Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IA 252



108 Ia 252

47. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 19. November 1982 i.S. Erben U. gegen Kantone Zug und St. Gallen
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 46 Abs. 2 BV (Erbschaftssteuer).

    Virtuelle Doppelbesteuerung (E. 2). Wohnsitz im Steuerrecht (E. 3-5).

    Die Erhebung von Erbschaftssteuern vom beweglichen Vermögen steht
dem Wohnsitzkanton des Erblassers zu; dies gilt für Aktien einer reinen
Immobiliengesellschaft, deren Liegenschaften nicht im Wohnsitzkanton des
Erblassers liegen, auch wenn sämtliche Aktien oder deren überwiegende
Mehrheit dem Erblasser gehörten (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Frau U., geb. 1908 und aufgewachsen im Kanton Zug, lebte seit ihrer
Heirat im Jahre 1934 zuerst in Zürich und seit 1942 in Bad Ragaz (SG),
wo sie gemeinsam mit ihrem Ehemann während 32 Jahren ein Einfamilienhaus
bewohnte. Der Ehemann starb im August 1979, Frau U. am 26. Juni 1980
im Bürgerspital Zug, nachdem sie sich seit Februar 1980 zuerst bei ihrer
Tochter in Zürich und seit anfangs Mai 1980 bei ihrem älteren verheirateten
Sohn in Zug aufgehalten hatte. Sie hinterliess neben anderen Wertschriften
u.a. 512 Aktien (die Mehrheit) der H. Immobilien AG Zug, welche drei
Liegenschaften in Zug besitzt und verwaltet.

    Wenige Stunden vor ihrem Tod hatte am 25. Juni 1980 der Steuerberater
von Frau U. mit einer Vollmacht den auf der Gemeindekanzlei Bad Ragaz für
sie hinterlegten Heimatschein abgeholt und sie als Einwohnerin abgemeldet.

    Der Kanton Zug, der von Nachkommen keine Erbschaftssteuer erhebt,
verzichtete darauf, einen Steueranspruch geltend zu machen. Die kantonale
Steuerverwaltung St. Gallen veranlagte die drei Kinder als gesetzliche
Erben mit Steuerrechnungen vom 6. Januar 1982 zu Erbschaftssteuern
vom gesamten Nachlass der Frau U. Dagegen erhoben die drei Kinder am
5. Februar 1982 rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung
von Art. 46 Abs. 2 BV. Sie beantragen Aufhebung der angefochtenen
Erbschaftssteuerrechnungen sowie die Feststellung, dass Zug gemäss Art. 23
ZGB der letzte Wohnsitz der am 26. Juni 1980 verstorbenen Frau U. gewesen
sei. Eventuell beantragen sie, es sei festzustellen, dass das Recht zur
Erhebung der Erbschaftssteuer an den Aktien der Immobiliengesellschaft
H. Immobilien AG dem Kanton Zug als Belegenheitskanton zustehe.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus den folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Kanton Zug, wo die Erblasserin nach der Behauptung der
Beschwerdeführer ihren letzten Wohnsitz hatte, besteuert den Erbanfall
nicht. Es liegt somit kein Fall aktueller Doppelbesteuerung vor. Die in der
Bundesgerichtspraxis entwickelten Kollisionsnormen, deren Verletzung mit
der auf Art. 46 Abs. 2 BV gestützten staatsrechtlichen Beschwerde geltend
gemacht wird, grenzen aber auch die Steuerhoheit ab, die jeder Kanton in
Anspruch nehmen kann, und beschränken diese für jeden Kanton. Art. 46
Abs. 2 BV untersagt auch die virtuelle Doppelbesteuerung. Eine solche
ist dann gegeben, wenn ein Kanton in Verletzung der vom Bundesgericht
aufgestellten Kollisionsregeln seine Steuerhoheit überschreitet und eine
Steuer erhebt, zu deren Erhebung aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen
Beziehungen ein anderer Kanton zuständig wäre (BGE 104 Ia 252 E. 1 mit
Hinweisen), selbst wenn letzterer darauf verzichtet. Die Beschwerde,
die zum Zwecke hat, das Recht des Kantons St. Gallen auf Besteuerung des
Erbanfalls überprüfen zu lassen, ist demnach zulässig.

Erwägung 3

    3.- Zugänge beweglichen Vermögens aus Erbschaft unterliegen nach
ständiger Rechtsprechung der Erbschaftssteuer im Kanton des letzten
Wohnsitzes des Erblassers (BGE 95 I 29 mit Hinweisen; Urteile vom
11. November 1970 und vom 23. Dezember 1970 in ASA 41, 140 E. 3 bzw. 347
E. 3).

    a) Der Wohnsitz bestimmt sich im interkantonalen Steuerrecht im
wesentlichen nach den Kriterien des Zivilrechts. Der Wohnsitz einer
Person befindet sich grundsätzlich an dem Ort, wo sie sich mit der
Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1 ZGB), d.h. wo sich
der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen befindet (BGE 97 II 3/4 E. 3 mit
Hinweisen; für das Steuerrecht 104 Ia 266; 101 Ia 559 E. 4a).

    b) Wo das Zivilrecht an einen bloss formellen Wohnsitz anknüpft,
wie in Art. 24 Abs. 1 ZGB, wonach der einmal begründete Wohnsitz einer
Person bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen bleibt, hat das
Bundesgericht stets angenommen, das formelle, fiktive Domizil genüge für
die steuerrechtliche Domizilwirkung nicht, da im Steuerrecht der wirkliche,
tatsächliche Wohnsitz massgebend sei. So wenn ein unselbständiger Wohnsitz,
der auch im Steuerrecht anerkannt ist, entfällt. Aber auch wenn der
Steuerpflichtige, der bisher einen selbständigen Wohnsitz hatte, den
Aufenthalt am bisherigen Wohnort endgültig aufgegeben hat, kann dieser
nicht mehr der tatsächliche Mittelpunkt seiner persönlichen Verhältnisse
sein, auf die es im interkantonalen Steuerrecht dann allein ankommt. Daher
ist bei Konkurrenz eines fiktiven Domizils nach Art. 24 Abs. 1 ZGB mit dem
tatsächlichen Ort längeren Aufenthalts in der Schweiz an die Anforderungen
des Art. 23 Abs. 1 ZGB für die Begründung eines neuen Wohnsitzes am
Aufenthaltsort kein strenger Massstab anzulegen (BGE 94 I 322/3 E. 5a
mit Hinweisen; LOCHER, Doppelbesteuerungspraxis, Bd. III/1 § 3 I A 2c).

Erwägung 4

    4.- Es wird weder von den Beschwerdeführern noch von den beteiligten
Steuerverwaltungen angezweifelt, dass die Erblasserin nach dem Tod ihres
Ehegatten (26. August 1979), als ihr unselbständiger zivilrechtlicher
Wohnsitz beim Ehemann (Art. 25 Abs. 1 ZGB) entfiel, zunächst den Wohnsitz
in Bad Ragaz als selbständigen Wohnsitz behielt. Dort befand sich seit
damals 37 Jahren der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen (Art. 23 Abs. 1
ZGB). Sie wohnte dort seit Jahrzehnten im gleichen Einfamilienhaus, wo
ihre drei Kinder aufgewachsen waren, am Ort wo ihr verstorbener Ehemann als
Selbständigerwerbender bzw. Leiter seiner Gesellschaften tätig gewesen war
und wo sie selber persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegte.

    Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist von wesentlicher
Bedeutung, ob die Erblasserin vor ihrem Tod diesen selbständigen
Wohnsitz in Bad Ragaz endgültig aufgab. Die Frage nach der Beibehaltung
des Wohnsitzes kann an sich von der der Begründung eines neuen nicht
getrennt werden (BUCHER, Vorbem. zu Art. 23 ZGB N. 16/7 S. 543), und
gerade weil Art. 24 Abs. 1 ZGB im interkantonalen Steuerrecht nicht oder
nur in beschränktem Masse anwendbar ist, muss bei der Frage, ob ein neuer
Aufenthaltsort als Mittelpunkt der Lebensinteressen an die Stelle des
bisherigen Wohnsitzes getreten ist, geprüft werden, ob dieser endgültig
aufgegeben wurde (BGE 94 I 323 ff. E. 5b, c; Urteil vom 24. November 1978
in ASA 49, 92 ff. E. 1b).

    Ob die Erblasserin den selbständigen Wohnsitz in Bad Ragaz aufgab und
einen neuen in Zug begründete, entscheidet sich nach der im Zivilrecht
und Steuerrecht vorherrschenden Lehre und Praxis nicht danach, welche
subjektiven Entschlüsse sie wahrscheinlich fasste, sondern nach den
gesamten äusseren erkennbaren Umständen (BGE 97 II 3/4; GROSSEN, Das
Recht der Einzelpersonen, Schweiz. Privatrecht Bd. 2, S. 350/1; BUCHER,
aaO, Art. 23 ZGB N. 35 S. 556; LOCHER, aaO, Bd. III/1 § 3 I A 2b Nr. 5
mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft auf Beschwerde wegen Verletzung
von Art. 46 Abs. 2 BV grundsätzlich frei, wo die Erblasserin nach den
gesamten Umständen ihren letzten Wohnsitz hatte.

Erwägung 5

    5.- Die Umstände, aus denen die Beschwerdeführer die Verlegung des
Wohnsitzes nach Zug herleiten wollen, sind jedenfalls nicht eindeutig. Sie
sprechen teilweise ebenso sehr für eine Beibehaltung des Wohnsitzes
in Bad Ragaz oder werden durch andere Umstände widerlegt, welche die
Beschwerdeführer selber in ihrer Beschwerde anführen oder im Laufe des
vorangegangenen Verfahrens anführten:

    a) Die Abmeldung der Erblasserin auf der Einwohnerkontrolle Bad
Ragaz ist weder für die Aufgabe ihres zivilrechtlichen noch ihres
steuerrechtlichen Wohnsitzes an sich entscheidend. Die polizeiliche
Meldung und Schriftenhinterlegung gelten allgemein nur als ein Indiz
unter anderen für den Aufenthalt mit der Absicht dauernden Verbleibens
an einem Ort (BGE 69 I 79 E. 4; LOCHER, aaO, § 3 I a 2d Nr. 8, für das
Zivilrecht BUCHER, aaO, Art. 23 N. 36/7 S. 557 mit Hinweisen). Im Falle
der Erblasserin kann dieses Indiz nicht mehr ernsthaft ins Gewicht fallen,
da die Abmeldung erst wenige Stunden vor ihrem Tod erfolgte und eine
Anmeldung auf der Einwohnerkontrolle Zug nicht mehr erfolgte. Wie weit
die Abmeldung mit einer von der Erblasserin unterzeichneten Vollmacht in
diesem Zeitpunkt noch ihrem wirklichen Willen entsprach, den Aufenthalt
dauernd nach Zug zu verlegen, ist ungewiss. Es erübrigt sich, die in der
Beschwerde beantragten Beweise dafür abzunehmen, dass der Steuerberater
Dr. F. den Auftrag zur Abmeldung der Erblasserin schon im April 1980
"von der Familie" erhalten und "offenbar wegen Arbeitsüberlastung"
vorher nicht ausgeführt hatte. Selbst wenn die Erblasserin bei dieser
Auftragserteilung noch persönlich mitsprach, konnte es sich nur um einen
inneren Vorgang handeln, nicht um einen für Behörden und Dritte erkennbaren
Umstand. Auch wenn ihr Steuerberater und ihre Kinder den Eindruck hatten,
sie habe sich damals entschlossen, Zug für bestimmte oder unbestimmte
Zeit zum neuen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen zu machen, so hätte
sich dieser Entschluss bis wenige Stunden vor ihrem Tod nicht in der
formell einzig bedeutsamen Weise manifestiert.

    b) Wenn man die erkennbaren Umstände gesamthaft betrachtet, sprechen
sie überwiegend dafür, dass die Erblasserin die Absicht, den Wohnsitz in
Bad Ragaz endgültig aufzuheben und in Zug dauernden Aufenthalt zu nehmen,
nicht genügend erkennen liess. Sie brach ihre persönlichen Beziehungen
in Bad Ragaz nicht ab, auch wenn die dortigen Nachbarinnen, Bekannten
und Freundinnen sie in den letzten Monaten nicht mehr sahen. In keiner
der entsprechenden vorgelegten Bestätigungen wird erwähnt, dass sie sich
verabschiedet hätte.

    Gewiss mag sie sich nach dem Tod ihres Gatten vor die Frage gestellt
gesehen haben, ob sie jemanden (z.B. als Hausangestellte) zu sich in das
Haus in Bad Ragaz aufnehmen solle, um dort nicht während der Woche häufig
allein zu sein, oder ob sie beispielsweise nach Zug wegziehen solle, wo
sie in der Nähe ihrer beiden Söhne und - angesichts ihres Leidens - näher
bei einem Spital wäre, in welchem zudem ihr jüngerer Sohn seine Tätigkeit
als Assistenzarzt ausübte. Tatsächlich verliess die Erblasserin aber Bad
Ragaz erst, als ihr Zustand sehr schlecht geworden war und rasch die erste
Hospitalisierung unerlässlich machte. Die Erblasserin musste dreimal für
mehrere Tage in Zug hospitalisiert und zeitweise zuhause gepflegt werden.
Sie hielt sich zu diesem Zweck vorerst in Zürich bei ihrer Tochter und
erst zuletzt für wenige, nochmals durch einen Spitalaufenthalt vom 12. bis
14. Mai 1980 unterbrochene Wochen vor ihrem Tod bei ihrem älteren Sohn in
Zug auf. So konnte sie vermeiden, während ihrer Krankheit dauernd im Spital
verbleiben zu müssen. Der Aufenthalt an einem Ort zu einem Sonderzweck
wie zur medizinischen Behandlung begründet in der Regel keinen Wohnsitz
im Sinne des Mittelpunkts der Lebensinteressen, wenn nicht der Aufenthalt
am früheren Wohnsitz endgültig aufgegeben wird (Urteile vom 19. Dezember
1956 in ASA 26, 384; vom 1. Mai 1957 in ASA 27, 133 und vom 11. November
1970 in ASA 41, 140 E. 4). Diesen Willen bekundete die Erblasserin nicht
mehr. Chefarzt Säuberli von der Chirurgischen Abteilung des Bürgerspitals
Zug musste vielmehr, als sie in Zug weilte, aus rein medizinischen Gründen
mehrmals den ausdrücklichen Wunsch der Erblasserin strikte ablehnen,
sie allein in Bad Ragaz ihren Haushalt besorgen zu lassen. Auch während
ihres gesundheitsbedingten Aufenthalts in Zug kehrte sie noch mehrmals
an ihren bisherigen Wohnort Bad Ragaz zurück, zu dem alle ihre drei
Kinder ebenfalls intensive Beziehungen unterhielten und noch unterhalten.
Irgendwelche Anstalten zu einem Umzug oder zur Auflösung ihres Haushalts
in Bad Ragaz - ein äusserer Umstand, der für die Aufgabe des Wohnsitzes
sprechen würde (Urteil vom 24. September 1958 in ASA 28, 185 E. b) -
traf sie nicht. Selbst einen Postnachsendungsauftrag erteilte sie erst
am 12. Juni 1980.

    Schliesslich darf auch berücksichtigt werden, dass die Beschwerdeführer
selber anfänglich den bis zum Todestag fortbestehenden Steuerwohnsitz
der Erblasserin in Bad Ragaz anerkannten und die Einkommens- und
Vermögenssteuern dort entrichteten, ferner dass die Steuerverwaltung
beider beteiligten Kantone übereinstimmend fanden, die Begründung
eines wirklichen, tatsächlichen Wohnsitzes in Zug sei nicht genügend
dargetan. Die Erblasserin hatte ihren letzten Wohnsitz noch in Bad Ragaz,
so dass ihr beweglicher Nachlass der st. gallischen Erbschaftssteuer
unterliegt.

Erwägung 6

    6.- Während die Erhebung von Erbschaftssteuern vom beweglichen
Vermögen dem Wohnsitzkanton des Erblassers zusteht, hat das Bundesgericht
in ständiger Rechtsprechung das Recht zur Erhebung von Erbschaftssteuern
auf unbeweglichem Vermögen dem Kanton der gelegenen Sache zugewiesen (BGE
95 I 29, 73 I 17 E. 4, 72 I 10; Urteil vom 23. Dezember 1970 in ASA 41, 347
E. 3; LOCHER, aaO, Bd. III/2 § 7 II). Voraussetzung war in diesen Fällen
immer, dass der Erblasser ein dingliches Recht am Grundstück selber besass.

    a) Die Beschwerdeführer verweisen auf die Praxis des Bundesgerichts,
das bei Immobiliengesellschaften unter Umständen die wirtschaftliche
Betrachtungsweise anwendet, indem es den Aktionär nach den gleichen
interkantonalen Kollisionsregeln wie den Eigentümer der Liegenschaften
behandelt. Dies dann, wenn der Betroffene sämtliche Aktien einer
(Einmann-)Immobiliengesellschaft (BGE 91 I 470/1; 85 I 96 ff. E. 2)
oder doch die überwiegende Mehrheit der Aktien (BGE 104 Ia 252 E. 2
mit Hinweisen) allein oder im Zusammenwirken mit den übrigen Aktionären
(BGE 103 Ia 162 mit Hinweis) veräussert. Diese Praxis aber findet bloss
hinsichtlich der Besteuerung des Wertzuwachses bzw. Gewinns aus der
Veräusserung der Aktien Anwendung, indem dieser Wertzuwachs oder Gewinn
dem Kanton der gelegenen Sache zur Besteuerung zusteht. Darüber hinaus
hat das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV von jeher
nicht beanstandet (BGE 79 I 19/20 mit Hinweisen), dass die wirtschaftliche
Betrachtungsweise auch bei der Handänderungssteuer angewendet wird. Auch
unter dem Gesichtspunkt des Doppelbesteuerungsverbots lässt sich
dies vertreten (LOCHER, aaO, Bd. III/2 § 7 I D Nr. 29), worüber das
Bundesgericht bisher allerdings noch nicht zu entscheiden hatte. Das
Bundesgericht lehnt hingegen bei der Ausscheidung der Steuerhoheit
hinsichtlich der periodischen Einkommens- und Vermögenssteuer
eine solche wirtschaftliche Betrachtungsweise selbst bei einer
Einmann-Immobiliengesellschaft ab, deren sämtliche Aktien Eigentum des
Steuerpflichtigen sind (BGE 95 I 30/1 E. 3).

    b) Die Beschwerdeführer machen zur Stützung ihres Eventualbegehrens
geltend, die Erbschaftssteuer stehe als Handänderungssteuer der
Grundstückgewinnsteuer näher als den periodischen Einkommens-
und Vermögenssteuern. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die
Periodizität (bzw. die Einmaligkeit) einer Steuer im Hinblick auf die
wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht entscheidend ist, kommt es doch
für die interkantonale Ausscheidung der Steuerhoheit keineswegs darauf
an, ob die Liegenschaftsgewinne mit einer Spezialsteuer oder mit der
periodischen Einkommenssteuer erfasst werden (BGE 91 I 474 E. 3). Auch
besondere Liegenschaftsgewinnsteuern der Kantone dienen der Erfassung der
betreffenden Einkommensbestandteile und stehen insofern den periodischen
Einkommenssteuern näher als den Erbschaftssteuern.

    Die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Grundstückgewinnsteuer
hat das Bundesgericht mit dem besonders engen sachlichen Zusammenhang
der Wertvermehrung bzw. des erzielten Gewinns mit äusseren Ursachen
(Konjunktur- und Währungslage, Zunahme der Überbauung und der
Landnachfrage) sowie mit Leistungen des örtlichen Gemeinwesens (Anlage
von Strassen- und Versorgungsnetzen, öffentliche Dienste etc.) begründet,
die eine Besteuerung durch den Kanton der gelegenen Sache selbst dann
rechtfertigen, wenn die Wertvermehrung bzw. der Gewinn nicht dem
Grundeigentümer, sondern einem Dritten zufliessen, der kraft eines
anderen Rechtsverhältnisses wirtschaftlich wie ein Eigentümer über
das Grundstück verfügen kann (BGE 91 I 471). Für die Erbschaftssteuern
besteht ein solcher besonders enger sachlicher Zusammenhang nicht. Die
Erbschaftssteuer bezweckt die fiskalische Erfassung des erbrechtlichen
Nachlasses und wird einerseits wie die periodischen Vermögenssteuern nach
dem Wert des Vermögens, anderseits nach dem Verwandtschaftsgrad der Erben
bemessen, denen das Vermögen anfällt.

    c) Wenn die Erbschaftssteuer am Vermögen des Erblassers anknüpft,
bleibt entscheidend, dass die Aktien einer Immobiliengesellschaft
bewegliches Vermögen darstellen und als solches vom Erblasser an seinem
Wohnsitz zu versteuern waren, selbst wenn es sich dabei um alle Aktien
einer Immobilienliegenschaft handelt (E. 3a und 95 I 30 E. 3). Sie
unterliegen auch der Erbschaftssteuer an seinem Wohnsitz (BGE 95 I 29/30
E. 2). Das Bundesgericht hat eine wirtschaftliche Betrachtungsweise
abgelehnt und als unzulässig erklärt, dass der Kanton der gelegenen Sache
eine Erbschaftssteuer erhob, wo der Erblasser am Aktienkapital einer
Mieter-Aktiengesellschaft beteiligt war, obwohl bei seinem Tod mit den
Aktien ein Benützungsrecht an einer Wohnung übergegangen sein dürfte und
im betreffenden Falle sogar schon mit der Aufteilung in Stockwerkeigentum
gerechnet werden konnte (BGE 95 I 30 ff. E. 3). Das gleiche muss gelten,
wo mit der Gesamtheit oder überwiegenden Mehrheit der Aktien einer
Immobiliengesellschaft wirtschaftlich gesehen die Verfügungsmacht über
die Liegenschaft auf die Erben übergeht. Die Erbschaftssteuer auf dem
Wert der zum Nachlass gehörenden Aktien ist auch in diesem Falle im
Wohnsitzkanton des Erblassers zu entrichten (BGE 98 Ia 92 E. 3a). Dem
Kanton der gelegenen Sache steht die Besteuerung des Wertzuwachses bzw. des
Gewinns aus der Veräusserung der Gesamtheit oder überwiegenden Mehrheit
der Aktien der Immobiliengesellschaft zu, aber auch nur die Besteuerung
dieses Wertzuwachses bzw. Gewinns (auch wenn - wie in Basel-Stadt - eine
Kapitalgewinnsteuer im Zeitpunkt der Eröffnung des Nachlasses geschuldet
wird, vgl. BGE 98 Ia 90 E. 2a und 93 ff. E. 4).

    d) Die Beschwerdeführer erwähnen verschiedene Folgen einer
Erfassung der gesamten Aktien einer Immobiliengesellschaft oder ihrer
überwiegenden Mehrheit mit der Erbschaftssteuer am letzten Wohnsitz
des Erblassers, welche nach ihrer Meinung vermieden werden müssten,
indem man die Erbschaftssteuerhoheit in Anwendung einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise dem Kanton der gelegenen Sache vorbehalten sollte:

    Einmal könnte eine vermehrte Steuerbelastung entstehen, wenn die Aktien
kurz nach dem Erbgang veräussert und dann eine Grundstückgewinnsteuer vom
Kanton der gelegenen Sache erhoben würde, ohne den Erbgang als letzte
Handänderung zu betrachten. Das ist an sich zutreffend, jedoch nicht
ausschlaggebend, da auch im gleichen Kanton durchaus eine Erbschaftssteuer
auf dem Wert der vererbten Aktien und eine den Wertzuwachs unter dem
Erblasser mitumfassende Liegenschaftsgewinnsteuer bei der anschliessenden
Veräusserung der Gesamtheit oder überwiegenden Mehrheit der Aktien einer
Immobiliengesellschaft kumuliert erhoben werden könnten.

    Sodann kann die Aufsplitterung des Aktieneigentums bei der Erbteilung,
auf welche die Beschwerdeführer hinweisen, bei getrennter Veräusserung
der Aktien durch die Erben den Kanton der gelegenen Sache später an der
Besteuerung der realisierten Grundstückwertsteigerung hindern. Aber auch
der Wohnsitzkanton der Erben wird sie nicht besteuern können, wenn es sich
um einen privaten Kapitalgewinn handelt, den er nach seinem Steuergesetz
nicht erfasst (wie dies noch in der Mehrzahl der Kantone der Fall ist).

    Die Beschwerdeführer setzen voraus, dass dort, wo auf die
Erhebung von Handänderungsgebühren beim Erbgang verzichtet wird
(wie in Zürich nach § 180 Abs. 3 lit. c StG), der Grund dafür in der
Erhebung der Erbschaftssteuer zu erblicken sei, welche an die Stelle der
Handänderungsgebühr trete. Daher sollte dem Kanton der gelegenen Sache
nach ihrer Auffassung bei wirtschaftlicher Handänderung jedenfalls die
Erhebung der Erbschaftssteuer zustehen. Sie tun jedoch nicht dar, dass die
Befreiung von der Handänderungsabgabe gerade aus diesem Grunde erfolgt. (In
Zürich geht sie mit dem Aufschub der Grundstückgewinnbesteuerung nach §
161 Abs. 3 lit. b StG parallel.)

    Schliesslich weisen die Beschwerdeführer darauf hin, dass es
ein Erblasser in der Hand hätte, einer höheren Erbschaftssteuer im
Kanton der gelegenen Sache auszuweichen, wenn es hiefür genügen würde,
seine Liegenschaft in eine Immobiliengesellschaft einzubringen. Sie
lassen durchblicken, dass der Kanton St. Gallen im Falle einer in eine
Immobiliengesellschaft eingebrachten st. gallischen Liegenschaft
eines Erblassers mit Wohnsitz in einem andern Kanton (wie Zug) die
Erbschaftssteuerhoheit beanspruchen würde. Wie es sich mit der Praxis der
St. Galler Steuerbehörden in dieser Frage verhält, kann offen bleiben,
da sie nur auf Doppelbesteuerungsbeschwerde hin vom Bundesgericht zu
entscheiden wäre. Dieses würde, wo eine Steuerumgehungsabsicht nicht
nachgewiesen ist, schwerlich über die Existenz der Immobiliengesellschaft
hinwegsehen können, welche vom Erblasser aus den verschiedensten
einleuchtenden Gründen geschaffen worden sein könnte, - ganz abgesehen
davon, dass die Erbschaftssteuerbelastung in seinem Wohnsitzkanton
keineswegs geringer auszufallen braucht.

    Die Einwendungen der Beschwerdeführer vermögen zusammengefasst eine
Änderung der in lit. c dargestellten bundesgerichtlichen Praxis nicht
genügend zu begründen. Der Kanton St. Gallen hat die in dieser Praxis
entwickelten Regeln mit dem angefochtenen Entscheid nicht verletzt.