Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IV 246



106 IV 246

64. Urteil des Kassationshofes vom 8. Mai 1980 i.S. Sch. gegen
Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 133 StGB.

    1. Der Begriff des "Beteiligten" im Sinne dieser Bestimmung ist weit
zu fassen. Raufhandel liegt aber nur vor, wenn mindestens drei Beteiligte
sich wechselseitig bekämpfen.

    2. Auch der Beteiligte, der vor Erfüllung der objektiven
Strafbarkeitsbedingung ausscheidet, kann gemäss Art. 133 StGB bestraft
werden.

    3. Die objektive Strafbarkeitsbedingung braucht sich nicht während
des Raufhandels zu erfüllen. Es genügt, wenn die Verletzung durch
Gewalttätigkeiten verursacht wird, welche der durch den unmittelbar
vorausgegangenen Raufhandel angeheizten Streitlust und der durch ihn
angesammelten Gemütserregung entspringen.

Sachverhalt

    A.- Am 8. November 1978 sprach der Gerichtspräsident von Trachselwald
A. B., die beiden Brüder F. F. und J. F. und Sch. der Beteiligung an einem
Raufhandel schuldig, begangen am 7. Januar 1977 in der Käserei X. in der
Gemeinde Huttwil, und verurteilte sie zu bedingten Gefängnisstrafen.

    B.- Auf Appellation der Verurteilten und des Generalprokurators sprach
die II. Strafkammer des Kantons Bern am 30. Oktober 1979 A. B. von
der Anklage der Beteiligung an einem Raufhandel und der einfachen
Körperverletzung frei. Dagegen sprach sie F. F. und J. F. sowie Sch. der
Beteiligung an einem Raufhandel schuldig; J. F. wurde zusätzlich der
einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Werkzeug zum Nachteil des
A. B., Sch. der einfachen Körperverletzung zum Nachteil des J. F. schuldig
gesprochen. Allen Verurteilten wurden bedingte Gefängnisstrafen (Sch. 20
Tage) auferlegt.

    C.- Gegen dieses Urteil hat Sch. Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht. Er
beantragt Aufhebung des Entscheides und Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zu seiner Freisprechung, eventuell zu neuer Beurteilung.

    Der Generalprokurator beantragt in seiner Vernehmlassung Abweisung
der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Am Sonntag, den 9. Januar 1977, gegen 19.00 Uhr, kam es vor
und in der Käserei X., Gemeinde Huttwil, zu einer handgreiflichen
Auseinandersetzung zwischen Bauern, die um diese Zeit Milch ablieferten.
Ausgangspunkt bildete ein Wortgefecht zwischen J. F. und H.-R. B. im
Käsereigebäude über ein Wegrecht. In diese Auseinandersetzung griff Sch.,
Präsident der Käsereigenossenschaft X., mit dem Vorwurf an J. F. ein, er
und sein Bruder F. F. würden über ihn Gerüchte verbreiten. J. F. wollte
sich nicht weiter auf Streitereien einlassen, ergriff daher seine beiden
Milchkannen mit der einen, zwei Stück Käse mit der andern Hand und schickte
sich an, zu gehen. Zwar versperrte ihm H.-R. B. zuerst den Weg; es gelang
J. F. dennoch, an H.-R. B. vorbei auf die Rampe zu treten. In diesem
Moment versetzte ihm Sch. einen Fusstritt. Daraufhin stellte J. F. draussen
die Kannen ab, zog die freie Hand auf und warnte Sch., der ihm gefolgt war:
"Alfeli, jetz isch de gnue." Doch Sch. wurde gegen J. F., welcher immer
noch den Käse in der Hand hielt, erneut tätlich, indem er ihn über die
Rampe in den zweirädrigen Karren des F. stiess. J. F. "rappelte" sich
auf, ergriff den im Peitschenfutteral befindlichen Haselstecken und griff
damit Sch. an. Sch. wehrte ihn mit einem erneuten Stoss über die Rampe ab,
wobei J. F. diesmal auf das 87 cm tiefer liegende Strässchen fiel.

    Nach diesem zweiten Sturz gingen J. F. und sein Bruder, der bis dahin
in einer Entfernung von 50-100 m einem andern geholfen hatte, ein im Schnee
steckengebliebenes Auto flott zu machen und der den Sturz seines Bruders
beobachtet hatte, gemeinsam auf Sch. los; sie konnten ihn in der Käserei
"zu Boden machen". H.-R. B. suchte die Streitenden zu scheiden. Jetzt
tauchte A. B. in der Käserei auf und rief den Kämpfenden zu: "Höret sofort
uf, dir Pranzcheibe!" F. F. "stichelte" mit dem Stecken gegen A. B., der
lediglich abwehrte. Hierauf ergriff J. F. den Milchkannendeckel und warf
ihn A. B. an den Kopf. Damit fand die tätliche Auseinandersetzung ein Ende.

    A. B. erlitt vom Wurf des Kannendeckels zwei 28 bzw. 35 mm lange,
bis auf den Knochen reichende Stirnwunden und in deren Umgebung sowie
am Nasenrücken Quetschungen. Bei J. F. stellte der Arzt eine Prellung
im Bereich der linken Schläfe, eine druckschmerzhafte Schulter mit
Schmerzhemmung und Einschränkung des Bewegungsumfanges, eine Prellung
der unteren Lendenwirbelsäule sowie des Brustkorbes fest, was seine
Arbeitsfähigkeit einige Zeit beschränkte. Die Prellungen am Kopf von
F. F. und die Quetschung und Blutung des Sch. hat die Vorinstanz als
blosse Tätlichkeiten gewertet, deren Verfolgung verjährt ist.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Verletzungen des
J. F. als einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1
StGB zu werten sind. Er macht aber geltend, er habe in Notwehr gehandelt.

    a) Die Vorinstanz gelangte aufgrund ihrer Beweiswürdigung und in
Anwendung der Regel "in dubio pro reo" zum Schluss, die Verletzungen des
J. F. seien die Folge von dessen Sturz auf das Strässchen. Anders als
beim ersten Stoss (in den zweirädrigen Karren) befand sich Sch. beim
zweiten Stoss (auf das Strässchen) nach Auffassung des Obergerichts
in einer Notwehrsituation, da er von J. F. mit einem Haselstecken
angegriffen wurde. Ob sich Sch. bereits bei seinem ersten Stoss in einer
Notwehrsituation befunden habe, wie in der Beschwerde ausgeführt wird,
braucht hier nicht untersucht zu werden, da der erste Stoss nach den
für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz keine
Verletzungen zur Folge hatte, Sch. mit diesem ersten Stoss mithin den
Tatbestand von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB nicht erfüllt hat.

    b) Der Haselstecken, mit dem J. F. nach seinem ersten Sturz den
Beschwerdeführer angriff, zerbrach beim ersten Schlag. Die Behauptung
von Sch., J. F. habe mehrmals mit dem Haselstecken auf ihn eingeschlagen,
steht in Widerspruch zu dieser verbindlichen Feststellung und ist daher
unzulässig. Ohne Bundesrecht zu verletzen durfte die Vorinstanz annehmen,
Sch. habe dadurch, dass er den nicht mehr bewaffneten F. auf diesen einen
Schlag hin von der Rampe auf das 87 cm tiefer gelegene gepflasterte
Strässchen hinunterstiess, die Grenzen der Notwehr überschritten. Der
Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm nur darum gegangen, sich
J. F. vom Leib zu halten, nicht aber darum, ihn auf die Strasse zu werfen,
ist unbehelflich. Dadurch, dass das Obergericht Sch. wegen dieses Stosses
der einfachen Körperverletzung schuldig erklärte, brachte es klar zum
Ausdruck, dass Sch. den Sturz des J. F. auf die gepflasterte Strasse
und dessen Folgen zumindest in Kauf nahm. Diese sinngemäss getroffene
Feststellung ist tatsächlicher Natur und kann daher mit der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten werden.

    c) Der Beschwerdeführer meint im weiteren, die Vorinstanz hätte
selbst dann Bundesrecht verletzt, wenn man mit ihr das Vorliegen eines
Notwehrexzesses bejahte. Es wird zwar mit Recht nicht geltend gemacht,
Sch. habe die Grenzen der Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder
Bestürzung über den Angriff überschritten und müsse aus diesem Grunde
straflos bleiben (Art. 33 Abs. 2 Satz 2 StGB). Der Beschwerdeführer
behauptet aber, die Vorinstanz habe es trotz Annahme eines Notwehrexzesses
unterlassen, die Strafe gemäss Art. 33 Abs. 2 Satz 1 StGB nach freiem
Ermessen zu mildern. Der Einwand ist unbegründet. Das Obergericht hat,
wie aus dem Dispositiv seines Urteils ersichtlich ist, ausdrücklich
auch Art. 33 Abs. 2 Satz 1 StGB angewandt. Es war bundesrechtlich
nicht verpflichtet, im Urteil anzugeben, in welchem Masse es diesen
Strafmilderungsgrund berücksichtigt hat. Dass die bedingte Gefängnisstrafe
von 20 Tagen willkürlich, d.h. unvertretbar hart sei, behauptet der
Beschwerdeführer zu Recht selber nicht.

    d) Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher abzuweisen, soweit mit ihr die
Verurteilung des Sch. wegen einfacher Körperverletzung angefochten wird.

Erwägung 3

    3.- a) Sch. ficht auch seine Verurteilung wegen Beteiligung an einem
Raufhandel an. Er macht geltend, es seien zu keinem Zeitpunkt mindestens
drei Personen an der tätlichen Auseinandersetzung in strafrechtlich
relevanter Weise beteiligt gewesen. An dem nach dem strafrechtlich
bedeutungslosen Wortgefecht entbrannten Handgemenge ausserhalb des
Käsereigebäudes hätten lediglich Sch. und J. F. teilgenommen. H.-R. B. habe
keine Anstalten getroffen, in diesen Streit einzugreifen, und F. F. sei
zu diesem Zeitpunkt in einer Entfernung von rund 150 m damit beschäftigt
gewesen, den Personenwagen eines gewissen G. aus dem Schnee zu schaufeln.

    Auch an dem sich daran anschliessenden Streit in der Käserei seien
nicht drei Personen im Sinne von Art. 133 StGB beteiligt gewesen. Sch. sei
von J. F. und F. F. ergriffen, zu Boden geworfen und am Boden festgehalten
worden. Dabei habe sich Sch. völlig passiv verhalten; er habe nicht
einmal abwehren könne, sondern er habe sich, als 60jähriger Mann, der
Übermacht der Gebrüder F. ohne Widerstand beugen müssen. Von keiner Seite
werde behauptet und auch die Vorinstanz stelle nicht fest, dass Sch. als
Reaktion auf den Überfall durch die Gebrüder F. irgendwie tätlich geworden
sei. Er wäre dazu auch gar nicht mehr fähig gewesen.

    b) Wer sich an einem Raufhandel beteiligt, der den Tod oder eine
Körperverletzung eines Beteiligten zur Folge hat, wird wegen dieser
Beteiligung mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, sofern er nicht bloss
abwehrt oder die Streitenden scheidet (Art. 133 StGB).

    Als Raufhandel gilt die tätliche Auseinandersetzung, an der mindestens
drei Personen aktiv teilnehmen (BGE 71 IV 180). Ein Streit zwischen zwei
Personen wird zum Raufhandel, wenn ein Dritter tätlich eingreift.

    Die Auseinandersetzung zwischen Sch. und J. F. vor dem Käsereigebäude,
in deren Verlauf J. F. von der Rampe auf das Strässchen stürzte, wodurch
er verschiedene Verletzungen erlitt, war demnach kein Raufhandel im Sinne
von Art. 133 StGB. Dass Sch. in diesem Zeitpunkt mit dem Eingreifen eines
Dritten, etwa des H.-R. B. rechnete oder dies gar wollte, ist entgegen der
Auffassung des Generalprokurators unerheblich, umsomehr, als nirgendwo
festgestellt wird, Sch. habe einen Dritten in irgendeiner Form zum
tätlichen Mitmachen aufgefordert. Was Sch. wollte oder in Kauf nahm,
ist ohne Bedeutung, solange nicht tatsächlich ein Dritter in rechtlich
relevanter Weise an der tätlichen Auseinandersetzung zwischen Sch. und
J. F. teilnahm.

    Als sich der Streit in das Innere des Käsereigebäudes verlagerte,
nahm auch F. F. auf der Seite seines Bruders J. F. daran aktiv teil. Dass
Sch. dieses Eingreifen von F. F. auf der Gegenseite kaum gelegen gekommen
sein mag, ändert nichts an der Tatsache, dass er mit der - übrigens von
Anbeginn voraussehbaren - Beteiligung von mehr als zwei Personen an der
tätlichen Auseinandersetzung einverstanden war. Das genügt zur Erfüllung
des subjektiven Tatbestandes. Der Vorsatz des Täters braucht sich nicht
darauf zu beziehen, dass eine bestimmte Person in einer bestimmten Funktion
in den Kampf tätlich eingreift, sondern lediglich darauf, dass mehr als
zwei Personen am Streit aktiv teilnehmen.

    c) Der in der Beschwerde erhobene Einwand, Sch. habe sich gegenüber
den Angriffen der Gebrüder F. in der Käserei völlig passiv verhalten
und sich bloss zu schützen gesucht, ohne selber auch nur einen einzigen
Schlag auszuteilen, weshalb er nach der Rechtsprechung (BGE 70 IV 126,
94 IV 106) nicht als Beteiligter qualifiziert werden könne, steht im
Widerspruch zu den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz. Danach gelang es zwar den Gebrüdern F., Sch. in der Käserei
"zu Boden zu machen"; diesem "Sieg" der Gebrüder F. ging indessen ein -
wenn auch kurzer - Kampf mit Sch. voraus, was sich schon daraus ergibt,
dass nach dem angefochtenen Urteil Zunächst H.-R. B. und in der
Folge namentlich A. B. in die Auseinandersetzung F./Sch. schlichtend
eingriffen. Dieser Kampf erfüllt die Voraussetzungen eines Raufhandels.

    d) Der nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts
handgreifliche Schlichtungsversuch von A. B. hatte zur Folge, dass sich die
Brüder F. nun diesem zuwandten; F. F. "stichelte" mit einem Stecken gegen
A. B. und schliesslich warf J. F. dem A. B. einen Milchkannendeckel an den
Kopf. Die bis auf die Knochen reichenden Stirnwunden, die A. B. dadurch
erlitt, qualifizierte die Vorinstanz als im Raufhandel verursachte
Körperverletzung eines Beteiligten. In der Beschwerde wird dazu nicht
Stellung genommen.

    Wie das Obergericht zutreffend erkannt hat, ist es unerheblich,
dass Sch. im Zeitpunkt, als A. B. verletzt wurde, "bereits mehr oder
weniger ausser Gefecht" gesetzt war. Auch der am Raufhandel Beteiligte,
der vor Erfüllung der objektiven Strafbarkeitsbedingung ausscheidet, ist
gemäss Art. 133 StGB zu bestrafen, da "seine bisherige Mitwirkung... die
Streitfreudigkeit der Beteiligten gesteigert" hat, so dass "die dadurch
erhöhte Gefährlichkeit der Schlägerei regelmässig auch über die Dauer
der Beteiligung einzelner hinaus" fortwirkt. (BGHSt 14, 135, zitiert in
STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, BT, 2. Aufl., Bd. 1, S. 77).

    e) Die Vorinstanz hält dafür, dass auch nach dem Ausscheiden
von Sch. der Raufhandel fortdauerte, und zwar bis zur Verletzung des
A. B. Neben den Gebrüdern F. seien auch der vermittelnde H.-R. B. sowie
insbesondere der schlichtende und in der Folge den Angriffen der Gebrüder
F. ausgesetzte A. B. "Beteiligte" im Sinne des Gesetzes gewesen.

    Indem das Gesetz den bloss Abwehrenden für straflos erklärt, geht
es davon aus, dass auch der Abwehrende an sich "Beteiligter" im Sinne
von Art. 133 StGB ist. Das bedeutet indessen nicht, dass immer dann ein
Raufhandel vorliegt, wenn mindestens drei Personen in irgendeiner Form an
einer Auseinandersetzung im erwähnten weiten Sinne des Gesetzes "beteiligt"
sind. Der Raufhandel setzt vielmehr bestimmte Beteiligungsformen
voraus. Über die zur Bejahung eines Raufhandels erforderliche Art der
Beteiligung sagt das Gesetz nichts. Nach der Rechtsprechung (BGE 94 IV 106,
70 IV 126) ist Raufhandel nur anzunehmen, wenn mindestens drei Personen
sich wechselseitig bekämpfen. Daran ist festzuhalten.

    Diese Voraussetzung war hier nach dem Ausscheiden von Sch. nicht mehr
erfüllt. A. B. hat sich darauf beschränkt, die Angriffe der Gebrüder F.
abzuwehren, Ohne seinerseits, und sei es auch nur zum Zwecke der Abwehr,
Schläge etc. auszuteilen, d.h. zu kämpfen. Seine Verteidigung war mithin
blosse Schutzwehr, nicht Trutzwehr. Kämpften aber nur zwei Personen,
und diese nicht einmal gegeneinander, so lag kein Raufhandel mehr vor.

    f) Die Frage nach der Fortdauer des Raufhandels nach dem Ausscheiden
von Sch. bis zur Verletzung des A. B. braucht hier im übrigen
nicht endgültig beantwortet zu werden. Das Gesetz verlangt nicht,
dass im Moment der Verletzung eines Beteiligten (im umschriebenen
weiten Sinne) der Raufhandel noch andauern, dass also die objektive
Strafbarkeitsbedingung sich während des Raufhandels erfüllen müsse. Im
Unterschied zum italienischen Gesetzeswortlaut ("... una rissa nella
quale alcuno rimanga ucciso o riporti una lesione personale ...") stehen
der deutsche ("... Raufhandel ..., der den Tod oder eine Körperverletzung
eines Beteiligten zur Folge hat ...") und der französische Gesetzestext
("... une rixe ayant entraîné la mort d'un des participants ou causé à l'un
d'eux une lésion corporelle ...") einer solchen extensiven Auslegung nicht
entgegen. Setzen einzelne nach Beendigung des Raufhandels ihre tätlichen
Angriffe fort, so können die durch diese weiteren Gewalttätigkeiten
verursachten Verletzungen durchaus die "Folge" des vorausgegangenen
Raufhandels sein; Voraussetzung ist allerdings, dass diese weiteren
Gewalttätigkeiten wie hier der durch den Raufhandel angeheizten Streiflust
und der durch ihn angesammelten Gemütserregung entspringen und dem
Raufhandel zeitlich unmittelbar folgen. Der praktischen Erfahrung,
dass die Gemütserregung oft noch nach Beendigung des Raufhandels zu
weiteren Gewalttätigkeiten führt, wird im italienischen Strafgesetzbuch
ausdrücklich Rechnung getragen. Art. 58 Abs. 2 des italienischen Codice
penale regelt zunächst den Fall, dass in einem Raufhandel ("nella rissa")
jemand getötet oder verletzt wird. In einem zweiten Satz wird angefügt:
"La stessa pena si applica se l'uccisione, o la lesione personale,
avviene immediatamente dopo la rissa e in conseguenza di essa." (vgl. dazu
V. MANZINI, Trattato di diritto penale italiano, Bd. VIII, 4. Aufl., 1964,
Nr. 2972, S. 296 Anm. 12, mit Zitat aus der Relazione del Presidente della
Commissione ministeriale per il progetto del Codice penale, p. 490). Die
Bestrafung wegen Beteiligung an einem Raufhandel, der wie dargetan auch
jener unterliegt, welcher vor der Verletzung eines Beteiligten ausscheidet,
kann nicht davon abhängen, ob die tätliche Auseinandersetzung im Moment
der Verletzung eines am Kampfgeschehen irgendwie Beteiligten als Raufhandel
zu qualifizieren sei oder nicht.

    Die Verurteilung von Sch. wegen Beteiligung an einem Raufhandel
verstösst somit auch dann nicht gegen Bundesrecht, wenn man davon ausgeht,
der Raufhandel habe mit dem Ausscheiden von Sch. ein Ende gefunden,
da in der Folge nur noch zwei Personen aktiv gekämpft hätten.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen