Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IB 325



106 Ib 325

48. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30.
September 1980 i.S. Hauri gegen Sportbahnen Danis AG, Gemeinde Vaz/Obervaz
und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Raumplanung; intertemporales Recht.

    Da das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren der Kontrolle
der Rechtmässigkeit des angefochtenen Entscheides dient, überprüft das
Bundesgericht im Falle einer im Laufe dieses Verfahrens eingetretenen
Rechtsänderung den Entscheid in der Regel aufgrund des alten Rechts,
sofern nicht zwingende Gründe für die Anwendung des neuen Rechts sprechen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Da der angefochtene Entscheid unter der Herrschaft des
Bundesbeschlusses über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der
Raumplanung vom 17. März 1972 (BMR) erging, bei der Beurteilung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde jedoch das Bundesgesetz über die Raumplanung
vom 22. Juni 1979 (RPG) in Kraft steht, stellt sich die Frage, ob das
Bundesgericht das alte oder das neue Recht anzuwenden hat. Das RPG enthält
keine Übergangsbestimmungen. Die Frage des anwendbaren Rechts ist deshalb
nach allgemeinen Prinzipien zu entscheiden.

    Die Rechtmässigkeit eines Verwaltungsaktes ist grundsätzlich
nach der Rechtslage zur Zeit seines Erlasses zu beurteilen, während
nachher eingetretene Änderungen unberücksichtigt bleiben müssen. Da die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 104 OG in erster Linie zu einer
Kontrolle der Rechtmässigkeit der angefochtenen Entscheide durch das
Bundesgericht führt, ist nach dem erwähnten Grundsatz davon auszugehen,
dass im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens
eingetretene Rechtsänderungen in der Regel unbeachtlich sind und
das Bundesgericht ausschliesslich zu prüfen hat, ob der angefochtene
Entscheid mit dem zur Zeit seines Erlasses geltenden Recht im Einklang
steht. Eine Ausnahme ist dann zu machen, wenn zwingende Gründe dafür
bestehen, dass das neue Recht sogleich zur Anwendung kommt. Das
Bundesgericht erachtete diese Voraussetzungen beim eidgenössischen
Gewässerschutzgesetz vom 8. Oktober 1971 (GSchG 1971) als gegeben. Es wies
darauf hin, die Bestimmungen dieses Gesetzes brächten eine Verschärfung der
Gewässerschutzvorschriften und sollten eine möglichst rasche Verhinderung
weiterer Gewässerverunreinigungen gewährleisten. Es dränge sich daher
um der öffentlichen Ordnung willen auf, das GSchG 1971 in Anlehnung an
die Bestimmungen des Schlusstitels des ZGB auf alle Fälle anzuwenden,
in denen das den Gewässerschutz betreffende Verfahren im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des neuen Rechts noch nicht abgeschlossen sei (BGE 99 Ib
152 f. E. 1, 99 Ia 125 E. 9). Auf dem Gebiet der Raumplanung liegen
indes wesentlich andere Verhältnisse vor als beim Gewässerschutz. Das
RPG bringt im Vergleich zum BMR keine Verschärfung der Vorschriften. Es
ermöglicht vielmehr Bund und Kantonen, die befristeten Massnahmen in das
ordentliche Recht überzuführen (Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar
1978, BBl 1978, Bd. I, S. 1033). Sodann erweitert das RPG im Gegensatz zum
GSchG 1971, das den Beschwerdeinstanzen des Bundes auch eine umfassende
Ermessenskontrolle überträgt (Art. 10), die Kognition des Bundesgerichts
gemäss Art. 104 OG nicht. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass,
bei der Überprüfung des angefochtenen Entscheids das neue Recht
anzuwenden. Würde hier gleich vorgegangen wie beim GSchG 1971, hätte das
Bundesgericht als erste und einzige Instanz das RPG anzuwenden, wobei ihm -
wie erwähnt - keine uneingeschränkte Ermessenskontrolle zustünde. Das wäre
wohl mit dem Sinn des RPG kaum vereinbar, würde doch mit diesem Vorgehen
die den kantonalen Behörden zustehende und vom RPG für wenigstens eine
Beschwerdeinstanz ausdrücklich vorgeschriebene volle Überprüfung (Art. 33
Abs. 3 lit. b) nicht respektiert. Für die Beurteilung der vorliegenden
Beschwerde ist demnach das alte Recht massgebend, d.h. es ist zu prüfen,
ob die Regierung den im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids geltenden
BMR samt den eidgenössischen und den kantonalen Ausführungsbestimmungen
richtig angewendet hat.