Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 V 119



107 V 119

25. Auszug aus dem Urteil vom 5. März 1981 i.S. Krebs gegen Kantonales
Arbeitsamt, Bern, und Versicherungsgericht des Kantons Bern Regeste

    Art. 15 Abs. 1 AlVV.

    - Der Zeitaufwand für Vorbereitungs- und Korrekturarbeiten sowie
anderweitige Nebenpflichten eines teilzeitbeschäftigten Lehrers ist
bei der Prüfung der ausreichenden beitragspflichtigen Beschäftigung zur
eigentlichen Unterrichtszeit hinzuzurechnen (Erw. 1a).

    - Ermittlung dieses Zeitaufwandes (Erw. 1b).

Sachverhalt

    A.- Susanne Krebs erteilte als Hauswirtschaftslehrerin ab 1.
Mai 1976 Unterricht an der Frauenschule der Stadt Bern. Ihr Wochenpensum
betrug 12 Lektionen bzw. 10 3/4 Stunden. Auf den 31. März 1978 wurde
sie entlassen, da die von ihr unterrichteten Auffangklassen nicht mehr
weitergeführt wurden. Ab Januar 1977 hatte sie (jeweils während eines
Nachmittags pro Woche, zusätzlich während je einer Woche im Jahre 1977
und 1978 sowie an einigen Wochenenden) einen Kurs an der Akademie für
Erwachsenenbildung in Luzern besucht und erwarb gegen Ende 1979 das Diplom
als Erwachsenenbildnerin.

    Mit Gesuch vom 1. April 1978 meldete sich Susanne Krebs bei der
Städtischen Arbeitslosenversicherung zum Bezug von Taggeldern ab 1. April
1978 an. Im Verfahren betreffend Zweifelsfälle verneinte das Kantonale
Arbeitsamt mit Verfügung vom 24. Juli 1978 die Anspruchsberechtigung der
Versicherten mit der Begründung, es fehle der Nachweis einer ausreichenden
beitragspflichtigen Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden im
Sinne von Art. 15 Abs. 1 AlVV.

    B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Bern wies die von Susanne
Krebs erhobene Beschwerde ab, weil der Nachweis der beitragspflichtigen
Beschäftigung nicht erbracht worden sei (Entscheid vom 17. September 1979).

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Susanne Krebs, es sei
ihrem Gesuch um Zusprechung von Taggeldern zu entsprechen. Das Kantonale
Arbeitsamt Bern und das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA)
beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 15 Abs. 1 AlVV gilt für Teilzeitbeschäftigte das
Erfordernis der ausreichenden beitragspflichtigen Beschäftigung im Sinne
von Art. 12 Abs. 1 AlVV als erfüllt, wenn sie in den 365 Tagen vor Beginn
der Arbeitslosigkeit während mindestens 26 Wochen eine regelmässige
beitragspflichtige Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich
als Arbeitnehmer ausgeübt haben.

    a) Die Beschwerdeführerin erteilte vom 1. Mai 1976 bis 31. März 1978 an
der Frauenschule der Stadt Bern als Hauswirtschaftslehrerin wöchentlich 12
Lektionen zu 45 Minuten bzw. 10 3/4 Stunden, einschliesslich Pausen. Da ein
Normalpensum gemäss Arbeitgeberbescheinigung pro Woche 29 Stunden umfasst,
ist die Beschwerdeführerin für den fraglichen Zeitraum unbestrittenermassen
als Teilzeitbeschäftigte zu betrachten. Streitig ist dagegen, ob zu den
wöchentlichen Unterrichtsstunden der Beschwerdeführerin weitere Stunden
als Arbeitnehmertätigkeit für Vorbereitungs- und Korrekturarbeiten
hinzuzurechnen sind.

    Die Vorinstanz hat eingeräumt, dass bei Lehrern in der Regel derartige
Arbeiten anfallen; damit die dafür aufgewendete Zeit für den Nachweis
der beitragspflichtigen Beschäftigung berücksichtigt werden könne, müsse
diese zeitliche Beanspruchung umfangmässig nachgewiesen und zudem genügend
überprüfbar sein; diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Falle nicht
erfüllt. Das BIGA macht geltend, dass nach konstanter Praxis für den
Nachweis einer beitragspflichtigen Beschäftigung Vorbereitungszeiten nicht
berücksichtigt würden; die Erfahrungen hätten gezeigt, dass im Einzelfall
die individuellen Vorbereitungszeiten erheblichen Schwankungen unterlägen
und in keiner Weise überprüft werden könnten. Das Kantonale Arbeitsamt
vertritt im wesentlichen die nämlichen Auffassung.

    Das Gesamtgericht hat die Frage der grundsätzlichen Anrechenbarkeit der
von Lehrern für Vorbereitungs- und Korrekturarbeiten aufgewendeten Zeit
indes bejaht. Dass ein Lehrer normalerweise eine gewisse Arbeitszeit für
anderweitige Lehrerpflichten benötigt und dies auch bei der Salarierung
berücksichtigt wird, ist allgemein bekannt. Der hiefür erforderliche
Zeitaufwand ist genau so Arbeitszeit wie die eigentlichen Schulstunden. Die
Zeit für Vorbereitung und Korrekturen steht in einer gewissen Relation zu
den erteilten Schulstunden, die umfangmässig - wie unten näher darzulegen
sein wird - schätzungsweise ermittelt werden kann. Die Vorbereitungs-
und Korrekturzeit erweist sich damit als genügend überprüfbar.

    b) Gemäss Beschluss des Gesamtgerichts ist die anrechenbare Zeit für
Vorbereitungs- und Korrekturarbeiten aus Gründen der Praktikabilität in
der Weise zu bestimmen, dass das wöchentliche Vollpensum eines Lehrers
gemäss entsprechendem Schulgesetz (bzw. gemäss den Anstellungsbedingungen
für vollzeitbeschäftigte Lehrer an Privatschulen) der wöchentlichen
Normalarbeitszeit eines Beamten in einem andern Zweig des öffentlichen
Dienstes oder eines ganztagsbeschäftigten Angestellten gleichgesetzt
wird. Die Differenz an Stunden zwischen dem wöchentlichen Lehrervollpensum
(beispielsweise 28 Unterrichtsstunden) und der wöchentlichen
Normalarbeitszeit eines Beamten oder Angestellten (aus praktischen
Gründen durchwegs mit 44 Wochenstunden einzusetzen) wird demnach für
Vorbereitungs- und Korrekturarbeiten sowie anderweitige Nebenpflichten
des Lehrers veranschlagt. Um die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit
eines teilzeitbeschäftigten Lehrers zu ermitteln, sind seine effektiven
Unterrichtsstunden pro Woche zu multiplizieren mit der Verhältniszahl,
die sich aus der Relation der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 44
Stunden und dem wöchentlichen Lehrervollpensum wie oben umschrieben
ergibt. Beträgt beispielsweise das Vollpensum 28 Stunden, so resultiert
ein Faktor von aufgerundet 1,6; erteilt der teilzeitbeschäftigte Lehrer 12
Wochenstunden, so beläuft sich seine tatsächliche Arbeitszeit pro Woche
auf rund 19 Stunden. Es bleibt dem BIGA überlassen, allenfalls aufgrund
von Erfahrungszahlen hinsichtlich der einzelnen Lehrerkategorien sowie
Schulstufen und Fachrichtungen generelle Richtlinien aufzustellen.

Erwägung 2

    2.- Aus dem Gesagten folgt, dass die Beschwerdeführerin die
Anspruchsvoraussetzung der ausreichenden beitragspflichtigen Beschäftigung
erfüllt. Die Kasse wird die übrigen Anspruchsvoraussetzungen (namentlich
die Vermittlungsfähigkeit und -bereitschaft) einschliesslich der Frage
nach einer allfälligen Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen
Arbeitsverweigerung oder ungenügendem Bemühen um neue Arbeit zu prüfen
und gegebenenfalls den Taggeldanspruch betragsmässig zu bestimmen haben.

Entscheid:

       Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid
des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 17. September 1979
und die Verfügung des Kantonalen Arbeitsamtes Bern vom 24. Juli 1978
aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die
Anspruchsvoraussetzung der ausreichenden beitragspflichtigen Beschäftigung
erfüllt.