Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 III 136



107 III 136

31. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 19. November
1981 i.S. Konkursmasse B. AG (Rekurs) Regeste

    Art. 250 SchKG und Art. 66 KOV.

    Schliesst die Konkursverwaltung in einem Kollokationsprozess
einen Vergleich, so können die Gläubiger den dadurch abgeänderten
Kollokationsplan mittels Klage anfechten. Ist der abgeänderte
Kollokationsplan in Rechtskraft erwachsen, darf die zweite
Gläubigerversammlung darauf nicht mehr zurückkommen.

Sachverhalt

    A.- In einem Kollokationsprozess schlossen die Parteien, nämlich der
Kanton X., die Einwohnergemeinde Y., die römischkatholische Kirchgemeinde
Z. und die Schweiz. Eidgenossenschaft einerseits sowie die Konkursmasse
B. AG anderseits, am 25. Mai 1981 einen Vergleich, wonach die Konkursmasse
die Forderungen der Kläger bis zur Höhe von Fr. 95'700.-- bzw. Fr.
24'300.-- anerkannte und sich bereit erklärte, diese Forderungen
als pfandgesichert in das Lastenverzeichnis aufzunehmen. Sie gab
ausdrücklich zu Protokoll, dass diese Zugeständnisse unter Vorbehalt
aller Gläubigerrechte stünden. Werde die Kollozierung von einem Gläubiger
bestritten, so habe die Steuerverwaltung des Kantons X. das Recht,
die gesamten Forderungen, d.h. Fr. 292'106.85 bzw. Fr. 74'147.75 im
Kollokationsprozess als pfandgesichert geltend zu machen.

    Entsprechend diesem Vergleich wurden die Forderungen der Kläger in
die Lastenverzeichnisse aufgenommen. Der abgeänderte Kollokationsplan
wurde ordnungsgemäss neu aufgelegt und publiziert, ohne dass er von einem
Gläubiger angefochten wurde.

    B.- Die zweite Gläubigerversammlung vom 28. August 1981 im Konkurs
über die B. AG lehnte den fraglichen Vergleich ab, worauf das Konkursamt
F. das Friedensrichteramt U. anwies, den Klägern im Kollokationsprozess
die Weisung zuzustellen.

    Die Einwohnergemeinde Y., die römisch-katholische Kirchgemeinde
Z., der Kanton X. und die Schweiz. Eidgenossenschaft erhoben gegen
diesen Beschluss der zweiten Gläubigerversammlung Beschwerde bei der
kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Diese
hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 2. Oktober 1981 gut und hob
den angefochtenen Beschluss der zweiten Gläubigerversammlung sowie die
Anweisung des Konkursamtes an das Friedensrichteramt U. auf.

    C.- Die Konkursmasse B. AG führt Rekurs an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, der Entscheid der
kantonalen Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und auf die Beschwerde der
Rekursgegner sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.

    Die kantonale Aufsichtsbehörde beantragt Abweisung des Rekurses.

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Die Rekurrentin stellt sich auf den Standpunkt, die Beschwerde an die
kantonale Aufsichtsbehörde sei verspätet eingereicht worden. Nachdem die
zweite Gläubigerversammlung am 28. August 1981 stattgefunden habe, sei
die Beschwerdefrist am 7. September 1981 abgelaufen. Die vom 8. September
1981 datierte Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde sei damit
eindeutig verspätet erhoben worden.

    Es trifft zwar zu, dass die Frist für die Anfechtung von Beschlüssen
der Gläubigerversammlung in der Regel auch für Gläubiger, die an der
Versammlung nicht teilgenommen haben, mit dem Versammlungsdatum zu
laufen beginnt (BGE 81 III 29, 48 III 191/192). Doch gilt dies nur
für Beschlüsse, zu deren Fassung die Gläubigerversammlung zuständig
ist. Im vorliegenden Fall fehlte der zweiten Gläubigerversammlung
jedoch die Kompetenz, den abgeänderten und in Rechtskraft erwachsenen
Kollokationsplan ihrerseits wieder abzuändern. In der Regel liegt die
Vertretung der Masse in einem gegen diese gerichteten Kollokationsprozess
allein bei der Konkursverwaltung. Entgegen der Auffassung der Rekurrentin
ist diese auch befugt, einen Vergleich abzuschliessen (FRITZSCHE,
Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. Bd. II S. 154, und JAEGER,
N. 3 zu Art. 253 und N. 8 zu Art. 250 SchKG). Dabei hat sie gemäss
Art. 66 KOV vorzugehen. Dass der Vergleich unter dem Vorbehalt aller
Gläubigerrechte abgeschlossen wurde, hat nur den Sinn, dass die andern
Gläubiger den durch den Vergleich abgeänderten Kollokationsplan mittels
Kollokationsklage anfechten konnten. Die Frist für diese Klage begann mit
der Neuauflage des Kollokationsplanes und deren Publikation zu laufen. Im
vorliegenden Fall hatten die Gläubiger von dieser Klagemöglichkeit keinen
Gebrauch gemacht, weshalb der abgeänderte Kollokationsplan in Rechtskraft
erwuchs. Die zweite Gläubigerversammlung durfte nun nicht mehr darauf
zurückkommen. Die Rekurrentin befindet sich im Irrtum, wenn sie meint,
der Vergleich könne nur mit Zustimmung der Gläubigerversammlung
rechtsgültig werden. Die Rekursgegner mussten daher auch nicht
damit rechnen, dass die Gläubigerversammlung unter dem Traktandum
"Erteilung von Prozessvollmacht" auf bereits in Rechtskraft erwachsene
Kollokationsverfügungen zurückkommen werde. Man kann sich fragen, ob der
betreffende Beschluss der Gläubigerversammlung nicht geradezu nichtig sei,
was auch die Vorinstanz angedeutet hat. Auf jeden Fall aber konnte die
Beschwerdefrist für die Rekursgegner bei dieser Sachlage erst mit dem
Zeitpunkt beginnen, in welchem sie von diesem gesetzwidrigen Beschluss
der zweiten Gläubigerversammlung Kenntnis erhielten. Das war nach
dem angefochtenen Entscheid am 4. September 1981 der Fall, so dass die
Beschwerdefrist mit der am 8. September bei der Vorinstanz eingereichten
Beschwerde eingehalten war.

    Wohl hätte sich die Konkursverwaltung die Genehmigung des Vergleichs
durch die zweite Gläubigerversammlung vorbehalten können. Das hätte
aber im Vergleich vom 25. Mai 1981 ausdrücklich festgehalten werden
müssen. Nachdem sich die Konkursverwaltung für das Vorgehen gemäss Art. 66
KOV entschlossen hatte, blieb für einen abweichenden Beschluss der zweiten
Gläubigerversammlung kein Raum mehr. Die Vorinstanz hat daher den Beschluss
vom 28. August 1981 mit Recht aufgehoben. Ob eine paulianische Anfechtung
Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, ist bei dieser Sachlage nicht mehr zu
prüfen. Das hätten sich die Konkursverwaltung vor Abschluss des Vergleichs
und die Gläubiger während der neuen Frist zur Anfechtung des abgeänderten
Kollokationsplanes überlegen müssen.

Entscheid:

    Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.