Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 107 IA 102



107 Ia 102

19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. August 1981 i.S. S.
gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Basel-Landschaft
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 BV. Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Rechtsnatur.
Rechtliches Gehör.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Das Wiederaufnahmeverfahren ist kein ordentliches Sachverfahren,
sondern ein sog. Bewilligungsverfahren, in welchem das Gericht lediglich
darüber zu befinden hat, ob das Gesuch in formeller und materieller
Beziehung begründet sei (CLERC, De la procédure en matière de revision,
ZStR 1946, Festgabe Hafter, S. 238 ff.; GERSPACH, Die Wiederaufnahme
des Verfahrens im aarg. Strafprozess, Diss. Zürich 1973, S. 144; HAUSER,
Kurzlehrbuch des schweiz. Strafprozessrechtes, S. 269 ff.). Es ist also
nicht eine von Amtes wegen eingeleitete Prozedur, sondern ein Verfahren,
das durch das Gesuch des Verurteilten (bzw. einer anderen Partei; s. §
170 und 171 BL/StPO) eingeleitet wird, der denn auch die neuen Tatsachen
und Beweismittel angeben und begründen muss, weswegen diese das Sachurteil
als ein Fehlurteil erscheinen lassen. Dem entspricht die Regelung in §
172 BL/StPO. Verweist aber der Gesuchsteller zur Begründung auf Akten aus
einem anderen Verfahren, deren Edition er verlangt, kann grundsätzlich
davon ausgegangen werden, dass er deren Inhalt kennt. Es muss ihm deshalb
nicht noch Gelegenheit gegeben werden, zu den in den edierten Akten
enthaltenen Tatsachen Stellung zu nehmen, nachdem er diese bereits selber
angerufen hat. Anders wäre es nur, wenn der Gesuchsteller ausdrücklich
darauf hingewiesen hätte, dass er von den angeführten Tatsachen bloss
vermutungsweise Kenntnis habe, und er eine nachträgliche Stellungnahme
verlangt hätte. Dass dem so gewesen sei, behauptet der Beschwerdeführer
nicht. War er aber mit seinem begründeten Gesuch zu Wort gekommen, dann
entsprach es dem Grundsatz der Waffengleichheit, die Staatsanwaltschaft
als Anklagebehörde anzuhören. Die Bestimmung des § 173 BL/StPO, die
dies vorschreibt, verstösst deshalb in keiner Weise gegen Art. 4 BV,
wie der Beschwerdeführer behauptet. Auch ist nicht ersichtlich, warum das
Obergericht das Gesuch nur nach öffentlichen Verhandlungen hätte abweisen
dürfen. Eine solche Pflicht ergab sich nicht aus Art. 4 BV.