund seiner Fähigkeiten beworben hatte und für die er nach Bestehen
der Probezeit als geeignet angestellt worden war, an eine andere versetzt
wird, wo er eine grundlegend andere Tätigkeit, welche eine andere Eignung
bedingt, ausüben muss.

    Dies trifft aber im Falle des Beschwerdeführers nicht zu. Dieser ist
Inhaber eines Abschlusses in "Statistics and Computing" des "Polytechnic of
North London", der laut BIGA in der Schweiz dem HTL-Diplom gleichzustellen
ist. Das EMD schreibt in seiner Replik zu Recht, dass es keine erhebliche
Änderung des Pflichtenheftes bedeute, wenn der Beschwerdeführer am
bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr ausschliesslich mit Logistikprogrammen,
sondern auch mit anderen, teils einfachen, teils komplizierten Programmen,
betraut werde. Eine Verletzung des pflichtgemässen Ermessens, weil die
beruflichen Fähigkeiten des Beschwerdeführers zu wenig berücksichtigt
worden seien, kann darin jedenfalls nicht gesehen werden.

    c) Auch die Rüge, er werde durch diese Versetzung sozial degradiert,
weil er administrativ nicht mehr unmittelbar dem Dienstchef, sondern
einem wissenschaftlichen Adjunkten unterstehe, ist unbegründet. Diese
Rüge betrifft eine Frage der internen Organisation der Verwaltung, aus
welcher der Beschwerdeführer kein Hindernis für eine Versetzung im Sinne
einer nicht seinen Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeit gemäss Art. 11
AngO abzuleiten vermag. Zwar hat das Bundesgericht in einem Entscheid
vom 14. Juli 1932 i.S. G. (ZBl 33, S. 495), welcher vom Beschwerdeführer
zitiert wird, entschieden, dass bei einer Versetzung Rücksicht zu nehmen
sei auf die Art der Tätigkeit und deren soziale Wertung. Es kann aber
offen bleiben, wie weit aus diesem Entscheid Parallelen zum Fall des
Beschwerdeführers gezogen werden können (G. wurde vom Posten eines
Bereiteraspiranten zu jenem eines Pferdepflegers versetzt) und wie weit
an diesem Entscheid heute noch festzuhalten wäre. Der Beschwerdeführer
erfährt gar keine soziale Schlechterstellung. Er wurde als Berater
des Chefs der Abteilung Elektronikbetriebe bei der KMV auf dem Gebiete
der Logistikmodelle abgelöst und zum mathematischen Sachbearbeiter der
gleichrangigen Abteilung DSA bei der GRD ernannt. Besoldungseinreihung
und Stellenbezeichnung (technischer Beamter) bleiben gleich, und es ist
nicht ersichtlich, worin eine soziale Herabsetzung bestehen sollte.

Erwägung 4

    4.- Der Beschwerdeführer rügt weiter, seine Versetzung entspreche
weder einem dienstlichen Erfordernis, noch sei sie der wirtschaftlichen
Verwendung der Arbeitskräfte zuträglich. Was er diesbezüglich vorbringt,
vermag aber nicht durchzuschlagen. Die Verwaltungsbehörden sind
verantwortlich für das gute Funktionieren ihrer Verwaltungszweige. Ihnen
obliegt es, die vorhandenen Arbeitskräfte rationell einzusetzen. Dabei
ist zu beachten, dass sie beim geltenden Personalstopp die Wünsche der
Mitarbeiter nur beschränkt berücksichtigen können. Es kann nicht Sinn des
Beschwerdeverfahrens sein, in die Verwaltungsorganisation einzugreifen
und die grösstmögliche Wirkung eines Mitarbeiter zu untersuchen. Dazu
ist die Verwaltung viel besser imstande, gilt es doch nebst den
beruflichen Fähigkeiten eines Mitarbeiters auch dessen charakterliche
Eigenschaften, sein Verhältnis zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und
Untergebenen, sein Initiativvermögen, seine Zuverlässigkeit und so
weiter zu berücksichtigen. Eine Versetzung kann auch notwendig sein
aus Gründen, die von der Person des Betroffenen unabhängig sind, aber
sich beispielsweise aus Gründen der Prioritätensetzung aufdrängt. Eine
Versetzung wäre nur dann aufzuheben, wenn kein vernünftiger Grund sie als
notwendig erscheinen liesse. Dies behauptet aber der Beschwerdeführer zu
Recht nicht. Was er bezüglich der Anstellung des P. und der Wiederbesetzung
der seit dem Abgang von Q. nicht besetzten Stelle vorbringt, betrifft
Organisationsfragen, in die das Bundesgericht eben gerade nicht eingreift.

    Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, seine Versetzung
verberge in Wirklichkeit eine Umgestaltung des Dienstverhältnisses gemäss
Art. 77 AngO. Da er aber diese Rüge nicht weiter begründet und sich für
seine Behauptung auch in den Akten keine Anhaltspunkte ergeben, ist auch
diese Rüge als unbegründet abzuweisen.

Erwägung 5

    5.- Nach ständiger Praxis erhebt das Bundesgericht in Beamtensachen
keine Kosten.