Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IB 325



108 Ib 325

59. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26.
August 1982 i.S. Z. AG gegen Kantonale Wehrsteuerrekurskommission Bern
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 49 Abs. 1 WStB; Abschreibungen und Rückstellungen für
Ersatzbeschaffung von Anlagevermögen.

    Grundsätzlich sind Veräusserungsgewinne wie auch
Versicherungsleistungen für zerstörte Gegenstände des Anlagevermögens
steuerbare Einkünfte. Werden solche Einkünfte für die Beschaffung von
Ersatzgegenständen verwendet, bleiben sie unter bestimmten Voraussetzungen
steuerfrei. Voraussetzungen dieser Steuerfreiheit.

Sachverhalt

    A.- Die Anlagen der Z. AG, die die Fabrikation und den Vertrieb
von Tonwaren bezweckt, wurden 1971 durch Brand vollständig zerstört.
Sie legte ihre Betriebe in der Folge endgültig still, was wegen fehlender
Rentabilität schon vorher beabsichtigt war. Sie befasst sich seither
noch mit Garantielieferungen, vor allem aber mit der Umzonung der bisher
in der Industriezone gelegenen Fabrikgrundstücke und der Planung einer
Neuüberbauung. Aus den Versicherungsleistungen der Brandversicherung
nahm die Z. AG eine Rückstellung für den Wiederaufbau vor, welche die
Veranlagungsbehörde steuerlich nicht anerkannte und dem steuerbaren Gewinn
aufrechnete. Einsprache und Beschwerde wurden abgewiesen.

    Gegen den Entscheid der kantonalen Rekurskommission führt die
Z. AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der sie die Anerkennung
der Rückstellung und Verzicht auf die entsprechenden Aufrechnungen
beantragt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:
I. Verwaltungsgerichtsbeschwerde

Erwägung 3

    3.- Zum Reinertrag einer Aktiengesellschaft, welcher der Wehrsteuer
nach Art. 48 lit. a WStB unterliegt und der sich vorab im Saldo ihrer
Gewinn- und Verlustrechnung ausdrückt (Art. 49 Abs. 1 lit. a WStB), sind
auch alle ausserordentlichen Eingänge wie Kapitalgewinne zu rechnen, welche
den steuerlich massgebenden Buchwert der betreffenden Gegenstände des
Gesellschaftsvermögens übersteigen, insbesondere Versicherungsleistungen
für den Verlust von Gebäuden durch Brand. Indem der Gesellschaft an
Stelle eines Gegenstands des Gesellschaftsvermögens ein den Buchwert
übersteigender Geldbetrag zufliesst, erhöht sich grundsätzlich der Ertrag
im Ausmass der auf dem Vermögensgegenstand vorher vorhandenen stillen
Reserven, sofern nicht

    - der Vermögensgegenstand im gleichen Geschäftsjahr durch einen neuen
ersetzt wird, der im gleichen Ausmass sofort abgeschrieben wird, womit die
stillen Reserven auf diesen neuen Vermögensgegenstand übertragen werden,

    - oder eine von der Steuerbehörde zu anerkennende Rückstellung
für die Wiederbeschaffung gemacht wird, was nach Art. 49 Abs. 1 lit. c
WStB nur zulässig ist, soweit solche Abschreibungen oder Rückstellungen
geschäftsmässig begründet sind.

    Eine besondere Behandlung in diesem Sinne erfahren in der Praxis der
Wehrsteuerveranlagungsbehörden Kapitalgewinne, die zu Ersatzanschaffungen
verwendet werden, wenn Vermögensgegenstände, die zum Betrieb einer
Unternehmung notwendig sind, u.a. durch ein Naturereignis zerstört werden,
und die an ihre Stelle tretenden Versicherungssummen dazu verwendet werden,
die verlorengegangenen Vermögensgegenstände zu ersetzen. Das gleiche gilt,
wenn Vermögensgegenstände expropriiert oder unter Expropriationsdrohung
veräussert werden. Werden die an Stelle der verlorenen Gegenstände
tretenden Geldbeträge zur Beschaffung von Ersatzgütern verwendet und
entsprechend verbucht, so wird eine steuerfreie Übertragung der stillen
Reserven auf die Ersatzanschaffungen anerkannt und damit berücksichtigt,
dass wirtschaftlich eine Realisierung stiller Reserven nicht vorliegt,
da ein Zwang zur Ersatzbeschaffung besteht und deshalb die Ersatzsumme für
die Unternehmung gar nicht frei verfügbar ist (Entscheid des Bundesgerichts
vom 4. März 1977 in ASA 46 S. 394 mit Hinweisen). Zu den Voraussetzungen,
unter denen die Wehrsteuerveranlagungsbehörden im Hinblick auf eine
Ersatzbeschaffung die steuerfreie Übertragung stiller Reserven von einem
Gegenstand des Anlagevermögens auf einen neubeschafften Vermögensgegenstand
- sei es in Form sofortiger Abschreibung, sei es in Form einer Rückstellung
für die Ersatzbeschaffung - zu anerkennen haben, äusserte sich das
Bundesgericht erst in einem nicht amtlich publizierten Entscheid vom
23. September 1960 (in ASA 30 S. 91 ff., insbes. S. 98 E. 4), wobei es
damals noch offen liess, ob nach der sog. Ersatzbeschaffungstheorie eine
steuerfreie Übertragung der stillen Reserven in der Wehrsteuer überhaupt
in Betracht komme.

Erwägung 4

    4.- Da die Wehrsteuer vom Reinertrag der Kapitalgesellschaften nach
Art. 49 Abs. 1 lit. a WStB (und entsprechend vom Unternehmens-Reingewinn
von Selbständigerwerbenden und Personengesellschaften nach Art. 21
WStB) grundsätzlich vom bereinigten (Art. 49 Abs. 1 lit. b und c WStB)
Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung zu erheben ist, muss die sog.
Ersatzbeschaffungstheorie von den Wehrsteuerbehörden berücksichtigt werden,
soweit bei der Ermittlung des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung
nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung die Übertragung
stiller Reserven auf neubeschaffte Gegenstände des Anlagevermögens
anerkannt und nicht bloss Ausdruck einer im Handelsrecht zulässigen
vorsichtigen Bilanzierung, sondern für die Ermittlung des wahren Ertrags
der betreffenden Rechnungsperiode notwendig ist (vgl. Art. 49 Abs. 1
lit. b WStB). In der Literatur der letzten Jahrzehnte wird durchwegs
anerkannt, dass im Rahmen der Reinertrags- bzw. Reingewinnbesteuerung
die Beschaffung notwendigen Ersatzes für ausgeschiedene Gegenstände des
Anlagevermögens ohne Besteuerung der auf die Ersatzgegenstände übertragenen
stillen Reserven möglich sein muss (C. BRELAZ, Imposition des gains en
capital dans les cas d'incendie, d'expropriation ou d'autres résiliations
nécessitées par des circonstances particulières, RDAF 13, 1957, S. 229
ff.; H. WEIDMANN, StR 16 1961, S. 186 ff.; J.-M. RIVIER, Réinvestissement
en franchise d'impôt des bénéfices en capital obtenus par une entreprise
astreinte à tenir une comptabilité, RDAF 18, 1962, S. 289 ff.; Gutachten
über steuerrechtliche Fragen beim Zusammenschluss von Unternehmungen,
Zürich 1970, S. 136 und 157; H. HEROLD, Die Wiederanlage von
Liegenschaftsgewinnen des Unternehmers, ASA 39, S. 137 ff.; F. CAGIANUT,
Einige Gedanken zur steuerrechtlichen Behandlung von Ersatzbeschaffungen,
ZBl 73, 1972, S. 95 ff.; ZUPPINGER/SCHÄRRER/FESSLER/REICH, Kommentar zum
Zürcher Steuergesetz, Ergänzungsband, § 19 N. 93a S. 46; H. MASSHARDT,
Wehrsteuerkommentar 1980, Art. 21 N. 129 S. 125 und Art. 49 N. 15
ff. S. 259 f.; E. KÄNZIG, Steuerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der
Unternehmungsteilung, ASA 46 S. 545 ff., insbesondere S. 554/5; derselbe,
SAG 50, 1978, 143 ff.; derselbe, Wehrsteuerkommentar, 2. Aufl., Art. 21
N. 197 ff. S. 417 ff.). Mehrere Kantone haben ausdrückliche Vorschriften
in diesem Sinne in ihre Steuergesetze aufgenommen, so Aargau (§ 27 Ziff. 2
lit. b StG und § 14 des Aktiensteuergesetzes AStG), St. Gallen (Art. 25
Abs. 1 lit. b StG und Art. 14 StV) und neuerdings auch Bern (Art. 27b,
65 und 80a StG in der Fassung vom 6. Februar 1980). Der Vorentwurf zu
einem Rahmengesetz für die Steuerharmonisierung, der 1976 im Auftrag
der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren erarbeitet wurde, sieht
die steuerfreie Ersatzbeschaffung in Art. 7 Abs. 3 und Art. 24 Abs. 4
ebenfalls ausdrücklich vor. Das Vernehmlassungsverfahren, welches
das Eidg. Finanz- und Zolldepartement am 15. März 1978 über diesen
Vorentwurf einleitete, ergab keine abweichende Auffassung; im Gegenteil
fanden ein Kanton und einzelne Organisationen die Voraussetzungen für die
steuerfreie Ersatzbeschaffung sogar zu einschränkend umschrieben (ASA 47
S. 304). Es besteht daher kein Grund, die Möglichkeit der steuerfreien
Ersatzbeschaffung in der Wehrsteuer auszuschliessen.

Erwägung 5

    5.- Auch über die Voraussetzungen, unter denen die Veranlagungsbehörde
im System der Reinertrags- oder Reingewinnbesteuerung des Unternehmens
die Übertragung stiller Reserven bei der Ersatzbeschaffung
unbesteuert zu gestatten hat, herrscht im wesentlichen weitgehend
Übereinstimmung. Zunächst ist klarzustellen, dass ähnliche Probleme
sich zwar auch bei Veränderungen im Bestand des Umlaufvermögens
eines Unternehmens stellen können, wo es sich nicht um die
Kapitalgewinnbesteuerung handelt und die Übertragung stiller Reserven bei
sachlich wechselndem Güterbestand von einem Bilanzstichtag zum nächsten
laufend anerkannt wird (BGE 91 I 291). Die sog. Ersatzbeschaffungstheorie
betrifft die Realisierung von Kapitalgewinnen auf Anlagevermögen. Die
Übertragung stiller Reserven auf Gegenständen des Anlagevermögens ist von
den Steuerbehörden zu anerkennen unter Voraussetzungen verschiedener Art,
die allerdings untereinander zusammenhängen:

    a) Von der Art der ersetzten oder zu ersetzenden Vermögensgegenstände
her ist zu fordern, dass es sich um Gegenstände des betriebsnotwendigen
Anlagevermögens handelt, d.h. um Vermögensgegenstände, die dem Unternehmen
nicht nur mit ihrem Geldwert dienen, sondern direkt für den Betrieb
verwendet werden. Werden dagegen Gegenstände, welche für das Unternehmen
eine reine Geldanlage bedeuten, zerstört, enteignet oder veräussert und
fliesst dem Unternehmen daraus eine den Buchwert übersteigende Geldsumme
als Erlös oder Ersatzleistung zu, so realisiert es stille Reserven auf
diesen Vermögensgegenständen.

    b) Es muss ein Zwang zur Verwendung des zugeflossenen Geldbetrags
für die Ersatzbeschaffung bestehen: In dieser Hinsicht werden nicht
durchwegs gleich strenge Anforderungen gestellt. Im Entscheid in ASA 46
S. 390 ff. wurde ein äusserer Zwang (Zerstörung durch Naturereignis,
Enteignung oder Enteignungsdrohung) vorausgesetzt, wobei der Sinn der
Praxis darin gesehen wurde, dass dem Unternehmen der Zeitpunkt, in dem
stille Reserven aufgelöst werden, nicht von aussen aufgezwungen werden
soll. Es wurde aber dahingestellt, ob die Praxis in allen Teilen zu
befriedigen vermöge. Vorwiegend wird auch ein innerbetrieblicher Zwang
zur Ersatzbeschaffung als genügend erachtet, der den Unternehmensinhaber
veranlasst, aus eigenem Entschluss - aber nicht aus wirklich freiem Willen
- einen zu den notwendigen Betriebsaktiven gehörenden Vermögensgegenstand
aufzugeben, z.B. auch durch Veräusserung (MASSHARDT, aaO, Art. 21 N. 101
S. 112/3 und Art. 49 N. 15 S. 259; KÄNZIG, Kommentar zu Art. 21, 2. Aufl.,
N. 165 f. S. 385 und N. 197 S. 417 f.; Gutachten über steuerrechtliche
Fragen beim Zusammenschluss von Unternehmungen, S. 157; RIVIER, aaO,
S. 297; CAGIANUT, aaO, S. 97; für St. Gallen, trotz der einen Zwang
nicht erwähnenden Formulierung in Art. 25 Abs. 1 lit. b StG, H.
WEIDMANN, Wegweiser durch das St. Gallische Steuerrecht, 3. Aufl.,
S. 80/1).- Die Frage braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden, da
bei der Beschwerdeführerin unbestritten durch den Brand zwangsweise die
Betriebsanlagen zerstört wurden.

    c) Der Ersatz muss innert einer angemessenen Frist erfolgen:
Andernfalls liesse sich schwerlich von einem Ersatz betriebsnotwendiger
Gegenstände sprechen, sondern es müssten in vielen Fällen Zweifel
entstehen, ob diese betriebsnotwendig waren. Ein Ersatz innert
angemessener Frist ist jedenfalls anzunehmen, wenn er innert derselben
Abrechnungsperiode erfolgt, so dass am darauffolgenden Bilanzstichtag die
stillen Reserven durch entsprechende Bewertung auf den Ersatzgegenstand
übertragen werden können. Auch der Ersatz innert der gleichen 2jährigen
Wehrsteuer-Bemessungsperiode kann anerkannt werden, was das Bundesgericht
in ASA 30 S. 98 allerdings als auf der Grenze einer angemessenen Zeit
betrachtete. Die 2jährige Wehrsteuer-Bemessungsperiode dürfte indessen
eine äusserste zeitliche Grenze jedenfalls dann nicht darstellen, wenn
die Anerkennung einer Rückstellung für die Ersatzbeschaffung in Betracht
fällt und diese nach den Umständen (z.B. bei einem durch Planung oder
besondere Erschwernisse verzögerten Neubau zerstörter oder enteigneter
Betriebsgebäude) längere Zeit in Anspruch nimmt (MASSHARDT, aaO, Art. 49 N.
15 a.E. S. 259; HEROLD, aaO, S. 156 und 161; vgl. für den neuen Art. 27b
Abs. 2 StG/BE; GRUBER, aaO, Art. 27b N. 3 S. 61; § 14 Abs. 2 AStG/AG
sieht vor, dass eine solche Rückstellung innert 4 Jahren zu verwenden
oder zugunsten der Erfolgsrechnung aufzulösen ist).

    d) Der Erlös muss für die Beschaffung eines Ersatzguts verwendet
oder zurückgestellt werden, das der Fortsetzung des im wesentlichen
unveränderten Betriebs des gleichen Unternehmens dient: Nur unter
dieser Voraussetzung können die Veranlagungsbehörden davon ausgehen, das
Unternehmen sei nicht in die Lage versetzt worden, über die Ersatzsumme
bzw. den Erlös frei zu verfügen, d.h. die den Buchwert übersteigenden
Einnahmen stellten keine Realisierung der stillen Reserven dar.

    Wollten die Steuerbehörden darüber hinausgehen und eine steuerfreie
Übertragung stiller Reserven auf zerstörten, expropriierten oder
veräusserten Gegenständen des Anlagevermögens auch dann zulassen, wenn
die dem Unternehmen zugeflossenen Geldmittel in einem andern Betrieb oder
gar in einem andern Unternehmen investiert würden, wie das etwa in dem
von der Beschwerdeführerin zitierten Aufsatz von Weidmann (StR 16 S. 192
ff.) vorgeschlagen wurde, so müsste sich dies auf eine entsprechende
gesetzliche Vorschrift stützen. Eine solche Lösung könnte nicht mehr
aus den Grundsätzen der Unternehmensbesteuerung heraus, sondern nur aus
gewerbepolitischen Überlegungen getroffen werden (HEROLD, aaO, S. 152 ff.),
die Sache des Gesetzgebers bleiben müssen.

    Von den für die Buchführung geltenden allgemein anerkannten
kaufmännischen Grundsätzen her ist es schon fraglich, ob es angeht,
stille Reserven auf bestimmten Anlagegütern zu übertragen auf
andersartige Anlagegüter für denselben Betrieb (z.B. von enteigneten,
zerstörten oder veräusserten Grundstücken auf Maschinen, vgl. CAGIANUT,
aaO, S. 97). Deshalb wird weit überwiegend die Auffassung vertreten,
als Ersatzgut kämen nur Vermögensgegenstände in Betracht, die dem
ausgeschiedenen Gut in der Funktion gleich, d.h. funktionell (technisch
und wirtschaftlich) gleichartig seien (KÄNZIG, aaO, N. 199 S. 420 mit
Hinweisen; MASSHARDT, Art. 49 N. 15 S. 259 und Art. 21 N. 101 S. 113;
ZUPPINGER/SCHÄRRER/FESSLER/REICH, aaO, § 19 N. 93a S. 46; CAGIANUT,
aaO, S. 97; BRELAZ, aaO, S. 232). Die Reinvestition in funktionell
gleichartigen Ersatzgegenständen machen auch die Gesetze von St. Gallen
(Art. 25 Abs. 1 lit. b StG und Art. 14 Abs. 1 StV) und seit der Revision
von 1980 Bern (Art. 27b Abs. 1 und Art. 80a lit. d StG) zur Voraussetzung,
ebenso Art. 7 Abs. 3 des Vorentwurfs zu einem BG über die Harmonisierung
der direkten Steuern.

    Selbst wenn man, da eine ausdrückliche Vorschrift dies nicht
hindert, bei der Abgrenzung des wehrsteuerpflichtigen Reinertrags eine
Ersatzbeschaffung auch anerkennen wollte, wo an Stelle betriebsnotwendigen
Anlagevermögens andersartige Gegenstände des Anlagevermögens beschafft
werden, liesse sich dies doch jedenfalls nur dann rechtfertigen, wenn
die Ersatzgegenstände dem - im wesentlichen unverändert gleichen -
Betrieb (vgl. für die sehr weitherzige Auslegung des Gesetzes von Aargau:
FELDMEIER, 10 Jahre Erfahrung mit der Ersatzbeschaffung im Kanton Aargau,
StR 32, 1977 S. 313 ff. insbes. 316) oder jedenfalls dem gleichen
Unternehmen dienen würden. Wenn der Betrieb (oder Betriebszweig), für
welchen die untergegangenen, expropriierten oder aus innerbetrieblicher
Notwendigkeit veräusserten Gegenstände betriebsnotwendig waren, aufgegeben
und der Erlös für einen andern Betriebszweig verwendet wird, lässt sich
schwerlich verneinen, dass das Unternehmen über den Erlös frei verfügen
konnte (KÄNZIG, aaO, Art. 21 N. 197 S. 418). Jedenfalls aber kann die
Reinvestition nur notwendig (und der Erlös deshalb nicht frei verfügbar)
sein, wenn sie im gleichen Unternehmen erfolgt (ASA 30 S. 98; RIVIER,
aaO, S. 296, 297; HEROLD, aaO, S. 160). Das ergibt sich für Rückstellungen
übrigens schon daraus, dass solche nach Art. 49 Abs. 1 lit. c WStB nur dann
nicht als Ertrag zu versteuern sind, wenn sie geschäftsmässig begründet
sind. Rückstellungen für einen erst in den nächsten Steuerperioden
zu erwartenden Aufwand aber können nur geschäftsmässig begründet sein
(und von den Steuerbehörden auch anerkannt werden), soweit sie mit
dem Geschäftsbetrieb der Rechnungsperiode im Zusammenhang stehen (nicht
publiziertes Urteil vom 5. Mai 1982 i.S. H.), wenn sie also gemacht werden,
um dasselbe buchführende Unternehmen fortzusetzen. Eine Rückstellung zur
"Ersatzbeschaffung" für ein anderes Unternehmen kann nicht geschäftsmässig
begründet sein.

Erwägung 6

    6.- Bei der Beschwerdeführerin wurde zwar durch den Brand
betriebsnotwendiges Anlagevermögen zerstört, so dass die beiden zuerst
genannten Voraussetzungen für eine steuerfreie Rückstellung der den
Buchwert übersteigenden Versicherungssumme gegeben wären. Doch fehlt es
ihr, wie sie selber nicht bestreitet, an der Absicht, diese in dem im
wesentlichen unveränderten Betrieb ihres bisherigen Unternehmens wieder
zu investieren. Und ausserdem betrachtete die Vorinstanz mit Recht die
angemessene Frist, innert welcher die erhaltenen Mittel reinvestiert
werden müssten, als überschritten.

    a) Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, der Begriff der von
den Steuerbehörden zu anerkennenden Ersatzbeschaffung sei auszuweiten in
dem Sinne, wie dies seinerzeit Weidmann vorgeschlagen hatte, wofür sich
im Wehrsteuerbeschluss aber keine Grundlage findet. Nach ihrer Auffassung
sollte die Reinvestition in der gleichen Unternehmung genügen, wobei sie
mit Unternehmung ihre Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft) meint und
darauf hinweist, dass diese die Versicherungssumme nicht an die Aktionärin
(Muttergesellschaft) ausschütte, sondern selber für die Neuüberbauung
ihrer Grundstücke verwendet.

    aa) Diese Auffassung kann schon deshalb nicht zutreffend sein, weil
nach Art. 49 Abs. 1 WStB nicht bloss die ausgeschütteten Teile des
Geschäftsergebnisses (soweit vor dem Jahresabschluss ausgeschüttet,
vgl. Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB), sondern der gesamte Reinertrag
einschliesslich des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung und der nicht
geschäftsmässig begründeten Rückstellungen steuerbar ist, auch soweit
die Gesellschaft ihn zurückbehält und allenfalls in neuen Anlagen und
Gebäuden investiert.

    bb) Sowenig wie bei natürlichen Personen (die neben Privatvermögen
gleichzeitig mehrere von einander unabhängige Unternehmungen haben können)
und bei Personengesellschaften, ist auch bei Kapitalgesellschaften die
Unternehmung, deren Erfolg aus der vorgeschriebenen kaufmännischen
Buchführung mit Betriebsrechnung (Art. 662 ff. und Art. 957-960 OR)
ersichtlich sein muss, nicht schlechthin identisch mit der Gesellschaft
selber als juristischer Person (vgl. PATRY, Grundlagen des Handelsrechts,
Schweiz. Privatrecht Band VIII/1 S. 178/9). Der Unternehmung ist vielmehr
eine vom Zweck bestimmte feste Erwerbstätigkeit eigen, für welche ein
Bestand von Kapital und Arbeitskräften zum Einsatz gelangt (PATRY, aaO,
S. 72; VON STEIGER, Gesellschaftsrecht, Schweiz. Privatrecht Band VIII/1
S. 225 ff., vgl. betr. die Erträge der Unternehmung KÄNZIG, aaO, Art. 21
N. 38 ff. S. 255 ff.). Wenn auch bei der kaufmännisch oder industriell
tätigen Kapitalgesellschaft ihr Vermögen von dem der Unternehmung
nicht zu unterscheiden ist, so kann doch die Unternehmung ganz oder
teilweise aufgegeben und der Liquidationsüberschuss für den Aufbau
einer neuen oder allenfalls in ihrem Zweck beschränkten Unternehmung
verwendet werden. Wenn dabei Vermögensgegenstände der ganz oder teilweise
aufgegebenen Unternehmung über ihrem Buchwert veräussert werden, so kann
nicht deshalb, weil die Gesellschaft den Kapitalgewinn in einem neuen
(oder in dem im Zweck beschränkten) Unternehmen wieder investieren will,
eine Realisation der stillen Reserven verneint und die Notwendigkeit der
Reinvestition für die Fortsetzung der Unternehmung bejaht werden. Sonst
würde der Gesellschaft ermöglicht, was im erwähnten Bundesgerichtsentscheid
in ASA 30 S. 98 als unzulässig bezeichnet wurde, nämlich sie könnte
"indéfiniment liquider son entreprise et en créer ou en reprendre une
autre sans jamais payer l'impôt sur les réserves latentes ainsi réalisées".

    cc) Die Beschwerdeführerin gab ihr Ziegeleiunternehmen aus eigenem
Entschlusse auf, weil es nicht mehr rentierte und auch eine Erneuerung
nicht mehr rentabel gewesen wäre. Dass sie den Zeitpunkt der Stillegung
nicht frei wählte, dieser vielmehr durch den Brand der Betriebsanlagen
gegeben war, ändert daran grundsätzlich nichts, ebensowenig die
Entschädigung an die Beschwerdeführerin, ihre Muttergesellschaft und
deren Aktionär, welche die bernischen und solothurnischen Ziegelwerke
im Interesse der Stillegung leisteten. Entscheidend ist einzig, dass
die Unternehmung nicht mehr fortgeführt wird, sondern die Tätigkeit
der Beschwerdeführerin sich seither auf die Liquidation, auf Transporte
und auf den Handel mit Immobilien beschränkt, wie sie selber in ihrer
Steuererklärung angab. Die neue Tätigkeit des Immobilienhandels
(bzw. der Überbauung und des Verkaufs oder der Vermietung ihrer
Liegenschaften) wird, wenn die Beschwerdeführerin diese als (neues)
kaufmännisches Unternehmen dauernd betreiben will, eine Änderung ihres
statutarischen Gesellschaftszwecks erfordern. Die stillen Reserven auf
den Betriebsgebäuden und -anlagen der aufgegebenen Ziegeleiunternehmung,
welche die Beschwerdeführerin für die Planung einer neuen Unternehmung
verwendet oder später in Gegenstände des Betriebsvermögens dieser neuen
Unternehmung investieren wird, sind von ihr realisiert worden. Sie wurden
zu Recht als steuerbarer Ertrag aufgerechnet.

    b) Es braucht daher nicht entschieden zu werden, welche Frist noch
als angemessen betrachtet werden kann, wenn für zerstörte, enteignete
oder veräusserte Gegenstände des betriebsnotwendigen Anlagevermögens
Ersatz in Form neuer Bauwerke beschafft werden soll. Immerhin mag
beigefügt werden, dass von einer Reinvestition innert angemessener Frist
nicht schon dann gesprochen werden kann, wenn innert solcher Frist erst
gewisse vorbereitende Planungen für spätere Bauten ausgeführt werden. Der
Vorinstanz kann auch nicht vorgeworfen werden, sie habe die für eine
Ersatzbeschaffung vorausgesetzte angemessene Frist zu einschränkend
verstanden, wenn sie annahm, diese sei in den sieben Jahren seit dem Brand
abgelaufen. Die Beschwerdeführerin konnte sich eine so lange Planungsphase
nur deshalb erlauben, weil die Unternehmung nicht fortgesetzt wird,
eine Notwendigkeit zur Ersatzbeschaffung eben nicht besteht.