Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IV 403



106 IV 403

98. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. September
1980 i.S. V. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 29, 93 Ziff. 2 SVG; Probefahrten.

    Automechaniker dürfen mit defekten oder soeben reparierten Autos,
auch nicht voll verkehrstauglichen, kurze Probefahrten zur Überprüfung
anders nicht kontrollierbarer Funktionen unternehmen. Voraussetzung
ist untergeordnete Natur der möglichen Defekte und Ausschluss jeder
Unfallgefahr durch entsprechende Vorsichtsmassnahmen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Nach den Feststellungen der Vorinstanz, die im kantonalen
Nichtigkeitsverfahren bestätigt wurden, handelt es sich bei der behaupteten
Probefahrt des Beschwerdeführers um eine reine Schutzbehauptung, d.h. um
eine Unwahrheit.

    In Wirklichkeit nahm der Beschwerdeführer von den auf dem
Garagenvorplatz abgestellten alten Wagen den vordersten, montierte die
Händlerschilder und fuhr weg, um ein in Panne geratenes Kundenfahrzeug
von St. Gallen nach Neftenbach zu schleppen. Es bedarf keiner näheren
Begründung, dass eine solche Fahrt nicht als Probefahrt einzustufen
ist. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände
werden damit hinfällig.

Erwägung 4

    4.- Selbst wenn es sich um eine Probefahrt gehandelt hätte, könnte
von einer Verletzung von Bundesrecht keine Rede sein. Zwar wird einem
Automechaniker zuzubilligen sein, mit defekten oder soeben reparierten
Autos Fahrten zu unternehmen, um auf diese Weise gewisse Funktionen,
die sich nicht anders kontrollieren lassen, zu überprüfen. Das wird auch
dann zulässig sein müssen, wenn anzunehmen ist, dass beim Fahrzeug keine
volle Verkehrstauglichkeit besteht.

    Voraussetzung für solche Probefahrten ist jedoch stets, dass die Fahrt
nicht zu einer Verkehrsgefährdung führt. Erforderlich ist m.a.W., dass
die möglichen Defekte untergeordneter Natur sind und durch entsprechende
Vorsichtsmassnahmen (z.B. besonders langsames Fahren, Benützen einer
einsamen Strasse, Warnen durch Begleitfahrzeuge usw.), soweit ausgeglichen
werden können, dass sie keine Unfallgefahr darstellen.

    Ist jedoch ein Fahrzeug verkehrsuntauglich oder bedarf es
zur Abklärung des Defektes keiner Probefahrt, so ist eine solche
unzulässig. Beides trifft vorliegend zu. Durchgerostete wesentliche Teile
der Trägerkonstruktion können erfahrungsgemäss jederzeit zu einem Unfall
führen. Nach den beiden Experten waren diese Mängel ohne Probefahrt
sofort erkennbar. Eine Bremse, bei der ein Rad ungebremst bleibt, ist
gefährlich und der Defekt in der Garage oder auf einem Garagenvorplatz
feststellbar. Eine Probefahrt von ca. 140 km war bei dieser Sachlage unter
keinen Umständen zu rechtfertigen. Die Bestrafung des Beschwerdeführers
erfolgte daher zurecht.