Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 II 277



107 II 277

42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Mai 1981 i.S. Schweiz. Verband
der Lebensmittel-Detaillisten (Veledes) und Mitbeteiligte gegen Denner AG
(Berufung) Regeste

    Aktionsverkäufe von Lebensmitteln (Art. 1 Abs. 1 und 2 UWG, Art. 4
Abs. 1 KG).

    1. Aktionsveranstaltungen und Preisunterbietungen allgemein sind an
sich nicht unlauter im Sinne von Art. 1 Abs. 1 UWG (E. 1).

    2. Für die Beurteilung der Lauterkeit einer Wettbewerbshandlung
ist unerheblich, ob sie von einem marktmächtigen oder einem schwächeren
Unternehmen ausgeht (E. 2).

    3. Der Aktionspreis ist solange kein Unlauterkeitskriterium, als
nicht zum Grundtatbestand mit Treu und Glauben unvereinbare Besonderheiten
hinzutreten (E. 3).

    4. Kein Verstoss gegen Art. 1 Abs. 2 lit. a und b UWG, da mit den
durchgeführten Aktionen weder über die eigene Leistungsfähigkeit getäuscht
noch die Leistungen der Konkurrenten herabgesetzt wurden (E. 4).

    5. Abgrenzung der Schutzbereiche von UWG und KG (E. 5).

    6. Art. 4 Abs. 1 KG. Zum Begriff der Vorkehr (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die Denner AG mit Sitz in Zürich vertreibt über zahlreiche
Filialen in der ganzen Schweiz Waren verschiedenster Art, darunter
Lebensmittel, Spirituosen und Tabakprodukte. Sie gehört zu den sogenannten
Discount-Geschäften. Für ihre Verkaufsmethode ist kennzeichnend, dass sie
seit einigen Jahren in der Regel wöchentlich Aktionen ankündigt, das heisst
damit wirbt, gewisse Artikel würden zu besonders tiefen Preisen verkauft.

    Der Schweizerische Verband der Lebensmittel-Detaillisten (Veledes),
der Schweizerische Detaillistenverband und die Fédération romande des
détaillants sind Vereine im Sinne von Art. 60 ZGB, die laut ihren
Statuten die Wahrung der Interessen der selbständigen Detaillisten
bezwecken. Zusammen mit fünf Inhabern von Lebensmittel-Detailgeschäften,
Othmar Bigger, Frédéric Frey, Hans Holenweg, Bernard Ketterer und Max
Meyer klagten sie im Dezember 1977 beim Handelsgericht des Kantons Zürich
gegen die Denner AG mit den Anträgen:

    "1. Es sei festzustellen, dass die Beklagte unlauteren Wettbewerb im

    Sinne von Art. 1 Abs. 1 sowie Abs. 2 lit. a und b UWG betreibt
(betrieb),
   indem sie Lebensmittel unter einem betriebswirtschaftlich
   gerechtfertigten

    Preise verkauft (verkaufte) beispielsweise:

    a) indem sie an verschiedenen Orten der Schweiz jeweils von Ende

    September an für kurze Zeit Obstsaft ("Süssmost") unter Einstands- und

    Ankaufspreis verkauft (verkaufte), nämlich den Liter im Herbst 1975 zu

    Fr. -.30, im Herbst 1976 zu Fr. -.40 und im Herbst 1977 zu Fr. -.50;

    b) indem sie zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten der

    Schweiz Milchprodukte unter Einstandspreis und Ankaufspreis verkauft
   (verkaufte); so...

    c) als sie am 12. Oktober 1976 und am folgenden Tag im "Blick" und in
   anderen Zeitungen, ferner am 13. Oktober 1976 abends am

    Deutsch-schweizerischen Fernsehen "eine Million Tafeln Schokolade",
   darunter an erster Stelle Frigor-Tafeln, zu Fr. -.80, d.h. unter

    Einstands- und Ankaufspreis, ausrief, wobei verschiedene ihrer Filialen
   bereits am Tage nach der Fernsehsendung nicht mehr in der Lage waren,

    Frigor-Schokolade zu Fr. -.80 anzubieten;

    d) indem sie am 14. Dezember 1976 in zahlreichen Zeitungen, darunter
   in der Zürichsee-Zeitung, für die Tage vom 14.-18. Dezember 1976 einen

    Sonderrabatt von Fr. 1.50 u.a. auf schweizerischen Zigaretten (sog.

    "Stangen") ankündigte, wobei sie unter Einstands- und Ankaufspreis
anbot
   und verkaufte;

    e) indem sie zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten der

    Schweiz alkoholische Getränke erster Marken unter Einstands- und

    Ankaufspreis verkaufte; so...

    2. Es sei festzustellen, dass die Beklagte unlauteren Wettbewerb im

    Sinne von Art. 1 Abs. 1 sowie Abs. 2 lit. a und b UWG betreibt
(betrieb),
   indem sie seit einiger Zeit ihren Zeitungsinseraten und Fernsehspots den

    Schlagsatz "DENNER immer am billigsten" einfügt.

    3. Es sei festzustellen, dass die Beklagte auf dem in Ziff. 1 und 2
   umschriebenen Wege die Mitglieder der Kläger Nr. 1, 2 und 3, darunter
   die

    Kläger Nr. 4 bis 8 im Sinne von Art. 4 KG in unzulässiger Weise im

    Wettbewerb behindert (behinderte);

    4. Es sei der Beklagten zu verbieten, die in den vorn stehenden

    Ziffern umschriebene widerrechtliche Verkaufspraxis fortzusetzen
bzw. zu
   wiederholen."

    Das Handelsgericht schützte mit Urteil vom 10. Dezember 1979 das
unter Ziffer 2 aufgeführte Klagebegehren und wies im übrigen die Klage ab.

    Die Kläger legten Berufung an das Bundesgericht ein. Sie halten an
ihren vom Handelsgericht verworfenen Begehren fest und beantragen, sie
gutzuheissen oder die Sache zur Durchführung des Beweisverfahrens und zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst
auf Abweisung der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Handelsgericht geht davon aus, dem Handeltreibenden stehe
es grundsätzlich frei, wie er seine Preise gestalten wolle. Unerlaubt
sei die Konkurrenzierung durch Preisunterbietung nur dann, wenn mit
deren Durchführung zugleich unredliche, insbesondere täuschende Mittel
angewendet würden. Es stützt sich dabei auf die bundesgerichtliche
Rechtsprechung (BGE 52 II 381; 57 II 339, 490; 71 II 233; 85 II 450),
von der abzuweichen kein Anlass bestehe, da sie der freiheitlichen
schweizerischen Wirtschaftsordnung entspreche. Es weist im weitern darauf
hin, dass bei Änderung der Ausverkaufsordnung durch den Bundesratsbeschluss
vom 15. März 1971 (AS 1971 S. 305; SR 241.1) die Sonderverkäufe von
Lebensmitteln (Nahrungs- und Genussmitteln) sowie von allen Artikeln
des täglichen Verbrauchs, die der Reinigung und Körperpflege dienen,
von der Bewilligungspflicht ausgenommen wurden und damit der Weg für das
sogenannte Aktionenwesen hinsichtlich dieser Waren freigegeben worden
sei. Die Kläger vertreten demgegenüber die Meinung, daraus dürfe aber
nicht abgeleitet werden, das sei ein Grund mehr dafür, das Aktionenwesen
als solches nicht als unlauter im Sinn von Art. 1 Abs. 1 UWG zu werten,
denn der Bundesratsbeschluss sei ergangen, weil sich gezeigt habe, dass
es den Kantonen nicht mehr gelungen sei, die Verordnung gleichmässig
durchzusetzen.

    Aus welchen Gründen die Ausverkaufsordnung geändert wurde, ist in
diesem Zusammenhang indes unerheblich. Das Handelsgericht unterstellt
sodann auch nicht, im von der Bewilligungspflicht ausgenommenen
Bereich solle jede Preisschleuderei und jede Unterbietung zulässig
sein. Entscheidend ist, was die Rechtsprechung und mit ihr das
Handelsgericht denn auch vorbehalten, dass als gegen das UWG verstossend
der Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende oder
andere gegen Treu und Glauben verstossende Mittel zu werten ist (Art. 1
Abs. 1 UWG). Die Bedeutung dieser Generalklausel des Gesetzes braucht
nicht eigens belegt zu werden, sie ist nach Wortlaut und Sinn hinreichend
klar. Wenn dem Bundesgericht gelegentlich vorgehalten wurde, es mache
davon allzu zögernden Gebrauch, so hat es ihre umfassende Geltung in
jüngsten Entscheidungen zur anschleichenden und vergleichenden Werbung
unmissverständlich herausgestellt (BGE 104 II 333 f., 102 II 294 f.).

Erwägung 2

    2.- Nach Auffassung der Kläger verkennt das Handelsgericht sodann,
dass eine Wettbewerbshandlung unbedenklich sein kann, solange sie von einem
kleinen, schwachen Wettbewerber vorgenommen wird, dass aber ein wesentlich
strengerer Massstab an die Lauterkeit wettbewerblichen Verhaltens zu
legen sei, sobald es von einem marktmächtigen Unternehmen ausgeht, das
seine Mittel in einem Ausmass und mit einer Wirkung einsetzen könne,
die andere Wettbewerber zum Nachzug zwängen. Unter solchen Umständen
seien Lockvogelaktionen unlauter. Die Kläger verweisen dazu auf in der
Literatur geäusserte Meinungen (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und
Warenzeichenrecht, 11. Aufl., Einleitung N. 91; VISCHER, Preisunterbietung
als unlauterer Wettbewerb, Gutachten an den Verband Schweiz. Tabakhändler;
SCHLUEP, Lockvogelpreise und Lockvogelmarken im schweizerischen Recht,
in Prix et marques d'appel en droit comparé, S. 83; VON BÜREN, Aktuelle
Fragen aus Wettbewerbs- und Markenrecht, SJZ 66/1970 S. 146; ROLF PETER
JETZER, Lockvogelwerbung, Diss. Zürich 1979, S. 237) und auf zwei Urteile
des deutschen Bundesgerichtshofs (Wirtschaft und Wettbewerb, 1977 S. 417
und 526).

    Zunächst ist die Verschiedenheit hervorzuheben, die zwischen der
kurzfristigen sowie den Gegenstand variierenden und der dauernden, auf
bestimmte Artikel beschränkten Preisunterbietung besteht. Zumeist auf
diese sind die herangezogenen Meinungsäusserungen ausgerichtet, während
jene, sei es direkt oder dem Sinne nach, kaum abgehandelt wird. Solche
Aktionen lassen sich aber nicht als Lockvogelwerbung bezeichnen, wenn
davon auszugehen ist, dass sie begriffsgemäss beim Käufer den Eindruck
erwecken soll, auch die übrigen Artikel des angebotenen Sortiments seien in
entsprechender Weise kalkuliert (vgl. JETZER, aaO, S. 91). Aktionsangebote
sind in aller Regel und für jedermann erkennbar Sonderangebote, nicht
Beispielsangebote, um die so unterscheidende Formulierung von Schluep
aufzunehmen (aaO, S. 77). Damit soll freilich eine gewisse Lockfunktion
auch der Aktionswerbung nicht verneint werden. Aber so eignet sie jeglicher
Werbeveranstaltung und ist sie an sich nicht unlauter.

    Die von VISCHER und VON BÜREN vertretene Auffassung, dass die
Wettbewerbshandlung des mächtigeren Unternehmens strenger als die des
schwächeren zu werten sei, findet im UWG keine Stütze. Die Lauterkeit oder
Unlauterkeit einer Wettbewerbshandlung bewertet sich nach dem Grundsatz
von Treu und Glauben, wie er im Wettbewerbsrecht verstanden wird,
nicht danach, von wem die Handlung ausgeht. Marktmacht ist nicht über
darauf bezogene Verschärfung des Lauterkeitsschutzes nach UWG, sondern
vom Freiheitsschutz nach Kartellgesetz her anzugehen (vgl. SCHLUEP, aaO,
S. 81). Sie kann in ihren Auswirkungen allenfalls unter kartellrechtlich
massgebenden Gesichtspunkten als missbräuchlich ausgenutzt erscheinen. Das
gilt namentlich auch für die von den Klägern behaupteten Folgen derartiger
Aktionen wie Zugs- oder Nachahmungszwang. Dagegen geht es nicht an,
aus solchen Wirkungen, mögen sie für den Mitbewerber unangenehm sein und
wären sie sogar volkswirtschaftlich nachteilig, kurzerhand auf Unlauterkeit
der Werbemittel zu schliessen.

    Was SCHLUEP betrifft, weist er darauf hin, dass das schweizerische
Recht weder die Preisunterbietung im allgemeinen noch den Tatbestand des
Lockvogelangebots im besonderen ausdrücklich ordnet. Er geht im weitern
davon aus, dass unerwünschte Folgen der Lockvogelpolitik grundsätzlich
mit Spezialgesetzen bekämpft werden müssen (aaO, S. 82). Immerhin seien de
lege lata zwei lauterkeitsrechtliche Ansätze anzudeuten. Zum einen könnte
die Preisunterbietung dann von der Generalklausel des UWG erfasst werden,
wenn sie als getarnte Werbung erscheine, das heisst über den Charakter der
Werbeveranstaltung als solcher getäuscht werde. Zum andern dürfe man aus
Gründen der Lauterkeit fordern, dass Waren, die durch Spezialgeschäfte
vertrieben werden, nicht als Zugaben verschenkt oder zu Werbezwecken
verschleudert werden, und zwar mit dem Ziel, die Mitbewerber vom Markt
zu verdrängen (S. 83). Weder das eine noch das andere trifft jedoch auf
die streitigen Aktionen zu. Im übrigen vermögen diese Ansätze nicht zu
überzeugen. Der zweite wäre lediglich kartellrechtlich von Bedeutung,
da er die Freiheit und nicht die Lauterkeit des Wettbewerbs berührt.

    Die beiden Urteile des deutschen Bundesgerichtshofs sind schon in
Ansehung der unterliegenden Sachverhalte wenig geeignet, den von den
Klägern vertretenen Standpunkt zu festigen; das eine vom 3. Dezember
1976 betraf eine Schaufenstermiete, das zweite vom 17. Dezember 1976
die Forderung einer preisunabhängigen Geldleistung als Vorbedingung
für die Aufnahme der Ware in das Sortiment. Bezüglich der vom
Bundesgerichtshof hervorgehobenen Nachahmungsgefahr sei auf schon
Gesagtes verwiesen. Hinsichtlich der Gefahr einer Ausschaltung des
Leistungswettbewerbs ist SCHLUEP beizustimmen, der die Ansicht vertritt,
dass das Leistungsprinzip zur Abgrenzung erlaubter von verbotenen
Wettbewerbshandlungen untauglich ist (Über Kritik im wirtschaftlichen
Wettbewerb, in Homo Creator, Festgabe für Alois Troller, S. 249).

    Die Kläger berufen sich darauf, das Bundesgericht habe schon vor
längerer Zeit festgehalten, dass eine - sonst zulässige - Preisunterbietung
unlauter sein könne, wenn sie die Erhaltung gesunder Verhältnisse in
einem Gewerbezweig und die Existenz zahlreicher Detailgeschäfte in
Frage stelle (BGE 86 II 113). Auch jenes Urteil hatte jedoch besondere
und vom vorliegenden Sachverhalt wesentlich abweichende tatbeständliche
Voraussetzungen, auf welche die von den Klägern herausgegriffene Bemerkung
ausgerichtet ist. Die Verhinderung der erwähnten Entwicklungen ist zudem
ein kartellrechtliches Anliegen. Nur insoweit könnte in BGE 98 II 379,
einem Fall, der ausschliesslich die Anwendung des Kartellgesetzes betraf
und auf den sich die Kläger ebenfalls abstützen wollen, eine Bestätigung
der im früheren Urteil geäusserten Bemerkung erblickt werden.

Erwägung 3

    3.- In den Rechtsbegehren ist vom Ankaufs- und Einstandspreis sowie
von einem betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preis die Rede. Die
Kläger nehmen aber nicht den Standpunkt ein, es liege grundsätzlich beim
Ankaufs- oder Einstandspreis eine rechtlich entscheidende Grenze, sondern
sie sprechen von diesen Preisen in Anlehnung an die von Schluep und Vischer
verwendete Terminologie. Vischer äussert sich an der verzeichneten Stelle
seines Gutachtens lediglich begriffsbezogen. Die Ansicht SCHLUEPS,
vertreten in Rahmen eines lauterkeitsrechtlichen Ansatzes de lege
lata, es sei das Angebot unter dem Einstandspreis, wirtschaftliche
Ausnahmesituationen vorbehalten, als verkappte Wertwerbung zu betrachten
trifft, wie schon erwähnt, für die hier zu beurteilenden Aktionen nicht zu.

    Unter einem betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preis verstehen
die Kläger einen Preis, der dem Händler erlaubt, aus dem Verkauf des
betreffenden Artikels direkten finanziellen Gewinn zu ziehen, und der
notwendigerweise über dem Einstandspreis liegt, weil er Abschreibungen,
Neuinvestitionen, Risikoprämien und einen angemessenen Geschäftsgewinn
zu ermöglichen hat. Nun ist schon darauf hingewiesen worden, dass
an sich niemand rechtlich verpflichtet ist, zu solchem Preise zu
verkaufen. Ausserdem ist er nicht eine ein für allemal bestimmbare
Grösse. Er müsste in jedem einzelnen Fall, für jeden beteiligten Händler
nach individuellen wirtschaftlichen und betrieblichen Gegebenheiten,
für jede Warengattung, jede Sortimentseinheit, jeden Artikel gesondert
immer wieder neu ermittelt werden, was Fragen und Problemen riefe,
die schon ihrer Vielzahl und Verzweigtheit wegen binnen vernünftiger
Frist gar nicht zu klären und die grossenteils der Zuständigkeit des
Zivilrichters überhaupt entzogen wären. Es liegt auf der Hand, dass
der betriebswirtschaftlich gerechtfertigte Preis kein justiziables
Kriterium für die Beurteilung der Lauterkeit oder Unlauterkeit von
Wettbewerbshandlungen im Preisbereich bilden kann. Richtungweisend muss,
zumal in Hinsicht auf kurzfristige Aktionen für wechselnde Waren, die
bisherige Rechtsprechung bleiben, der zufolge Preissenkungen, selbst
wenn sie zu Verlustpreisen führen, unstatthaft erst dann werden, wenn zum
Grundtatbestand mit Treu und Glauben unvereinbare und damit Unlauterkeit
schaffende Besonderheiten treten (BGE 85 II 450 f.).

Erwägung 4

    4.- a) Die Kläger beharren auf dem vom Handelsgericht verworfenen
Standpunkt, die Beklagte verstosse gegen Art. 1 Abs. 2 lit. a und b UWG,
weil sie durch ihre Aktionen über ihre Leistungsfähigkeit täusche und
zugleich die Leistungen der Konkurrenten herabsetze. Dem Handelsgericht
ist indes beizustimmen, dass den Verkaufsaktionen der Beklagten als
solchen nichts Täuschendes anhaftet. Von der offenen Bezeichnung her und
nach der Art ihrer Durchführung sind sie nicht geeignet, den Kunden die
ihnen mit der Berufung unterstellten Gedankengänge zu suggerieren. Zudem
dürften ihnen andere Überlegungen von vornherein näher liegen. Ein
Vergleich der Preise der Beklagten mit denen anderer Wettbewerber wird
ihnen durch das Vorgehen der Beklagten nämlich nicht verunmöglicht
(vgl. Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission,
1980 S. 291). Da Verkaufsaktionen nicht eine Eigenheit der Beklagten
sind, sondern im Lebensmittel-Detailhandel allgemein nachgerade zum
Alltäglichen gehören, wird damit für den Kunden auch nicht der Eindruck
eines irreführenden oder unwahren Systemvergleichs erweckt.

    b) Nach Auffassung der Kläger schaden die Aktionen der Beklagten,
bei denen bekannte Markenartikel angeboten werden, dem Ruf dieser
Marken. Entgegen der Ansicht des Handelsgerichts seien sie legitimiert,
sich dagegen zur Wehr zu setzen, da mit den Markeninhabern auch sie
ein Interesse an der Aufrechterhaltung des guten Rufs der Marken
hätten. Voraussetzung der von den Klägern behaupteten Verletzung von
Art. 2 Abs. 1 UWG wäre indessen, dass der Einbezug von Markenartikeln in
die Aktionen unlauteren Wettbewerb darstellen würde. Das verneint die
Vorinstanz mit Recht, denn es ist nicht einzusehen, inwiefern Aktionen
mit bekannten Markenartikeln täuschend oder herabsetzend sein sollen. Die
Kläger vermögen dies denn auch nicht aufzuzeigen. Der Umstand allein,
dass sich die Beklagte für ihre Aktionswerbung der Zugkraft bekannter
Markenartikel bedient, ist kein wider Treu und Glauben verstossender
Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs.

    c) Irreführend wäre allenfalls das unterpreisige Angebot einer
Ware, die nicht oder nicht in ausreichendem Vorrat zur Verfügung steht
(SCHLUEP, Lockvogelpreise und Lockvogelmarken, S. 76/77). Das trifft
auf die von den Klägern beanstandete Schokoladeaktion der Beklagten
jedoch nicht zu. SCHLUEP weist darauf hin, es sei offen, unter welchen
Voraussetzungen der Vorrat als ausreichend qualifiziert werden dürfe;
in der Schweiz pflegten die Anbieter in Zweifelsfällen den Vorrat bekannt
zu geben. Gerade dies hat die Beklagte getan. Sie kündigte im Werbetext
den Verkauf einer Million Schokoladetafeln neun verschiedener Sorten
an. Damit war die Beschränkung der Aktion auf eine ziffernmässig begrenzte
Warenmenge von Anfang an klargestellt. Angesichts der bekannten Vielzahl
von Filialen der Beklagten, auf welche die genannte Menge sich verteilte,
mochten leer ausgehende Kunden sich zwar ärgern, konnten sich aber nicht
getäuscht fühlen, wenn die beliebteste Sorte "Frigor" zwei Tage nach dem
Erscheinen der ersten Anzeige und einen Tag nach dem Ausruf im Fernsehen
bei einigen Verkaufsstellen zum Aktionspreis nicht mehr erhältlich
war. Gemäss verbindlicher Feststellung des Handelsgerichts fehlen im
übrigen Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ganz allgemein für ihrer
Aktionen nur unzureichende Mengen der betreffenden Artikel bereithielt.

Erwägung 5

    5.- Die Berufung setzt voraus, dass UWG und Kartellgesetz zusammen
einen umfassenden Wettbewerbsschutz gewähren wollen. Das ist richtig,
ändert aber nichts daran, dass das UWG den Lauterkeitsbereich, das
KG den Freiheitsbereich beschlägt, und rechtfertigt keineswegs, die
beiden Bereiche im Dienste der Einheit der Rechtsordnung zu vermengen,
wie es die Kläger anhand der Anschauung VISCHERS gegenüber jener KUMMERS
(Anwendungsbereich und Schutzgut der privatrechtlichen Rechtssätze gegen
unlautern und gegen freiheitsbeschränkenden Wettbewerb, S. 117 ff., 124)
befürworten. Soweit diese Frage für den vorliegenden Fall von Bedeutung
ist, verdient die Auffassung KUMMERS den Vorzug. Sie hält die beiden
Schutzbereiche auseinander, ohne zwischen ihnen einen schutzfreien Raum zu
belassen, mindert also gesamthaft nicht den Wettbewerbsschutz und führt
auch nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen in der Anwendung von UWG und
KG. Es mag freilich Wettbewerbshandlungen geben, die sowohl vom UWG wie
vom KG erfasst werden, aber je unter gesetzesspezifischen Gesichtspunkten
und nicht deswegen, weil was nach UWG als unzulässig erscheint, es eo ipso
auch nach KG wäre und umgekehrt. Trifft nur das eine oder andere zu, so
liegt das im Wesen der Sache und stellt keinen Widerspruch dar. Es kann
nicht Lauterkeitsschutz anstelle von Freiheitsschutz oder Freiheitsschutz
anstelle von Lauterkeitsschutz geboten werden, wo es für diesen oder
jenen an den gesetzlichen Bedingungen gebricht.

Erwägung 6

    6.- Die Kläger betrachten die Beklagte als kartellähnliche Organisation
im Sinne von Art. 3 KG. Das verneint die Vorinstanz mit der Begründung,
aus dem von den Klägern behaupteten Marktanteil der Beklagten könne nicht
geschlossen werden, sie verfüge über eine kartellrechtlich relevante
Nachfragemacht. Diese Frage kann offen bleiben, denn das Handelsgericht
nimmt mit Recht an, Kartellrecht komme nicht zur Anwendung, weil die
beanstandeten Wettbewerbshandlungen der Beklagten weder als erheblich
behindernde Vorkehren noch als "gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete
Preisunterbietungen" zu werten seien (Art. 4 Abs. 1 KG). Soweit es um die
angebliche Nachfragemacht der Beklagten und deren behaupteten Missbrauch
gehe, könne allenfalls eine Vorkehr im vertikalen Bereich, das heisst im
Verhältnis zwischen Nachfrager und Anbieter gegeben sein. Insofern sei
sie nicht gegen die Kläger gerichtet, die davon nur mittelbar betroffen
würden. Eine Vorkehr im horizontalen Bereich, im Verhältnis zwischen
ihnen und der Beklagten, liege damit nicht vor. Zudem seien gemäss
Art. 4 KG nur Vorkehren unzulässig, die sich gezielt gegen Dritte
richten, um sie im Wettbewerb erheblich zu behindern. Die Beklagte
kämpfe ganz allgemein um eine Verbesserung ihrer Stellung am Markt,
was naturgemäss auf Kosten der Konkurrenz gehen müsse. Nach Auffassung
des Handelsgerichts ist der Umstand, dass die Kläger davon besonders
betroffen werden, eine Folge der im Lebensmittelhandel eingetretenen
Veränderung der Vertriebsform und der damit verbundenen Konzentration auf
wenige grosse Verteilorganisationen. Diese nach geltendem Recht zulässige
Entwicklung könne nicht durch entsprechende Auslegung des Kartellgesetzes
aufgehalten oder gar rückgängig gemacht werden, zumindest nicht auf dem
Weg über einen Zivilprozess.

    Mit den Einwänden, welche die Kläger demgegenüber vorbringen, lässt
sich nicht aufzeigen, dass die Vorinstanz von einer gegen Bundesrecht
verstossenden Auffassung ausgeht. Dafür untauglich ist namentlich der
Hinweis auf die Botschaft des Bundesrats zum Entwurf des Kartellgesetzes
(BBl 1961 II 553). Zwar wurde der Wortlaut "behindert werden sollen"
in Art. 4 Abs. 1 KG gewählt, um neben der tatsächlichen auch die
mögliche Behinderung einzubeziehen, nicht aber um das Erfordernis
ihrer Zielgerichtetheit aufzuheben. In der Botschaft wird im Rahmen der
allgemeinen Bemerkungen zu Art. 4 ausgeführt (S. 579): "Die Bestimmung über
Wettbewerbsbehinderung richtet sich nur gegen die gezielte Behinderung
Dritter, nicht aber gegen jeglichen Machteinsatz." In den besonderen
Bemerkungen finden sich folgende nähere Erläuterungen (S. 580): "Unter
Wettbewerbsbehinderung darf nicht jedes Verhalten verstanden werden,
das einen Konkurrenten benachteiligt. Der Entwurf erwähnt ausdrücklich,
dass die Behinderung erheblich sein muss. ...Vor allem aber betrifft er
nur Vorkehren, die eigens darauf gerichtet sind, jemanden in der Ausübung
des Wettbewerbes zu behindern und dadurch den Wettbewerb zu beeinträchtigen
(Diskriminierung). Darauf weist besonders das Wort "sollen" hin, aber auch
schon das Wort "Vorkehren" ...Eine subjektive Absicht ist nicht erfordert;
es genügt, dass der Sache nach der Boykott auf jenes Ziel ausgerichtet ist
(objektives Ziel der Vorkehr)."

    Daraus geht hervor und die Entstehungsgeschichte des Art. 4 KG erhärtet
(vgl. SCHÜRMANN, Textausgabe des Kartellgesetzes mit Erläuterungen,
S. 62 f., 65/66, 69/70, 71), dass der Vorkehr ein Diskriminierungszweck
oder doch eine erkennbare Diskriminierungstendenz eignen muss. Die
Bestimmung von Art. 4 KG fusst sowohl auf wettbewerbspolitischen wie
persönlichkeitsrechtlichen Überlegungen. Ausgangspunkte bildeten die
Empfehlungen der Preisbildungskommission und die aus Art. 27 und 28 ZGB
in Verbindung mit den Art. 19 und 20 OR entwickelte Rechtsprechung
zum Boykott; dieser verstanden als organisierte Meidung eines
Gewerbetreibenden, um ihn zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen
oder für ein bestimmtes Verhalten zu massregeln. Der Tatbestand wurde
im Verlaufe der Arbeiten der Expertenkommission allgemeiner gefasst
und auf die gezielte Preisunterbietung ausgedehnt. Auch sie aber
fällt unter den Oberbegriff der "Vorkehr", der zum Ausdruck bringt,
dass die Zielgerichtetheit ausschlaggebende Voraussetzung ist. Der
Boykottgedanke blieb grundlegend; damit deckt sich, dass im Gesetz
nicht von Preisunterbietungen schlechthin, sondern von gegen bestimmte
Wettbewerber gerichteten Preisunterbietungen die Rede ist.

    Das gilt für Kartelle, sinngemäss aber auch für kartellähnliche
Organisationen (Art. 4 Abs. 2 KG). Darum ist entgegen der Berufung nicht
entscheidend, ob die Vorkehr einen engeren oder weiteren Kreis von
Wettbewerbern trifft, sondern, ob ihr ein Diskriminierungscharakter
zukommt, was für die zum Gegenstand des Prozesses gemachten
Preisunterbietungen der Beklagten mit dem Handelsgericht zu verneinen ist.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 10. Dezember 1979 bestätigt.