Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 II 30



107 II 30

6. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Februar 1981 i.S. M. gegen C.
(Berufung) Regeste

    Bäuerliches Erbrecht; ungeteilte Zuweisung eines landwirtschaftlichen
Gewerbes (Art. 620 ff. ZGB).

    1. Eignung zum Selbstbetrieb im Sinne von Art. 621 Abs. 2 ZGB (E. 2).

    2. Würdigung der persönlichen Verhältnisse zweier Bewerber, die das
Gewerbe nicht selbst betreiben können oder wollen, im Sinne von Art. 621
Abs. 1 ZGB; Bedeutung des Umstandes - dass einer der beiden Bewerber
Nachkommen hat, die für die künftige Übernahme des Hofes in Frage kommen;
- dass der Übernehmer den Hof des Erblassers mit seinem eigenen Land zu
einer neuen Betriebseinheit zusammenlegen wird (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Am 23. März 1976 starb in Thusis der am 28. Januar 1883 geborene
Johann Friedrich J. Als gesetzliche Erben hinterliess er seine fünf
Töchter Anna Lukretia S., Nina M., Ursina M., Beata C. und Hedwig C. sowie
die Kinder seines vorverstorbenen Sohnes Rudolf J., nämlich Rudolf,
Lukretia, Silvia und Gertrud J. Hauptbestandteil des Nachlasses bildet
das landwirtschaftliche Gewerbe des Erblassers im Halte von knapp 13 ha.

    Der Erblasser hatte ein handschriftliches Testament aufgesetzt,
das auf der ersten Seite mit dem 16. Juli 1961 und auf der letzten Seite
mit dem 16. Juli 1969 datiert ist. Darin setzte er seine Töchter auf den
Pflichtteil und wies die verfügbare Quote seinen Enkeln Rudolf, Lukretia,
Silvia und Gertrud zu; das landwirtschaftliche Gewerbe teilte er zum
Ertragswert seinem Enkel Rudolf J. zu; für den Fall, dass dieser nicht
fähig oder nicht willens sein sollte, das Gewerbe zu übernehmen, sollte es
verpachtet werden, bis es die Enkelin Riccarda C., die Tochter von Beata
C., zum Selbstbetrieb übernehmen wolle, nachdem sie sich verheiratet habe;
sollte auch diese das Gewerbe nicht übernehmen wollen, sollte es verkauft
werden. Zur Vollstreckung seines letzten Willens bestellte der Erblasser
zwei Willensvollstrecker.

    B.- Mit Eingabe vom 6. Mai 1977 erhob Ursina M. beim Vermittleramt
Domleschg gegen die übrigen gesetzlichen Erben sowie gegen die
Vermächtnisnehmer und die Testamentsvollstrecker eine Klage auf
Ungültigkeit des Testaments und auf Erbteilung, wobei sie das im
Nachlass befindliche landwirtschaftliche Gewerbe zum Ertragswert für sich
beanspruchte. Am 9. Mai 1977 reichte Beata C. eine praktisch identische
Klage ein, mit der auch sie beantragte, das Heimwesen des Erblassers sei
ihr ungeteilt zum Ertragswert zuzuweisen. Die beiden Verfahren wurden im
Einverständnis der beiden Klägerinnen zusammengelegt.

    Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens einigten sich die
gesetzlichen Erben mit den Vermächtnisnehmern und den Willensvollstreckern
über die erbrechtliche Auseinandersetzung mit Ausnahme der Zuweisung des
landwirtschaftlichen Gewerbes an eine der beiden Ansprecherinnen. Diese
hielten ihren Antrag auf gerichtliche Teilung des Nachlasses nicht
mehr aufrecht, so dass das Bezirksgericht Heinzenberg nur noch über die
Zuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes an eine der beiden Klägerinnen
sowie über die Frage der Gültigkeit der letztwilligen Verfügung zu
befinden hatte, wobei bezüglich des zweiten Punktes übereinstimmende
Parteianträge vorlagen. Mit Urteil vom 25. Mai 1979 erklärte das
Bezirksgericht in Gutheissung beider Klagen die letztwillige Verfügung
des Erblassers für ungültig, wies die Klage von Ursina M. auf Zuweisung
des landwirtschaftlichen Gewerbes ab, hiess diejenige von Beata C. dagegen
gut und wies dieser das Gewerbe zum Ertragswert von Fr. 169'900.- zu.

    Eine Berufung von Ursina M. gegen diesen Entscheid wurde vom
Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 14. April 1980 abgewiesen.

    C.- Gegen dieses Urteil erklärte Ursina M. die Berufung ans
Bundesgericht. Sie hält an ihrem Antrag auf ungeteilte Zuweisung des
landwirtschaftlichen Gewerbes des Erblassers zum Ertragswert an sie fest.

    Beata C. beantragt die Abweisung der Berufung.

    Das Bundesgericht heisst die Berufung gut und weist das Gewerbe der
Berufungsklägerin zu, aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Befindet sich in einer Erbschaft ein landwirtschaftliches
Gewerbe, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende
landwirtschaftliche Existenz bietet, so ist es, wenn einer der Erben sich
zu dessen Übernahme bereit erklärt und als hiefür geeignet erscheint,
diesem Erben zum Ertragswert auf Anrechnung ungeteilt zuzuweisen (Art. 620
Abs. 1 ZGB).

    Dass das Heimwesen des Erblassers im Sinne dieser Bestimmung eine
wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche
Existenz bietet, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Einigkeit
besteht auch darüber, dass beide Bewerberinnen grundsätzlich die
subjektiven Voraussetzungen für die Übernahme des Gewerbes erfüllen. Zu
entscheiden ist somit einzig, welcher von ihnen der Vorzug zu geben ist.

Erwägung 2

    2.- Stehen sich mehrere für die Übernahme taugliche Erben gegenüber,
so hat nach Art. 621 Abs. 2 ZGB in erster Linie derjenige Anspruch auf
ungeteilte Zuweisung, der das Gewerbe selbst betreiben will und hiefür
geeignet erscheint. Die Vorinstanz hat beiden Bewerberinnen die Eignung
zur Selbstbewirtschaftung abgesprochen. Die Berufungsklägerin, die heute
66 Jahre alt ist und sich vor mehr als zehn Jahren altershalber vom
landwirtschaftlichen Betrieb, den sie zusammen mit ihrem Ehemann geführt
hatte, zurückgezogen hat, hatte schon im kantonalen Verfahren erklärt,
sie werde das Gut nicht selbst bewirtschaften, sondern durch ihren Sohn
führen lassen. Die Berufungsbeklagte hält dagegen auch vor Bundesgericht
daran fest, sie beabsichtige, den Betrieb selbst zu bewirtschaften,
und sei hiefür auch geeignet.

    Ob ein Erbe gewillt und geeignet sei, ein landwirtschaftliches
Heimwesen zum Selbstbetrieb zu übernehmen, ist weitgehend eine Tatfrage,
die vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann,
sofern die diesbezüglichen Feststellungen der kantonalen Behörde nicht
auf einer unrichtigen Auffassung über das Mass der an den Bewerber
zu stellenden Anforderungen beruhen (vgl. BGE 83 II 118, 75 II 32,
70 II 18, 47 II 260, 44 II 243, 42 II 433, 40 II 189). Dieser Vorwurf
kann der Vorinstanz nicht gemacht werden. Sie führt im angefochtenen
Entscheid aus, die Berufungsbeklagte stehe im 62. Altersjahr und sei
gesundheitlich angeschlagen; sie trage eine Dauerkanüle und beziehe
eine halbe Invalidenrente; ihre landwirtschaftliche Tätigkeit beschränke
sich auf einen Baumgarten, etwas Land sowie eine kleine Schweinezucht,
während der grösste Teil des Bodens verpachtet sei; ihre einzige Hilfe, die
15jährige Tochter Riccarda, sei noch schulpflichtig. Wenn die Vorinstanz
aus diesen Umständen schloss, die Berufungsbeklagte sei ebensowenig
wie ihre Schwester in der Lage, das väterliche Heimwesen selbst zu
bewirtschaften, so ist dies unter dem Gesichtspunkt des Bundesrechts nicht
zu beanstanden. Wie das Bundesgericht in BGE 94 II 258/259 in Abweichung
von seiner früheren Rechtsprechung dargelegt hat, liegt Selbstbetrieb
im Sinne von Art. 621 Abs. 2 ZGB nicht schon dann vor, wenn der Bewerber
das Gewerbe persönlich leiten will und kann; darüber hinaus ist vielmehr
erforderlich, dass er sich darin in wesentlichem Umfang persönlich
betätigt. Dazu ist die Berufungsbeklagte nach den Feststellungen der
Vorinstanz angesichts ihres Alters und vor allem ihres Gesundheitszustandes
nicht mehr fähig, auch wenn ihr die für die Betriebsführung erforderlichen
landwirtschaftlichen Kenntnisse nicht abgesprochen werden können. Wohl
ist bei einem weiblichen Bewerber Selbstbetrieb auch dann anzunehmen, wenn
ein wesentlicher Teil der Arbeit nach der in der Landwirtschaft üblichen
Arbeitsteilung von den männlichen Familienangehörigen ausgeführt wird
(BGE 94 II 260). Der Ehemann der Berufungsbeklagten ist jedoch bereits
verstorben, und es sind weder Söhne noch Schwiegersöhne vorhanden, die
ihr bei der Bewirtschaftung des Heimwesens zur Seite stehen könnten. Da
die Mithilfe der noch schulpflichtigen Tochter nicht ins Gewicht fällt,
wäre die Berufungsbeklagte gezwungen, den Hof durch familienfremde
Arbeitskräfte bewirtschaften zu lassen oder ihn zu verpachten. Bei dieser
Sachlage kann sie aber das Vorzugsrecht des Selbstbewirtschafters nicht
für sich beanspruchen.

Erwägung 3

    3.- Kommt keine der beiden Bewerberinnen für die Selbstbewirtschaftung
in Frage, so ist der Entscheid über die Zuweisung des Gewerbes nach
Art. 621 Abs. 1 ZGB unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse
zu fällen.

    a) Die Vorinstanz hat bei der Würdigung der persönlichen Verhältnisse
nur auf die beiden Bewerberinnen selbst abgestellt und die Verhältnisse
ihre Nachkommen ausser acht gelassen. Geht man davon aus, so kommt der
Berufungsbeklagten ohne Zweifel der Vorrang zu. Sie hat bedeutend engere
Beziehungen zum väterlichen Heimwesen als ihre Schwester, hat sie doch zeit
ihres Lebens dort gearbeitet. Unter der Leitung ihres Vaters, zusammen
mit ihrem Bruder, dann allein, schliesslich zusammen mit ihrem Ehemann
und zuletzt - wenn auch nur noch in beschränktem Umfang - wiederum allein
hat sie ihre ganze Arbeits- und Lebenskraft in das Gut investiert. Soweit
das Land nicht verpachtet ist, lebt sie noch heute aus dem Ertrag des
Hofes. Sie hat den Erblasser in den letzten Lebensjahren verköstigt
und betreut. Zudem steht ihr im väterlichen Haus ein lebenslängliches
und ihrer Tochter Riccarda ein auf eine allfällige Heirat bezogenes
resolutiv bedingtes Wohnrecht zu. Schliesslich ist zu berücksichtigen,
dass die Mehrheit der Erben die Zuteilung des Hofes an sie wünscht.

    b) Das Bundesgericht hat indessen wiederholt darauf hingewiesen, das
es bei der Würdigung der persönlichen Verhältnisse mehrerer Ansprecher
auf die ungeteilte Zuweisung eines landwirtschaftlichen Heimwesens von
Bedeutung sein kann, ob einer der Ansprecher Nachkommen hat, die für eine
künftige Übernahme des Heimwesens in Frage kommen (vgl. BGE 95 II 396,
94 II 261, 92 II 322, 74 II 223). Das muss vor allem dann gelten, wenn die
sich um die Übernahme des Hofes bewerbenden Erben schon so alt sind, dass
sie diesen nicht mehr selbst bewirtschaften können und es ihnen im Grunde
genommen nur noch darum geht, das Gewerbe für die eigenen Nachkommen zu
sichern. So verhält es sich hier. Die beiden Bewerberinnen sind 62 bzw. 66
Jahre alt und nach dem Gesagten zur Selbstbewirtschaftung nicht mehr in der
Lage. Schon im Hinblick auf die absehbare Zukunft kommt es somit wesentlich
darauf an, ob Nachkommen vorhanden sind, die das Heimwesen auf längere
Sicht erhalten können. Die Erhaltung lebensfähiger landwirtschaftlicher
Betriebe über Generationen hinweg ist einer der wesentlichen Zweckgedanken
des bäuerlichen Erbrechts, der durch das Institut der ungeteilten Zuweisung
an einen zur Übernahme geeigneten Erben verwirklicht wird. Es ist daher
mit dem Sinn des Gesetzes sehr wohl vereinbar, wenn bei der Würdigung der
persönlichen Verhältnisse im Sinne von Art. 621 Abs. 2 ZGB auch darauf
abgestellt wird, bei welchem Bewerber eher Gewähr besteht, dass der Betrieb
auch in Zukunft nicht zerstückelt oder der Landwirtschaft entzogen wird.

    c) Prüft man die persönlichen Verhältnisse der beiden Bewerberinnen
unter diesem Gesichtspunkt, so neigt sich die Waagschale klar auf die
Seite der Berufungsklägerin. Diese hat einen Sohn, der als selbständiger
Landwirt tätig ist und von der Vorinstanz als tüchtiger Bauer bezeichnet
wird. Neben eigenem Land bewirtschaftet er seit 1971 den grössten Teil
des Landes des Erblassers als Pächter. Es besteht daher Gewähr dafür,
dass der Betrieb in seiner landwirtschaftlichen Substanz auch in Zukunft
weitergeführt wird. Demgegenüber ging die Tochter der Berufungsbeklagten
im Zeitpunkt des kantonsgerichtlichen Urteils noch zur Schule. Auch
wenn sie mit der Landwirtschaft stark verbunden ist, wie die Vorinstanz
feststellt, war es damals noch völlig ungewiss, ob sie sich künftig
einer landwirtschaftlichen Berufstätigkeit zuwenden wird (die erst
vor Bundesgericht aufgestellte Behauptung, sie habe mittlerweile eine
bäuerliche Haushaltlehre angetreten und beabsichtige, nach Abschluss des
Lehrjahres eine Bäuerinnenschule zu besuchen, kann nach Art. 55 Abs. 1
lit. c OG nicht berücksichtigt werden). Unter diesen Umständen dürfte die
Erhaltung des Gewerbes im Falle der Zuteilung an die Berufungsbeklagte
davon abhängen, ob deren Tochter dereinst einen Landwirt heiraten wird,
was heute noch völlig offen ist. Sollte es nicht dazu kommen, so muss
ernstlich mit dem Verkauf oder der Zerstückelung des Betriebes gerechnet
werden. So oder so entstünde bis zur Verheiratung der Tochter eine Lücke,
währen welcher der Hof wohl verpachtet werden müsste, während der Sohn der
Berufungsklägerin als derzeitiger Pächter den Betrieb sofort übernehmen
und weiterführen könnte.

    d) Im angefochtenen Entscheid wird freilich ausgeführt, die Zuweisung
des Gewerbes an die Berufungsklägerin biete keine rechtliche Gewähr
dafür, dass deren Sohn schliesslich den Hof erhalten werde. Sollte
die Berufungsklägerin das Gewerbe veräussern wollen, so stünde ihrem
Sohn indessen ein Vorkaufsrecht zum Ertragswert im Sinne von Art. 6
ff. EGG zu, und im Falle ihres Todes könnte er aufgrund des bäuerlichen
Erbrechts die ungeteilte Zuweisung des Gewerbes an sich beanspruchen. Der
Übergang des Hofes auf den Sohn der Berufungsklägerin, der ihn wie gesagt
bereits heute als Pächter bewirtschaftet, entspricht daher nicht nur dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge, sondern ist auch in rechtlicher Hinsicht
praktisch gesichert.

    e) Der Vorinstanz kann auch darin nicht gefolgt werden, dass sie
darauf abstellt, es sei der Wille des Erblassers gewesen, dass seine
Enkelin Riccarda, die Tochter der Berufungsbeklagten, dereinst den Hof
erhalte. Dieser Wille ergibt sich nur aus der letztwilligen Verfügung des
Erblassers, die jedoch von den kantonalen Instanzen als ungültig erklärt
worden ist. Abgesehen davon sieht das ungültige Testament eine Zuweisung
des Heimwesens an Riccarda nur unter der Bedingung vor, dass diese den
Betrieb zur Selbstbewirtschaftung übernehmen wolle; zudem sollte die
Zuweisung erst nach ihrer Verheiratung erfolgen. Diese Voraussetzungen
sind - jedenfalls einstweilen - nicht erfüllt.

    f) Dass der Hof des Erblassers im Falle der Zuweisung an die
Berufungsklägerin mit demjenigen ihres Sohnes zusammengelegt würde,
kann ebenfalls nicht zu einem andern Ergebnis führen. Zwar ist richtig,
dass die Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechts in erster Linie
nicht den Zweck haben, neue, möglichst grosse Betriebseinheiten zu
schaffen. Das ergibt sich klar aus Art. 621quater ZGB, der die Zerlegung
von Grossbetrieben vorsieht, sofern auf diese Weise mehrere lebensfähige
kleinere Betriebe gebildet werden können. Vielmehr sollen bereits
bestehende landwirtschaftliche Betriebe im Rahmen der Erbteilung vor
der Zerstückelung bewahrt werden. Insofern ist das bäuerliche Erbrecht
kein Instrument der landwirtschaftlichen Strukturpolitik. Das schliesst
aber nicht aus, dass der Übernehmer den Hof mit seinem eigenen Land zu
einer neuen Betriebseinheit zusammenlegt. Die Erhaltung des Gewerbes des
Erblassers ist im Gegenteil besser gewährleistet, wenn es in zweckmässiger
Weise arrondiert werden kann und so ein auch auf die Dauer lebensfähiger
Betrieb entsteht. Dieser Gedanke liegt auch der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zu der am 15. Februar 1973 in Kraft getretenen Neufassung
von Art. 620 Abs. 2 ZGB zugrunde, wonach bei der Prüfung der Frage, ob
eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz gegeben sei, auch Anteile
an Liegenschaften und für längere Dauer mitbewirtschaftete Liegenschaften
berücksichtigt werden können. Das Bundesgericht hat diese Bestimmung in
dem Sinne ausgelegt, dass dabei auch auf seiten eines möglichen Übernehmers
liegende objektive Umstände in Betracht gezogen werden dürfen (BGE 104 II
257). Im vorliegenden Fall hält der Hof des Erblassers nur knapp 13 ha.
Er wird im angefochtenen Urteil als "mittlerer Domleschger-Betrieb"
eingestuft; von den vom Bezirksgericht befragten Zeugen verneinte aber
einer die existenzsichernde Funktion des Betriebs, ein anderer stellte sie
in Frage und ein dritter bezeichnete den Betrieb als "an der untersten
Grenze liegend". Das Gewerbe des Sohnes der Berufungsklägerin umfasst
anderseits lediglich etwa 5,6 ha, ist also für sich allein wohl kaum
existenzfähig. Werden aber die beiden Betriebe zusammen bewirtschaftet, wie
dies schon seit 1971 der Fall ist, so entsteht ein Mittelbetrieb, dessen
Erhaltung auch auf längere Sicht gewährleistet sein dürfte. Die Zuweisung
des landwirtschaftlichen Gewerbes der Erblassers an die Berufungsklägerin,
die dazu führen wird, dass der Betrieb des Erblassers mit demjenigen des
Sohnes der Berufungsklägerin vereinigt wird, steht demnach entgegen der
Auffassung der Berufungsbeklagten mit dem Zweckgedanken des bäuerlichen
Erbrechts durchaus nicht in Widerspruch.

    g) Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass in diesem Fall
das Wohnhaus des Erblassers, das von der Berufungsklägerin und ihrem
Sohn nicht benötigt wird und zudem mit einem Wohnrecht zugunsten der
Berufungsbeklagten und ihrer Tochter belastet ist, vom landwirtschaftlichen
Gewerbe getrennt und separat veräussert werden wird. Auf das Wohnhaus
kann es jedoch nicht entscheidend ankommen, nachdem der Betrieb schon
seit Jahren von einem andern Zentrum aus bewirtschaftet worden ist. Es
kann daher nicht gesagt werden, die Veräusserung des Wohnhauses hätte
den Verlust der wirtschaftlichen Einheit des Gewerbes zur Folge. Von
grösserer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Wirtschaftsgebäude,
die der Sohn der Berufungsklägerin indessen schon jetzt gepachtet hat
und auf die er auch in Zukunft angewiesen sein wird.

    h) Das landwirtschaftliche Gewerbe des Erblassers ist daher in
Gutheissung der Berufung der Berufungsklägerin zuzuweisen. Dass die
Berufungsbeklagte dadurch geradezu ihre Existenzgrundlage verlieren wird,
wie die Vorinstanz annimmt, dürfte übertrieben sein. Gestützt auf ihr
Wohnrecht wird sie weiterhin im Haus des Erblassers wohnen können. Der
grösste Teil des Betriebs war sodann schon bisher verpachtet. Der
Berufungsbeklagten wird somit einzig die Grundlage für ihre kleine
Schweinezucht entzogen, sofern sich die Berufungsklägerin nicht bereit
findet, ihr das hiefür benötigte Stückchen Land weiterhin zur Verfügung
zu stellen. Im übrigen wird sie so oder so ihren Erbteil erhalten.