Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 II 179



107 II 179

24. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Februar 1981 i.S. Julen und
Mitbeteiligte gegen Standseilbahn Zermatt-Sunnegga AG (Berufung) Regeste

    Art. 706 OR. Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen.

    1. Art. 46 OG. Vermögensrechtliche Streitigkeit (E. 1)?

    2. Eine Aktionärgruppe hat auch dann ein schutzwürdiges Interesse, der
Generalversammlung Vorschläge für Wahlen in den Verwaltungsrat unterbreiten
zu können, wenn sie sich von politischen Motiven mitbestimmen lässt (E. 2).

    3. Art. 708 Abs. 4 und 5 OR. Statutarische Zusicherung einer Vertretung
im Verwaltungsrat; sie ist verletzt, wenn das Vorschlagsrecht auf eine
Aktionärgruppe beschränkt oder der Vorschlag einer Gruppe nicht als
verbindlich angesehen wird. Auslegung der Statuten (E. 3 und 4).

    4. Verzicht einer Gruppe, die sich mit den Wahlen abfindet. Die
Generalversammlung braucht nicht unterbrochen zu werden, damit eine Gruppe
sich zuerst auf einen Vorschlag einigen könne (E. 5).

    5. Gruppenvorschläge über streitige Verwaltungsratsmandate können
nur vorbehältlich wichtiger Gründe verbindlich sein (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die Standseilbahn Zermatt-Sunnegga AG, Zermatt, wurde am 25. Mai
1977 insbesondere mit dem Zweck gegründet, zwischen den beiden Orten eine
unterirdische Bahn zu bauen und zu betreiben; die Bahn ist inzwischen
fertigerstellt und eröffnet worden. Das Grundkapital der Gesellschaft
von 8,5 Mio. Franken ist zerlegt in 17'000 Namen- und Inhaberaktien zu je
Fr. 500.-. Die Munizipalgemeinde (Einwohnergemeinde) Zermatt ist daran
mit knapp 60% oder 10'076 Aktien beteiligt; von den übrigen Aktien sollen
rund 2'000 auf O. Hermann, 1'000 auf die Zermatt-Rothornbahn AG, 100 auf
die Burgergemeinde und der Rest auf zahlreiche Kleinaktionäre entfallen.

    An der konstituierenden Generalversammlung vom 25. Mai 1977 schlug die
Munizipalgemeinde fünf Gemeinderäte als ihre Vertreter im Verwaltungsrat
vor, die zwischen 12'401 und 15'454 Stimmen erhielten. Auf Vorschläge
aus der Versammlung wurden mit Stimmen bis zu 14'994 vier weitere
Verwaltungsräte als Vertreter der übrigen Aktionäre gewählt; zu ihnen
gehörte Germann Biner, der nicht als Vertrauensmann der Kleinaktionäre
galt, aber mit 10'717 zu 4'113 Stimmen einem Josef Schnydrig vorgezogen
wurde. Nach einer zweijährigen Amtsdauer wurden in der Generalversammlung
vom 3. Juli 1979 mit Ausnahme eines neuen Mitgliedes aus dem Gemeinderat
alle Verwaltungsräte wiedergewählt, die Vertreter der Munizipalgemeinde
mit Stimmen zwischen 11'394 und 13'981, die vier Vertreter der übrigen
Aktionäre mit bis zu 13'913 Stimmen. Das schlechteste Ergebnis erzielte
wiederum Germann Biner; sein Gegenkandidat Ambros Julen unterlag ihm mit
3'702 zu 10'222 Stimmen.

    B.- Mit Klagen vom 2. Juni 1977 und 16. August 1979 liessen
Ambros Julen sowie zwölf weitere Kleinaktionäre die beiden
Generalversammlungsbeschlüsse der Gesellschaft anfechten. Sie
beantragten zunächst, die Wahl und Wiederwahl von Germann Biner, der
nicht als Vertreter der privaten Aktionäre angesehen werden könne,
für ungültig zu erklären. Im Verfahren änderten sie den Antrag dahin
ab, dass die Wahlen bezüglich aller Vertreter der Gruppe der Privaten
aufzuheben seien (Begehren 1). Sodann sei festzustellen, dass die Gruppe
der privaten Aktionäre in ihrer Mehrheit über die Vorschläge der ihr
zustehenden Verwaltungsräte entscheide und dass diese Vorschläge für die
Generalversammlung verbindlich seien (Begehren 2). Schliesslich sei die
Beklagte zu verpflichten, innert 90 Tagen ab Rechtskraft des Urteils eine
Generalversammlung einzuberufen, um das Urteil bekannt zu geben und die
Verwaltungsräte der privaten Aktionäre zu wählen (Begehren 3).

    Das Kantonsgericht Wallis wies am 3. September 1980 die beiden Klagen
ab, weil das damit geforderte Vorschlagsrecht der privaten Aktionäre
weder im Gesetz noch in den Statuten eine Stütze finde.

    C.- Die Kläger haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, mit der
sie an ihren Rechtsbegehren festhalten.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Klagen auf Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen einer
Aktiengesellschaft gelten als vermögensrechtliche Streitigkeiten; in
solchen Fällen ist die Berufung nur zulässig, wenn der Streitwert die
in Art. 46 OG vorgesehene Grenze erreicht (BGE 92 II 246 E. 1b, 75 II
152 E. 1, 66 II 46). Die gegenteilige Auffassung des Kantonsgerichts,
das eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit angenommen hat, beruht auf
kantonalem Recht und ist daher ohne Bedeutung für das bundesgerichtliche
Verfahren.

    In einer Eventualerwägung nimmt indes auch das Kantonsgericht an, dass
der Streitwert jedenfalls Fr. 15'000.- übersteige. Die Kläger haben dem im
Berufungsverfahren ausdrücklich, die Beklagte zumindest stillschweigend
zugestimmt. Diese Schätzung des Streitwertes ist nach Art. 36 Abs. 2 OG
nicht zu beanstanden. Auf die Berufung ist daher einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Dass die Kläger gestützt auf Art. 706 OR zur Anfechtung der
Generalversammlungsbeschlüsse berechtigt sind, ist zu Recht unbestritten.
Streitig ist dagegen auch vor Bundesgericht, ob sie ein schutzwürdiges
Interesse an der Anfechtung haben oder ihre Klagen mangels eines solchen
Interesses missbräuchlich seien (BGE 86 II 167). Wie es sich damit für
die Wahlen von 1977 verhält, kann offen bleiben, da 1979 statutarische
Neuwahlen stattgefunden haben; die Beklagte bringt diesbezüglich nichts
vor, und eine gesonderte Behandlung der früheren Beschlüsse, die durch
die späteren ersetzt worden sind, rechtfertigt sich nicht.

    Das Kantonsgericht bejaht das Anfechtungsinteresse der Kläger,
weil einem Aktionär oder einer Gruppe von Aktionären nicht gleichgültig
sein könne, wer in den Verwaltungsrat gewählt wird; die Kläger hätten
ein schutzwürdiges Interesse, der Versammlung entsprechende Vorschläge
unterbreiten zu können. Die Beklagte bestreitet dies zu Recht nicht; sie
macht bloss geltend, die Kläger verfolgten mit ihren Klagen ausschliesslich
oder vorwiegend politische Zwecke, da es ihnen um eine politische Änderung
des Mehrheitsverhältnisses im Verwaltungsrat gehe. Das erhelle aus ihrer
Eingabe vom 7. Juni 1977, welche das Kantonsgericht übersehen habe.

    Von einem Versehen kann im Ernst indes keine Rede sein. Das
angefochtene Urteil anerkennt ausdrücklich, dass auf seiten der Kläger
gewisse politische Motive mitspielen mögen. Mehr lässt sich auch
Aktenstellen nicht entnehmen, welche die Beklagte zur Begründung ihrer
Rüge anführt. Ebensowenig vermag sie darzutun, weshalb es missbräuchlich
sein soll, dass die Kläger sich bei ihren Wahlvorschlägen und prozessualen
Vorkehren von politischen Überlegungen mitbestimmen liessen. Das wäre
umso weniger zu beanstanden, als die Munizipalgemeinde Zermatt als
Mehrheitsaktionärin die Gesellschaft beherrscht, die zudem ihrerseits mit
dem Bau und Betrieb der Standseilbahn vorwiegend öffentliche Interessen
verfolgt.

Erwägung 3

    3.- Die Wahl der Verwaltung gehört zu den unübertragbaren Befugnissen
der Generalversammlung (Art. 698 Ziff. 2 OR); Ausnahmen zugunsten
öffentlichrechtlicher Körperschaften, wie Art. 762 OR sie vorsieht,
liegen hier nicht vor. Besteht eine Gesellschaft aus mehreren Gruppen von
Aktionären mit verschiedener Rechtsstellung, so müssen die Statuten jeder
Gruppe die Wahl wenigstens eines Vertreters in der Verwaltung sichern
(Art. 708 Abs. 4 Satz 1 OR). Das Kantonsgericht nimmt zutreffend an,
dass die Beklagte diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil sie nicht
aus Aktionärgruppen mit unterschiedlichen Mitgliedschaftsrechten
zusammengesetzt ist. Die Kläger beschränken sich denn auch darauf, dem
Kantonsgericht eine Verletzung von Art. 708 Abs. 5 OR vorzuwerfen,
wonach die Statuten zum Schutze der Minderheiten oder einzelner
Gruppen von Aktionären weitere Bestimmungen über die Wahlart aufstellen
können. Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem
sie in Art. 18 der Statuten u.a. bestimmte, dass jeder Aktionärgruppe
(Munizipalgemeinde und Privaten) eine Vertretung im Verwaltungsrat im
Verhältnis zum Aktienbesitz zugesichert und dass der Verwaltungsrat
von der Generalversammlung aufgrund von Vorschlägen der entsprechenden
Aktionärgruppen gewählt wird.

    Art. 708 Abs. 5 OR ist eine reine Kompetenznorm, weshalb die Kläger nur
eine Verletzung von Art. 18 der Statuten geltend machen können. Dabei ist
vorweg zu prüfen, wieweit eine solche Statutenvorschrift aktienrechtlich
als zulässig erscheint und wie der Minderheitenschutz mit den Befugnissen
der Generalversammlung vereinbart werden kann. Bei dieser Prüfung darf,
wie das Kantonsgericht mit Recht bemerkt, auf Lehre und Rechtsprechung
zu Art. 708 Abs. 4 OR zurückgegriffen werden, der auf den gleichen
Grundgedanken beruht.

    Das Bundesgericht äusserte sich im Entscheid 66 II 48 E. 6 eingehend
zu dieser Bestimmung. Es lehnte es ab, der Gruppe ein Recht zuzuerkennen,
ihren Vertreter selbst zu bezeichnen, weil das auf eine Beschränkung
des Wahlrechts der Generalversammlung hinausliefe. Die Gruppe müsse aber
ein entscheidendes Mitspracherecht bei der Bezeichnung ihres Vertreters
haben, da dafür nur ein ihr genehmer Vertrauensmann in Betracht komme. Das
lasse sich am besten durch ein verbindliches Vorschlagsrecht der Gruppe
verwirklichen, wobei das Kontrollrecht der Generalversammlung jedoch
in dem Sinne gewahrt bleiben müsse, dass sie den Vorschlag einer Gruppe
aus wichtigen Gründen ablehnen dürfe. Auf diese Weise könne keine Gruppe
der andern eine missliebige und ungeeignete Persönlichkeit als Mitglied
des Verwaltungsrates aufzwingen (S. 51/2). Die herrschende Lehre hat sich
dieser Auffassung angeschlossen (BÜRGI, N. 57-61 und 66-69 zu Art. 708 OR;
FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ, Die Einführung in das schweiz. Aktienrecht, S. 169
Ziff. 14; VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, 4.
Aufl. S. 54 und 199; ablehnend dagegen A. BENOÎT, La représentation de
groupes et de minorités d'actionnaires à l'administration des sociétés
anonymes, Diss. Lausanne 1965 S. 262 ff.).

Erwägung 4

    4.- Fragen kann sich daher im vorliegenden Fall bloss, ob auch Art. 18
der Statuten in diesem Sinne zu verstehen ist, weil er jeder Aktionärgruppe
eine Vertretung im Verwaltungsrat zusichert und bestimmt, dass die
Generalversammlung dessen Mitglieder aufgrund der Gruppenvorschläge wählt.

    a) Das Kantonsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Statuten den
beiden Aktionärgruppen, der Munizipalgemeinde einerseits und den übrigen
Aktionären oder Privaten anderseits, ein Vorschlags- und Vertretungsrecht
einräumen. Es verwirft sodann zu Recht die Übernahme des Gruppenbegriffs
aus Art. 708 Abs. 4 OR, wo es um die Vertretung von Aktionären mit
unterschiedlicher Rechtsstellung geht. Es lässt die übrigen Aktionäre
aber auch nicht in einem weiteren Sinne als Gruppe gelten, weil sie aus
dem Grossaktionär Hermann, der Burgerschaft, der Zermatt-Rothornbahn AG
und vielen Kleinaktionären beständen, also bunt zusammengesetzt seien
und keine Einheit bildeten. Unter diesen Umständen könnten mit Art. 18
der Statuten nicht Vorschläge von Aktionärgruppen, sondern nur solche
"aus dem Kreis der Privaten" gemeint sein.

    Diese Auslegung der Statuten wird von den Klägern zu Recht als
unhaltbar angefochten. Der Wortlaut der Bestimmung ist eindeutig und lässt
keinen Raum zu einem Streit darüber, ob sie auch für die übrigen Aktionäre
gelte; sie nennt die beiden Aktionärgruppen Munizipalgemeinde und Private,
sichert ihnen je ihre Vertretung sowie Wahlen zu, die auf ihre Vorschläge
Rücksicht nehmen. Es geht daher nicht an, den Privaten die Eigenschaft
einer selbständigen Gruppe mit eigenem Vorschlagsrecht abzusprechen und
die Regelung der Statuten auf die Gruppe der Munizipalgemeinde beschränken
zu wollen. Ein solches Vorgehen widerspricht nicht nur dem Wortlaut der
Bestimmung, sondern auch den Grundsätzen von Treu und Glauben, die bei
der Auslegung von Statuten ebenfalls zu beachten sind.

    b) Das Kantonsgericht befasst sich sodann eingehend mit der Frage,
welche Bedeutung dem statutarischen Vorschlagsrecht der Aktionärgruppen
zukommt. Es stellt anhand des Gründungsprotokolls fest, dass bei
der Beratung der Statuten ein Antrag von seiten der Privaten, die
Vorschläge ausdrücklich als verbindlich zu bezeichnen, abgelehnt worden
ist; später sei der Antrag dahin verdeutlicht worden, dass die Gruppe
der Munizipalgemeinde nicht mitstimmen dürfe, wenn die Vertreter der
Privaten gewählt würden. Ob dies der Sinn der Verdeutlichung war,
was die Kläger mit einer Zeugenaussage zu widerlegen suchten, ist
unerheblich, da nach dem angefochtenen Urteil im kantonalen Verfahren
unbestritten blieb, dass die Verwaltungsräte durch die Generalversammlung
gewählt werden, ein Ausschluss des Mehrheitsaktionärs von der Wahl der
Minderheitsvertreter also unstatthaft wäre. Das Kantonsgericht meint
freilich, die Generalversammlung habe ohne rechtliche Bindung über die
Vorschläge entscheiden können, da der entsprechende Antrag der Privaten
ja abgelehnt worden sei.

    Dem halten die Kläger unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung
zu Art. 708 Abs. 4 OR zu Recht entgegen, dass der Gruppe der Privaten
eine Vertretung im Verwaltungsrat zugesichert ist und die Regelung für
sie illusorisch würde, wenn ihre Vorschläge für den Mehrheitsaktionär
nicht verbindlich sein sollten. Die Zusicherung einer Vertretung an die
Minderheit gemäss Art. 18 der Statuten hat genau gleich wie im Fall, der
in Art. 708 Abs. 4 OR geregelt ist, nur dann einen Sinn, wenn eine von der
Gruppe der Privaten vorgeschlagene Vertrauensperson auch gewählt wird. Dass
Germann Biner den privaten Kleinaktionären angehört und von einem solchen
vorgeschlagen worden ist, genügt dafür nicht. Daran änderte auch nichts,
dass der Anspruch der Minderheit zahlenmässig gewahrt worden ist; er war
personell zu beachten. Es ist offensichtlich, dass Germann Biner nur dank
den Stimmen der Munizipalgemeinde gewählt wurde und seine Gegenkandidaten
jeweils weit mehr Stimmen der privaten Aktionärgruppe erhielten. Müsste
die Minderheit sich dem beugen, so würden Sinn und Zweck von Art. 18 der
Statuten ins Gegenteil verkehrt.
   c) Das Kantonsgericht nimmt freilich an, dass die Gruppenvorschläge
auch nach der Entstehungsgeschichte der Statuten nicht verbindlich
sein sollten und dass mit Vorschlägen der Minderheit nach dem Willen
der Mehrheit der konstituierenden Generalversammlung nur solche
"aus dem Kreis der Privaten" gemeint seien. Die Beklagte erblickt
in dieser Annahme eine tatsächliche Feststellung über den wirklichen
Parteiwillen, die das Bundesgericht binde, während es nach Auffassung
der Kläger um eine Frage der Auslegung geht, die im Berufungsverfahren
als Rechtsanwendung frei überpfüft werden dürfe. Dieser Auffassung ist
beizupflichten. Gesellschaftsstatuten sind wie Willenserklärungen, die bei
Schuldverträgen abgegeben werden, nach dem Vertrauensprinzip auszulegen
(BGE 87 II 95 E. 3 mit Hinweisen; 57 II 522 E. 2, 48 II 364). Bei
Gesellschaften, die sich zur Aktienzeichnung an das breite Publikum
wenden, rechtfertigt sich zudem eine analoge Anwendung der Grundsätze,
die für die Interpretation von Gesetzesrecht entwickelt worden sind und
ebenfalls zu einer objektiven Auslegung nach Treu und Glauben führen
(MEIER-HAYOZ, N. N. 140-150 zu Art. 1 ZGB).

    Das heisst nicht, die Entstehungsgeschichte einer Norm sei methodisch
unbeachtlich. Der wirkliche Wille von Aktionären, welche die Statuten
ausarbeiteten, dürfte indes nur dann im Sinne von Art. 18 Abs. 1 OR den
Vorrang verdienen, wenn sich nur wenige damit zu befassen hatten (SIEGWART,
N. 11-13 zu Art. 626 OR; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ, aaO S. 122/3). Dafür
fehlen hier die Voraussetzungen. Zum einen ist nicht festgestellt, dass
alle Kläger an der Gründungsversammlung teilgenommen, geschweige denn an
der Schaffung oder Beratung der Statuten mitgewirkt haben. Dazu kommt,
dass die streitige Frage am 25. Mai 1977 durch Mehrheitsbeschluss der
Generalversammlung entschieden worden ist, was einen übereinstimmenden
wirklichen Willen im Sinne von Art. 18 Abs. 1 OR ausschliesst. Es
bleibt daher bei der objektiven Auslegung nach dem Vertrauensprinzip
mit dem Ergebnis, dass Art. 18 der Statuten den privaten Aktionären
ein grundsätzlich verbindliches Vorschlagsrecht gewährt. Bei diesem
Ergebnis erweist sich die Hauptbegründung des Kantonsgerichts als
bundesrechtswidrig.

Erwägung 5

    5.- Nach einer Eventualerwägung der Vorinstanz sollen die
Statuten jedenfalls keine Suspendierung der Generalversammlung oder
interne Abstimmung unter den privaten Aktionären vorsehen, weshalb die
Mehrheit darüber frei entscheide; mit entsprechenden Begehren könnten
Aktionäre übrigens den Ablauf einer Versammlung erheblich stören. An
der konstituierenden Versammlung von 1977 hätten die Privaten auch
keinen Antrag auf Unterbrechung oder interne Abstimmung gestellt,
sondern sich mit der Wahl ihrer Vertreter auf Grund von Einzelvorschlägen
abgefunden. Bei den Wahlen von 1979 sei dagegen ein entsprechender Antrag
von der Versammlung zu Recht abgewiesen worden.

    Die Kläger sehen darin eine rein formalistische Betrachtungsweise, die
gegen Treu und Glauben verstosse, weil das Verfahren für die Bezeichnung
der Gruppenvertreter in den Statuten nicht geregelt sein müsse. Es
sei durchaus denkbar, dass die Gruppe der Privaten sich kurz vor der
Generalversammlung treffe und ihre Vertreter bestimme, wie das auch der
Gemeinderat für die Vertreter der Munizipalgemeinde getan habe. Aber
auch eine kurze Unterbrechung der Versammlung sei dem Mehrheitsaktionär
zuzumuten, zumal dadurch das Wahlverfahren vereinfacht werden könne.

    Die Kläger anerkennen damit, dass die Gruppe der Privaten 1977 und
1979 keine Vorschläge machte, sondern nur Einzelvorschläge aus deren
Kreis vorlagen. Fragen kann sich bloss, ob die Gruppe dadurch auf ihr
Vorschlagsrecht verzichtet habe, was sowohl nach Art. 708 OR wie nach
Art. 18 der Statuten möglich ist. Denn eine Wahl ist nicht schon deshalb
zu beanstanden, weil eine Gruppe eigene Vorschläge unterlassen hat; sie
ist erst dann anfechtbar, wenn die Generalversammlung sich über solche
Vorschläge grundlos hinweggesetzt oder ihre Unterbreitung überhaupt
verhindert hat. Letzteres wird von den Klägern behauptet, trifft aber
nicht zu. Dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, wie gross
die Gruppe der Kleinaktionäre ist, um deren Vertretung es geht; die
Kläger bemängeln in der Begründung ihrer Anträge nicht etwa die Wahlen
der drei Vertreter der grösseren Minderheitsgruppen (Burgergemeinde,
Zermatt-Rothornbahn AG und O. Hermann), sondern bloss von Germann
Biner. Sie räumen aber ausdrücklich ein, dass ihre Gruppe sich vor der
Generalversammlung auf einen Vorschlag hätte einigen können. Weshalb die
Gruppe davon abgesehen hat, ist nicht ersichtlich und zumindest für 1979,
nach den Erfahrungen von 1977, auch nicht recht verständlich. Statt
dessen verlangte die Vertreterin der Kläger 1979 eine Unterbrechung
der Generalversammlung, damit die Kleinaktionäre über einen gemeinsamen
Gruppenvorschlag beschliessen könnten. Die Versammlung lehnte dies mit
Mehrheitsbeschluss ab, was aus den vom Kantonsgericht angeführten Gründen
weder nach Bundesrecht noch nach den Statuten zu beanstanden ist.

    Nach der Feststellung der Vorinstanz haben die Kläger sich in der
Gründungsversammlung mit dem praktizierten Wahlverfahren widerspruchslos
abgefunden. Für 1977 können sie sich daher nicht darüber beschweren, dass
sie nicht Gelegenheit erhielten, über Gruppenvorschläge zu beraten. Für
1979 liessen sie einen entsprechenden Antrag stellen, der aber in
zulässiger Weise verworfen wurde. Damit ist im Sinn der Eventualerwägung
des Kantonsgerichts nicht nur ihrem Rechtsbegehren 1, sondern auch der
Einberufung einer neuen Generalversammlung gemäss Rechtsbegehren 3 die
Grundlage entzogen; insoweit bleibt es daher beim angefochtenen Urteil.

Erwägung 6

    6.- Mit dem Rechtsbegehren 2 wird die Feststellung verlangt, dass
die Gruppe der privaten Aktionäre in ihrer Mehrheit über die Vorschläge
der ihr zustehenden Verwaltungsräte zu entscheiden hat und dass ihre
Vorschläge für die Generalversammlung verbindlich sind. Dieses Begehren
ist nach den angestellten Überlegungen im wesentlichen begründet. Auch
das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da die Beklagte
einen Anspruch der Privaten auf eigentliche Gruppenvorschläge, welche
weitgehend verbindlich wären, nicht nur in den Generalversammlungen,
sondern auch im Prozess bestritten hat.

    Das Feststellungsbegehren kann indes nicht in der beantragten Form
geschützt werden. Vorweg ist klarzustellen, dass Gruppenvorschläge
über streitige Verwaltungsratsmandate nicht schlechthin, sondern nur
vorbehältlich wichtiger Gründe verbindlich sein können. Sodann erfasst die
Gruppe der privaten Aktionäre ausser zahlreichen Kleinaktionären auch den
Grossaktionär Hermann, die Burgergemeinde und die Zermatt-Rothornbahn AG,
die bisher je einen Sitz in der Verwaltung erhielten; die Kleinaktionäre
begnügten sich mit dem vierten Mandat. Diese Verteilung innerhalb der
Gruppe der Privaten wird von den Klägern nicht beanstandet. Wie sich
die Anwendung des im Rechtsbegehren postulierten Mehrheitsprinzips darauf
auswirken könnte, nachdem von den 6924 Aktien der Gruppe offenbar 2'000 dem
O. Hermann, 1'000 der Zermatt-Rothornbahn AG, 100 der Burgergemeinde und
der Rest den Kleinaktionären gehören, darunter etwa 1'730 den Klägern, ist
nicht abzusehen. Die Frage der internen Bezeichnung der Gruppenvertreter
ist indes gar nicht Gegenstand des Streites mit der Beklagten, weshalb
darüber auch nicht zu entscheiden ist.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    In teilweiser Gutheissung der Berufung wird festgestellt, dass die
Gruppe der privaten Aktionäre selbst entscheiden kann, welche Kandidaten
sie für die ihr zustehenden Verwaltungsräte der Generalversammlung
zur Wahl vorschlagen will, und dass diese Vorschläge unter Vorbehalt
entgegenstehender wichtiger Gründe für die Generalversammlung verbindlich
sind.

    Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das Urteil des
Kantonsgerichts Wallis vom 3. September 1980 bestätigt.