Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 III 29



107 III 29

8. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. April 1981 i.S. C.
Bank gegen D. AG (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Arrestbewilligungsverfahren.

    Nach der abschliessenden bundesrechtlichen Regelung wird der
Arrestschuldner im Arrestbewilligungsverfahren nicht angehört.

Sachverhalt

    A.- Der Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht
Zürich erliess am 28. März 1980 auf Begehren der D. AG einen Arrestbefehl
gegen die C. Bank. Gegen den Arrestbefehl und den zur Prosequierung
des Arrestes erwirkten Zahlungsbefehl erhob die Arrestschuldnerin beim
Obergericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch mit
Beschluss vom 14. November 1980 abgewiesen wurde. Mit der vorliegenden
staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die Arrestschuldnerin, dieser
Beschluss sowie der Arrest- und der Zahlungsbefehl seien aufzuheben. Die
Gläubigerin beantragt Abweisung der Beschwerde; das Obergericht hat keine
Gegenbemerkungen eingereicht.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Art. 279 Abs. 1 SchKG, wonach gegen den Arrestbefehl weder
Berufung noch Beschwerde stattfindet, verbietet es den Kantonen nicht,
gegen Arrestbefehle ein ausserordentliches kantonales Rechtsmittel
vorzusehen, und auch die staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht ist
zulässig, soweit mit ihr Rügen erhoben werden, die nicht Gegenstand der
Arrestaufhebungsklage bilden können (BGE 103 Ia 494 ff., mit Hinweisen),
was insbesondere mit Bezug auf die Frage gilt, ob der Arrestgläubiger seine
Forderung hinreichend glaubhaft gemacht habe. Dasselbe muss folgerichtig
auch für die im vorliegenden Fall erhobene weitere Rüge der Verweigerung
des rechtlichen Gehörs gelten, die ebenfalls nicht im Rahmen einer
Arrestaufhebungsklage vorgebracht werden kann.

    Da dem Obergericht als Kassationsinstanz nur beschränkte
Kognition zustand, kann mit der staatsrechtlichen Beschwerde neben
dem obergerichtlichen Urteil auch der Arrestbefehl des Einzelrichters
angefochten werden (BGE 104 Ia 83 E. 2b, 136 E. 2a, 204 E. 1b; 94 I
459 ff.), und endlich ist es nach der Rechtsprechung auch zulässig,
zusammen mit der Aufhebung des Arrestbefehls auch jene des gestützt auf
den Arrestbefehl erwirkten Zahlungsbefehls zu beantragen (BGE 106 Ia
146/147 E. 2c, 86 I 27, 82 I 79/80).

    Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist somit einzutreten, und die
gestellten Anträge sind zulässig.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin macht in erster Linie geltend, der
Einzelrichter habe ihr das rechtliche Gehör verweigert, indem er den
Arrestbefehl erlassen habe, ohne sie jemals anzuhören.

    Seit dem Inkrafttreten des SchKG steht die schweizerische
Rechtslehre einhellig auf dem Standpunkt, die Anhörung des
Schuldners durch die Arrestbehörde vor Erlass des Arrestbefehls sei
von Bundesrechts wegen ausgeschlossen (BLUMENSTEIN, Handbuch des
schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, S. 837; JAEGER, N. 3 und 7
zu Art. 272 SchKG; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl.,
Bd. II, S. 215; FAVRE, Droit des poursuites, 3. Aufl., S. 364; AMONN,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, S. 377; LEUCH, Die
Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 3. Aufl., N. 1 zu Art. 321 ZPO;
STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, N. 38
zu § 213 ZPO). Damit in Einklang steht, soweit ersichtlich, die Praxis in
sämtlichen Kantonen, ohne dass darin je eine Gehörsverweigerung erblickt
worden wäre. Im gleichen Sinne hat sich das Bundesgericht, allerdings
eher beiläufig, in drei Entscheiden geäussert; in BGE 86 II 295 wird
festgehalten, das Arrestverfahren sei abschliessend bundesrechtlich
geregelt, und in BGE 102 Ia 237 sowie in BGE 46 I 489 wird darauf
hingewiesen, der Schuldner werde regelmässig vor Erlass des Arrestbefehls
nicht angehört.

    Diese bundesrechtliche Regelung ist mit der einhelligen Lehre und
Rechtsprechung als abschliessend zu betrachten. Das wird auch dadurch
bestätigt, dass das SchKG dort, wo es im summarischen Verfahren die
Anhörung der Gegenpartei für erforderlich erachtet, ausdrückliche
dahingehende Vorschriften aufstellt (Art. 77 Abs. 3, Art. 84, Art. 168
und Art. 190 Abs. 2, im Gegensatz dazu ausser Art. 272 auch Art. 181 und
Art. 189 Abs. 1 SchKG). Liegt aber eine abschliessende bundesgesetzliche
Regelung der Frage vor, so ist diese gemäss Art. 113 Abs. 3 BV für das
Bundesgericht verbindlich und kann nicht auf ihre Verfassungsmässigkeit
überprüft werden.

Erwägung 3

    3.- Dass der Arrestschuldner vor Erlass des Arrestbefehls nicht
angehört wird, folgt im übrigen aus der Natur der Sache. Der Arrest stellt
eine Sicherungsmassnahme zum Schutz gefährdeter Gläubigerrechte dar, die
nur einen Sinn hat, wenn sie überfallartig erfolgt. Der Arrestschuldner
ist deswegen nicht schutzlos. Seinen Interessen wird durch die besondere
Ausgestaltung des Arrestverfahrens Rechnung getragen. Einmal kann
er mit der Arrestaufhebungsklage des Art. 279 SchKG den Arrestgrund
bestreiten. Zum andern wird durch die kurzen Fristen, innert welcher
der Gläubiger nach Art. 278 SchKG den Arrest durch Betreibung oder
allenfalls Klage prosequieren muss, gewährleistet, dass die Beschlagnahme
der schuldnerischen Vermögensstücke nicht länger aufrechterhalten wird,
als es mit dem Sicherungszweck des Arrestes vereinbar ist. Überdies kann
der Schuldner durch Sicherheitsleistung die freie Verfügung über die
Arrestgegenstände zurückerlangen (Art. 277 SchKG). Erweist sich der Arrest
als ungerechtfertigt, weil entweder kein Arrestgrund gegeben war oder
keine Forderung bestanden hat, so haftet der Gläubiger nach Art. 273 SchKG
kausal für den daraus entstandenen Schaden. Die Deckung dieses Schadens
kann dadurch sichergestellt werden, dass der Erlass des Arrestbefehls
von der Leistung einer Kaution abhängig gemacht wird. Der Schuldner
kann auch noch nach Erlass des Arrestbefehls Sicherstellungsbegehren
stellen, wenn die Arrestbehörde dem Gläubiger nicht schon von Anfang an
eine Kaution auferlegt hat oder wenn sich die ursprünglich auferlegte
Kaution in der Folge als zu niedrig erweist (FRITZSCHE, aaO, Bd. II,
S. 245; JAEGER, N. 5 zu Art. 273 SchKG; STRÄULI/MESSMER, aaO, N. 40 zu §
213 ZPO; vgl. auch BGE 46 I 489/490).

    Es ist der Beschwerdeführerin freilich zuzugeben, dass die Interessen
des Schuldners im Arrestverfahren besser gewahrt wären, wenn die
Arrestbehörde den Arrestbefehl vorerst bloss vorsorglich erlassen und
danach eine Verhandlung ansetzen würde, in der sich der Arrestschuldner
gegen die Aufrechterhaltung des Arrestes wehren könnte. Da die
bundesrechtliche Ordnung des Arrestverfahrens abschliessend ist, besteht
indessen für ein derartiges oder ein ähnliches Verfahren kein Raum. Ein
solches könnte auch nicht auf dem Weg über eine verfassungskonforme
Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des SchKG eingeführt werden, wie
das die Beschwerdeführerin vorschlägt, da die gesetzliche Regelung klar
ist. Es ist Sache des Bundesgesetzgebers, hier Abhilfe zu schaffen, wenn
er eine nachträgliche Anhörung des Arrestschuldners für erforderlich hält.