Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 IB 40



107 Ib 40

10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
4. März 1981 i.S. Eheleute K. gegen Regierungsrat des Kantons Schwyz
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 20 GSchG (Fassung vor Inkrafttreten des RPG); Art. 25 AGSchV.

    Ersatzbauten sind innert nützlicher Frist nach dem Untergang des
Gebäudes zu erstellen. Im vorliegenden Fall ist keine Ersatzbaute gegeben,
da es sich um eine Baute handelt, die anstelle eines vor sechzig Jahren
abgebrannten Bauernhauses errichtet werden soll.

Sachverhalt

    A.- Die Eheleute K. beabsichtigen, auf ihrem ausserhalb des
Baugebietes und des generellen Kanalisationsprojektes liegenden
Grundstück "Imseli" ein Wohnhaus zu errichten. Die kommunalen Behörden
und der Regierungsrat des Kantons Schwyz verweigerten im Jahre 1979
die Baubewilligung gestützt auf die Gewässerschutzgesetzgebung. Die
von den Eheleuten K. erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde weist das
Bundesgericht ab. Das Bundesgericht überprüft den angefochtenen Entscheid
aufgrund der Gewässerschutzgesetzgebung in der vor dem Inkrafttreten des
Raumplanungsgesetzes, zur Zeit des Erlasses des angefochtenen Entscheides
geltenden Fassung (GSchG in AS 1972 950; AGSchV in AS 1974 1810).

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer wenden gegen die Anwendung von Art.  20 GSchG
ein, beim streitigen Bauvorhaben handle es sich um einen Wiederaufbau
und somit um eine Ersatzbaute. Sie machen unter Hinweis auf BGE 102 Ib
212 geltend, Ersatzbauten seien Umbauten gleichgestellt; nach Art. 25
AGSchV fielen diese nicht unter Art. 20 GSchG, wenn sie das Ausmass der
zu ersetzenden Baute hinsichtlich Nutzung und Grösse nicht mehr als einen
Viertel übersteigen. Demgegenüber hat der Regierungsrat das Vorliegen
einer Ersatzbaute verneint.

    Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung werden die weder im
Gewässerschutzgesetz noch in der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung
genannten Ersatzbauten den Umbauten gleichgestellt. Planerische und
gewässerschutzrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen eine analoge
Beurteilung (BGE 102 Ib 215 E. c). Die analoge Behandlung setzt indessen
voraus, dass der Wiederaufbau innert nützlicher Frist an die Hand genommen
wird. Liegt zwischen dem Wiederaufbau und der Zerstörung der Altbaute
eine grosse Zeitspanne, so rechtfertigt sich ein besitzstandsrechtlicher
Schutz nicht (MARTIN PFISTERER, Die Anwendung neuer Bauvorschriften auf
bestehende Bauten und Anlagen, insbesondere die Besitzstandsgarantie,
Diss. Bern 1979, S. 190 f.; AGVE 1975 S. 243 ff.).

    Im vorliegenden Fall ist auf dem "Imseli" im Jahre 1917 ein
landwirtschaftliches Wohnhaus abgebrannt. Es wurde damals nicht wieder
aufgebaut, und es sind heute höchstens noch gewisse Reste der Grundmauern
erkennbar. Bei dieser grossen Zeitspanne kann das Bauvorhaben, für das
die Beschwerdeführer am 9. Dezember 1977 ihr Baugesuch stellten, nicht
als Ersatzbaute betrachtet werden. Nach dem Gewässerschutzgesetz wäre eine
Anerkennung des Bauprojekts - unabhängig von der Frage eines Wiederaufbaus
- allenfalls dann in Frage gekommen, wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens
des Gesetzes, am 1. Juli 1972, bereits eine rechtskräftige Baubewilligung
vorgelegen hätte (PFISTERER, aaO, S. 151 f.). Das war hier nicht der
Fall. Die Frage, ob nach dem Gewässerschutzgesetz eine Zerstörung des
Gebäudes im Hinblick auf einen Wiederaufbau noch länger zurück als gut
fünf Jahre vor dem Baugesuch vom 5. Dezember 1977 berücksichtigt werden
müsste, kann offen bleiben. Denn eine solche Berücksichtigung scheidet
schon nach dem kantonalen Baurecht aus: Das sogenannte Recht der alten
Bauten ist gemäss § 49 Abs. 1 Baugesetz vom 30. April 1970 (BauG) auf
fünf Jahre seit Zerstörung oder Abbruch der Baute befristet, sodass das
Wiederaufbaurecht spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Baugesetzes
(27. September 1970), nämlich im Herbst 1975 dahingefallen wäre.

    Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, beim geplanten Bauvorhaben
handle es sich nicht um einen neuen Landwirtschaftsbetrieb, sondern um
die Reaktivierung eines "uralten". Mit dieser Argumentation anerkennen
sie, dass ein Unterbruch stattgefunden hat. In der Tat ist seit dem
Brand des Hauses im Jahre 1917 der Landwirtschaftsbetrieb auf dem
"Imseli" eingestellt worden. Seit dem Erwerb des Grundstücks im Jahre
1971 halten die Beschwerdeführer auf dem Land, auf dessen oberem Teil
ein Viehstall mit Heulagerraum steht, 20-30 Schafe und Ziegen. Daneben
bestehen Obstkulturen. Grossvieh soll nicht gehalten werden. Es
kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei dem gegenwärtigen und
künftig beabsichtigten Landwirtschaftsbetrieb gegenüber dem im Jahre
1917 aufgegebenen um einen neuen Betrieb im Sinne der Rechtsprechung
handelt. Die strengen Anforderungen, die gemäss BGE 103 Ib 110 an
die Struktur eines neuen Betriebes gestellt werden, sind also auch im
vorliegenden Fall voll anwendbar.

    Unter diesen Umständen kann nicht von einer Ersatzbaute gesprochen
werden. Das Bauprojekt der Beschwerdeführer ist als Neubaute zu
betrachten, auf die Art. 20 GSchG Anwendung findet und deren Bewilligung
an den Nachweis eines sachlich begründeten Bedürfnisses geknüpft ist.