Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 V 91



106 V 91

22. Urteil vom 23. Juni 1980 i.S. Cicero gegen Ausgleichskasse des Kantons
Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Regeste

    Art. 128 OG und 5 VwVG. Bei einer Leistungsverfügung ist der Entscheid
über die Frage, ob einem Versicherten die halbe Rente als ordentliche
oder als Härtefall-Rente gewährt wird, nicht Gegenstand des Dispositivs.
Verlangt der Versicherte keine Abänderung des Dispositivs, ist zu prüfen,
ob er ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Feststellung
hinsichtlich des angefochtenen Verfügungsbestandteils hat.

    Art. 28 Abs. 1 und 41 IVG. Bei Wegfall der Härtefall-Rente hat der
Versicherte grundsätzlich Anspruch auf Überprüfung der Frage, ob ihm
die halbe Rente nicht unter der normalen Voraussetzung einer mindestens
hälftigen Invalidität zusteht.

Sachverhalt

    A.- Der 1937 geborene italienische Staatsangehörige Gaetano Cicero
leidet an den Folgen einer im Kindesalter durchgemachten Kinderlähmung
und eines im Jahre 1974 erlittenen Unfalls. Mit Verfügung vom 29. Januar
1977 sprach ihm die Ausgleichskasse des Kantons Zürich eine halbe
Invalidenrente zu. Anlässlich einer revisionsweisen Überprüfung
vom 4. November 1977 wurde dieser Rentenanspruch bestätigt. Nach einer
weiteren Revision stellte die Invalidenversicherungs-Kommission fest, dass
der Invaliditätsgrad lediglich noch 45% betrage. Die Kasse hob daher mit
Verfügung vom 4. September 1978 die Rente auf den 30. September 1978 auf.
Zur Begründung führte sie insbesondere an, die halbe Invalidenrente
könne nur weitergewährt werden, wenn es sich um einen Härtefall handle,
was zur Zeit geprüft werde.

    B.- Gegen diese Verfügung liess Gaetano Cicero Beschwerde bei
der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich erheben und die weitere
Ausrichtung der halben Rente beantragen. Mit Verfügung vom 31. Januar
1979 gewährte die Kasse mit Wirkung ab 1. Oktober 1978 die halbe Rente
als Härtefall-Rente. Gaetano Cicero hielt trotzdem an der Beschwerde
fest. Die Rekurskommission bestätigte im Entscheid vom 5. Juni 1979 die
Kassenverfügungen vom 4. September 1978 und vom 31. Januar 1979 und wies
die Beschwerde ab.

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert Gaetano Cicero das
Begehren, es sei ihm in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der
Verfügung vom 31. Januar 1979 eine ordentliche halbe Rente auszurichten.

    Während die Ausgleichskasse auf eine Stellungnahme verzichtet,
beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Bei einer Verfügung über Versicherungsleistungen bildet
grundsätzlich einzig die Leistung Gegenstand des Dispositivs. Die
Beantwortung der Frage, welcher Invaliditätsgrad der Rentenzusprechung
zugrundegelegt wurde, dient demgegenüber in der Regel lediglich der
Begründung der Leistungsverfügung. Sie könnte nur dann zum Dispositiv
gehören, wenn und insoweit sie Gegenstand einer Feststellungsverfügung
ist. Da in jedem Fall nur das Dispositiv anfechtbar ist, muss bei
Anfechtung der Motive einer Leistungsverfügung im Einzelfall geprüft
werden, ob damit nicht sinngemäss die Abänderung des Dispositivs beantragt
wird. Sodann ist zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer allenfalls ein
schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Feststellung hinsichtlich des
angefochtenen Verfügungsbestandteils hat (BGE 102 V 150).

Erwägung 2

    2.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der
Beschwerdeführer nicht die Ausrichtung einer ganzen Rente, sondern er
möchte lediglich erreichen, dass ihm die halbe Rente als ordentliche
anstatt als Härtefall-Rente zugesprochen wird.

    Da es sich bei der hier zu beurteilenden Verfügung vom 31. Januar
1979 klarerweise um eine Leistungsverfügung handelt und im Begehren des
Beschwerdeführers auch kein Antrag auf Abänderung des Dispositivs erblickt
werden kann, ist nach dem Gesagten nur zu prüfen, ob der Beschwerdeführer
an der sofortigen Feststellung seines Begehrens ein schutzwürdiges
Interesse hat.

    Ein solches würde bestehen, wenn der Beschwerdeführer die
Voraussetzungen für den Härtefall in Kürze nicht mehr erfüllen oder wenn
er beabsichtigen würde, demnächst die Schweiz zu verlassen. Da keine
dieser Möglichkeiten zur Zeit aktuell ist, fehlt es an dem verlangten
Rechtsschutzinteresse. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher
nicht einzutreten.

    Es kann jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Beschwerdeführer bei
Aufhebung der halben Rente zufolge Wegfalls der finanziellen Härte oder
zufolge Wegzugs aus der Schweiz Anspruch auf Überprüfung der Frage hat,
ob ihm die halbe Rente nicht auch unter der normalen Voraussetzung einer
mindestens hälftigen Invalidität zu gewähren ist. Sollte dannzumal diese
Frage verneint werden, hat er die Möglichkeit, die Aufhebungsverfügung
mit dieser Begründung anzufechten.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.