Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IA 56



106 Ia 56

12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
26. März 1980 i.S. Peribella AG gegen Gemeinde Wohlen und Regierungsrat
des Kantons Aarau (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 86 Abs. 2 OG.

    Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen Entscheide des
aargauischen Regierungsrates über Einsprachen gegen Zonenpläne?

Sachverhalt

    A.- Gegen einen von der Gemeinde Wohlen öffentlich aufgelegten
Zonenplan erhob die Peribella AG Einsprache, die vom Einwohnerrat verworfen
und an den Regierungsrat des Kantons Aargau weitergeleitet wurde, der im
Sinne von § 146 des kantonalen Baugesetzes in Verbindung mit § 13 der
Vollziehungsverordnung zu den §§ 103-116 des Einführungsgesetzes zum
ZGB über Bauvorschriften der Gemeinden (VV EG/ZGB) darüber endgültig
zu entscheiden hat. Der Regierungsrat des Kantons Aargau wies die
Einsprache indessen ab. Gegen diesen Entscheid führt die Peribella AG beim
Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
BV und Art. 22ter BV. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde ein,
und zwar aus folgender

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig,
wenn zuvor der kantonale Instanzenzug ausgeschöpft worden ist (Art.
86 Abs. 2 OG). Gemäss § 147 des kantonalen Baugesetzes unterliegen die
Gemeindebauvorschriften der Genehmigung durch den Grossen Rat. Indessen
ist dieser gegenüber dem Regierungsrat nicht Rechtsmittelinstanz. Der
Regierungsrat leitet denn auch nach § 13 Abs. 2 VV EG/ZGB die "bereinigte
Vorlage" an den Grossen Rat zur Genehmigung weiter, und zwar erst
nachdem er zuvor über die Einsprachen "endgültig" entschieden hat. Es
kann somit nicht davon die Rede sein, dass der Einsprecher im Verfahren
vor dem Grossen Rat Parteistellung hätte, so dass es sich unter diesem
Gesichtspunkt beim angefochtenen Beschluss um einen letztinstanzlichen
Entscheid im Sinne von Art. 86 Abs. 2 OG handelt.

    b) Allerdings können gemäss § 68 des aargauischen Gesetzes über die
Verwaltungsrechtspflege "Vorschriften verwaltungsrechtlicher Natur ... in
Erlassen der Gemeinden ... dem Verwaltungsgericht jederzeit zur Prüfung
auf ihre Verfassungs- und Gesetzmässigkeit unterbreitet werden". Dieses
abstrakte Normenkontrollverfahren ist einem Rechtsmittelverfahren im Sinne
Von Art. 86 Abs. 2 OG gleichzusetzen. Steht dieser kantonale Rechtsbehelf
offen, so muss er, vorbehältlich der in Art. 86 Abs. 2 Satz 2 OG genannten
Ausnahmen, vor Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde ergriffen
werden (BGE 104 Ia 135 E. 1, 103 Ia 362 E. 1a). Angefochten ist mit
der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde ein Zonenplan. Zonenpläne
vereinigen indes sowohl die Merkmale von Einzelverfügungen als auch jene
von allgemein verbindlichen Erlassen auf sich (BGE 104 Ia 67 E. 2b, 185
E. 2d, 95 I 550 E. 2, 94 I 341 E. 3). Da entsprechende Entscheide nicht
bekannt sind, steht dahin, ob das aargauische Verwaltungsgericht den hier
in Frage stehenden Zonenplan als Erlass im Sinne von § 68 des aargauischen
Verwaltungsrechtspflegegesetzes und das abstrakte Normenkontrollverfahren
daher als zulässig ansehen würde. Bestehen aber somit, wie hier, an der
Zulässigkeit eines kantonalen Rechtsbehelfs ernstliche Zweifel, so braucht
er unter dem Gesichtspunkt von Art. 86 Abs. 2 OG nicht ergriffen zu werden
(BGE 97 I 199 E. 2, 96 I 644 E. 1 mit Hinweisen). Von da her erweist
sich die staatsrechtliche Beschwerde somit als zulässig.