Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 III 78



107 III 78

19. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 25. August 1981
i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft und Kanton Zürich (Rekurs) Regeste

    Lohnpfändung, Inhalt der Pfändungsurkunde.

    Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, wenn die kantonale
Aufsichtsbehörde das Betreibungsamt dazu verhält, bei einer Lohnpfändung in
der Pfändungsurkunde den Namen des Arbeitgebers des Schuldners anzugeben.

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung vom 16. September 1980 pfändete das Betreibungsamt
Zürich 3 auf Begehren der Bank Rohner AG in der Pfändungsgruppe Nr. 379,
der auch die Schweizerische Eidgenossenschaft und der Kanton Zürich
angehören, vom Lohn des Schuldners S. auf die Dauer eines Jahres eine Quote
von Fr. 600.--, im Nachgang zu einer bereits bestehenden, bis höchstens
zum 14. Juli 1981 laufenden Lohnpfändung zugunsten der Pfändungsgruppe
Nr. 240, der unter anderem die Stadt und der Kanton Zürich angehören. Gegen
die Pfändungsurkunde führte die Bank Rohner AG beim Bezirksgericht als
unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
Beschwerde mit dem Antrag, das Betreibungsamt Zürich 3 sei anzuweisen,
in der Pfändungsurkunde den Namen und die Adresse des Arbeitgebers des
Schuldners sowie den Zeitpunkt der Notifikation der Lohnpfändung an
den Arbeitgeber anzugeben. Das Bezirksgericht hiess die Beschwerde mit
Beschluss vom 6. Februar 1981 gut. Gegen diesen Beschluss rekurrierten die
Schweizerische Eidgenossenschaft und der Kanton Zürich, beide vertreten
durch das Kantonale Steueramt Zürich, Abteilung für Wehrsteuer, sowie
der Kanton und die Stadt Zürich, beide vertreten durch das Steueramt der
Stadt Zürich, und überdies das Betreibungsamt selbst an das Obergericht
des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde. Mit Beschluss vom
15. Juli 1981 trat dieses auf den Rekurs nicht ein, soweit er von der Stadt
und dem Kanton Zürich als Gläubiger in der Pfändungsgruppe Nr. 240 sowie
vom Betreibungsamt erhoben worden war. Im übrigen wies es den Rekurs ab,
soweit es darauf eintrat.

    B.- Gegen diesen Entscheid rekurrierten die Schweizerische
Eidgenossenschaft und der Kanton Zürich an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie stellen den Antrag, die
Beschwerde der Bank Rohner AG sei abzuweisen und es sei festzustellen,
dass das Betreibungsamt nicht verpflichtet sei, den Arbeitgeber in der
Pfändungsurkunde aufzuführen.

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Rekurrenten wehren sich dagegen, dass das Betreibungsamt
verpflichtet wird, bei der Lohnpfändung den Namen des Arbeitgebers des
Schuldners in der Pfändungsurkunde aufzuführen. Sie machen geltend, es
gebe keine gesetzliche Vorschrift, die das Betreibungsamt zu einem solchen
Vorgehen verhalten würde. Es handle sich um eine Frage der Zweckmässigkeit,
deren Beurteilung allein im Ermessen des Betreibungsamtes liege. Stehe
ein Gläubiger im Genuss einer noch nicht notifizierten Lohnzession,
so sei die verlangte Angabe höchst unzweckmässig, würde doch die
so erworbene Kenntnis vom Namen des Arbeitgebers des Schuldners dem
Zessionar der Lohnforderung ermöglichen, jenem die Lohnzession umgehend
zu notifizieren, was zur Folge hätte, dass das Pfändungssubstrat für die
übrigen Gläubiger geschmälert würde. Das Betreibungsamt würde daher die
Art. 98 ff., insbesondere Art. 100 SchKG verletzen, wenn es den Namen des
Arbeitgebers angäbe. Schliesslich handle die Beschwerdeführerin (die Bank
Rohner AG) rechtsmissbräuchlich, weil sie die Bekanntgabe des Namens des
Arbeitgebers allein deswegen verlange, um diesem die Lohnzession anzeigen
zu können. Diesem Zweck dürfe das Lohnpfändungsverfahren nicht dienstbar
gemacht werden.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 112 Abs. 1 SchKG sind in der Pfändungsurkunde unter
anderem die gepfändeten Vermögensstücke samt ihrer Schätzung aufzuführen.
Diese Bestimmung setzt voraus, dass das Pfändungsobjekt bei der Pfändung
spezifiziert wird (Grundsatz der Spezialität der Pfändung). Der Zweck
der Pfändung, der darin besteht, die Bestandteile des schuldnerischen
Vermögens festzulegen und zu sichern, die zur Deckung der in Betreibung
gesetzten Forderungen verwertet werden sollen, könnte anders gar nicht
erreicht werden. Weder könnte der Schuldner wirksam an der Verfügung über
die gepfändeten Gegenstände gehindert, noch könnten diese verwertet und auf
den Ersteigerer übertragen werden. Ebensowenig wäre eine Schätzung möglich,
so dass auch nicht festgestellt werden konnte, wieviel zur Deckung der
in Betreibung gesetzten Forderung gepfändet werden muss (Art. 97 Abs. 2
SchKG). Die Rechtsprechung betrachtet deshalb eine Pfändung, die keine
klar bestimmten Gegenstände erfasst, sondern das schuldnerische Vermögen
bzw. Teile desselben, wie etwa sämtliche schuldnerischen Vermögensstücke
in der Hand eines Dritten oder sämtliche Forderungen gegen einen Dritten,
generell beschlägt, als nichtig (BGE 50 III 192 ff., 47 III 86 ff. E. 2,
46 III 3, 43 III 218).

    Eine Forderung ist erst dann hinreichend spezifiziert, wenn neben der
Forderungssumme, dem Forderungsgrund und der Person des Gläubigers auch
diejenige des Schuldners bekannt ist. Ohne einen bestimmten Schuldner
könnte sie als relatives Recht gar nicht existieren. Abgesehen davon
ist die Person des Schuldners für den Schätzungswert einer Forderung von
wesentlicher Bedeutung. Die Vorinstanz hat daher grundsätzlich zu Recht
angenommen, dass bei der Pfändung einer Forderung die Angabe der Person
des Schuldners in der Pfändungsurkunde unumgänglich ist.

Erwägung 3

    3.- Die Rekurrenten weisen indessen zu Recht darauf hin, dass
zwischen der Lohnpfändung und der Pfändung anderer Forderungen wesentliche
Unterschiede bestehen. So gehören die Lohnguthaben zum Beispiel nach der
Rechtsprechung nicht zu den Forderungen, die nach Art. 95 Abs. 1 SchKG
in erster Linie zu pfänden sind. Eine Lohnpfändung darf vielmehr erst
dann verfügt werden, wenn das bewegliche und unbewegliche Vermögen des
Schuldners mit Einschluss der gewöhnlichen Forderungen zur Deckung der
in Betreibung gesetzten Forderung nicht ausreicht, immerhin aber vor
den Vermögensstücken, die der Schuldner als Dritten gehörig bezeichnet
oder die von Dritten beansprucht werden (BGE 99 III 54/55 E. 2, 97
III 117/118, 91 III 56 E. 4, 82 III 53 E. 3). Die Besonderheit der
Lohnpfändung gegenüber der Pfändung gewöhnlicher Forderungen besteht
aber vor allem darin, dass sie künftige Guthaben erfasst; und zwar ist
ihr Gegenstand nicht nur der künftige Lohn aus dem Arbeitsverhältnis, in
welchem der Schuldner im Zeitpunkt der Pfändung gerade steht. Wechselt
der Schuldner während der Dauer der Lohnpfändung die Stelle, so geht
die Pfändung daher nicht unter, sondern beschlägt vielmehr ohne weiteres
den Lohn aus dem neuen Arbeitsverhältnis. Die Pfändung bleibt auch dann
wirksam, wenn der Schuldner die selbständige mit einer unselbständigen
Erwerbstätigkeit vertauscht und umgekehrt (BGE 93 III 36/37 E. 1,
83 III 5, 78 III 128). Ja sie kann sogar verfügt werden, wenn der
Schuldner gerade ohne Arbeitsverdienst ist (BGE 78 III 129). Daraus
folgt, dass die Lohnpfändung den das Existenzminimum übersteigenden
Teil des Erwerbseinkommens schlechthin erfasst, ohne Rücksicht auf
dessen Quelle, und nicht eine bestimmte Forderung gegen einen bestimmten
Arbeitgeber. Da die Lohnforderung demnach nicht als solche gepfändet wird,
bedarf es zur Spezifizierung des Pfändungsobjekts auch nicht der Angabe des
Schuldners dieser Forderung in der Pfändungsurkunde. Diese Angabe könnte
sogar zur irrtümlichen Annahme verleiten, die Pfändung erfasse nur die
Lohnforderung gegen den genannten Arbeitgeber und nicht auch das allfällige
Einkommen aus einem andern Arbeitsverhältnis oder aus einer selbständigen
Erwerbstätigkeit, das während der Dauer der Lohnpfändung erzielt wird.

    Steht der Schuldner in einem bestimmten Arbeitsverhältnis, so ist
dem Arbeitgeber als Drittschuldner der gepfändeten Lohnforderung nach
Art. 99 SchKG freilich anzuzeigen, dass er rechtsgültig nur noch an
das Betreibungsamt leisten könne. Bei dieser Anzeige handelt es sich
jedoch nicht um einen wesentlichen Bestandteil des Pfändungsvollzugs,
sondern um eine zu diesem hinzutretende Sicherungsmassnahme, die im Falle
eines Stellenwechsels des Schuldners ohne weiteres gegenüber dem neuen
Arbeitgeber zu erlassen ist, ohne dass es einer erneuten Pfändung bedürfte
(BGE 94 III 80/81, 93 III 36, 83 III 5, 78 III 128). Dass die Lohnpfändung
dem Arbeitgeber angezeigt werden muss, ändert daher nichts daran, dass
die Kenntnis des Arbeitgebers des Schuldners bei der Lohnpfändung zur
Spezifizierung des Pfändungsobjekts nicht erforderlich ist.

Erwägung 4

    4.- Aus Art. 112 Abs. 1 SchKG lässt sich somit eine Pflicht des
Betreibungsamtes, bei Lohnpfändungen den Namen des Arbeitgebers in der
Pfändungsurkunde anzugeben, nicht ableiten. Es gibt aber auch keine
Vorschrift, die ein solches Vorgehen verbieten würde. In Art. 112
Abs. 1 SchKG sind nur die wesentlichen Angaben aufgeführt, die die
Pfändungsurkunde enthalten muss. Weitere Angaben sind jedoch dadurch nicht
ausgeschlossen. Sie sind im Gegenteil notwendig, wenn die Pfändungsurkunde
ihren Zweck erfüllen soll (JAEGER, N. 5 zu Art. 112 SchKG). Welche weiteren
Angaben im einzelnen Fall am Platz sind, ist im wesentlichen eine Frage
der Zweckmässigkeit (Entscheid des Bundesgerichts vom 9. November 1961,
veröffentlicht in ZR 62/1963 Nr. 105 S. 349; vgl. auch BGE 77 III 69
ff., wo dem Betreibungsamt anheimgestellt, aber nicht vorgeschrieben
wurde, in der leeren Pfändungsurkunde gemäss Art. 115 Abs. 1 SchKG
Angaben über die Verdienst- und Familienverhältnisse des Schuldners zu
machen). Derartige Fragen kann das Bundesgericht bei der Beurteilung
eines Rekurses im Sinne von Art. 78 ff. OG indessen nicht überprüfen
(BGE 104 III 78, 103 III 26 E. 4 mit Hinweisen). Die Rüge, die verlangte
Angabe sei unzweckmässig, ist daher unzulässig. Während die Vorinstanz in
ihrer Kognition unbeschränkt war und ihr Ermessen an Stelle desjenigen
des Betreibungsamtes zu betätigen hatte, könnte das Bundesgericht nur
im Falle einer Bundesrechtsverletzung eingreifen. Eine solche kann der
Vorinstanz jedoch nicht zur Last gelegt werden, wenn es die Angabe des
Arbeitgebers des Schuldners in der Pfändungsurkunde verlangte.

    Von einer Bundesrechtsverletzung kann umso weniger die Rede sein, als
die Beschwerdeführerin ihr Ziel, den Namen des Arbeitgebers in Erfahrung
zu bringen, um ihm die Lohnzession anzeigen zu können, im Rahmen des
Betreibungsverfahrens auch auf andere Weise erreichen kann. Wie bereits
gesagt, hat das Betreibungsamt die Lohnpfändung dem Arbeitgeber anzuzeigen,
wenn der Schuldner in einem bestimmten Arbeitsverhältnis steht (Art. 99
SchKG). Zwar handelt es sich dabei um eine blosse Sicherungsmassnahme,
die für den Vollzug der Pfändung nicht wesentlich ist. Die Anzeige der
Lohnpfändung bildet jedoch Gegenstand einer amtlichen Verrichtung im Sinne
von Art. 8 Abs. 1 SchKG, über die das Betreibungsamt Protokoll zu führen
hat. Nach Art. 8 Abs. 2 SchKG kann jedermann, der ein Interesse nachweist,
die Betreibungsprotokolle einsehen und sich Auszüge aus denselben geben
lassen. Da die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Betreibung die
Stellung einer Gläubigerin hat, könnte ihr die Einsicht in die diese
Betreibung betreffenden Protokolle nicht versagt werden. Kann sich aber
die Beschwerdeführerin beim Betreibungsamt ohnehin Kenntnis vom Namen des
Arbeitgebers des Schuldners verschaffen, dem die Lohnpfändung angezeigt
worden ist, so kann die Angabe dieses Namens in der Pfändungsurkunde
nicht deswegen bundesrechtswidrig sein, weil sie der Beschwerdeführerin
diese Kenntnis ebenfalls vermittelt. Damit ist zugleich gesagt, dass das
Begehren der Beschwerdeführerin nicht als rechtsmissbräuchlich bezeichnet
werden kann.

    Entgegen der Ansicht der Rekurrenten kann auch nicht gesagt werden,
mit der Angabe des Namens des Arbeitgebers des Schuldners in der
Pfändungsurkunde verstosse das Betreibungsamt gegen die in Art. 100 SchKG
statuierte Pflicht, für die Erhaltung der gepfändeten Rechte zu sorgen,
weil diese Angabe es der Beschwerdeführerin ermöglicht, dem Arbeitgeber
die Lohnzession anzuzeigen und dadurch das sämtlichen Gläubigern der
betreffenden Pfändungsgruppe haftende Pfändungssubstrat für sich allein
zu beanspruchen. Mit der Zession sind die entsprechenden zukünftigen
Lohnforderungen aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden. Die
betreibenden Gläubiger haben daher zum vornherein keinen Anspruch darauf,
aus diesen Guthaben befriedigt zu werden. Zwar kann der Arbeitgeber
den Lohn mit befreiender Wirkung dem Schuldner ausbezahlen, solange
ihm die Zession nicht angezeigt worden ist, und bleiben die bis zur
Anzeige der Zession dem Betreibungsamt abgelieferten Lohnbeträge den
Pfändungsgläubigern verhaftet (BGE 95 III 14). Das ändert aber nichts
daran, dass die abgetretenen Lohnguthaben nicht mehr dem Schuldner
zustehen und dass der Zessionar die vorerst bloss stille Zession
durch Notifikation an den Arbeitgeber jederzeit effektiv geltend machen
kann. Verunmöglicht der Schuldner die Notifikation, indem er dem Zessionar
den Namen seines Arbeitgebers verheimlicht, so dass die abgetretenen
Lohnguthaben nicht wie vereinbart dem Zessionar zugute kommen, sondern
zugunsten der Pfändungsgläubiger eingezogen werden, verstösst er gegen
seine Pflichten als Zedent. Man könnte sich sogar fragen, ob ein solches
Verhalten nicht als unerlaubte Gläubigerbegünstigung qualifiziert
werden müsste. Das Betreibungsamt ist von Gesetzes wegen jedenfalls
nicht gehalten, diese Pflichtverletzung zu decken. Die Pflicht, für die
Erhaltung der gepfändeten Rechte zu sorgen, erlaubt es ihm nicht, die
Pfändungsrechte der Gläubiger gegenüber den Drittrechten eines Zessionars
zu bevorzugen. - Was die Rekurrenten in diesem Zusammenhang vorbringen,
läuft im übrigen auf eine Kritik am Institut der Lohnzession überhaupt
und an deren Verhältnis zur Lohnpfändung hinaus und hat mit der Frage,
welche Angaben die Pfändungsurkunde von Gesetzes wegen enthalten muss,
direkt nichts zu tun.

Entscheid:

    Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.