Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 II 245



106 II 245

49. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Dezember
1980 i.S. Hilti AG gegen Bundesamt für geistiges Eigentum
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG. Die Eintragung der Wortmarke "ROTRING",
die für Werkzeuge bestimmt ist, darf nicht verweigert werden; das gilt
selbst dann, wenn ihre Inhaberin die Ware mit einem roten Ring versehen
sollte.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Hilti AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine
Verfügung des Bundesamtes für geistiges Eigentum, das am 1. August
1980 ihr Gesuch um Eintragung der Wortmarke "ROTRING" zurückgewiesen
hat. Die Marke ist für den Gebrauch auf Bohr- und Meisselwerkzeugen,
auf Bohrgeräten, Bohr- und Meisselhämmern bestimmt. Das Amt fand, dass
die Marke die Vorstellung eines roten Ringes erwecke, der vermutlich mit
entsprechender Farbe rund um den Stiel des Werkzeugs angebracht werde;
mit einem weitern Gesuch habe die Hilti AG denn auch ein solches Zeichen
als Bildmarke angemeldet. Es handle sich daher um ein als Gemeingut
anzusehendes Zeichen, das gemäss Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG als Marke
nicht zugelassen werden könne.

    Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Verfügung
aufzuheben und die Wortmarke "ROTRING" gemäss ihrem Gesuch zur Eintragung
zuzulassen. Das Amt hält an seiner Auffassung fest und kommt zum Schluss,
die Beschwerde sei abzuweisen.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG darf eine Marke nicht
eingetragen werden, wenn sie als wesentlichen Bestandteil ein als
Gemeingut anzusehendes Zeichen enthält. Als Gemeingut im Sinne dieser
Bestimmung gelten unter anderem Hinweise auf Eigenschaften oder die
Beschaffenheit der Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist. Blosse
Gedankenassoziationen oder Anspielungen, die nur entfernt auf eine Ware
hindeuten, machen eine Marke freilich nicht zur Sachbezeichnung; enthält
die Marke ein Sachwort, so muss der gedankliche Zusammenhang mit der Ware
vielmehr derart sein, dass ihr beschreibender Charakter ohne besondere
Denkarbeit oder besonderen Phantasieaufwand zu erkennen ist (BGE 104 1b
66 und 139, 103 Ib 17/18 und 270).

    Von dieser Rechtslage geht im vorliegenden Fall nicht nur das
Amt, sondern auch die Beschwerdeführerin aus; sie ziehen daraus aber
verschiedene Schlüsse.

    a) Nach der angefochtenen Verfügung gehören zur Beschaffenheit der
Ware auch deren Ausstattung und Verpackung, während die Beschwerdeführerin
die äussere Aufmachung eines Erzeugnisses davon ausnehmen möchte. Die
Auffassung des Amtes leuchtet schon deshalb ein, weil als markenmässiger
Gebrauch auch derjenige auf der Verpackung anzusehen ist (BGE 101 II 296)
und Waren, die z.B. aus einer Flüssigkeit oder losen Stücken bestehen,
zusammen mit der Verpackung notwendigerweise ein Ganzes bilden. In
diesem Sinne hat sich das Bundesgericht letztmals im Entscheid 103 Ib
272 E. 3 geäussert, wo die insbesondere für Zigaretten vorgesehene Marke
"RED & WHITE" unter anderem auch als Hinweis auf eine rot/weisse Packung
verstanden werden konnte. Auf die äussere Aufmachung bezogen hat das
Bundesgericht ferner die für Tabakwaren bestimmte Wortmarke "Gold Band",
weil Bänder dieser Farbe häufig zur Verzierung von Zigarren oder deren
Verpackung verwendet werden (Urteil vom 16. Mai 1967, publ. im Schweiz.
Patent-, Muster- und Marken-Blatt [PMMBl] 1967 I S. 37). Auch bei
tatsächlichen oder vermeintlichen Hinweisen auf die Verpackung ist aber
zu beachten, dass zwischen der Marke und der äusseren Aufmachung der Ware
eine sachliche Beziehung, die ohne besondere Überlegungen ersichtlich ist,
bestehen muss, um ein Zeichen als schutzunfähiges Gemeingut ausgeben zu
können (BGE 103 Ib 274).

    Aus dem Urteil des Bundesgerichtes vom 25. April 1980 zur Wortmarke
"BLACK & WHITE" (publ. im PMMBl 1980 S. 60) kann für den vorliegenden Fall
dagegen nichts abgeleitet werden. Die in der Marke genannte Farbkombination
war in jenem Fall auch nach Auffassung des Amtes nicht auf die äussere
Ausstattung oder Verpackung der Ware, sondern auf die vorherrschenden
Farbtöne von Kleidern zu beziehen, die mit der Marke gekennzeichnet werden
sollten. Das bundesgerichtliche Urteil vom 4. August 1975 i.S. Janssen
(publ. im PMMBl 1975 I S. 71) kann vorliegend ebenfalls nicht massgebend
sein; dort ging es um eine reine Bildmarke, welche aus acht horizontal und
parallel verlaufenden Wellenlinien bestand und graphisch nicht begrenzt
war. Jener Fall lässt sich mit dem vorliegenden, wo es um eine Wortmarke
geht, zum vorneherein nicht vergleichen.

    b) Das Amt wendet freilich ein, die Wortverbindung "ROTRING" lasse
in Verbindung mit dem beanspruchten Warenverzeichnis an einen roten Ring
denken, mit dem die Werkzeuge gekennzeichnet würden. Das schwebe der
Beschwerdeführerin offenbar auch vor, da sie ihrem Gesuch um Zulassung
der Bildmarke die Abbildung eines rotberingten Bohrers beigelegt habe. Ein
solcher Ring gehöre als blosse Verzierung aber zur Aufmachung der Ware und
könne daher nicht als selbständiges, von der Ware unabhängiges Kennzeichen
gewertet werden.

    Dem hält die Beschwerdeführerin mit Recht entgegen, dass es vorliegend
nur um die von ihr hinterlegte Wortmarke geht und dafür nichts darauf
ankommt, wie diese auf der Ware in Erscheinung tritt. Damit stimmt
überein, dass das Amt die Marke so zu prüfen hat, wie sie im Gesuch
wiedergegeben wird (E. SCHMIDT, in GRUR Int. 1980 S. 399), und dass bei
der Vergleichung zweier Marken ebenfalls nicht auf den tatsächlichen
Gebrauch, sondern auf den Eintrag im Register abzustellen ist (MATTER,
Kommentar zum MSchG S. 99). Als markenmässiger Gebrauch könnte zudem nur
die Verwendung der Wortmarke, nicht aber die Anbringung eines roten Rings
auf der Ware angesehen werden. Letzteres ist markenrechtlich unerheblich
und wäre höchstens als Ausstattung nach UWG zu schützen. Wie es sich mit
der Bildmarke verhält, welche die Beschwerdeführerin inzwischen ebenfalls
angemeldet hat, ist zur Zeit nicht zu prüfen, da das Amt darüber noch
nicht entschieden hat. Erst aus der Bildmarke ist aber ersichtlich, dass
die Beschwerdeführerin offenbar Werkzeuge oder Werkzeugstiele mit einem
roten Ring versehen will.

    c) Um eine Wortmarke ging es in dem bereits erwähnten Urteil von
1967 über das Zeichen "Gold Band", das für Tabakwaren vorgesehen war,
vom Amt aber als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil goldene Bänder,
Streifen oder Ringe als Verzierung solcher Waren üblich seien; der Käufer
könne daher ohne weiteres erkennen, dass die Marke bloss ein für die
gegebene Warenart charakteristisches Ausstattungsmerkmal bezeichne. Das
Bundesgericht schloss sich dieser Betrachtungsweise an. Anders als in
jenem Fall liegt im vorliegenden aber nichts dafür vor, dass rote Ringe um
oder auf Werkzeugen ebenfalls als allgemein übliches Ausstattungsmerkmal
anzusehen seien, wie das Amt unterstellt; es ist auch nicht zu ersehen,
wieso sich das geradezu aufdrängen sollte. Dass eine Wortmarke selbst dann
als unzulässig zu bezeichnen wäre, wenn sie sich auf ein zwar mögliches,
aber keineswegs übliches Ausstattungselement bezieht, ist 1967 jedenfalls
vom Bundesgericht und offenbar auch vom Amt nicht entschieden worden.

    d) Auch das Urteil von 1977 über das Warenzeichen "RED & WHITE" betraf
eine Wortmarke (BGE 103 Ib 269 ff.). Seine Erwägungen treffen entgegen der
Meinung des Amtes auch auf den vorliegenden Fall zu. Stand in jenem die
tatsächlich verwendete rot/weisse Packung der Wortmarke "RED & WHITE" nicht
im Wege, so kann hier darin, dass die Beschwerdeführerin ihre Werkzeuge so
ausstatten will, wie das Amt vermutet, ebenfalls kein Rückweisungsgrund
liegen. Ebensowenig kann streitig sein, dass das in BGE 103 Ib 272 E. 3
zur Verpackung Gesagte auch dort gelten muss, wo ein Ausstattungselement,
wie hier, unmittelbar auf der Ware angebracht wird; denn die Frage nach
der Gemeinfreiheit der Beschaffenheitsangabe stellt sich genau gleich,
selbst wenn Werkzeuge für eine Ausstattung oder Verzierung weniger
Möglichkeiten bieten als Zigarettenpackungen. Entscheidend bleibt so
oder anders, dass die Mitbewerber durch die Eintragung der Wortmarke
"ROTRING" nicht daran gehindert werden, Waren der gleichen Kategorie
ihrerseits mit einem roten Ring zu versehen, da Grundfarben schon wegen
ihrer zahlenmässigen Beschränkung nicht monopolisiert werden dürfen
(BGE 103 Ib 270 unten); dasselbe gilt für einfache geometrische Figuren,
die ebenfalls als gemeinfrei zu bezeichnen sind. Ihrer Verwendung durch
Dritte ist nur dann eine Schranke gesetzt, wenn Mitbewerber sie als
Wettbewerbsmittel missbrauchen.

    Der Einwand des Amtes, dass die Ringform als solche nach der
deutschen Rechtsprechung nicht als schutzfähig gelte, stösst daher ins
Leere. Das Amt verkennt zudem, dass die von ihm angerufenen Urteile nicht
Wort-, sondern Bildmarken betrafen; das trifft teils auch auf eigene
Entscheide zu, auf die es verweist. Die streitige Wortmarke lässt sich
schliesslich auch nicht mit den zwei Zeichen vergleichen, die es aus
seiner Rückweisungspraxis zitiert und TROLLER (Immaterialgüterrecht I
S. 347 Anm. 203) als Beispiele übernommen hat. Die Marken "arête verte"
für Skikanten und "Gold Ended-Ribbon" für Schreibmaschinen-Farbbänder
lassen sich schon wegen der in ihnen vorkommenden Sachbezeichnung,
die sich mit der Ware deckt, nicht als willkürlich wählbare farbliche
Verzierung ausgeben. Sollte der vorliegende Entscheid für das Amt eine
Praxisänderung bedeuten, so hätte es dazu schon nach dem Urteil zur Marke
"RED & WHITE" Anlass gehabt, das bereits drei Jahre zurückliegt.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung
des Bundesamtes für geistiges Eigentum vom 1. August 1980 aufgehoben und
das Amt angewiesen, die Wortmarke "ROTRING" zur Eintragung zuzulassen.