Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IB 392



108 Ib 392

69. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Oktober 1982 i.S. Schweizerische
Eidgenossenschaft gegen Kanton Basel-Stadt (staatsrechtliche Klage) Regeste

    Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Frau im Falle von Heirat.

    1. Aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des
Zivilrechts, von der er durch Erlass des ZGB Gebrauch gemacht hat,
ist der Bund zum Erlass von Vorschriften über die Beibehaltung oder den
Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Frau im Falle von Heirat
ausschliesslich zuständig. Den Kantonen fehlt daher eine entsprechende
Kompetenz (E. 2).

    2. Eine kantonale Regelung, die es der Frau ermöglicht, bei der
Heirat ihr bisheriges Kantons- und Gemeindebürgerrecht beizubehalten,
steht zudem materiell mit dem Bundesrecht in Widerspruch (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt beschloss am 18.  Februar
1982, das kantonale Bürgerrechtsgesetz vom 19. März 1964 in verschiedener
Hinsicht abzuändern und zu ergänzen. Der Wortlaut der geänderten
Gesetzesbestimmungen wurde im Kantonsblatt Basel-Stadt vom 20. Februar
1982 veröffentlicht. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die
Gesetzesänderung dem Referendum unterliege und dass die Referendumsfrist
am 3. April 1982 ablaufe. Diese Frist lief in der Folge gemäss Publikation
der Staatskanzlei im Kantonsblatt vom 1. Mai 1982 unbenützt ab.

    Im Rahmen dieser Gesetzesänderung wurden unter anderem die §§ 5,
8 und 22 Abs. 1 des Bürgerrechtsgesetzes wie folgt neu gefasst:

    § 5. Der Verlust des Kantons- oder Gemeindebürgerrechts infolge

    Standesänderung, Heirat oder Adoption richtet sich unter Vorbehalt
von § 8
   nach Bundesrecht.

    § 8. Wer ein anderes Kantonsbürgerrecht erwirbt, verliert das

    Baslerbürgerrecht, wenn er nicht innert sechs Monaten nach Empfang
einer

    Aufforderung gegenüber dem Zivilstandsamt Basel-Stadt schriftlich
erklärt,
   dieses beibehalten zu wollen.

    2 Eine solche Erklärung kann auch die Baslerbürgerin abgeben, die
   durch Heirat oder Einbürgerung des ausländischen Ehemannes ein anderes

    Kantonsbürgerrecht erwirbt.

    § 22 Abs. 1. Der Baslerbürgerin, die das Bürgerrecht durch Heirat mit
   einem Schweizer Bürger verloren hat, steht gegen Entrichtung der

    Kanzleigebühr ein Anspruch auf Wiederaufnahme in das Baslerbürgerrecht
und
   das frühere Gemeindebürgerrecht zu.

    Die Beibehaltung des angestammten Bürgerrechts durch Baslerinnen bei
Heirat mit Schweizer Bürgern aus andern Kantonen hatte bereits in früheren
Jahren Gegenstand von Vorstössen im Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt
gebildet. Diese Vorstösse hatten jedoch nicht zu einer Änderung der
Gesetzgebung geführt. Sie waren dadurch ausgelöst worden, dass eine Basler
Bürgerrätin aus dem Weiteren Bürgerrat der Stadt Basel hatte ausscheiden
müssen, nachdem sie einen Solothurner geheiratet und damit ihr angestammtes
Basler Bürgerrecht sowie die daran geknüpfte Wählbarkeit in den Bürgerrat
verloren hatte. Professor Max Imboden war in einem Rechtsgutachten, das
er am 15. September 1965 dem Weiteren Bürgerrat der Stadt Basel erstattet
hatte, zum Schlusse gelangt, dass eine kantonale Regelung, die der Frau bei
Heirat mit einem ausserkantonalen Schweizer Bürger das Kantonsbürgerrecht
belasse, weder in eine dem Bund zugewiesene Zuständigkeit eingreife noch
gegen eine Sachnorm des Bundesrechts verstosse.

    B.- Mit Eingabe vom 1. April 1982 erhob die Schweizerische
Eidgenossenschaft gestützt auf Art. 83 lit. a OG beim Bundesgericht gegen
den Kantons Basel-Stadt und dessen Grossen Rat staatsrechtliche Klage. Sie
stellte folgende Anträge:

    "1. Es seien in Gutheissung der Klage nachstehende Bestimmungen des
   vom Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt am 18. Februar 1982 erlassenen
   kantonalen Gesetzes über die Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom
   19. März

    1964 als bundesrechtswidrig aufzuheben:

    - in § 5 der Passus: "unter Vorbehalt von § 8";

    - in § 8 Abs. 2 die Wendung: "Heirat oder";

    - § 22 Abs. 1.

    2. Es sei durch vorsorgliche Verfügung den Behörden des Kantons

    Basel-Stadt sofort zu untersagen, die als bundesrechtswidrig gerügten

    Bestimmungen des bezeichneten neuen kantonalen Gesetzes bis zur
Fällung des

    Urteils anzuwenden."

    Nachdem der Präsident der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts der
Klage am 6. April 1982 superprovisorisch aufschiebende Wirkung erteilt
hatte, bestätigte er diese Verfügung am 16. April 1982 unter Hinweis
darauf, dass sich der Beklagte dem Gesuch um aufschiebende Wirkung nicht
widersetzt habe.

    In seiner Klageantwort vom 30. Juli 1982 nahm der Grosse Rat des
Kantons Basel-Stadt zu den Ausführungen in der Klageschrift Stellung. Er
beantragte die Abweisung der Klage und die Aufhebung der vorsorglichen
Verfügung, mit welcher der Klage aufschiebende Wirkung zuerkannt worden
war.

    Ein weiterer Schriftenwechsel fand nicht statt.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 83 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht im Verfahren
der staatsrechtlichen Klage Kompetenzkonflikte zwischen Bundesbehörden
einerseits und kantonalen Behörden anderseits. Die Zuständigkeit des
Bundesgerichts zur Entscheidung solcher Kompetenzkonflikte ist auch in
Art. 113 Abs. 1 Ziff. 1 BV verankert.

    Ein Kompetenzkonflikt im Sinne der erwähnten Bestimmungen liegt
vor, wenn zwischen dem Bund und einem Kanton Uneinigkeit über die
Abgrenzung der beidseitigen Zuständigkeitsbereiche herrscht (BGE 103
Ia 333 E. 2a; 81 I 39 E. 1; BIRCHMEIER, Handbuch des OG, S. 290;
FLEINER/GIACOMETTI, Schweiz. Bundesstaatsrecht, S. 872). Das ist hier
der Fall. Der Bund bestreitet dem Kanton Basel-Stadt das Recht, Regeln
über die Beibehaltung des Kantonsbürgerrechts durch Basler Bürgerinnen,
die Bürger anderer Kantone heiraten, aufzustellen. Er macht geltend,
dass der Kanton Basel-Stadt mit dem Erlass entsprechender Bestimmungen
in die Zuständigkeit der Eidgenossenschaft eingegriffen und gleichzeitig
materielles Bundesrecht verletzt habe. Auf die Klage ist daher einzutreten.

    Was die Bezeichnung der beklagten Partei anbetrifft, kann man
sich fragen, ob der Kanton Basel-Stadt oder dessen Grosser Rat als
Beklagter zu betrachten sei. In der Klageschrift sind beide als Beklagte
aufgeführt. Da Gegenstand des Streites die Frage bildet, ob die in Frage
stehenden kantonalen Bestimmungen als bundesrechtswidrig aufzuheben
seien, ist indessen der Kanton als solcher und nicht der Grosse Rat
als Beklagter zu betrachten. Nachdem die Referendumsfrist gegen die
Gesetzesrevision unbenützt abgelaufen ist, geht es nicht mehr bloss
um einen Beschluss des Grossen Rates, der Anfechtungsobjekt bildet,
sondern um ein nach kantonalem Recht definitiv zustande gekommenes
Gesetz. Als Partei steht dem Bund somit der Kanton gegenüber. Die Rolle
des Grossen Rates beschränkt sich darauf, dass er den Kanton Basel-Stadt
im vorliegenden Kompetenzkonflikt vertritt. Da es sich dabei aber um eine
Frage der richtigen Parteibezeichnung handelt und nicht um eine solche
der Passivlegitimation, ist davon abzusehen, auf die Klage insoweit
nicht einzutreten, als sie sich auch gegen den Grossen Rat des Kantons
Basel-Stadt richtet.

Erwägung 2

    2.- Dem Kanton Basel-Stadt fehlt die Zuständigkeit, der Baslerin, die
durch Heirat ein anderes Kantonsbürgerrecht erwirbt, die Beibehaltung des
Basler Bürgerrechtes zu ermöglichen, in zwei Fällen: Erstens, wenn sich
aus der Bundesverfassung eine ausschliessliche Zuständigkeit des Bundes
zur Regelung dieser Frage ergibt, und zweitens, wenn dem Bundesrecht
der Verfassungs- oder Gesetzesstufe eine materielle Regel des Inhalts
entnommen werden kann, dass die den Bürger eines andern Kantons heiratende
Schweizerin ihr angestammtes Bürgerrecht verliert. Es ist zunächst zu
prüfen, ob auf Grund der Bundesverfassung eine Gesetzgebungskompetenz
des Bundes für Erwerb und Verlust des Kantonsbürgerrechts infolge
familienrechtlicher Tatsachen besteht, wie dies mit der Klage geltend
gemacht wird.

    a) Eine solche Bundeskompetenz ist jedenfalls nicht ausdrücklich
in der Bundesverfassung verankert. Nach Art. 44 Abs. 2 der geltenden
Verfassung ist der Bund nur zuständig, die Bedingungen für die Erteilung
und den Verlust des Schweizer Bürgerrechts durch die Bundesgesetzgebung
festzusetzen. Eine ausdrückliche Bundeskompetenz bezüglich des Kantons-
und Gemeindebürgerrechts würde erst bestehen, wenn die Bundesverfassung
im Sinne des Antrages geändert würde, der den eidgenössischen Räten vom
Bundesrat mit Botschaft vom 7. April 1982 unterbreitet worden ist. Danach
soll Art. 44 Abs. 1 BV folgenden Wortlaut erhalten:

    "Der Bund regelt den Erwerb und den Verlust der Bürgerrechte durch

    Heirat, Abstammung und Adoption sowie den Verlust des Schweizer

    Bürgerrechts und die Wiedereinbürgerung" (BBl 1982 II S. 125 ff.,
insbes.

    S. 158).

    b) Es kann sich daher nur fragen, ob aus einer andern Bestimmung
der Bundesverfassung bereits heute eine entsprechende stillschweigende
Bundeskompetenz abgeleitet werden kann. In der Klageschrift wird eine
Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Erwerb und Verlust des Kantons-
und Gemeindebürgerrechts auf Grund familienrechtlicher Tatsachen aus
Art. 64 BV abgeleitet, der eine umfassende Zuständigkeit des Bundes zur
Gesetzgebung auf dem Gebiete des Zivilrechts begründet. Es wird dabei
nicht verkannt, dass das Bürgerrecht eine Einrichtung des öffentlichen
Rechts darstellt (so ausdrücklich auch Art. 22 Abs. 2 ZGB). Indessen wird
geltend gemacht, dass die Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung auf
dem Gebiet des Zivilrechts die Befugnis mitumfasse, öffentlichrechtliche
Bestimmungen zu erlassen, soweit diese für die Verwirklichung des
Bundesprivatrechts unerlässlich seien oder Voraussetzung für eine
vernünftige Vereinheitlichung bildeten. Die mit dem Zivilgesetzbuch
angestrebte Rechtsvereinheitlichung mache es notwendig, dass die
bürgerrechtlichen Wirkungen familienrechtlicher Tatbestände für das
ganze schweizerische Staatsgebiet gleich geregelt würden. Dies anerkenne
grundsätzlich auch der Beklagte, der nur gerade für den besonderen
Fall des Bürgerrechtsverlustes der Frau durch Heirat eine kantonale
Gesetzgebungskompetenz beanspruche. In der Klageantwort wird dieser
Argumentation vor allem entgegengehalten, dass das Prinzip der Einheit
des Bürgerrechts in der Familie heute ohnehin nicht mehr unbeschränkt
gelte und die vom Bund in Anspruch genommene Kompetenz daher nicht zu
rechtfertigen vermöge.

    Die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes lassen im allgemeinen die
kantonale Zuständigkeit zur Legiferierung auf den entsprechenden Gebieten
solange unberührt, bis der Bund von seiner Kompetenz Gebrauch macht
und eine Ausführungsgesetzgebung erlässt (BGE 88 I 89 E. 3). In diesem
Zeitpunkt wird dann aber die kantonale Zuständigkeit auf dem ganzen Gebiet,
auf das sich das Bundesgesetz erstreckt, vernichtet. Es fragt sich nun
hier, ob mit dem Erlass des Zivilgesetzbuches durch den Bundesgesetzgeber
die Kantone in diesem Sinne die Zuständigkeit eingebüsst haben, über den
Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Frau infolge Heirat
zu legiferieren.

    Im Rahmen des Familienrechts hat der Zivilgesetzgeber zu regeln,
welches die Wirkungen des Kindesverhältnisses und der Ehe sind. Dabei
stellt sich zwangsläufig die Frage, ob familienrechtliche Tatbestände
wie die Entstehung eines Kindesverhältnisses durch Abstammung oder
Adoption sowie der Abschluss einer Ehe mit einem Bürgerrechtserwerb
verbunden sind und ob die Beendigung dieser Verhältnisse zum Verlust
des erworbenen Bürgerrechts führt. Nach den in der Schweiz herrschenden
Rechtsvorstellungen ist es sachgerecht, dass diese Frage trotz ihrer
öffentlichrechtlichen Natur durch die Zivilgesetzgebung geregelt wird. Das
Zivilgesetzbuch enthält denn auch eine Reihe von Bestimmungen über den
Erwerb und die Beibehaltung des Bürgerrechts bei familienrechtlichen
Tatbeständen. Es sei hier auf die Art. 134 Abs. 1, 149 Abs. 1, 161 Abs. 1,
267a und 271 ZGB verwiesen (vgl. auch Art. 259 Abs. 1 ZGB in Verbindung
mit Art. 271 Abs. 1 ZGB). Gebietet aber der enge Sachzusammenhang, dass
der Bürgerrechtserwerb in diesen Fällen vom Zivilgesetzgeber geregelt
wird, liegt es nahe, dass dem gleichen Gesetzgeber auch die Befugnis
zuerkannt wird, zu bestimmen, ob mit dem Bürgerrechtserwerb gleichzeitig
der Verlust des bisherigen Bürgerrechts verbunden ist. Dies ist denn auch
kaum umstritten, was den Bürgerrechtsverlust kraft familienrechtlicher
Tatsachen bei Kindern anbetrifft. Streitig ist hingegen, ob sich
die Zuständigkeit des Zivilgesetzgebers auch auf die Frage beziehe,
was mit dem bisherigen Bürgerrecht der Schweizerin geschehen soll, die
durch Heirat mit einem Schweizer Bürger aus einem andern Kanton dessen
Bürgerrecht erwirbt. Es ist indessen schwer vorstellbar, dass in dieser
Hinsicht in der Schweiz eine von Kanton zu Kanton verschiedene Ordnung
gelten könnte, seitdem alle andern persönlichen Wirkungen der Ehe mit
dem Erlass des Zivilgesetzbuches einheitlich geregelt worden sind. Ob
die Ehefrau ihr bisheriges Bürgerrecht verlieren oder beibehalten können
soll, bedarf vielmehr in gleicher Weise wie die übrigen Wirkungen der
Ehe in persönlicher Beziehung einer einheitlichen Regelung. Diese Frage
fällt deshalb in die Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung auf dem
Gebiete des Zivilrechts, denn sonst könnte die mit Art. 64 BV angestrebte
Rechtseinheit in diesem mit dem Eherecht sachlich eng verknüpften Bereich
nicht hergestellt werden. Der Bundesgesetzgeber hat sich denn auch stets
als zuständig betrachtet, Erwerb und Verlust des Bürgerrechts auf Grund
familienrechtlicher Tatsachen zu regeln. So wurde im Jahre 1972 anlässlich
der Revision des Adoptionsrechtes ein neuer Art. 267a in das ZGB eingefügt,
der bestimmt:

    "Das unmündige Kind erhält anstelle seines bisherigen das Bürgerrecht
   der Adoptiveltern" (vgl. dazu die bundesrätliche Botschaft vom 12. Mai

    1971, BBl 1971 I S. 1233 f.).

    Bei der gegenwärtig in Gang befindlichen Beratung der Revision des
Eherechts vor den eidgenössischen Räten wird ferner eine einheitliche
Regelung angestrebt, die es der Schweizer Bürgerin bei der Heirat
ermöglichen soll, ihr bisheriges Kantons- und Gemeindebürgerrecht
zu behalten. So hat der Ständerat als Erstrat, allerdings nur mit
der knappen Mehrheit von 21 zu 18 Stimmen, beschlossen, die Ehefrau
erhalte das Bürgerrecht des Ehemannes, ohne ihr bisheriges Bürgerrecht zu
verlieren (Amtl.Bull. S 1981, S. 71-74). Auch dabei wird offensichtlich
vorausgesetzt, dass sich eine entsprechende Bundeskompetenz aus Art. 64
Abs. 2 BV ergibt; eine andere Verfassungsgrundlage besteht - jedenfalls
zur Zeit - nicht.

    Diese Überlegungen führen zum Schluss, dass die
Zivilgesetzgebungskompetenz des Bundes im Interesse der Einheitlichkeit
der Regelung der persönlichen Wirkungen der Ehe auch die Zuständigkeit
umfassen muss, über Verlust oder Beibehaltung des bisherigen Kantons-
und Gemeindebürgerrechts der Schweizerin, die mit der Heirat ein anderes
solches Bürgerrecht erwirbt, zu entscheiden. Wie in Erwägung 3b dargelegt
wird, hat der Bund als Zivilgesetzgeber von dieser Zuständigkeit auch
Gebrauch gemacht. Die kantonale Zuständigkeit zur Gesetzgebung in dieser
Frage ist demzufolge mit dem Erlass des Zivilgesetzbuches untergegangen.

    Der Ableitung einer stillschweigenden Bundeskompetenz aus Art. 64
Abs. 2 BV hinsichtlich der hier streitigen Frage kann nicht etwa
entgegengehalten werden, dass auf Grund der bundesrätlichen Botschaft
vom 7. April 1982 über die Revision der Bürgerrechtsregelung in der
Bundesverfassung die Kompetenz des Bundes zur Regelung des Erwerbs und
Verlustes der Bürgerrechte durch Heirat, Abstammung und Adoption nunmehr
ausdrücklich in der Verfassung verankert werden soll. Das Bedürfnis
nach Klarstellung der Rechtslage durch Aufnahme einer ausdrücklichen
Zuständigkeit in die Verfassung bedeutet nicht, dass nicht schon vorher
eine entsprechende stillschweigende Kompetenz des Bundes bestanden
haben kann.

    c) Ist somit der Bund ausschliesslich zuständig, über die Auswirkungen
der Heirat auf das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Frau zu
legiferieren, so erweist sich die Klage grundsätzlich als begründet,
da dem Kanton Basel-Stadt diesfalls die entsprechende Kompetenz abgeht.

Erwägung 3

    3.- Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass die Zuständigkeit des
Kantons Basel-Stadt zur Gesetzgebung über den Verlust oder die Beibehaltung
des Kantons- und Gemeindebürgerrechts infolge Heirat nicht im Sinne
der bisherigen Ausführungen wegen Verletzung einer ausschliesslichen
Gesetzgebungskompetenz des Bundes zu verneinen sei, müsste die Klage
gutgeheissen werden, da die im revidierten Bürgerrechtsgesetz getroffene
Lösung jedenfalls inhaltlich mit dem Bundesrecht in Widerspruch steht.

    a) Aus der Bundesverfassung lässt sich freilich eine Regel über den
Bürgerrechtsverlust der Frau infolge Heirat nicht zwingend ableiten. Als
einzige Verfassungsbestimmung, der eine solche Regel entnommen werden
könnte, fällt Art. 54 Abs. 4 BV in Betracht. Er lautet:

    "Durch den Abschluss der Ehe erwirbt die Frau das Heimatrecht des

    Mannes."

    In der schweizerischen Rechtslehre ist umstritten, ob in dieser
Bestimmung stillschweigend der Satz enthalten sei, dass die Frau
damit gleichzeitig ihr bisheriges Kantons- und Gemeindebürgerrecht
verliere (Dafür: W. BURCKHARDT, Kommentar der schweiz. BV, 3. Aufl.,
S. 502/503; A. FAVRE, Le nouveau droit de la nationalité, in ZSR 71/1952
S. 756 f.; H. HUBER, ZBJV 93/1957 S. 468. Dagegen: GIACOMETTI, Die
Verfassungsmässigkeit des Optionsrechtes der ausheiratenden Schweizer
Bürgerin, SJZ 48/1952 S. 87/88; IMBODEN, Gutachten S. 8 ff.). In BGE
82 I 101 hat das Bundesgericht diese Frage offen gelassen. Zu einer
Kontroverse hierüber gab der Erlass des Bundesgesetzes über Erwerb und
Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29. September 1952 Anlass; dessen
Art. 9 sieht bekanntlich als Neuerung vor, dass die Schweizer Bürgerin
bei Heirat mit einem Ausländer durch Abgabe einer Erklärung das Schweizer
Bürgerrecht beibehalten kann (vgl. dazu insbes. GIACOMETTI, aaO, S. 85
ff.; bundesrätliche Botschaft zum betreffenden Gesetzesentwurf, BBl 1951
II S. 684 f.).

    Ob aus Art. 54 Abs. 4 BV auf dem Wege der Auslegung eine
Bürgerrechtsverlustregel abgeleitet werden kann, erscheint mindestens als
sehr zweifelhaft. Als dieser Artikel im Jahre 1874 in die Bundesverfassung
aufgenommen wurde, lag die Zuständigkeit zur Zivilgesetzgebung bei den
Kantonen. Sein Zweck bestand, wie sich vor allem aus Art. 54 Abs. 1 BV
ergibt, im Schutz der Ehe gegenüber kantonalen Behinderungen. Dass die
Frau mit der Heirat das Bürgerrecht des Mannes erwerbe, bildete Teil des
angestrebten Schutzes; es sollte damit die Einheit des Bürgerrechts in
der Familie erreicht und die Eheschliessung von unnötigen Formalitäten
(förmliche Bürgerrechtszusicherung durch den Kanton des Bräutigams)
befreit werden (GIACOMETTI, aaO, S. 88). Dieser Zweck verlangt indessen
nicht, dass die Frau ihr bisheriges Bürgerrecht verliere. Wenn die Kantone
ihren ausheiratenden Bürgerinnen das bisherige Bürgerrecht hätten belassen
wollen, so wäre dadurch das von Art. 54 Abs. 4 BV verfolgte Ziel in keiner
Weise beeinträchtigt worden. Seit die Eheschliessung und die Wirkungen der
Ehe im Zivilgesetzbuch für die ganze Schweiz einheitlich geregelt worden
sind, hat Art. 54 BV seine Bedeutung weitgehend eingebüsst. Es widerspräche
unter diesen Umständen dem Entstehungsgrund dieser Bestimmung, daraus
eine Bindung des Gesetzgebers an eine Verlustregel ableiten zu wollen,
die im Verfassungswortlaut keinen Ausdruck gefunden hat und sich vom Zweck
her nicht rechtfertigen lässt. Dazu kommt, dass sich die Anschauungen
über die Wirkungen der Ehe seit 1874 grundlegend geändert haben. Diesem
Umstand darf bei der Verfassungsinterpretation Rechnung getragen werden,
nachdem die historische Auslegung eine extensive Deutung wie gesehen nicht
aufdrängt und der Bundesgesetzgeber im Jahre 1952 die Verlustregel im
internationalen Verhältnis (d.h. bei der Heirat einer Schweizer Bürgerin
mit einem Ausländer) ausdrücklich aufgegeben hat. In der Klageschrift
der Eidgenossenschaft wird denn auch der Bürgerrechtsverlust der Frau
infolge Heirat nicht aus Art. 54 Abs. 4 BV abgeleitet.

    b) Hingegen vertritt die Klägerin die Auffassung, eine solche
Bürgerrechtsverlustregel könne dem Zivilgesetzbuch entnommen werden. Dieses
bestimmt in Art. 161 Abs. 1, die Ehefrau erhalte den Familiennamen und
das Bürgerrecht des Ehemannes. Sowenig wie Art. 54 Abs. 4 BV schreibt
somit Art. 161 Abs. 1 ZGB ausdrücklich vor, dass die Frau mit dem Erwerb
des Bürgerrechts des Mannes gleichzeitig ihr bisheriges Bürgerrecht
verliere. Es stellt sich die Frage, ob dieser Bestimmung trotzdem eine
entsprechend weitreichende Bedeutung zukomme.

    Wie im Gutachten IMBODEN zutreffend ausgeführt wird, ergibt sich
der Verlust des bisherigen Bürgerrechts der Frau nicht etwa aus Gründen
der Logik zwingend daraus, dass diese mit der Heirat das Bürgerrecht
des Ehemannes erwirbt. Die gegenteilige Folgerung ist vielmehr ebenso
gut möglich. Damit ist jedoch die Frage nach der Tragweite des Art. 161
Abs. 1 ZGB noch nicht beantwortet. Entgegen dem Gutachten IMBODEN kommt
es nicht einer (nur in Ausnahmefällen zulässigen) Interpretation gegen
den Wortlaut gleich, wenn aus einer Gesetzesbestimmung durch Auslegung
eine Regel abgeleitet wird, die im Wortlaut keinen Ausdruck gefunden
hat und sich auch rein formallogisch nicht daraus ergibt. So verhält
es sich jedenfalls auf dem Gebiet der Zivilgesetzgebung. Nach Art. 1
Abs. 1 ZGB findet das Gesetz auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es
nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. Damit hat es der
Zivilgesetzgeber ausdrücklich zugelassen, dass durch Auslegung aus dem
Gesetz eine Regel abgeleitet wird, die über den Wortlaut hinausgeht. Dies
trifft insbesondere da zu, wo etwas im Gesetz nur deshalb nicht geregelt
worden ist, weil es als selbstverständlich betrachtet wurde.

    Ein solcher Fall liegt hier vor. Mit der Aufnahme der Regel, die
Frau erhalte den Familiennamen und das Bürgerrecht des Ehemannes, ins
Gesetz wollte der Gesetzgeber so wenig wie in bezug auf den Familiennamen
offen lassen, ob die Ehefrau das bisherige Bürgerrecht verliere oder
ob sie es allenfalls beibehalten könne. Auf Grund der zur Zeit des
Gesetzeserlasses herrschenden Rechtsüberzeugung wurde Art. 161 Abs. 1
ZGB vielmehr so verstanden, dass das Bürgerrecht des Ehemannes mit der
Heirat an die Stelle des bisherigen Bürgerrechts der Frau trete. Dies
entsprach der historisch weit zurückreichenden Vorstellung, dass die
Frau mit der Heirat aus ihrem bisherigen Familien- und Staatsverband
ausscheide und in jenen des Mannes übertrete (vgl. insbes. GIACOMETTI,
aaO, S. 87 f.; OSKAR ETTER, Der Verlust des Schweizerbürgerrechts, Zürcher
Diss. 1945, S. 56; M. LUTHER, Die Staatsangehörigkeit der einen Ausländer
heiratenden Schweizerin, Zürcher Diss. 1956, S. 38 ff. mit Hinweisen). Es
ist in Rechtsprechung und Lehre unbestritten, dass diese Vorstellung dem
kantonalen und interkantonalen Recht des vergangenen Jahrhunderts zu Grunde
lag und noch bei Erlass des ZGB allgemein verbreitet war (vgl. dazu BGE 35
II 531 und 36 I 223 f. sowie ausser den bereits zitierten Autoren EGGER,
N. 5 zu Art. 161 ZGB; LEMP, N. 8 zu Art. 161 ZGB; H. STOLL, Der Verlust
des Schweizerbürgerrechts, Zürich 1888, S. 58 ff.; H. RENNEFAHRT, Überblick
über die Entwicklung des Schweizerbürgerrechts, ZSR 71/1952 S. 722 ff.;
W. BURCKHARDT, Kommentar der BV, S. 496 ff. und 503; G. SAUSER-HALL,
La nationalité en droit suisse, Bern 1921, S. 39).

    Zumeist wird angenommen - und auch die Klageantwort schliesst diese
Annahme nicht aus -, dass der Verlust des angestammten Bürgerrechts der
Schweizer Frau infolge Heirat ursprünglich auf kantonalem Gewohnheitsrecht
beruht habe. Wie es sich damit auch immer verhält, von Bedeutung ist
jedenfalls, dass bei Erlass des Zivilgesetzbuches als selbstverständlich
vorausgesetzt wurde, mit dem Erwerb des Bürgerrechts des Ehemannes verliere
die Frau gleichzeitig ihr bisheriges Bürgerrecht. Auch wenn diese Regel
im Wortlaut des Gesetzes keinen Ausdruck gefunden hat, so floss sie doch
in den Sinngehalt des Art. 161 Abs. 1 ZGB ein und wurde auf diese Weise
Bestandteil des Bundeszivilrechts. Diese Annahme drängt sich auf, obwohl
den Gesetzesmaterialien, soweit ersichtlich, hierüber nichts entnommen
werden kann. Bezeichnenderweise wird in den Erläuterungen zum Vorentwurf
des Zivilgesetzbuches lediglich ausgeführt, die Regeln betreffend
Familiennamen, Bürgerrecht etc. der Ehefrau gäben zu keinen besonderen
Bemerkungen Veranlassung (S. 144 der Ausgabe 1901). Offensichtlich wurde
wie bis anhin davon ausgegangen, die Frau erwerbe durch die Heirat das
Bürgerrecht des Mannes anstelle ihres bisherigen. Da das Zivilgesetzbuch
hinsichtlich aller persönlichen Wirkungen der Ehe das bisherige kantonale
Recht ersetzen wollte, kann nicht angenommen werden, dass nur gerade die
Frage des Bürgerrechtsverlustes der Ehefrau davon ausgenommen werden und
weiterhin den Kantonen vorbehalten bleiben sollte. Erwerb und Verlust
des Bürgerrechts kraft familienrechtlicher Tatsachen wurden damals
vielmehr allgemein als eine mit dem Privatrecht untrennbar verbundene
Materie betrachtet (M. LUTHER, aaO, S. 68 und 166). Mit der Aufnahme
der Bürgerrechtserwerbsregel in das Zivilgesetzbuch wurde deshalb
unausgesprochenermassen auch die nach Gewohnheitsrecht zwangsläufig
damit verknüpfte Verlustregel zum Gesetzesinhalt erhoben. Hiefür spricht
auch der Umstand, dass das Zivilgesetzbuch bei andern familienrechtlichen
Tatbeständen ebenfalls nur den Bürgerrechtserwerb ausdrücklich regelte und
den damit verbundenen Verlust des bisherigen Bürgerrechts stillschweigend
voraussetzte. So wurde in alt Art. 325 Abs. 1 ZGB, der bis zur Revision
des Kindesrechtes galt, nur festgehalten, dass das vom Vater freiwillig
anerkannte oder ihm mit Standesfolge zugesprochene aussereheliche Kind
die Heimatangehörigkeit des Vaters erhalte; dass es gleichzeitig sein
bis dahin innegehabtes Bürgerrecht verliere, wurde als selbstverständlich
vorausgesetzt und daher nicht ausdrücklich geregelt. Und bei der Revision
des Kindesrechts wurde ein neuer Art. 271 Abs. 3 in das ZGB aufgenommen,
der bestimmt, dass das Kind unverheirateter Eltern das Bürgerrecht des
Vaters erhalte, wenn es durch Namensänderung den väterlichen Familiennamen
erwerbe, weil es unter seiner elterlichen Gewalt aufwachse; dass ein
solches Kind sein bisheriges Bürgerrecht verliere, wird wiederum,
weil selbstverständlich, nicht noch ausdrücklich im Gesetzeswortlaut
ausgesprochen. Es handelt sich somit um eine bei der Regelung von
Bürgerrechtsfragen keineswegs isolierte Gesetzestechnik des Gesetzgebers,
wenn nur der Bürgerrechtserwerb im Gesetz geregelt und der damit verbundene
Bürgerrechtsverlust nicht noch besonders erwähnt wird. Eine Ausnahme
wurde einzig bei der Revision des Adoptionsrechtes gemacht; der damals
neu in das Gesetz aufgenommene Art. 267a ZGB bestimmt, das unmündige Kind
erhalte anstelle seines bisherigen das Bürgerrecht seiner Adoptiveltern. In
diesem Sinne sind aber auch die andern Bestimmungen des Zivilgesetzbuches
betreffend den Bürgerrechtserwerb kraft familienrechtlicher Tatsachen,
die das bisherige Bürgerrecht nicht erwähnen, zu verstehen.

    Dass aus Art. 161 Abs. 1 ZGB sinngemäss abzuleiten ist, die mit der
Heirat das Bürgerrecht des Ehemannes erwerbende Frau verliere gleichzeitig
ihr bisheriges Bürgerrecht, entspricht denn auch verbreiteter Auffassung
in Praxis und Lehre (vgl. BGE 90 I 131, 71 I 78/79, 69 I 142, 60 I 335,
53 I 46; EGGER, N. 5 und 6 zu Art. 161 ZGB; LEMP, N. 7 und 8 zu Art. 161
ZGB; ROSSEL/MENTHA, Manuel du droit civil suisse, 2. Aufl., Bd. I,
S. 284; KELLER, Lehrbuch des Eherechts, S. 57; HEGNAUER, Grundriss des
Eherechts, S. 97). Die gleiche Auffassung liegt auch Art. 167 Abs. 1
der Zivilstandsverordnung vom 1. Juni 1953 zu Grunde. Zum Teil wird die
Verlustregel allerdings nicht direkt aus Art. 161 Abs. 1 ZGB abgeleitet,
sondern als Gewohnheitsrecht des Bundes betrachtet. Nachdem mit dem
Erlass des Zivilgesetzbuches auch der Erwerb und Verlust des Bürgerrechts
kraft familienrechtlicher Tatsachen wie gezeigt umfassend bundesrechtlich
geordnet werden wollten, besteht jedoch kein Grund zur Annahme, dass neben
dem Zivilgesetzbuch das frühere Gewohnheitsrecht weitergegolten habe. Nur
vereinzelte Autoren haben sich gegen die Existenz einer bundesrechtlichen
Verlustregel ausgesprochen oder daran Zweifel geäussert, so vor allem Gmür
in seinem Eherechtskommentar (N. 8 zu Art. 161 ZGB) und unter Berufung auf
diesen C. DROIN (Les effets généraux du mariage et le régime matrimonial,
S. 55/56). Demgegenüber hat sich GIACOMETTI, der im Gutachten IMBODEN
ebenfalls als Gegner einer extensiven Auslegung des Bürgerrechtserwerbs
der Frau durch Heirat angeführt wird, in SJZ 48/1952 S. 85 ff. nur zur
Auslegung von Art. 54 Abs. 4 BV geäussert; diesbezüglich stellt sich
die Frage, ob aus der Erwerbsregel eine Verlustregel abgeleitet werden
könne, jedoch wie bereits dargelegt anders als in bezug auf Art. 161
Abs. 1 ZGB. Gmür hatte bei seinen Bedenken gegenüber einer extensiven
Auslegung von Art. 161 Abs. 1 ZGB vor allem den Verlust des Schweizer
Bürgerrechts durch Heirat einer Schweizerin mit einem Ausländer im Auge
und wollte sich insbesondere gegen die Anwendung der Verlustregel auf
diesen Sachverhalt verwahren. Der Verlust des Schweizer Bürgerrechts
durch Heirat ist aber eine Sache für sich und darf für die Ermittlung
der Tragweite von Art. 161 Abs. 1 ZGB nicht mehr massgebend sein,
seitdem dafür im eidgenössischen Bürgerrechtsgesetz eine Sonderregelung
getroffen wurde. Wenn in der Klageantwort darauf hingewiesen wird, zwischen
der innerschweizerisch geltenden Ordnung und jener im internationalen
Verhältnis sollte Übereinstimmung herrschen, so wird dabei übersehen,
dass sich die Bedeutung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts im
innerstaatlichen Bereich mit jener des Schweizer Bürgerrechts überhaupt
nicht vergleichen lässt und dass für eine Sonderbehandlung des Verlustes
des letzteren gute Gründe bestehen. Es lässt sich deshalb durchaus
rechtfertigen, den Bürgerrechtsverlust durch Heirat unterschiedlich zu
regeln, je nachdem ob es sich um den Verlust des Schweizer Bürgerrechts
oder nur um jenen des Kantons- oder des Gemeindebürgerrechts handelt.

    Richtig ist hingegen, dass sich seit Erlass des Zivilgesetzbuches
auch in bezug auf den innerstaatlichen Bereich die Anschauungen darüber
grundlegend geändert haben, ob und inwiefern sich die Heirat auf das
Bürgerrecht der Ehefrau auswirken soll. Der Grundsatz der Einheit
des Bürgerrechts in der Familie geniesst heute nicht mehr allgemeine
Anerkennung und wird jedenfalls nicht mehr wie früher in dem Sinne
verstanden, dass die Frau mit der Heirat ihr angestammtes Bürgerrecht
zwangsläufig verliere (vgl. dazu die Ausführungen in den Botschaften des
Bundesrates zur Revision des Eherechts vom 11. Juli 1979 und über die
Revision der Bürgerrechtsregelung in der Bundesverfassung vom 7. April
1982, BBl. 1979 II S. 1245 ff. und BBl 1982 II S. 133 f.). Es stellt sich
deshalb die Frage, ob dieser Wechsel in den Anschauungen im Vergleich zur
Zeit des Erlasses des Zivilgesetzbuches dazu Anlass geben könnte, Art. 161
Abs. 1 ZGB anders als bisher auszulegen. Ob es überhaupt möglich wäre, die
bisher aus Art. 161 Abs. 1 ZGB abgeleitete Verlustregel auf dem Wege einer
Auslegungsänderung aufzuheben und der Frau das angestammte Bürgerrecht
bei der Heirat von Bundesrechts wegen zu belassen, braucht indessen nicht
entschieden zu werden. Auch im Falle der Zulässigkeit einer solchen neuen
Deutung des Gesetzes bliebe die streitige Frage bundesrechtlich geregelt,
wenn auch im gegenteiligen Sinn als bis anhin. Die Kantone wären daher
ebenfalls nicht zuständig, über den Verlust des bisherigen Bürgerrechts
der Frau durch Heirat zu legiferieren. Der Grundsatz der derogatorischen
Kraft des Bundesrechts findet auch da Anwendung, wo ein Kanton einen mit
dem Bundesrecht inhaltlich übereinstimmenden Rechtssatz aufstellt; auch in
einem solchen Fall überschreitet der betreffende Kanton die ihm zustehende
Kompetenz, indem er eine Materie ordnet, die der Bundesgesetzgeber bereits
geregelt hat (BGE 106 Ib 58; FLEINER/GIACOMETTI, aaO, S. 95 f.; H. HUBER,
N. 20 zu Art. 6 ZGB).

    Auch die Anrufung des Gleichberechtigungsgrundsatzes in Art. 4
Abs. 2 BV durch die Klageantwort vermag am bisher Ausgeführten nichts zu
ändern. Fällt die streitige Frage nicht in die Gesetzgebungskompetenz der
Kantone, kann es nicht deren Aufgabe sein, auf dem Wege der Gesetzgebung
für die bürgerrechtliche Gleichstellung von Mann und Frau bezüglich der
Heirat zu sorgen.

Erwägung 4

    4.- Nach dem bisher Gesagten ist somit davon auszugehen, dass
die Kantone seit dem Erlass des Zivilgesetzbuches für die Regelung
von Erwerb und Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts infolge
familienrechtlicher Tatsachen nicht mehr zuständig sind und dass der
Verlust des bisherigen Bürgerrechts der Schweizerin durch Heirat mit
einem Schweizer Bürger überdies vom Bundesrecht vorgeschrieben wird. Das
führt zu Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen des basel-städtischen
Bürgerrechtsgesetzes. Die Klage muss aber auch insoweit gutgeheissen
werden, als sie sich gegen § 22 Abs. 1 dieses Gesetzes richtet. Nach
dieser Bestimmung soll die Basler Bürgerin, die das Bürgerrecht durch
Heirat mit einem Schweizer Bürger verloren hat, einen an keine weiteren
Voraussetzungen geknüpften Anspruch auf Wiederaufnahme in das Basler
Bürgerrecht und das frühere Gemeindebürgerrecht haben. Soweit damit im
Sinne einer übergangsrechtlichen Lösung ehemaligen Baslerinnen, die vor
Inkrafttreten des neuen Rechts ihr Bürgerrecht durch Heirat verloren
hatten, die Wiederaufnahme in das Basler Bürgerrecht ermöglicht werden
wollte, ergibt sich die Unzulässigkeit der betreffenden Bestimmung
bereits daraus, dass das neue Recht dem Bundesrecht widerspricht
und es somit keiner Übergangsbestimmung dazu bedarf. § 22 Abs. 1
des Bürgerrechtsgesetzes ist aber auch insoweit unzulässig, als er,
unabhängig von der Regelung in § 8 Abs. 2 des betreffenden Gesetzes,
jeder Baslerin, die durch Heirat mit einem Schweizer Bürger ihr Basler
Bürgerrecht verloren hat, einen von keiner andern Voraussetzung abhängigen
Anspruch auf Wiedereinbürgerung verschafft. Solange das Bundeszivilrecht
den Bürgerrechtsverlust der Frau durch Heirat vorsieht, darf dieser
Grundsatz, auch wenn er seine innere Berechtigung nach zeitgemässer
Anschauung verloren haben sollte, nicht durch kantonales öffentliches Recht
in Frage gestellt oder seiner Wirkung beraubt werden. Dies wäre aber der
Fall, sofern der das Basler Bürgerrecht durch Heirat verlierenden Frau
ein unbedingter und voraussetzungsloser Anspruch auf Wiedereinbürgerung
zuerkannt würde. Eine solche Regelung liefe, wie in der Klageschrift
mit Recht geltend gemacht wird, auf eine Aushöhlung der Verlustregel und
damit auf eine Umgehung des Bundesrechts hinaus.

    Demgegenüber wird in der Klageantwort allerdings geltend gemacht,
der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt habe sich nicht vom Gedanken
einer Umgehung des Bundesrechts leiten lassen, als er § 22 Abs. 1 des
Bürgerrechtsgesetzes eine neue Fassung gegeben habe. Bereits in der
früheren Fassung habe diese Bestimmung nämlich vorgesehen, dass die
Basler Bürgerin, die das Bürgerrecht durch Heirat mit einem Schweizer
Bürger verloren habe, Anspruch auf Wiedereinbürgerung habe, sofern die
Ehe durch Tod, Scheidung oder Ungültigerklärung aufgelöst oder gerichtlich
dauernd getrennt worden sei; diese Regelung sei nie als bundesrechtswidrig
angefochten und in ständiger Praxis angewendet worden. Ob die frühere
Fassung des § 22 Abs. 1 mit dem Bundesrecht wirklich vereinbar war,
kann hier offen bleiben. Immerhin sah sie die Wiedereinbürgerung früherer
Baslerinnen nur unter bestimmten Voraussetzungen vor, denen gemeinsam war,
dass die Ehe, deren Abschluss den Bürgerrechtsverlust herbeigeführt hatte,
weggefallen oder getrennt worden war. Es bestand somit ein erheblicher
Unterschied zur neu eingeführten Regelung, welche die Wiedereinbürgerung
auch bei intakter Ehe ermöglichen will. Selbst wenn die alte Fassung
von § 22 dem Bundesrecht nicht widersprochen haben sollte, ändert dies
jedoch nichts daran, dass jedenfalls die neue Regelung mit dem Bundesrecht
eindeutig nicht vereinbar ist. Sie muss deshalb unabhängig von der Frage
der Zulässigkeit des früheren Rechts ebenfalls als bundesrechtswidrig
aufgehoben werden.

    Die Klage ist somit in vollem Umfang gutzuheissen.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    In Gutheissung der Klage werden folgende Bestimmungen des vom Grossen
Rat des Kantons Basel-Stadt am 18. Februar 1982 erlassenen kantonalen
Gesetzes über die Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 19. März 1964
als bundesrechtswidrig aufgehoben:
   a) in § 5 der Passus "unter Vorbehalt von § 8"; b) in § 8 Abs. 2 die
   Wendung "Heirat oder";

    c) in § 22 der ganze Absatz 1.