Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 IB 94



107 Ib 94

21. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
5. Juni 1981 i.S. Product Leasing AG (PLA) gegen Eidg. Zollverwaltung,
Oberzolldirektion (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 121 Abs. 3 ZG.

    1. Bei unklarer Rechtslage verlangt die Zollverwaltung zu Recht den
strikten Nachweis des Eigentums von demjenigen, der die Herausgabe eines
beschlagnahmten Zollpfandes beansprucht (E. 3a).

    2. Die Zollverwaltung ist aufgrund eines Herausgabebegehrens nicht
verpflichtet, von Amtes wegen die Eigentumsverhältnisse am beschlagnahmten
Zollpfand abzuklären (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung vom 24. Dezember 1980 beschlagnahmte die
Zollkreisdirektion Lausanne einen LKW MAN Büssing als Zollpfand und
Beweismittel. Am 5. Januar 1981 verlangte die Product Leasing AG
(PLA) unter Berufung auf ihr Eigentumsrecht die Herausgabe dieses
Fahrzeugs. Ihr Eigentum suchte sie mit einem Leasingvertrag (in welchem
sie als Leasinggeberin aufgeführt ist) sowie mit einer Vereinbarung zu
beweisen, in welcher sich ein gewisser Peter Sack persönlich und als
Geschäftsführer einer Petrag AG (welche mit der Leasingnehmerin identisch
ist) zur entschädigungslosen Abtretung des Eigentums- und Besitzesrechtes
am beschlagnahmten Lastwagen an eine Drittfirma verpflichtet. Die
Zollbehörden verweigerten die Freigabe des LKW im wesentlichen mit der
Begründung, die PLA habe den Nachweis ihres Eigentums nicht erbracht. Das
Bundesgericht weist eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde der PLA gegen die
Verweigerung der Freigabe des Zollpfandes ab, unter anderem aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 120 Abs. 1 ZG besteht ein gesetzliches Pfandrecht
des Bundes (Zollpfandrecht) unter anderem an Gegenständen, die der
Verletzung zollrechtlicher oder anderer Erlasse dienten, bei deren
Vollzug die Zollverwaltung mitwirkt. Das Zollpfand haftet für Zölle,
Bussen, Kosten, Abgaben und Gebühren im Sinne von Art. 120 Abs. 2
ZG. Die Beschlagnahme (Art. 121 ZG) von Gegenständen, an denen die
Zollverwaltung ein Pfandrecht beansprucht, bezweckt zu verhindern, dass
der Besitzer über den Gegenstand dieses Rechtes verfüge. Die Verwaltung
kann sie anordnen, bevor das Zollpfandrecht selbst und die Forderungen,
zu deren Sicherung es dient, endgültig festgestellt sind (BGE 79 I 195
E. 2, 73 I 424 E. 2). Die Beschlagnahme des Zollpfandes kann auch dann
erfolgen, wenn an der Sache Eigentums- oder Pfandrechte Dritter bestehen
(Art. 138 der Verordnung zum ZG (ZV) in der Fassung vom 25. November
1974). Die Beschlagnahme ist selbst dann zulässig, wenn der Eigentümer,
der für die dadurch gesicherten Forderungen nicht persönlich haftet,
geltend macht, dass der beschlagnahmte Gegenstand ohne seine Schuld zur
Widerhandlung benutzt worden ist oder dass er das Eigentum daran erworben
hat, ohne von der Nichterfüllung der Zollzahlungspflicht Kenntnis zu haben
(Art. 122 Abs. 2 ZG in der Fassung vom 25. November 1974). Falls er dies
nachweist, muss zwar gemäss Art. 122 ZG die Verwertung unterbleiben; das
Gesetz sieht dagegen nicht vor, dass durch solchen Nachweis auch schon die
Beschlagnahme ausgeschlossen wird. Immerhin soll diese Massnahme in der
Regel unterbleiben bzw. nicht aufrechterhalten werden, wenn feststeht,
dass die Verwertung nicht wird durchgeführt werden können, weil ihr ein
besseres Recht im Sinne von Art. 122 Abs. 2 ZG entgegensteht (BGE 73 I 425
E. 3). Daraus folgt, dass der Ansprecher auch dann, wenn er ein solches
Recht schon im Stadium der Beschlagnahme geltend macht, den Beweis dafür
zu erbringen hat (vgl. Art. 145 ZV in der Fassung vom 25. November 1974).

    b) Die Beschwerdeführerin beruft sich auf ihr Eigentum, um die
Herausgabe des LKW zu verlangen. Sie behauptet indessen - wie schon
vor der Vorinstanz - nicht und stellt auch nicht zum Beweis, dass der
beschlagnahmte Lastwagen ohne ihre Schuld zur Widerhandlung benutzt
worden sei. Sie macht somit nicht geltend, sie könnte sich im Sinne von
Art. 122 Abs. 2 ZG der Verwertung widersetzen, wofür sie gemäss Art. 145
ZV den Beweis erbringen wolle. Sie hat sich in ihrer Beschwerde an die
Vorinstanz im Gegenteil bereit erklärt, Sicherheit zu leisten, sofern die
Beschlagnahmung tatsächlich nur noch zur Deckung von Abgaben, Bussen und
Kosten notwendig sein sollte.

Erwägung 3

    3.- a) Nach Art. 121 Abs. 3 ZG kann der beschlagnahmte Gegenstand gegen
Sicherstellung freigegeben werden. Die Bestimmung sagt indessen nicht,
wem im Fall der Sicherstellung das Zollpfand herausgegeben werden kann. In
der Regel wird derjenige, bei dem das Zollpfand beschlagnahmt wurde, die
Herausgabe beanspruchen. Die Zollverwaltung ist jedoch nicht berechtigt,
ihm gestützt auf Art. 121 Abs. 3 ZG das Zollpfand gegen Sicherheit
freizugeben, wenn ein Dritter die unbeschwerte Herausgabe unter Berufung
auf ein besseres Recht im Sinne von Art. 122 Abs. 2 ZG beansprucht;
in diesem Falle hat sie zur Eigentumsfrage in rechtsgenügender Weise
Stellung zu nehmen (vgl. Art. 145 Abs. 2 ZV in Verbindung mit Art. 135
Abs. 2 und 3 ZV). Die Zollverwaltung muss einen Beweis des Eigentums
für die Herausgabe eines Zollpfandes ausserdem verlangen, wenn das
Eigentum der Pfandsache unter mehreren Ansprechern streitig ist, welche
die Herausgabe des Zollpfandes gegen Sicherstellung verlangen (BGE 97 I
460 E. 5a). Die Zollverwaltung hat aber auch dann den Herausgabeanspruch
des Ansprechers näher zu prüfen, wenn kein Dritter bei ihr Ansprüche
auf das Zollpfand angemeldet hat, sie aber aus den Umständen schliessen
muss, dass die Eigentumsverhältnisse unklar sind. Trifft dies zu, so
müsste die Zollverwaltung möglicherweise mit nachträglichen Vorwürfen
von Dritten rechnen, wenn sie das Zollpfand unbesehen herausgäbe und
der wahre Eigentümer dadurch zu Schaden käme. Zur Vermeidung solcher
Zwischenfälle verlangt die Zollverwaltung bei unklarer Rechtslage
zu Recht vom Ansprecher den strikten Nachweis seines Eigentums als
Grundlage seines Herausgabeanspruchs. Ein solcher Fall liegt hier vor:
Die Beschwerdeführerin konnte nicht auf Grund des Fahrzeugausweises mit
Polizeinummer ihre Rechte am beschlagnahmten Lastwagen ohne weiteres
nachweisen; der Wagen war zur Zeit der Beschlagnahme mit einer von einem
gewissen Otto Steffen gelösten Tagesnummer versehen; die Beschwerdeführerin
muss den Beweis ihres Eigentums auf andere Weise erbringen.

    b) ... Die Vorinstanz hat zu Recht angenommen, die Beschwerdeführerin
habe ihr behauptetes Eigentum am beschlagnahmten LKW MAN Büssing nicht
nachgewiesen.

Erwägung 4

    4.- Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin war die Vorinstanz
nicht verpflichtet, sich über die Eigentumsverhältnisse von Amtes wegen
Klarheit zu verschaffen. Die Zollverwaltung kann zwar nach Art. 121 Abs.
3 ZG den beschlagnahmten Gegenstand gegen Sicherstellung freigeben. Die
Beschlagnahme muss indessen weder unterbleiben noch aufgehoben werden,
wenn Eigentums- oder Pfandrechte Dritter bestehen (Art. 138 Abs. 2 ZV). Es
ist deshalb keineswegs ersichtlich, weshalb die Zollverwaltung, wie die
Beschwerdeführerin offenbar annimmt, von Amtes wegen nach allfälligen
dinglichen Rechten forschen müsste. Die Beschwerdeführerin hatte als
Ansprecherin ihr Eigentum zu beweisen. Diesen Beweis hat sie mit den
von ihr eingelegten Verträgen nicht erbracht. Die Zollbehörden haben
bei dieser Sachlage die Freigabe des beschlagnahmten Lastwagens an
die Beschwerdeführerin zu Recht verneint. Da es der Beschwerdeführerin
jederzeit freisteht, mit weiteren Mitteln den Beweis für ihr Eigentum
am beschlagnahmten LKW zu erbringen und ein allfälliges besseres Recht
im Sinne von Art. 122 Abs. 2 ZG nachzuweisen (Art. 145 ZV), hat ihr die
Vorinstanz auch das rechtliche Gehör nicht verweigert, indem sie ihr
nicht ausdrücklich Gelegenheit zur Einreichung weiterer Beweise gab.