Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IA 62



106 Ia 62

14. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Mai
1980 in Sachen Baumann und Neininger gegen Baumann sowie Gemeinderat
Ingenbohl und Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 88 OG.

    Legitimation des Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen
willkürlicher Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die
höchstzulässige Ausnützung von Bauparzellen.

Sachverhalt

    A.- Hans Baumann und Werner Neininger sind Eigentümer der nebeneinander
liegenden Parzellen 575 und 595 im Gebiet des Quartierplanes Wylen in
der Gemeinde Ingenbohl. Auf dem an die Parzelle 595, nicht aber an die
Parzelle 575, anstossenden Grundstück plant Tino Baumann die Erstellung
eines Doppeleinfamilienhauses. Hans Baumann und Werner Neininger legten
Einsprache gegen das Bauprojekt ein, welche jedoch keinen Erfolg hatte;
auch ihre Beschwerden an den Regierungsrat und an das Verwaltungsgericht
wurden abgewiesen. Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts ergriffen
Hans Baumann und Werner Neininger staatsrechtliche Beschwerde wegen
Verletzung von Art. 4 BV. Sie werfen dem Verwaltungsgericht Willkür bei
der Festlegung der massgebenden Ausnützungsziffer und bei der Berechnung
der effektiven Ausnützung vor. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerden
beider Nachbarn ein aus folgender

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägung:

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer als Eigentümer der dem Grundstück des
Beschwerdegegners Tino Baumann benachbarten Liegenschaften sind zur
Anfechtung der Baubewilligung mit staatsrechtlicher Beschwerde befugt,
soweit sie die Verletzung von Bauvorschriften geltend machen, die ausser
den Interessen der Allgemeinheit auch oder in erster Linie dem Schutz
der Nachbarn dienen, sofern sie sich im Schutzbereich der Vorschriften
befinden und durch die behaupteten widerrechtlichen Auswirkungen der
Baute betroffen werden. Nicht entscheidend ist, ob sie im kantonalen
Verfahren zum Baurekurs zugelassen worden sind (BGE 102 Ia 93 f. E. 1;
99 Ia 254 f. E. 4 mit Verweisungen).

    Die Beschwerdeführer werfen dem Verwaltungsgericht eine Verletzung
der Vorschriften über das höchstzulässige Mass der baulichen Nutzung
vor. Die entsprechenden Bestimmungen der im vorliegenden Fall zur Anwendung
gelangenden "Besonderen Bauvorschriften zum Zonen- und Überbauungsplan
für das Planungsgebiet Wylen" bilden Teil der Zonenvorschriften, welche
die Nutzungsart, die Bauweise, die Länge und Höhe der Gebäude sowie
deren Geschosszahl regeln. Die ziffernmässige Begrenzung der maximalen
Ausnützung ist für die Dichte der Überbauung bedeutsam, indem sie zu einer
Beschränkung der Baukuben im Verhältnis zur Parzellenfläche führt. Diese
Zweckbestimmung liegt nicht nur im allgemeinen öffentlichen Interesse,
sondern gewährt auch den Nachbarn eine Sphäre rechtlich geschützter
Interessen. Vom Mass der Nutzung hängt wesentlich die Belastung der auch
den Nachbarn dienenden Erschliessungsanlagen, das Mass der Immissionen,
die Sicherung der Frei- und Grünflächen sowie des Lichteinfalles ab. Die
Beschwerdeführer, deren Liegenschaften der gleichen Zone wie das Grundstück
des Beschwerdegegners Tino Baumann zugewiesen sind, befinden sich im
Schutzbereich dieser Vorschriften. Auch ist nicht auszuschliessen, dass
sie als Nachbarn durch die behauptete widerrechtliche Überschreitung
des zulässigen Nutzungsmasses betroffen werden. Auf ihre Beschwerden ist
daher einzutreten.