Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 IB 112



107 Ib 112

23. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 1. Juli 1981 i.S. Schweiz. Stiftung für Landschaftsschutz und
Landschaftspflege, Theiler und Eigensatz gegen Gemeinde Stansstad,
Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 12 NHG und Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG; Legitimation zu kantonalem
Rechtsmittel.

    Die Erfüllung der Planungspflicht nach den Anforderungen des RPG
stellt nicht die Erfüllung einer Bundesaufgabe gemäss Art. 2 NHG dar,
weshalb eine nach Art. 12 NHG zur eidg. Verwaltungsgerichtsbeschwerde
befugte Vereinigung nicht aufgrund von Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG zur
kantonalrechtlichen Beschwerdeführung gegen auf das RPG gestützte
Verfügungen und Nutzungspläne zugelassen werden muss. Der gemäss
Art. 33 Abs. 3 RPG gewährleistete Rechtsschutz bezieht sich ferner nur
auf Nutzungspläne, die unter der Herrschaft des RPG öffentlich aufgelegt
wurden (Art. 33 Abs. 1 RPG).

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Zur staatsrechtlichen Beschwerde sind die Beschwerdeführer gemäss
Art. 88 OG befugt, soweit sie geltend machen, das Verwaltungsgericht
habe in willkürlicher, gegen Art. 4 BV verstossender Weise ihre
Beschwerdebefugnis verneint. Träfe dies zu, so bedeutete der angefochtene
Nichteintretensentscheid eine formelle Rechtsverweigerung. Soweit die
Beschwerdeführer darüber hinaus eine Verletzung der Art. 24sexies und
septies BV geltend machen, ist auf ihre Beschwerden nicht einzutreten,
da diese beiden Verfassungsbestimmungen Kompetenznormen darstellen,
die den Beschwerdeführern keine verfassungsmässigen Rechte gewähren.

    a) Das Verwaltungsgericht sprach der Schweiz. Stiftung für
Landschaftsschutz und Landschaftspflege (SL) die Legitimation in erster
Linie deswegen ab, weil sie sich am vorinstanzlichen Verfahren nicht
beteiligt habe und nach kantonalem Verfahrensrecht keinen Anspruch
auf Nebenintervention besitze. Mit dieser Hauptbegründung setzt sich
die SL vor Bundesgericht entgegen der Anforderung von Art. 90 Abs. 1
lit. b OG in keiner Weise auseinander; insbesondere tut sie nicht
dar, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts unhaltbar wäre. Der
staatsrechtlichen Beschwerde der SL kann daher schon aus diesem Grunde
kein Erfolg beschieden sein. Im weiteren hält die von der SL einzig
beanstandete Eventualbegründung des Verwaltungsgerichts, wonach die SL
auch grundsätzlich zur kantonalen Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
befugt wäre, einer Überprüfung stand:

    Die SL beruft sich zur Begründung ihrer Legitimation im kantonalen
Verfahren auf ihren statutarischen Zweck sowie auf Art. 12 NHG in
Verbindung mit Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG. Dass die SL eine Vereinigung
im Sinne des Art. 12 Abs. 1 NHG ist, hat das Bundesgericht anerkannt
(BGE 98 Ib 494 E. 1a). Doch bezieht sich das Beschwerderecht, wie das
Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, auf die in Art. 12 NHG genannten
bundesrechtlichen Rechtsmittel, nicht auf die nach kantonalem Recht
gegebenen Beschwerdemöglichkeiten. Zudem bezieht sich die Legitimation der
gesamtschweizerischen Vereinigungen nur auf Verfügungen, die in Erfüllung
von Bundesaufgaben ergehen und bei denen gemäss den Art. 2 ff. NHG die
Interessen des Natur- und Heimatschutzes zu wahren sind (BGE 100 Ib
450 E. 3b und c; 104 Ib 383 E. 3a; Urteil WWF vom 29. September 1978,
ZBl 80/1979 S 27 E. 2b). Die SL beruft sich indessen auf die Ziele und
Planungsgrundsätze des am 1. Januar 1980 in Kraft getretenen eidg. RPG. Die
Beachtung dieser Grundsätze wird nach ihrer Auffassung nur ermöglicht,
wenn die kantonalen Behörden einschliesslich der Verwaltungsgerichte
auf Beschwerden der gesamtschweizerischen Vereinigungen eintreten
müssten. Die Raumplanung im Sinne der Richt- und Nutzungsplanung bleibt
indessen eigenständige Aufgabe der Kantone, auch wenn diese die Ziele und
Planungsgrundsätze des RPG zu beachten haben (Art. 22quater Abs. 1 BV;
Art. 2, 6 ff. und 14 ff. RPG). Die Erfüllung der Planungspflicht nach den
Anforderungen des RPG stellt ebensowenig die Erfüllung einer Bundesaufgabe
im Sinne des ersten Abschnittes des NHG dar wie die frühere Anwendung
des BMR (BGE 104 Ib 383 E. 2b, mit Verweisung). Der bundesrechtliche
Rechtsschutz des Art. 34 RPG bestätigt dieses Ergebnis. Danach ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht nur zulässig gegen
Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Entschädigungen als Folge
von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5) und über Bewilligungen im Sinne von
Art. 24 RPG. Gegenüber anderen Entscheiden letzter kantonaler Instanzen
bleibt nur die staatsrechtliche Beschwerde vorbehalten (Art. 34 Abs. 3
RPG).

    Der SL vermag daher die Berufung auf Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG,
wonach das kantonale Recht die Legitimation zur Beschwerdeführung gegen
Verfügungen und Nutzungspläne, die sich auf das RPG stützen, mindestens
im gleichen Umfange wie für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht zu gewährleisten hat, nicht zu helfen, obschon diese
Vorschrift ebenfalls für Entscheide gilt, die nur mit staatsrechtlicher
Beschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden können (FRITZ GYGI,
Der Rechtsschutz, in: Das BG über die Raumplanung, Berner Tage für die
juristische Praxis 1980, S. 69). Die Genehmigung des Gestaltungsplanes
Hostatt/Mettlen gestützt auf das einschlägige Recht des Kantons und
der Gemeinde stellt, auch wenn dieser Plan begrifflich als Nutzungsplan
im Sinne des Art. 14 RPG zu bezeichnen ist, nicht die Erfüllung einer
Bundesaufgabe gemäss dem 1. Titel des NHG dar.

    Abgesehen hievon erfolgten die Genehmigung des
Gestaltungsplanes und dessen Anfechtung durch die SL mit kantonaler
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, als das Raumplanungsgesetz noch
nicht in Kraft stand. Die bundesrechtlichen Mindestvorschriften
für den Rechtsschutz, den das kantonale Recht zu gewährleisten hat,
gelten für Nutzungspläne, welche gemäss Art. 33 Abs. 1 RPG öffentlich
aufgelegt werden müssen. Sie gelten somit lediglich für die unter der
Herrschaft des Gesetzes aufgelegten Pläne, nicht jedoch für Pläne, deren
Festsetzung sich ausschliesslich nach kantonalem Recht richtete. Die
Regel, wonach es genügt, dass die Prozessvoraussetzungen, zu denen die
Rechtsmittellegitimation zählt, im Zeitpunkt des Urteils erfüllt sind
(FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, S. 62 Ziff. 4), kommt aus
diesem Grunde entgegen der Auffassung des Bundesamtes für Raumplanung
nicht zum Zuge.

    Die Beschwerde der SL erweist sich somit unter allen Gesichtspunkten
als unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ihre Legitimation
verneint. Dass ihr das kantonale Recht entgegen der Auffassung des
Gerichts die Legitimation zur Anfechtung von Gestaltungsplänen einräumen
würde, macht sie mit Grund nicht geltend.