Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 III 111



106 III 111

24. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 23. Oktober
1980 i.S. Schweizerische Journalisten-Union (Rekurs) Regeste

    Frist für den Pfändungsanschluss (Art. 110 SchKG).

    Für den Beginn der Frist für den Pfändungsanschluss kommt es nicht
auf den Zeitpunkt an, an dem die Pfändung hätte vollzogen werden sollen,
sondern auf denjenigen ihres tatsächlichen Vollzugs.

Sachverhalt

    A.- In der Betreibung Nr. 8844 der Schweizerischen Journalisten-Union
gegen H. stellte die Gläubigerin am 31. Januar 1980 beim Betreibungsamt
Galgenen das Fortsetzungsbegehren. Weitere Fortsetzungsbegehren gegen den
gleichen Schuldner gingen am 14. und am 20. Februar, am 31. März sowie
am 30. April 1980 ein. Das Betreibungsamt vollzog die Pfändung erst am
19. Juli 1980 und stellte die Pfändungsurkunde nach Ablauf der 30tägigen
Anschlussfrist gemäss Art. 110 SchKG den Gläubigem zu, die es in einer
einzigen Pfändungsgruppe zusammenfasste.

    B.- Gegen die Pfändungsurkunde führte die Gläubigerin beim
Bezirksgerichtspräsidenten der March Beschwerde mit dem Antrag, es sei
eine Pfändungsgruppe zu bilden, in der lediglich diejenigen Gläubiger
zusammengefasst werden sollten, die das Fortsetzungsbegehren vor dem
4. März 1980 gestellt hätten. Der Bezirksgerichtspräsident wies die
Beschwerde mit Verfügung vom 16. September 1980 ab. Hierauf gelangte
die Gläubigerin an das Kantonsgericht des Kantons Schwyz, welches die
Beschwerde am 2. Oktober 1980 ebenfalls abwies.

    C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts hält die Gläubigerin an ihrem
Beschwerdebegehren fest.

    Das Kantonsgericht beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung
des Rekurses.

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 110 SchKG,
auf die sich der angefochtene Entscheid stützt, kommt es für den Beginn
der 30tägigen Frist für den Pfändungsanschluss nicht auf den Zeitpunkt an,
an dem die Pfändung hätte vollzogen werden sollen (gemäss Art. 89 SchKG in
der Regel also drei Tage nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens), sondern
auf jenen ihres tatsächlichen Vollzugs (BGE 101 III 91/92 E. 2). Mit ihrem
Rekurs ersucht die Rekurrentin das Bundesgericht, diese Rechtsprechung
neu zu überprüfen. Sie macht geltend, sie habe einen Anspruch darauf, nur
mit solchen Gläubigern in einer Pfändungsgruppe zusammengefasst zu werden,
die innerhalb der von Gesetzes wegen abzuwartenden Zeit bei normalem Gang
der Geschäfte eines Betreibungsamtes zur Pfändung hinzuträten. Dieser
Anspruch werde verletzt, wenn das Betreibungsamt wie im vorliegenden
Fall in Verletzung von Art. 89 SchKG mit dem Pfändungsvollzug beinahe
ein halbes Jahr zuwarte und für den Beginn der Teilnahmefrist dennoch
auf diesen Zeitpunkt abgestellt werde.

Erwägung 2

    2.- Der Rekurrentin ist einzuräumen, dass durch die monatelange
Säumnis des Betreibungsbeamten in der Vollziehung der Pfändung eine
Verfälschung des gesetzlichen System der Gruppenbildung hervorgerufen
wurde, indem nun auch ein Gläubiger an der Pfändung teilnehmen kann,
der erst mehrere Monate nach ihr das Fortsetzungsbegehren gestellt
hat. Diese aussergewöhnliche Situation kann jedoch entgegen der im Rekurs
vertretenen Auffassung nicht Anlass dazu geben, vom Pfändungsvollzug
als einzig massgebendem Zeitpunkt für die Berechnung der Teilnahmefrist
abzuweichen. Die Rekurrentin muss vielmehr darauf verwiesen werden,
dass ihr gegen die ungerechtfertigte Hinausschiebung der Pfändung der
Rechtsbehelf einer Rechtsverzögerungsbeschwerde zur Verfügung gestanden
wäre und dass sie allenfalls den - heute ersetzten - Beamten auf dem
Prozessweg für den entstandenen Schaden verantwortlich machen kann.

    Aus Gründen der Rechtssicherheit kann der Zeitpunkt des
Pfändungsvollzugs für den Fristbeginn nicht durch einen fiktiven Zeitpunkt
ersetzt werden. Ein solcher liesse sich übrigens kaum ungeachtet der
konkreten Verhältnisse des Einzelfalls generell festsetzen, denn der
Vollzug einer Pfändung kann auch durch andere Umstände als die Säumnis
des Betreibungsbeamten verzögert werden (Unerreichbarkeit des Schuldners,
Unübersichtlichkeit der tatsächlichen Verhältnisse, usw.); unter "Vollzug"
der Pfändung nach Art. 110 Abs. 1 SchKG ist ja, wie bereits in BGE 30 I
424 ff. entschieden worden ist, erst der Abschluss des Pfändungsaktes als
Ganzes zu verstehen. Es ist jedoch undenkbar, dass der für den Fristbeginn
massgebende Zeitpunkt in jedem einzelnen Fall gesondert ermittelt werden
müsste.

    Das Bundesgericht hat im übrigen bereits in einem Entscheid vom
8. Juli 1897 hervorgehoben, dass die gesetzliche Ordnung, die nicht darauf
abstellt, dass die Pfändung hätte vorgenommen werden sollen, sondern
lediglich darauf, ob sie vorgenommen worden ist, auf guten Gründen beruhe;
erst die Vornahme der Pfändung sei mit einer gewissen Publizität verbunden
und komme so als Ausgangspunkt einer Frist in Betracht, welche die Härten
des Prioritätssystems zu mildem bestimmt sei und den übrigen Gläubigem
die Möglichkeit einräume, mit dem erstpfändenden in gewisse Konkurrenz
zu treten (BGE 23 II 1265).

    Schliesslich wäre in einem Fall wie dem vorliegenden auch schwer
vorstellbar, wie bei der Pfändung für die zweite Gläubigergruppe vorzugehen
wäre. Diese Pfändung hätte offenbar unmittelbar im Anschluss an den Vollzug
der ersten vorgenommen werden müssen, da es für die Gruppenbildung nicht
mehr auf den effektiven Vollzug, sondern auf einen fiktiven Zeitpunkt
ankäme. Auch diese Konsequenz zeigt, zu welch unabsehbaren Problemen es
führen müsste, wenn für die Berechnung der Teilnahmefrist nicht auf den
Vollzug der Pfändung abgestellt werden wollte, wie dies die Rekurrentin
vorschlägt.

Entscheid:

    Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.