Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IV 142



106 IV 142

44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. August
1980 i.S. Z. gegen Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 90 SVG, Art. 1 StGB.

    Erfassung von Rotlichtmissachtungen oder
Geschwindigkeitsüberschreitungen durch automatische Kamera. Feststellungen
darüber, wer das Fahrzeug geführt hat, sind tatsächlicher Natur und können
daher mit Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht nicht angefochten
werden.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ihr Personenwagen
am 29. Februar 1980 bei San Vittore auf der N 13 mit 123 km/h (nach
Abzug der Toleranz) eine automatische Radarkontrolle durchfuhr. Gegen
die ihr deswegen auferlegte Busse von Fr. 190.-- wendet sie mit der
Nichtigkeitsbeschwerde wie schon vor der Vorinstanz ein, nicht sie sei
damals am Steuer gewesen, sondern eine mit ihr verwandte Person, die sie
nicht bekanntgebe. Sie beruft sich auf BGE 102 IV 256 und behauptet, die
Vorinstanz wolle die Durchsetzung der dort vertretenen Rechtsauffassung
vereiteln.

Erwägung 3

    3.- Da das geltende SVG noch keine direkte strafrechtliche
Verantwortlichkeit des Halters für Park- und Geschwindigkeitsverstösse von
Lenkern kennt, denen er sein Fahrzeug überlassen hat, setzt eine Bestrafung
des Halters voraus, dass er selbst das Motorfahrzeug geführt hat. Bei
der Abklärung des Sachverhalts sind die allgemein gültigen Grundsätze
anzuwenden. Vor allem kann nicht lediglich aufgrund einer nicht näher
begründeten Vermutung die Täterschaft des Halters angenommen und diesem
der Entlastungsbeweis zugeschoben werden. Auch gelten die Regeln über
das Zeugnisverweigerungsrecht.

    Daraus folgt aber nicht, wie die Beschwerdeführerin und andere
Motorfahrzeugführer offenbar annehmen, dass sie sich mit einer blossen
Bestreitung ihrer Täterschaft und der nicht spezifizierten Berufung auf
ein angeblich bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht einer Bestrafung
endgültig entziehen können. Es steht dem Sachrichter vielmehr frei,
alle Umstände in freier Beweiswürdigung zu prüfen, wobei er allerdings
nicht in Willkür verfallen darf. Gelangt er bei dieser Beweiswürdigung
zum vertretbaren Ergebnis, dass der Halter entgegen seiner Bestreitung
doch zugleich der fehlbare Fahrzeugführer war, so ist die Verurteilung
begründet. Sie kann nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof
angefochten werden, sondern höchstens wegen Verletzung von Art. 4 BV mit
staatsrechtlicher Beschwerde (Art. 269 Abs. 2 BStP).