Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 II 209



107 II 209

27. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Juni 1981 i.S. Z. gegen X.
(Berufung) Regeste

    Klage auf Feststellung des Kindesverhältnisses, die von einem in der
Bundesrepublik Deutschland lebenden Kind deutscher Staatsangehörigkeit
gegen einen in der Schweiz wohnhaften Schweizer erhoben wird; anwendbares
Recht (Art. 8e NAG).

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Feststellung des Kindesverhältnisses bestimmt sich nach
schweizerischem Recht, wenn - wie hier - die beiden Eltern und das Kind
ihren Wohnsitz nicht im gleichen Land haben und auch kein gemeinsames
Heimatrecht besteht (Art. 8e Abs. 1 Ziff. 3 NAG). Überwiegt jedoch
der Zusammenhang mit einem andern Land, so ist das Recht dieses Landes
anwendbar (Art. 8e Abs. 3 NAG).

    a) Die Vorinstanz hält dafür, dass im vorliegenden Fall ein engerer
Zusammenhang mit der Bundesrepublik Deutschland als mit der Schweiz
bestehe. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass der Kläger dort geboren
worden sei und dass er wie auch seine Mutter deutsche Staatsangehörige
seien mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, wo über den Kläger
auch eine Pflegschaft geführt werde. Ausserdem wachse der Kläger zusammen
mit einem ehelichen Kind in der von seiner Mutter mit Y.Z. gegründeten
Familie auf. Seit dem 15. Oktober 1973 trage er schliesslich auf Grund
einer Erklärung seines Stiefvaters den Familiennamen Z. Der Zusammenhang
mit der Schweiz bestehe demgegenüber nur darin, dass der als Vater ins
Recht gefasste Beklagte, der ausser seinen finanziellen Verpflichtungen
keine Beziehungen zum Kläger und zu dessen Mutter habe, Schweizer sei
und in der Schweiz wohne.

    b) Wohnsitz und Staatsangehörigkeit des Kindes sowie von Vater und
Mutter sind bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts gemäss Art. 8e NAG
in der Tat von Bedeutung. Indessen kann sich der Richter nicht mit einer
gewissermassen rechnerischen Operation begnügen, bei der er die erwähnten
Faktoren ohne jede Gewichtung einander einfach gegenüberstellt. Einmal
ist zu beachten, dass in den meisten Fällen das Kind naturgemäss den
gleichen Wohnsitz haben wird wie die Mutter. Vor allem aber sind Wohnsitz
und Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu dem in Frage stehenden
Rechtsverhältnis und dessen Wirkungen in Beziehung zu setzen. Geht
es um die Feststellung eines Kindesverhältnisses zum Vater, liegt ein
gewisses Schwergewicht bei den einschlägigen Verhältnissen auf seiten
des als Vater ins Recht Gefassten. Ist dieser wie der Beklagte in der
Schweiz heimatberechtigt und wohnt er auch hier, so vermögen ausländische
Staatsangehörigkeit und ausländischer Wohnsitz von Kind und Mutter keinen
überwiegenden Zusammenhang mit dem betreffenden ausländischen Staat zu
begründen. Es kann in einem Fall wie dem vorliegenden keine Rede davon
sein, dass das schweizerische Recht den gegebenen Verhältnissen nicht
gerecht würde und dass sich deshalb die Anwendung der Ausweichklausel von
Art. 8e Abs. 3 NAG aufdrängen würde. Daran ändert im Falle des Klägers
auch nichts, dass er in der von seiner Mutter mit Y.Z. gegründeten Familie
aufwächst und den Familiennamen seines Stiefvaters führt.

Erwägung 2

    2.- Nach dem Gesagten ist auf das streitige Rechtsverhältnis
schweizerisches Recht anzuwenden. Die Berufung ist daher gutzuheissen
und die Sache zur materiellen Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen.