Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IB 412



106 Ib 412

62. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28.
November 1980 i.S. Aeschlimann gegen Michel und Eidg. Pachtzinskommission
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 103 lit. a OG, Art. 12 Pachtzinsgesetz (SR 942.10).

    Legitimation des Pächters zur Beschwerde gegen die rückwirkende
Festsetzung des zulässigen Pachtzinses; die zivilrechtliche
Rückforderungsklage nach Art. 62 ff. OR wird durch Art. 12 Pachtzinsgesetz
ausgeschlossen.

Sachverhalt

    A.- Am 15. März 1964 nahm Alfred Aeschlimann den Hof Eichholz in der
Gemeinde Köniz/BE von den Vorgängern der heutigen Eigentümer in Pacht.
Dieses Pachtverhältnis wurde nach dem Eigentümerwechsel weitergeführt
und am 15. März 1979 infolge Kündigung durch die Verpächter beendet. Der
ursprüngliche Pachtzins wurde von der kantonalen Pachtzinsstelle am
27. Februar 1964 genehmigt. Im Laufe der Pacht erhöhten die Parteien
diesen Zins mehrmals wegen zusätzlicher Investitionen, infolge Änderung
des Pachtzinssatzes und zur Abgeltung nicht erbrachter Naturalleistungen;
um die vorgeschriebene behördliche Genehmigung ersuchten sie nicht.

    Am 25. Januar 1979 setzte die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Bern
den zulässigen jährlichen Pachtzins seit dem Pachtjahre 1973 fest. Eine
Beschwerde des Pächters an die Eidg. Pachtzinskommission hatte keinen
Erfolg. Das Bundesgericht tritt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
des Pächters nicht ein, soweit dieser die Pachtzinsfestsetzung seit der
ersten Erhöhung für das Pachtjahr 1964-1965 verlangt, aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Art. 6 des Bundesgesetzes über die Kontrolle der
landwirtschaftlichen Pachtzinse vom 21. Dezember 1960 (Pachtzinsgesetz
in SR 942.10) unterliegen Entscheide der Eidg. Pachtzinskommission der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, wobei die Bestimmungen
der Bundesrechtspflege anwendbar sind. Art. 103 lit. a OG erklärt
denjenigen als zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, der durch
die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse
an deren Aufhebung oder Änderung hat. Diese Bestimmung setzt somit -
wie der übereinstimmende Artikel 48 VwVG - ein eigenes und aktuelles
Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers an der Aufhebung oder Änderung
des angefochtenen Entscheides voraus. Dieses Rechtsschutzinteresse
besteht im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem
Beschwerdeführer eintragen würde, bzw. in der Abwendung eines Nachteils,
den die angefochtene Verfügung für den Beschwerdeführer zur Folge hat (BGE
104 Ib 249 E. b, c mit Hinweisen; vgl. auch BGE 103 Ib 339 mit Verweisen,
101 Ib 213 E. a, b).

    Der Beschwerdeführer verlangt die Festlegung des zulässigen Pachtzinses
für die gesamte Pachtdauer seit der ersten, nicht genehmigten Erhöhung
im Jahre 1964. Daran hat er ein Interesse, soweit er eine allfällige
Differenz zu seinen Gunsten zurückerhalten kann.

    b) Soweit ein nicht genehmigter Pachtzins das gesetzlich zulässige
Maximum übersteigt, ist er nichtig (BGE 98 Ia 191 E. c). Der Pächter
bezahlt in diesem Umfange eine Nichtschuld und kann den zuviel bezahlten
Betrag grundsätzlich nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte
Bereicherung (Art. 62 ff. OR) vom Verpächter zurückfordern, sofern
die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes anwendbar
sind und nicht durch das Pachtzinsgesetz ausgeschlossen werden. Das
Bundesgericht hatte bisher mit freier Kognition nicht zu entscheiden,
ob die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes Anwendung finden
(vgl. BGE 98 Ia 191 E. c, d, 93 II 107). Das Pachtzinsgesetz enthält
keine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob der Pächter einen über das
gesetzliche Maximum hinausgehenden Pachtzins zurückfordern kann, den
er aufgrund einer nicht genehmigten Vereinbarung mit dem Verpächter
bezahlt hat. Das Pachtzinsgesetz bedroht hingegen in den Artikeln 10
ff. Widerhandlungen gegen die Vorschriften über die Bewilligungspflicht
mit Strafe. Nach Art. 12 des Gesetzes kann der Richter unter anderem
den Beschuldigten, ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit, zur Bezahlung
eines dem unrechtmässigen Vorteil entsprechenden Betrages an den für die
Pachtzinskontrolle zuständigen Kanton verpflichten. Er kann auch verfügen,
dass dieser Vermögensvorteil ganz oder teilweise dem Pächter herauszugeben
ist. Bei der Bestimmung des herauszugebenden Vermögensvorteils sind
die finanziellen Verhältnisse des zur Herausgabe Verpflichteten zu
berücksichtigen.

    Gemäss Botschaft des Bundesrates hat der Gesetzgeber mit Art. 12
Pachtzinsgesetz den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch
ausschliessen wollen. Er wollte es dem Strafrichter überlassen abzuklären,
unter welchen Umständen die unerlaubte Zahlung zustandegekommen sei
und ob Billigkeitsgründe für eine ganze oder teilweise Herausgabe
des Vermögensvorteils an den Pächter vorlägen. Der Gesetzgeber ging
davon aus, dass die gewöhnlichen Regeln des Obligationenrechtes über
die ungerechtfertigte Bereicherung meistens nicht genügten, um die
von der Pachtzinskontrolle angestrebte Zielsetzung zu erreichen, da
der Pächter als wirtschaftlich schwächere Vertragspartei einerseits
in der Regel das Risiko nicht auf sich nehme, den Verpächter auf dem
Zivilweg ins Recht zu fassen, und anderseits seine Chancen, einen ihm
billigerweise zustehenden Anspruch angesichts der Voraussetzungen des
Bereicherungsanspruches (Art. 63, 66, 67 OR) durchzusetzen, gering seien
(BBl 1960 II 507 f.) Es mag zwar fraglich erscheinen, ob der Schutz des
Pächters entsprechend der Zwecksetzung des Pachtzinsgesetzes mit einem
Ausschluss der zivilrechtlichen Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung
verstärkt werden kann (vgl. JEANPRÊTRE, Le contrôle des fermages agricoles
et le droit civil in Mélanges Roger Secrétan, Montreux 1964, S. 145
f., vgl. auch RAVAIOLI, Die landwirtschaftliche Pachtzinskontrolle,
Diss. Zürich 1979, S. 78 f.). Der klare Wille des Gesetzgebers, die
Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung durch Art. 12 Pachtzinsgesetz
auszuschliessen, kommt indessen darin zum Ausdruck, dass auch das Verhalten
des Pächters mit Strafe bedroht wird, wenn dieser den Bestimmungen des
Gesetzes zuwiderhandelt (Art. 10 Pachtzinsgesetz). Daraus ergibt sich,
dass das Pachtzinsgesetz den Pächter als schwächere Vertragspartei nicht
unter allen Umständen schützen will, sondern nur insoweit, als dies im
Einzelfall gerechtfertigt erscheint. Das Gesetz überlässt es deshalb dem
Strafrichter, aufgrund der Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ob und in
welchem Umfang bereits bezahlte unzulässige Pachtzinse dem Pächter zufallen
sollen (Art. 12 Abs. 1, 3 Pachtzinsgesetz). Die zivilrechtliche Klage
aus ungerechtfertigter Bereicherung wird durch Art. 12 Pachtzinsgesetz
ausgeschlossen.

    c) Der Beschwerdeführer kann dennoch ein schutzwürdiges Interesse
haben an der Feststellung, dass vereinbarte Pachtzinse gegen
Bundesrecht verstiessen, soweit er nämlich gegebenenfalls aufgrund
von Art. 12 Abs. 1 Pachtzinsgesetz beim Strafrichter ein Begehren um
Herausgabe unrechtmässiger Vermögensvorteile stellen könnte. Nach
Art. 12 Abs. 4 Pachtzinsgesetz kann jedoch die Bezahlung eines dem
unrechtmässigen Vermögensvorteil entsprechenden Betrages an den Kanton
bzw. die Herausgabe an den Pächter nicht mehr verfügt werden, wenn
die Strafverfolgungsverjährung gemäss Art. 10 Abs. 2 Pachtzinsgesetz
eingetreten ist. Nach dieser Bestimmung verjährt die Strafverfolgung
in fünf Jahren. Soweit demnach Widerhandlungen mehr als fünf Jahre
zurückliegen, hat der Pächter mangels Eröffnung eines Strafverfahrens zum
vorneherein keine Möglichkeit, über das zulässige Mass hinaus bezahlte
Pachtzinsen zurückzuerhalten.

    d) Im vorliegenden Fall ist (noch) kein Strafverfahren eröffnet
worden. Der Beschwerdeführer hat somit keine Möglichkeit mehr,
unrechtmässige Leistungen zurückzuerhalten, soweit diese mehr als fünf
Jahre zurückliegen. Er hat deshalb kein Interesse daran, dass der Pachtzins
im vorliegenden Verfahren auch für die Periode festgesetzt wird, die
länger als fünf Jahre zurückliegt. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ist deshalb bloss insoweit einzutreten, als sie die Höhe des Pachtzinses
während der letzten fünf Jahre zum Gegenstand hat.