Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 II 437



107 II 437

70. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. September 1981
i.S. Balmer gegen Liquidationsmasse des Wilhelm Weber, Baugeschäft,
in Nachlassliquidation und Weber (Berufung) Regeste

    Werkvertrag, Rechtsnatur der Mängelrüge.

    Umfasst sie auch Mängel, für welche der Unternehmer von Gesetzes
wegen nicht haftet, so vermag Stillschweigen auf diese eine Haftung nicht
zu begründen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Das Handelsgericht verneint grundsätzlich eine Haftpflicht des Klägers
für Mängel, die anlässlich der Begehung vom 5. März 1974 festgestellt
wurden und auf das Unwetter vom 26. Juli 1972 zurückgingen, weil die
Schäden erst nach Abnahme des Werkes eingetreten seien. Es stellt zudem
fest, der Kläger habe deren unentgeltliche Behebung nie versprochen,
sondern im Schreiben vom 22. Mai 1973 gegenteils zum Ausdruck gebracht,
dass die "jetzt noch auszuführenden Arbeiten... nicht im Zusammenhang mit
dem ursprünglichen Auftrag stehen". Es erkennt aber dennoch den vollen
Betrag von Fr. 32'528.60 mit der Begründung zu, der Kläger habe, obwohl
er dazu verpflichtet gewesen sei, diejenigen Punkte der Mängelrüge, die
sich auf Unwetterschäden bezogen, nicht bestritten. Diese Auffassung lässt
sich nicht rechtfertigen. Besteht, wie das Handelsgericht zutreffend und
unwidersprochen annimmt, von Gesetzes wegen keine Haftung des Unternehmers
für nach der Ablieferung des Werkes durch Zufall an diesem entstandene
Schäden, gehören sie also nicht zum Kreis der Mängel in der Ausführung
des Werkes, für welche der Unternehmer allein einzustehen hat, so vermag
die blosse Rüge solcher "Mängel" dessen Haftpflicht nicht herbeizuführen;
denn die Mängelrüge ist nichts weiter als eine zur Erhaltung der Rechte
des Bestellers erforderliche Erklärung (Art. 370 Abs. 2 OR). Sie ist zudem
hinsichtlich der darin aufgezählten Mängel blosse Vorstellungsäusserung
(GIGER, N. 61 zu Art. 201 OR) und grenzt den Umfang der Haftpflicht
des Unternehmers einzig negativ in dem Sinne ein, als er in bezug auf
nichtangezeigte Mängel von ihr befreit ist. Unerheblich ist deshalb,
ob der Unternehmer einer Mängelanzeige widerspricht oder nicht darauf
antwortet. Das Handelsgericht wird somit jene Schäden, die auf das Unwetter
vom 26. Juli 1972 zurückgehen, festzustellen und die Kosten ihrer Behebung
vom Abzug an der Gesamtforderung des Klägers auszunehmen haben.