Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IB 93



106 Ib 93

17. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25.
Januar 1980 i.S. Schweiz. Eidgenossenschaft gegen Schweiz. Bankverein
und Glarner Kantonalbank (verwaltungsrechtliche Klage) Regeste

    Pflichtlagerhaltung. Sicherungsanspruch des Bundes für die von
ihm garantierten Pflichtlagerkredite. BG über die wirtschaftliche
Kriegsvorsorge vom 30. September 1955 (KVG).

    1. Rechtsweg. Abgrenzung zwischen Verwaltungs- und Zivilgerichtsbarkeit
(Art. 28 Abs. 3 KVG, Art. 12 Abs. 5 KVG; E. 1).

    2. Begriff des Vermögensvorteils gemäss Art. 28 Abs. 1 KVG (E. 2).

    3. Sicherungsanspruch des Bundes ausserhalb des Konkurses und
des Nachlassverfahrens bei freihändiger Verwertung von Pfändern aus
Pflichtlagerbeständen. Grundsätzliche Vorwirkung des Sicherungsanspruchs
bejaht (E. 3), unter Vorbehalt eines gewissen Gutglaubensschutzes (E. 4,
6 u. 7a).

    4. Herabsetzungsansprüche wegen mangelhafter Kontrolle durch die
Organe der Aufsichtsbehörde? (E. 8).

Sachverhalt

    A.- Zwischen 1964 und 1976 schloss das Eidg.
Volkswirtschaftsdepartement (EVD), vertreten durch den Delegierten
für wirtschaftliche Kriegsvorsorge (DWK), mit der Firma Schuler & Co.,
Inhaber W. Schuler-Kofel, Baumwollspinnerei und -weberei in Rüti (GL),
acht Pflichtlagerverträge ab. Der erste Vertrag (1964) bezog sich auf
120 t Rohbaumwolle, deren Beschaffungswert Fr. ... betrug. Der Bund
garantierte dafür einen Pflichtlagerkredit von Fr. ... In den folgenden
Jahren wurde die Pflichtlagermenge in verschiedenen Etappen heraufgesetzt
und der Pflichtlagerkredit entsprechend erhöht. Ende 1975 belief sich
die Pflichtlagermenge auf 800 t und die Kreditlimite betrug Fr. ...
(Pflichtlagervertrag Nr. 7 vom 7. November 1975). Als finanzierende Bank
trat die Schweizerische Nationalbank auf. In der letzten Änderung des
Pflichtlagervertrags vom 9. November 1976 wurde lediglich die Qualität der
Ware anders festgelegt; Pflichtlagermenge und -kredit blieben sich gleich.

    Die Schuler & Co. benötigte Ende der sechziger Jahre umfangreiche
zusätzliche Mittel, um eine Modernisierung des Maschinenparks durchführen
zu können. Sie hatte auch abgesehen davon mit finanziellen Schwierigkeiten
zu kämpfen. 1968 gewährte ihr der Schweizerische Bankverein (SBV) einen
ersten Kredit von Fr. ... Gemäss Bilanz per 31. Dezember 1969 betrug
dieser Kredit 1969 bereits Fr. ... Am 16. Dezember 1969 verpfändete die
Schuler & Co. dem SBV mittels eines vorgedruckten Faustpfandvertrags seine
gesamten Warenvorräte, die sich gegenwärtig und zukünftig im unmittelbaren
oder mittelbaren Besitz des SBV befanden. Dabei behielt sich die Bank das
Recht vor, die Pfänder bei Fälligkeit der Schuld freihändig zu verwerten
(Ziff. 7 des Faustpfandvertrags).

    Auf dieselbe Weise verpfändete die Schuler & Co. am 15. April
1976 147,9 t Baumwolle der Glarner Kantonalbank (GKB). Diese behielt
sich ebenfalls das Recht zur freihändigen Verwertung vor (Ziff. 6 des
Faustpfandvertrags). Durch entsprechende Zahlungen wurde die an die
GKB verpfändete Menge Baumwolle bis zum 12. November 1976 auf 65 t
herabgesetzt.

    Die Schuler & Co. bezog von 1969 bis 1976 beim SBV wachsende
Kredite, wofür sie sich an dessen Agentur in Wetzikon wandte. Diese
überschritt die vom SBV-Sitz in Zürich bewilligte Kreditlimite; zwischen
1971 und 1976 erfolgten immer grössere Kreditüberzüge, die 1976 über
Fr. ... hinausgingen. Eine bankinterne Überprüfung offenbarte dann den
Missstand, worauf gegen den Verwalter der Agentur sowie gegen W. Schuler
Strafanzeige erstattet wurde. Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten
der Schuler & Co. nahm der SBV die Kündigung des Kredits und allenfalls
eine freihändige Verwertung der Pfänder in Aussicht. Er erkundigte sich
Ende November 1976 telefonisch beim DWK, ob das Baumwollager der Schuler &
Co. im Umfang von ca. 600 t Baumwolle zum Pflichtlager gehöre, wobei er auf
den Faustpfandvertrag und das freihändige Verwertungsrecht hinwies. Der
DWK sprach ihm das Recht zur freihändigen Verwertung ab (Fernschreiben
vom 9. Dezember 1976), was der SBV indessen nicht anerkannte. Vielmehr
kündigte er am 10. Dezember 1976 der Schuler & Co. einen Teil des Kredits
im Betrag von Fr. ... und forderte die Firma auf, bis zum folgenden
Montag, den 13. Dezember 1976 den Betrag zurückzuzahlen, unter Androhung
der freihändigen Verwertung, falls die Zahlung ausbleibe. Auf Verlangen
des DWK verbot darauf der Präsident des Zivilgerichts Basel-Stadt im Sinn
einer superprovisorischen Verfügung am 15. Dezember 1976, die im Lagerhaus
SBB in Brunnen auf den Namen des SBV eingelagerten Tonnen Rohbaumwolle zur
Verwertung zu bringen. In der nachfolgenden Verhandlung vom 22. Dezember
1976 wurde indessen das Verbot gestützt auf § 259 ZPO mangels eines
sachenrechtlichen Anspruchs aufgehoben. Der SBV schritt danach zur
freihändigen Verwertung der in seinem Pfandlager in Brunnen verbliebenen
Waren von 595,01 t Rohbaumwolle und verkaufte diese am 24. Dezember 1976
an die Intermerkur AG in Zürich für Fr. ... Der DWK forderte anschliessend
den SBV auf, ihm den Erlös bis höchstens Fr. ... auszuhändigen. Der SBV
weigerte sich indessen und reagierte auch nicht auf die anschliessende
Inverzugsetzung durch den DWK.

    Am 13. Januar 1977 kündigte auch die GKB der Schuler & Co. einen Kredit
von Fr. ..., ebenfalls unter Androhung der freihändigen Verwertung der
ihr noch verpfändeten 65 t Rohbaumwolle. Da die Schuler & Co. nicht in
der Lage war, den Betrag zu bezahlen, schritt auch die GKB am 28. Februar
1977 zur freihändigen Verwertung und verkaufte die 65 t Baumwolle an einen
Dritten zu Fr. ... Wie der SBV weigerte sie sich in der Folge ebenfalls,
den Erlös an den DWK herauszugeben.

    Am 1. März 1977 bewilligte das Bezirksgericht Hinwil dem Inhaber
der Schuler & Co., W. Schuler, eine Nachlassstundung. Nach Verfall des
Pflichtlagerwechsels am 7. März 1977 liess die Schweizerische Nationalbank
diesen mangels Zahlung protestieren und nahm den Bund für den Betrag
von Fr. ... zuzüglich Fr. ... Protestkosten als Garantieschuldner in
Anspruch. Am 3. August 1977 wurde über W. Schuler, der das Begehren
um Nachlassstundung am 4. Mai 1977 zurückgezogen hatte, der Konkurs
verhängt. Der DWK machte sein Aussonderungsrecht und die Ausfallforderung
geltend. Anlässlich der 1. Gläubigerversammlung am 19. August 1977 gab
der Konkursbeamte bekannt, die Überschuldung sei so gross, dass in den
privilegierten Klassen und schon gar nicht in der 5. Gläubigerklasse, in
der die Ausfallforderung des Bundes kolloziert wird, mit einer Dividende
gerechnet werden könne.

    Mit Eingabe vom 19. Oktober 1977 (Postaufgabe 25. Oktober) erhebt
die Schweizerische Eidgenossenschaft gestützt auf das BG über die
wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 30. September 1955 (SR 531.01; KVG)
Klage gegen den SBV und die GKB. Sie beantragt, der SBV sei zu verurteilen,
dem Bund unrechtmässig erlangte und verfallene Vermögensvorteile im Betrag
von Fr. ... zuzüglich Verzugszinsen von 5% pro Jahr seit dem 24. Dezember
1976 zu bezahlen; eventuell habe er Schadenersatz im gleichen Umfang zu
entrichten. Ebenso sei die GKB zu verurteilen, dem Bund unrechtmässig
erlangte und verfallene Vermögensvorteile von Fr. ..., zuzüglich 5%
Verzugszinsen pro Jahr seit dem 28. Februar 1977 zu bezahlen. Einen
Eventualantrag stellt sie hinsichtlich der GKB nicht.

    Zur Begründung des Hauptantrags gegenüber dem SBV und des Antrags
gegenüber der GKB macht die Eidgenossenschaft geltend, die beiden Banken
hätten mit der freihändigen Verwertung der Pfandlager gegen Art. 11
Abs. 2 KVG verstossen. Die Forderungssumme entspreche im übrigen dem
Verkaufserlös, abzüglich Fr. ... Lagerspesen. Für den Eventualantrag
gegenüber dem SBV macht sie geltend, die Verpfändungen seien ungültig
gewesen, da der SBV bzw. der Verwalter der Filiale in Wetzikon bereits
1969 gewusst habe oder zumindest damit gerechnet haben müsse, dass die
verpfändete Baumwolle mindestens teilweise Pflichtlagerware darstelle
und somit die Pfandnahme bösgläubig erfolgt sei, weshalb das Pfandrecht
nicht entstanden sei.

    Der SBV und die GKB beantragen in der Klageantwort die Abweisung der
Klage, soweit darauf eingetreten werden könne.

    Es wurde ein doppelter Schriftenwechsel durchgeführt, wobei die
Parteien an ihren Anträgen festhielten. Eine Delegation des Bundesgerichts
führte am 17. August 1979 mit den Parteien eine Instruktions- und
Beweisverhandlung mit Zeugeneinvernahmen durch.

    Das Bundesgericht heisst die Klage gegenüber dem SBV teilweise gut;
gegenüber der GKB weist es sie ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Gemäss Art. 28 KVG verfallen Vermögensvorteile, die auf
Grund einer Verletzung des KVG oder der gestützt darauf erlassenen
Ausführungsbestimmungen und Einzelverfügungen erlangt wurden,
ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit der Verletzung zugunsten des
Bundes. Dieser Herausgabeanspruch ist mit verwaltungsrechtlicher Klage
beim Bundesgericht geltend zu machen (Art. 116 lit. k OG; Art. 28 Abs. 3
KVG). Über Streitigkeiten betreffend das Aussonderungsrecht des Bundes nach
Art. 11 KVG entscheiden hingegen die Zivilgerichte (Art. 12 Abs. 5 KVG).

    b) Die Klägerin macht geltend, der SBV und die GKB hätten
mit der freihändigen Verwertung der Pfandlager Art. 11 Abs. 2 KVG
verletzt. Sie geht davon aus, der Bestimmung komme in diesem Umfang
eine öffentlichrechtliche Wirkung zu. Die Klage hat somit nicht den
Umfang des zivilrechtlichen Aussonderungsrechts im Rahmen des Konkurs-
oder Nachlassverfahrens zum Gegenstand, worüber der Zivilrichter zu
befinden hätte. Es geht demnach um einen öffentlichrechtlichen Anstand im
Sinn von Art. 28 KVG. Ob im übrigen die Annahme der Klägerin zutrifft,
Art. 11 Abs. 2 KVG komme eine über das Betreibungsrecht hinausgehende
öffentlichrechtliche Tragweite zu, ist im Rahmen der materiellen
Beurteilung der Klage abzuklären; ebenso, ob die übrigen Voraussetzungen
des Art. 28 Abs. 1 KVG gegeben sind. Auf die Klage ist daher insofern
einzutreten, als sie das Begehren gegenüber der GKB und den Hauptantrag
gegenüber dem SBV betrifft.

    c) Über allfällige Schadenersatzansprüche des Bundes wegen
angeblich ungültiger Pfandbestellungen ist im vorliegenden Verfahren
nicht zu entscheiden; denn solche Ansprüche wären zivilrechtlicher
Natur, worüber ausschliesslich der Zivilrichter zu befinden hätte. Die
Zuständigkeitsvorschrift von Art. 41 lit. c zweiter Satz OG ist nicht
anwendbar, da das Einverständnis der Beklagten für die Anrufung des
Bundesgerichts nicht vorliegt. Auf das Eventualbegehren hinsichtlich des
SBV kann deshalb nicht eingetreten werden.

Erwägung 2

    2.- a) Art. 28 KVG begründet einen rein verwaltungsrechtlichen
Herausgabeanspruch, unabhängig von der strafrechtlichen Einziehung
ungerechtfertigter Vermögensvorteile (Art. 58; 58bis StGB). Er setzt auch
nicht, wie dieser, eine strafbare Handlung voraus.

    b) Der SBV und die GKB haben durch die freihändige Verwertung der
Pfänder insofern einen Vermögensvorteil erlangt, als sie für eine unsicher
gewordene Forderung zumindest teilweise gedeckt wurden. Diese Deckung ist
mehr wert als die unsicher gewordene Forderung. Das Vorgehen der Banken
bewirkte daher einen Vermögensvorteil im Sinn von Art. 28 Abs. 1 KVG.

Erwägung 3

    3.- a) Kommt ein Eigentümer eines Pflichtlagers in Konkurs oder begehrt
er einen Nachlassvertrag, so hat der Bund nach Art. 11 Abs. 1 KVG an dem
Pflichtlager ein Recht auf Herausgabe und ausschliessliche Befriedigung,
wenn er die Kreditgeber im Rahmen seiner Haftung für einen allfälligen
Ausfall aus der Finanzierung des Lagers deckt. Dabei sind gegen über
dem Aussonderungsrecht des Bundes alle vertraglichen und gesetzlichen
Pfand- und Retentionsrechte unwirksam, mit Ausnahme des Retentionsrechts
der Besitzer von Lagerräumen für Forderungen gemäss Art. 485 Abs. 1 OR
(Art. 11 Abs. 2 KVG). Aufgrund des Aussonderungsrechts gehen das Eigentum
am Pflichtlager und allfällige Ersatzansprüche des Lagerpflichtigen auf
den Bund über, sobald das Konkurserkenntnis oder die Bewilligung der
Nachlassstundung rechtskräftig geworden sind (Art. 12 Abs. 1 KVG). Wird
der Bund durch die Aussonderung der Waren und allfällige Ersatzansprüche
für seine Forderung nicht voll gedeckt, so nimmt er für den Ausfall am
Konkurs oder am Nachlassverfahren teil (Art. 12 Abs. 4 KVG).

    b) Der SBV und die GKB haben die freihändige Verwertung der Pfandlager
vorgenommen, bevor die Nachlassstundung und das Konkurserkenntnis
gegenüber Schuler rechtskräftig wurden. Es fragt sich deshalb, ob der
Sicherungsanspruch des Bundes bereits Auswirkungen hatte. Dies hängt
davon ab, welche Tragweite dem Art. 11 Abs. 2 KVG zukommt; entscheidend
ist dabei, ob sich die Vorschrift nur auf das rechtskräftig gewordene
Konkurserkenntnis bzw. die rechtskräftige Nachlassstundung im Sinn
von Art. 12 Abs. 1 KVG bezieht oder darüber hinausgeht. Aus dem
Wortlaut der Gesetzesbestimmung ergibt sich in dieser Beziehung nichts
Schlüssiges. Art. 11 Abs. 2 KVG sagt ganz allgemein: "Gegenüber dem
Aussonderungsrecht des Bundes sind alle vertraglichen und gesetzlichen
Pfand- und Retentionsrechte unwirksam". Der Sinn der Gesetzesvorschrift
ist daher durch weitere Auslegung zu ermitteln.

    c) Aus der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Ordnung, die ihren
Ursprung im Kriegsnotrecht des Bundes hat, lassen sich ebenfalls keine
eindeutigen Schlüsse ziehen. Das Aussonderungsrecht wurde durch den
Bundesratsbeschluss betreffend das Aussonderungsrecht des Bundes an
zusätzlichen kriegswirtschaftlichen Vorräten vom 19. Januar 1940 (AS
1940,89) eingeführt, der sich auf den notrechtlichen Bundesbeschluss
über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechterhaltung
der Neutralität vom 30. August 1939 (AS 1939,769) stützte. Nach dem
Krieg wurde die Regelung auf eine ordentliche gesetzliche Grundlage
übergeführt (BG über die Ergänzung des BG über die Sicherstellung der
Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern vom 29. September 1949; AS
1949, 1799). Am Aussonderungsrecht wurde dabei materiell nichts geändert
(vgl. Botschaft betreffend die Ergänzung des BG über die Sicherstellung
der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern vom 13. Mai 1949, BBl
1949 I S. 994 u. 997). Das zit. BG wurde dann vom KVG abgelöst, welches
das Aussonderungsrecht unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen
übernahm (Botschaft zum Entwurf eines BG über die wirtschaftliche
Kriegsvorsorge vom 29. April 1955, BBl 1955 I S. 833).

    Art. 3 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 19. Januar 1940 erklärte
die Pfandrechte Dritter gegenüber einem allfälligen Herausgabeanspruch des
Bundes für unwirksam. In der Botschaft zum KVG wird ausgeführt, dass die
Bestellung von Pfandrechten dem Bund gegenüber unwirksam sei (BBl 1955 I
S. 833). Indes lässt sich daraus nicht unzweifelhaft auf eine Vorwirkung
schliessen. Es geht daraus aber auch nicht hervor, dass der Gesetzgeber
eine solche Vorwirkung des Sicherungsanspruchs ausschliessen wollte.

    d) Das System der kriegswirtschaftlichen Vorsorge beruht massgeblich
auf der privaten Pflichtlagerhaltung. Als Gegenleistung sieht der
Bund die Haftung für einen allfälligen Ausfall an Bankdarlehen sowie
die Deckung unversicherter Risiken vor (Art. 10 Abs. 1 KVG) und gesteht
unter bestimmten Voraussetzungen Steuererleichterungen zu (Art. 10 Abs. 2
KVG). Um die Anlegung von Pflichtlagern zu erleichtern, hat sich die
Schweizerische Nationalbank gegenüber dem Bund verpflichtet, Eigenwechsel
der Pflichtlagerhalter bis zu 90% des Einstandspreises des Lagers zum
offiziellen Diskontsatz zu diskontieren. Zahlreiche Banken besorgen
das gleiche Geschäft, ohne dazu verpflichtet zu sein. Die Banken können
jedoch eine so weitgehende Bevorschussung zu niedrigem Zins nur vornehmen,
weil der Bund sich neben den Pflichtlagerhaltern für die Erfüllung der
Wechselverbindlichkeiten verbürgt (Art. 10 Abs. 1 KVG). Trotz des grossen
öffentlichen Interesses an der Pflichtlagerhaltung soll der Bund aber nicht
unnötige finanzielle Risiken eingehen müssen. Die weitgehende Haftung, die
er gegenüber den Banken bei der Finanzierung der Pflichtlager übernimmt,
ruft deshalb ihrerseits nach ein er Sicherung des Bundes gegen allfällige
Verluste (vgl. Botschaft zum KVG aaO S. 832).

    Die Pflichtlager befinden sich im Besitz des Lagerpflichtigen;
deshalb können daran keine Pfandrechte begründet werden (Art. 884
ZGB). Als Ersatz dafür wurde aus diesem Grund zugunsten des Bundes
das erwähnte Aussonderungsrecht eingeführt. Dabei musste aber, solange
der Pflichtlagerhalter Eigentümer der Ware blieb, verhindert werden,
dass dieser am Pflichtlager Pfandrechte zugunsten Dritter begründete
und so die Wirkung des Eigentumsübergangs auf den Bund im Zeitpunkt der
Konkurseröffnung einschränkte oder gar illusorisch machte. Es genügte
nicht, dem Pflichtlagerhalter vertraglich die Errichtung von Pfandrechten
zu verbieten, weil nach Art. 884 Abs. 2 ZGB der gutgläubige Empfänger
der Pfandsache das Pfandrecht auch dann erwirbt, wenn der Verpfänder
nicht befugt war, über die Sache zu verfügen. Dementsprechend wurde
die Vorschrift aufgenommen, dass allfällige Pfandrechte zugunsten
Dritter an Waren, an denen der Eidgenossenschaft ein allfälliger
Herausgabeanspruch zusteht, gegenüber der Eidgenossenschaft im Umfang ihres
Aussonderungsrechts unwirksam sind. Das Aussonderungsrecht des Bundes
muss somit als wesentliches Element der Pflichtlagerordnung betrachtet
werden. Ohne diese Sicherheit wäre der Bund auch gar nicht in der Lage,
die Haftung für die Rückzahlung der Pflichtlagerkredite zu übernehmen
(vgl. Botschaft zum KVG aaO; REDLI, Der Pflichtlagervertrag, Diss. Zürich
1953, S. 116).

    e) Die private Verwertung von Pfändern stellt ebenso eine
Exekutionsmassnahme dar wie das Verfahren der Zwangsvollstreckung nach
SchKG. Sie tritt schlechthin an Stelle der Verwertung nach SchKG (OFTINGER,
Zürcher Kommentar, Das Fahrnispfand, N. 55 zu Art. 891 ZGB). Die private
Verwertung ist zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem verwertenden
Gläubiger ein anderer vor- oder nachgeht. Der nachgehende Pfandgläubiger
kann aber die Befugnis zur privaten Verwertung faktisch nicht
durchsetzen, da er nicht gegen den auf seinem Recht zum Besitz beharrenden
Gläubiger aufkommen kann (OFTINGER aaO). Da der Bund wie ausgeführt am
Pflichtlager keinen Besitz hat und deshalb kein Pfandrecht begründen
kann, vermochte die Schranke des Besitzes hier die private Verwertung
nicht zu verhindern. Wirkt also der Sicherungsanspruch des Bundes nach
Art. 11 Abs. 2 KVG erst im Konkurs bzw. im Nachlassverfahren, so kann
mit der Einräumung des Rechts zur freihändigen Verwertung das System der
Pflichtlagerhaltung leicht unterlaufen werden. Dies widerspricht aber
dem Zweck der Gesetzesvorschrift und der Pflichtlagerordnung insgesamt.

    f) Eine analoge Lage besteht in den gesetzlichen Fällen
der Spezialexekution, der Betreibung auf Pfandverwertung und der
Pfändung, wenn sie von einem Dritten provoziert wird. Auf Anregung
des Bundesgerichts wurde deshalb mit Rücksicht auf den Zweck der
gesetzlichen Ordnung seinerzeit in Art. 11 und 12 der Verordnung über
die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 26. April 1963 (SR 531.105;
Aussonderungsverordnung) die Realisierung des Aussonderungsrechts in
diesen beiden Fällen gestattet. Dem Bund bleibt dabei sein vorrangiges
Befriedigungsrecht unter allen Umständen vorbehalten. Gemäss Art. 11
Abs. 1 der Aussonderungsverordnung kommt ihm nämlich in einer gegen den
Eigentümer eines Pflichtlagers angehobenen Betreibung auf Pfandverwertung,
deren Gegenstand das Pflichtlager bildet, für die nach Art. 11 und 12 KVG
durch Aussonderungsrecht gesicherten Forderungen die Stellung eines nicht
betreibenden Pfandgläubigers zu. Diese Bestimmung gilt ferner sinngemäss
für die Pfändung des Pflichtlagers (Art. 12 Aussonderungsverordnung).

    g) Aus dem Zweck der Gesetzesvorschrift und der gesamten gesetzlichen
Ordnung des Pflichtlagerwesens muss daher geschlossen werden, dass eine
private Verwertung der Pfänder, soweit daran Pflichtlagerkredite des Bundes
bestehen, nicht vorgenommen werden darf, ohne dass die vorgängigen Rechte
des Bundes respektiert werden.

Erwägung 4

    4.- Gegenüber dem Aussonderungsrecht des Bundes im Konkurs oder im
Nachlassverfahren haben alle an einem Pflichtlager begründeten Pfandrechte
zurückzutreten. Auch der gutgläubige Pfanderwerb ist gegenüber dem
Aussonderungsrecht nicht geschützt. Aus der Botschaft zum KVG geht hervor,
dass man sich bei der Schaffung des Aussonderungsrechts bewusst war, dass
die ganze Ordnung erheblich vom Sachenrecht und vom Betreibungsrecht abwich
und dass diese Abweichungen grundsätzlich durch den Gesetzgeber selber
festzulegen waren (BBl 1955 I S. 832 f.). Auch wenn nach dem Gesagten
angenommen werden muss, dass der Sicherungsanspruch des Bundes und
damit eine gewisse Eigentumsbindung bereits mit der Garantie des Bundes
entsteht, so fällt es doch schwer anzunehmen, es komme, ohne dass dies
ausdrücklich im Gesetz gesagt wäre, auch vor dem Konkurserkenntnis oder
der bewilligten Nachlassstundung nicht darauf an, ob der Pfandgläubiger
bei der Pfandbestellung gutgläubig war oder nicht. Eine solche Wirkung
hätte der Gesetzgeber ebenso wie die Folgen des Aussonderungsrechts im
Rahmen des Konkurses und der Nachlassstundung ausdrücklich im Gesetz
festhalten müssen.

    Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, hinsichtlich der im
KVG nicht näher umschriebenen Vorwirkung des Aussonderungsrechts einen
gewissen Schutz des guten Glaubens gelten zu lassen. In welchem Ausmass
der gute Glaube dabei berücksichtigt werden kann, ist nachfolgend anhand
der konkreten Umstände abzuklären. Dabei muss vorgängig untersucht werden,
wie diese Pfandbestellungen konkret abgewickelt wurden.

Erwägung 5

    5.- a) Den in den Akten liegenden Lagerpapieren des Lagerhauses SBB
in Brunnen sowie der Endabrechnung des SBV vom 31. Dezember 1976 sind
hinsichtlich der am 24. Dezember 1976 verwerteten Bestände des Pfandlagers
des SBV folgende Angaben zu entnehmen: Von den 595 t verwerteter Baumwolle
stammen fünf Positionen (407 t) aus Direkteinlagerungen nach Ankunft
der Ware aus Venedig. Die drei übrigen Positionen (188 t) gehen auf
Übertragungen aus dem Lager der Schuler & Co. zurück, ...

    b) Wie anlässlich der Instruktionsverhandlung vor dem Bundesgericht
abgeklärt werden konnte, (vgl. auch Brief der Firma Parisi an den DWK vom
10. August 1979) wurden dabei die Direktimporte wie folgt abgewickelt:
Die AG vormals Sigg & Co. verkaufte der Firma Schuler & Co. jeweils eine
bestimmte Partie Baumwolle, die sich im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
in der Türkei oder in Israel befand. Die Sigg AG liess dann die Ware per
Schiff nach Venedig transportieren. Noch während die Ware auf See war,
händigte sie dann die diese Baumwolle verkörpernden Konnossemente (bill
of lading) an den Spediteur, die Firma Francesco Parisi, zur freien
Verfügung der Firma Schuler & Co. aus ("im Auftrag und für Rechnung
der Firma Schuler & Co."). Die Speditionsfirma Parisi übernahm die
Ware in Venedig, verzollte sie in Chiasso auf den Namen Schuler und
transportierte sie bis nach Brunnen. Dort übergab Parisi die Baumwolle
dem Lagerhaus SBB wiederum auf den Namen Schuler & Co. Als die Ware im
Lagerhaus eingelagert war, meldete dieses telefonisch die Ankunft der Firma
Schuler & Co. und bat um Weisungen, auf wen die Lagerscheine auszustellen
seien. Schuler erteilte darauf in den hier betroffenen Fällen die Weisung,
die Lagerpapiere zugunsten des SBV auszustellen.

    c) ... Die Abklärungen anlässlich der Instruktionsverhandlung vor dem
Bundesgericht ergaben, dass die später von der GKB freihändig verwertete
Partie Baumwolle... aus dem Pfandlager des SBV in dasjenige der GKB
übergeführt worden war. Die Ware war an jenem Tag vom SBV freigegeben
worden und Schuler hatte das Lagerhaus der SBB angewiesen, die Baumwolle
nunmehr auf den Namen der GKB einzulagern.

Erwägung 6

    6.- a) Die Beklagten bestreiten in erster Linie, dass die direkt
aus dem Ausland importierten Waren überhaupt in die Pflichtlagerbindung
einzubeziehen sind.

    Das Aussonderungsrecht des Bundes beschränkt sich auf das Pflichtlager
(BGE 104 III 115 E. 3). Es versteht sich, dass der Sicherungsanspruch
sich ebenfalls nur auf das Pflichtlager beziehen kann.

    Gemäss Art. 7 Abs. 1 KVG werden für die Errichtung von Pflichtlagern
mit Firmen Verträge abgeschlossen, worin sich diese verpflichten, bestimmte
Vorräte an einem vereinbarten Ort im Inland sachgemäss zu lagern und
fortlaufend zu erneuern. Die Bestimmungen des Pflichtlagervertrags und
der "Wegleitung und Bedingungen für die Finanzierung von Pflichtlagern",
die dem sogenannten Verpflichtungsformular beigegeben sind, führen den in
Art. 7 Abs. 1 KVG bereits enthaltenen Grundsatz noch weiter aus. Diesen
Bestimmungen ist zu entnehmen, dass die Firma für sachgemässe Lagerung,
Besorgung, Auswechslung und Beaufsichtigung der Pflichtlagerware
verantwortlich ist. Die Auswechslung der Ware hat in der Weise zu
erfolgen, dass stets das gesamte in Art. 1 des Vertrags umschriebene
Pflichtlager an den erwähnten Einlagerungsorten mengenmässig sowie
in handelsüblichen Qualitäten und Dimensionen vorhanden ist (Art. 3
Abs. 2 des Pflichtlagervertrags). Nach Ziff. 4 der Wegleitung dürfen die
Pflichtlager ohne ausdrückliche schriftliche Bewilligung des Delegierten
für wirtschaftliche Kriegsvorsorge und Rückzahlung des entsprechenden
Teils des Bankkredits weder mengenmässig herabgesetzt noch qualitativ
verschlechtert werden. Daraus ergibt sich für die lagerhaltende Firma
die Pflicht, stets für eine genügende Menge der Pflichtlagerwaren in
handelsüblicher Qualität und Dimension besorgt zu sein (BGE 104 III
116 f.).

    Gemäss Art. 1 Abs. 1 der Aussonderungsverordnung wird der Gegenstand
des Aussonderungsrechts des Bundes an Pflichtlagern im Einzelfall auf Grund
des Pflichtlagervertrags und des Verpflichtungsformulars bestimmt. Abs. 2
präzisiert dazu: "Mengenmässig beschränkt sich das Aussonderungsrecht
auf die im Verpflichtungsformular verzeichneten Waren; innerhalb dieses
Rahmens unterliegen ihm sämtliche dem Lagerpflichtigen gehörenden Waren
der im Pflichtlagervertrag genannten Gattung, gleichgültig, ob diese
Waren sich an dem im Pflichtlagervertrag vereinbarten Ort oder anderswo
befinden, und gleichgültig, ob es sich um die im Verpflichtungsformular
ursprünglich angeführten oder um andere Sorten, Qualitäten und Provenienzen
handelt" (vgl. auch BGE 104 III 118 f. E. 5). Das Bundesgericht hat diese
Umschreibung des Gegenstands als gesetzmässig erachtet (BGE 104 III 122).

    b) Mit der Aushändigung der Konnossemente an den Spediteur Parisi
gab die Verkäuferin, die Firma Sigg, ihren Besitz und damit das Eigentum
an der Ware endgültig auf. Schuler wurde sodann Eigentümer der Baumwolle
und übte den Besitz daran mittelbar durch seinen Spediteur aus, der die
Ware in Venedig für ihn übernommen hatte und für den Transport in die
Schweiz sorgte. Dabei verzollte er die Ware auf den Namen der Schuler &
Co. und transportierte dann die Baumwolle bis nach Brunnen, wo er sie
dem Lagerhaus SBB auf den Namen der Schuler & Co. übergab.

    Die Baumwolle stand demnach schon bei ihrem Eintritt in die Schweiz
im Eigentum Schulers. Dieser erteilte dann auf Anfrage der Verwaltung
des Lagerhauses in Brunnen die Weisung an diese, die Waren auf den
SBV einzulagern. Schuler hatte jedenfalls danach das uneingeschränkte
Eigentum sogar noch im Zeitpunkt, als die Ware bereits in Brunnen,
d.h. am Pflichtlagerort eingelagert war. Nach dem Gesagten trat demnach
die Pflichtlagerbindung bis zur Höhe der Pflichtmenge grundsätzlich
bereits ein, bevor die Lagerscheine auf den SBV ausgestellt wurden.

    c) Auch die auf diese Weise direkt importierten Baumwollbestände
sind demnach an sich als pflichtlagergebunden anzusehen. Indes muss hier
nun der Gutglaubensschutz berücksichtigt werden. Es fragt sich deshalb,
ob der Pfandgläubiger bei der Pfandbestellung allenfalls trotzdem davon
ausgehen durfte, dass es sich nicht um Pflichtlagerwaren handelte. Dies
beurteilt sich nach den allgemeinen Regeln, wie sie auf Grund des Art. 3
Abs. 2 ZGB gelten. Danach ist der Pfandgläubiger dann im guten Glauben,
wenn keinerlei Umstände vorliegen, die bei Anwendung der Aufmerksamkeit,
die von ihm verlangt werden darf, die Annahme ausschliessen, dass es sich
um freie und nicht um pflichtlagergebundene Pfänder handelt (vgl. OFTINGER
aaO N. 355 zu Art. 884 ZGB; JÄGGI, Berner Kommentar, Einleitungsband,
N. 114 f. zu Art. 3 ZGB).

    In diesem Sinn und nicht zuletzt mit Rücksicht auf die
Verkehrssicherheit erscheint es gerechtfertigt, zwischen den
Pfandbestellungen zu unterscheiden, die aus Direktimporten erfolgten
und denjenigen, die als Überschreibungen aus dem Lager der Schuler &
Co. gekennzeichnet waren. Bei den Direktimporten ist anzunehmen, dass der
Pfandgläubiger grundsätzlich davon ausgehen konnte, dass es sich um freie
und nicht um pflichtlagergebundene Waren handelte, die ihm verpfändet
wurden; es wäre denn, es hätten ganz besondere Umstände vorgelegen,
aus denen hervorginge, dass der Pfandgläubiger wusste, dass die direkt
importierten Waren ins Pflichtlager gehörten.

    Der DWK nimmt an, dass der Bankverwalter der SBV-Agentur in
Wetzikon wusste, dass wahrscheinlich das Pflichtlager nicht aufgefüllt
war. Er meint, es hätte diesem auf jeden Fall auffallen müssen, dass
das in den Bilanzen der Schuler & Co. ausgewiesene Pflichtlager nur
noch einen minimalen Spielraum für freie, verpfändbare Baumwollvorräte
offenliess. Indes selbst wenn dies dem Bankverwalter aufgefallen war oder
hätte auffallen müssen, so musste er daraus nicht schliessen, dass neu
importiert Ware dem Pflichtlager hätte gutgeschrieben werden müssen,
da damit nicht die bestehenden Betriebsvorräte verringert wurden. In
bezug auf die erwähnten fünf verwerteten Lagerpositionen, die auf solche
Direktimporte zurückgingen, sind daher die Pfandbestellungen als gültig
anzusehen und demnach eine Verletzung des KVG zu verneinen. In diesem
Umfang muss daher die Klage gegen den SBV abgewiesen werden.

    d) Hingegen spricht der Rechtsschein gegen den Pfandgläubiger,
soweit dieser die Pfänder aus einem bereits bestehenden Lager des
Schuldners erhielt. In diesem Fall muss der Pfandgläubiger grundsätzlich
damit rechnen, es könnte sich bei der Überschreibung aus dem Lager des
Schuldners um Pflichtlagerwaren handeln. Dies gilt zumindest dann, wenn
es sich beim Pfandgläubiger wie hier um eine Bank handelt, die über das
Pflichtlagergeschäft im Bild ist. Der Pfandgläubiger muss daher die Lage
vorher abklären und sich gegebenenfalls bei der Verwaltung (DWK) zuvor
erkundigen. Eine Bank, die unbesehen Lagerbestände eines Importeurs
zu Pfand nimmt, ohne irgendwelche Abklärungen vorzunehmen, kann sich
deshalb nicht auf den guten Glauben berufen. Es ist ihr auch zuzumuten,
das Bankpersonal entsprechend zu instruieren.

    e) Daraus folgt, dass der Hinweis "Ex Lager Schuler" auf den drei
Lagerscheinen der SBB hinsichtlich jener Positionen, die vom Lager der
Schuler & Co. auf den SBV überschrieben worden waren, genügte, um den
guten Glauben des SBV zu zerstören. Es ist deshalb abzuklären, inwiefern
die drei Übertragungen aus dem Lager der Schuler & Co. vom 22. März,
15. Juni und 2. September 1976 Pflichtlagerbestände betrafen.

    f) Hinsichtlich der GKB erübrigt sich eine Auseinandersetzung über
den Gutglaubensschutz, da ihr gegenüber die Klage, wie nachfolgend zu
zeigen ist, ohnehin abgewiesen werden muss (vgl. E. 7c).

Erwägung 7

    7.- a) ... Jene Pfandbestellungen zugunsten des SBV (E. 6 lit. e)
sind als gültig anzusehen, soweit sie sich auf sog. freie Betriebsvorräte
stützen konnten; hingegen unterliegen sie dem Herausgabeanspruch, soweit
sie auf pflichtlagergebundenen Beständen errichtet wurden. Es ist deshalb
für jede Position einzeln zu untersuchen, ob die von den Beklagten zu Pfand
genommene Baumwolle im Zeitpunkt der Pfandbestellung aus solchen freien
Vorräten stammte oder nicht. Dabei ergeben sich die betriebsfreien Vorräte
aus der Differenz zwischen dem gesamten Lager der Schuler & Co. und dem
Pflichtlager der Firma ... Soweit der Pfandlagerbestand grösser ist als
die freien Betriebsvorräte, liegt hinsichtlich der Faustpfandbestellung
eine Verletzung des Sicherungsanspruchs des Bundes und mithin des KVG
vor. In diesem Ausmass ist die Klage dann begründet.

    b) (... Die drei Pfandnahmen des SBV betrafen fast vollständig
Pflichtlagerbestände.)

    c) (Hinsichtlich der vom SBV auf die GKB überschriebenen Pfänder
bestanden genügend betriebsfreie Vorräte.)

Erwägung 8

    8.- Für den Fall, dass das Bundesgericht eine grundsätzliche
Herausgabepflicht des SBV bejaht, macht dieser Herabsetzungsansprüche
geltend. Er wirft den Organen des DWK vor, die jährlichen Kontrollen
des Pflichtlagers nicht ordnungsgemäss durchgeführt zu haben. Namentlich
sei bei der Kontrolle dem Umstand keine Beachtung geschenkt worden,
dass die Lagerscheine im Lagerhaus der SBB in Brunnen zum Teil auf den
SBV lauteten. Hätte der Kontrollbeamte seine Pflicht getan, so wären die
"Doppelverpfändungen" schon früh erkannt worden und Schuler hätte sein
Pflichtlager nicht so weit abbauen können.

    a) Beim Herausgabeanspruch nach Art. 28 KVG handelt es sich nicht
um einen Schadenersatzanspruch, sondern um eine Verwaltungsmassnahme zur
Vorteilsabschöpfung. Allfällige Herabsetzungsgründe, die möglicherweise
im Schadenersatzrecht in Betracht fielen, kommen deshalb von vornherein
nicht in Frage. Das KVG beschränkt im übrigen den Schutz bloss auf dritte
Geschädigte und Berechtigte (Art. 28 Abs. 2 und 4 KVG), deren gesetzliche
und vertragliche Ansprüche gegenüber dem zur Herausgabe Verpflichteten
zu berücksichtigen sind.

    b) Auch eine Verrechnung mit einem allfälligen Anspruch des SBV
aus Verantwortlichkeitsgesetz ist nicht denkbar. Sie kann nicht gegen
den Willen der Klägerin vorgenommen werden (Art. 125 Ziff. 3 OR, BGE
91 I 294 f.; IMBODEN/RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung 5. Auflage,
Bd. I, Nr. 22 S. 196 Ziff. III; GRISEL, Droit administratif suisse,
S. 345) und scheidet deshalb bereits aus diesem Grund aus. Darüber
hinaus wäre auch ein Anspruch nach Verantwortlichkeitsgesetz nicht
gegeben. Nach Art. 3 Abs. 1 Verantwortlichkeitsgesetz haftet der Bund
für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit
Dritten widerrechtlich zufügt. Danach besteht eine Haftung des Bundes
nur, wenn die dem Verantwortlichkeitsgesetz unterstehenden Personen eine
Rechtsnorm verletzt haben, die zum Schutz des Geschädigten aufgestellt ist
(BGE 94 I 642 ff. E. 5; vgl. auch BGE 103 Ib 68). Diese Voraussetzung
ist hier nicht erfüllt, Die Kontrollvorschriften des Bundes betreffend
die Pflichtlager dienen ausschliesslich dem öffentlichen Interesse
des Bundes, der im Hinblick auf die Kriegsvorsorge darauf angewiesen
ist, dass die Vorräte tatsächlich vorhanden sind. Hingegen wollen die
Kontrollvorschriften nicht auch den Pflichtlagerhalter selber schützen;
noch viel weniger sind sie dafür eingerichtet, private Interessen der
Gläubiger des Pflichtlagerhalters zu verfolgen.