Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 IB 5



107 Ib 5

2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Mai
1981 i.S. X. gegen Schweizerische Eidgenossenschaft und Schweizerische
Zentrale für Handelsförderung (verwaltungsrechtliche Klage) Regeste

    Art. 3 und Art. 19 Verantwortlichkeitsgesetz.

    1. Passivlegitimation der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung
gemäss Art. 19 VG verneint (E. 1).

    2. Widerrechtlichkeit schädigender Äusserungen von Bundesbeamten
(E. 2a)?

Sachverhalt

    A.- X. wollte im Ausland eine schweizerische Industrieausstellung
veranstalten. Diese Ausstellung konnte mangels genügender
Beteiligung schweizerischer Exporteure nicht durchgeführt werden. Mit
verwaltungsrechtlicher Klage gegen die Eidgenossenschaft und die
Schweizerische Zentrale für Handelsförderung verlangt X. den Ersatz des
Schadens, der ihm aus dem Scheitern der Messe erwachsen ist. Er macht
geltend, die Messe sei infolge einer gegen ihn gerichteten Boykott-
und Verleumdungskampagne nicht zustande gekommen; namentlich hätten sich
Bundesbeamte und Organe der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung
über die von ihm organisierte Messe in kreditschädigender Weise
geäussert. Das Bundesgericht tritt auf die Klage gegen die Schweizerische
Zentrale für Handelsförderung nicht ein und weist die Klage gegen die
Eidgenossenschaft ab. Zur Passivlegitimation der Schweizerischen Zentrale
für Handelsförderung und zur Widerrechtlichkeit allfälliger schädigender
Äusserungen von Bundesbeamten führt es aus:

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Kläger hat mit der vorliegenden verwaltungsrechtlichen Klage
nicht nur die Eidgenossenschaft, sondern auch die Schweizerische Zentrale
für Handelsförderung (SZH) ins Recht gefasst. Das ist in diesem Verfahren
zulässig, sofern die SZH den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die
Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten
(Verantwortlichkeitsgesetz) vom 14. März 1958 (VG in SR 170.32) untersteht
(BGE 94 I 637 E. 1).

    Nach Art. 1 VG unterstehen den Bestimmungen dieses Gesetzes
Personen, denen die Ausübung eines öffentlichen Amtes übertragen
ist. Nach den Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes haften auch
mit öffentlichrechtlichen Aufgaben des Bundes betraute und ausserhalb
der ordentlichen Bundesverwaltung stehende Organisationen; derartige
Organisationen sind für den einem Dritten zugefügten Schaden, welchen
ihre Organe oder Angestellten in Ausübung der mit diesen Aufgaben
verbundenen Tätigkeit verursachen, primär ersatzpflichtig, während
der Bund subsidiär haftet (Art. 19 VG). Organisationen ausserhalb
der ordentlichen Bundesverwaltung unterstehen den Bestimmungen des
Verantwortlichkeitsgesetzes, wenn sie mit öffentlichrechtlichen Aufgaben
des Bundes betraut sind (vgl. KAUFMANN, Die Verantwortlichkeit der Beamten
und die Schadenersatzpflicht des Staates in Bund und Kantonen, ZSR Bd. 72,
1953, S. 267 a ff., SCHÖN, Staatshaftung als Verwaltungsrechtsschutz,
Basel 1979, S. 8, KUHN, Die vermögensrechtliche Verantwortlichkeit
des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten aufgrund des
Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958, Diss. Zürich 1971, S. 170,
vgl. auch GUENG, Die allgemeine rechtsstaatliche Entschädigungspflicht,
Zürich 1967, S. 234). Als Musterfall der Betrauung einer ausserhalb
der Bundesverwaltung stehenden Organisation mit öffentlichen Aufgaben
des Bundes hat das Bundesgericht die Übertragung der Kontrolle über
die Starkstromanlagen an das Starkstrominspektorat des Schweizerischen
Elektrotechnischen Vereins bezeichnet (BGE 94 I 638 E. 3). Anderseits
kann nicht zweifelhaft sein, dass eine ausserhalb der Bundesverwaltung
stehende Organisation nicht schon deshalb nach den Bestimmungen
des Verantwortlichkeitsgesetzes haftet, weil ihre Tätigkeit vom Bund
subventioniert wird. Das geforderte Verhalten des Subventionsempfängers
wird mit der finanziellen Staatshilfe nicht zur staatlichen Handlung
und der Status des Subventionsempfängers wird durch die Subvention
nicht verändert (vgl. RHINOW, Wesen und Begriff der Subvention in der
schweizerischen Rechtsordnung, Basel 1971, S. 224 f., KAUFMANN, aaO
S. 272 a).

    Die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung ist eine Institution,
in welcher sich Handel und Industrie mit den eidgenössischen Behörden
zusammengefunden haben, um die aussenwirtschaftlichen Beziehungen
der Schweiz zu vertiefen und zu erweitern, die Ausfuhr schweizerischer
Erzeugnisse und Dienstleistungen zu fördern und allgemein die Präsenz der
Schweiz im Ausland sichtbar zu machen (Botschaft des Bundesrates an die
Bundesversammlung über einen Beitrag an die Schweizerische Zentrale für
Handelsförderung vom 26. Februar 1975 in BBl 1975 I S. 1024). Sie ist
ein Verein im Sinne des Privatrechts und wird mit einem Bundesbeitrag
unterstützt, weil ihre Tätigkeit im allgemeinen Landesinteresse liegt
(Bundesgesetz über einen Bundesbeitrag an die Schweizerische Zentrale
für Handelsförderung vom 3. Oktober 1975, SR 946.15; vgl. auch BBl 1975
I S. 1023, 1978 II S. 1398). Der SZH sind indessen keine öffentlichen
Aufgaben des Bundes übertragen. Sie untersteht deshalb den Bestimmungen
des Verantwortlichkeitsgesetzes nicht. Auf die Klage gegen die SZH kann
nicht eingetreten werden.

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 3 VG haftet der Bund für den Schaden, den ein Beamter
einem Dritten im Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit widerrechtlich zufügt,
ohne Rücksicht auf das Verschulden des Beamten. Widerrechtlich im Sinne
dieser Bestimmung ist das Verhalten eines Beamten, wenn es gegen Gebote
oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutz des verletzten
Rechtsgutes dienen (BGE 103 Ib 68 E. 3 mit Verweisen). Widerrechtlich wären
demnach falsche Auskünfte bzw. unwahre Behauptungen von Bundesbeamten über
den Kläger bzw. die von ihm organisierte Messe, sofern dadurch der Kredit
des Klägers geschädigt worden wäre. Zwar kann der Aufgabenbereich eines
Beamten insbesondere im Gebiete der Aussenwirtschaft auch die Information
über Veranstaltungen in der Art der vom Kläger organisierten Messe
umfassen; entsprechende Auskunftbegehren Privater mögen deshalb unter
Umständen Fragen über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse von
Veranstaltern betreffen. Es kann indes nicht Aufgabe des Bundes bzw. seiner
Beamten sein, private Interessenten über die Kreditwürdigkeit privater
Veranstalter zu informieren. Entsprechende Auskünfte amtlicher Stellen
haben sich auf Angaben über Art, Ort und Datum der Veranstaltung, Name
und Adresse der Veranstalter etc. zu beschränken. Meinungsäusserungen
von Beamten über die Qualität von Veranstaltungen oder über die
Kreditwürdigkeit von Veranstaltern im Sinne von Empfehlungen oder Kritik
sind indessen grundsätzlich zur Erfüllung der entsprechenden Aufgaben des
Bundes nicht erforderlich und können, sofern sie sich als falsch erweisen,
bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Art. 3 VG die Haftung des
Bundes begründen.