Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IA 267



106 Ia 267

50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 9. Mai 1980 i.S. Oswald und Niederer gegen Regierungsrat und
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste

    Art. 31 und 4 BV; Verbot einer "Peep-Show".

    1. Art. 31 BV, Tragweite, Kognition des Bundesgerichtes (E. 1).

    2. Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit aus Gründen der
öffentlichen Sittlichkeit (E. 3).

    3. Das Verbot einer "Peep-Show" verstösst weder gegen Art. 31 BV noch
gegen das verfassungsmässige Rechtsgleichheitsgebot (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Am 26. Februar 1979 gelangten Alex Oswald und Maya Niederer,
Eigentümer der Liegenschaft Lämmlisbrunnenstrasse 18/Linsenbühlstrasse
19 in St. Gallen, an das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit
(KIGA) und ersuchten um Erteilung eines Patentes für den Betrieb einer
"Peep-Show" ("Stützli-Sex"). Wie aus der Beschreibung im Patentgesuch
Alex Oswalds und Maya Niederers hervorgeht, handelt es sich bei der
"Peep-Show" um die Zurschaustellung nackter Frauen. Rund um ein Podium
von 1,8 m Durchmesser, das mit einer würfelförmigen Sitzgelegenheit
versehen ist, sind Zuschauerkabinen angeordnet, die mit eigenen, von
innen verschliessbaren Eingängen versehen sind. Eine solche Kabine
kann jeweils nur eine Person aufnehmen. Der Ablauf der Vorführung
gestaltet sich nach der Darstellung der Beschwerdeführer wie folgt:
Die posierende, nackte Frau verhält sich auf dem runden Podium still,
während sich das Podium selbst in einem Zeitraum von 1,5 Minuten einmal
vollständig dreht. In den Zuschauerkabinen sind Automaten angebracht, die
beim Einwurf eines Frankenstücks den Blick auf die posierende Frau durch
ein Guckloch für 30 Sekunden freigeben. Der Zuschauer kann beliebig oft
Geld nachwerfen. Reklamentafeln sind keine vorgesehen, bloss die Anschrift
"Peep-Show" soll auf die Schaustellung aufmerksam machen.

    Das KIGA lehnte das Patentgesuch ab. Rekurse gegen diese Verweigerung
des Patentes an den Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen hatten keinen Erfolg. Das Bundesgericht weist die
staatsrechtliche Beschwerde der Gesuchsteller, die eine Verletzung
der Handels- und Gewerbefreiheit sowie des verfassungsmässigen
Rechtsgleichheitsgebotes rügen, ab aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Art. 31 der Bundesverfassung gewährleistet die Handels- und
Gewerbefreiheit. Der Begriff von Handel und Gewerbe im Sinne dieser
Verfassungsnorm ist nach der Rechtsprechung weit zu verstehen und umfasst
jede privatwirtschaftliche Tätigkeit, die die Erzielung eines Gewinnes oder
eines Erwerbseinkommens bezweckt. Soweit eine solche Tätigkeit nicht mit
Strafe bedroht ist, geniesst sie grundsätzlich auch dann den Schutz der
Handels- und Gewerbefreiheit, wenn sie als sittlich anstössig erscheinen
mag (BGE 103 Ia 261 f. E. 2a mit Verweisen; vgl. insbesondere auch BGE
101 Ia 476 E. 2b).

    Gemäss Art. 31 Abs. 2 BV können die Kantone Bestimmungen über
die Ausübung von Handel und Gewerbe erlassen; sie dürfen jedoch den
Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen. Die
bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt deshalb, dass Einschränkungen
der Handels- und Gewerbefreiheit auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im
öffentlichen Interesse liegen und die Grundsätze der Verhältnismässigkeit
und Rechtsgleichheit beachten (BGE 105 Ia 71 E. 4b, 104 Ia 198 E. 2b
jeweils mit Verweisen). Dabei genügt für Eingriffe in die Handels-
und Gewerbefreiheit nicht jedes irgendwie geartete öffentliche
Interesse; untersagt sind den Kantonen namentlich Massnahmen mit
wirtschaftspolitischer Zielsetzung (BGE 103 Ia 262 E. 2a, 102 Ia 114 E. 3
jeweils mit Verweisen). Zulässig sind dagegen polizeilich motivierte
Eingriffe zum Schutze der öffentlichen Sittlichkeit, Ruhe, Ordnung,
Sicherheit und Gesundheit sowie von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr
(BGE 104 Ia 475 E. 2, 103 Ia 262 E. 2a mit Verweisen).

    Rügt ein Bürger die Verletzung eines speziellen Grundrechtes durch
die kantonalen Behörden, so prüft das Bundesgericht die Auslegung und
Anwendung kantonalen Rechtes grundsätzlich nur unter dem beschränkten
Gesichtswinkel der Willkür. Liegt dagegen ein besonders schwerer Eingriff
in das angerufene Grundrecht vor, so prüft es auch die Auslegung kantonalen
Rechts mit freier Kognition. Frei prüft das Bundesgericht in jedem Fall,
ob eine an sich vertretbare Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts
mit den angerufenen verfassungsmässigen Rechten vereinbar ist. Dabei
auferlegt es sich jedoch Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von einer
Würdigung örtlicher Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden
besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, und soweit sich
ausgesprochene Ermessensfragen stellen (BGE 104 Ia 475 E. 1, 177 f. E. 3;
103 Ia 431 E. 4a jeweils mit Hinweisen; vgl. auch BGE 104 Ia 126 E. 2a).

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 4 Ziffer 5 des st. gallischen Gesetzes über den
Marktverkehr und das Hausierwesen vom 28. Juni 1887 (MHG) ist als Hausieren
oder Gewerbebetrieb im Umherziehen aufzufassen:

    "Die Ausübung künstlerischer Hausiergewerbe (herumziehende
Schauspieler,

    Sänger, Musikanten, Kunstreiter, Seiltänzer, Taschenspieler usw.) und
die
   gewerbsmässige Schaustellung von Naturgegenständen und Kunstwerken
   (Menagerien, Panoramas usw.)."

    Als künstlerisches Hausiergewerbe im Sinne dieser Bestimmung sind
gemäss Art. 7 des Nachtragsgesetzes zum MHG vom 31. Dezember 1894 (NG
zum MHG) ausserdem aufzufassen:

    "Alle gegen Entgelt stattfindenden örtlichen Produktionen in Gesang,

    Musik, Taschenspielerei usw., gleichviel, ob die betreffenden
Personen oder

    Gesellschaften in der Gemeinde, wo die Produktion stattfindet, oder
   anderswo domiziliert sind. Wenn bei derartigen Produktionen ein höheres
   wissenschaftliches oder Kunstinteresse obwaltet, so kann das zuständige

    Departement von der Unterstellung desselben unter das Gesetz Umgang
   nehmen."

    Die Hausiergewerbe und gewerbsmässigen Schaustellungen nach Art. 4
MHG sind patentpflichtig (Art. 7 MHG). Kein Patent wird unter anderem
gemäss Art. 8 MHG erteilt, wenn mit der Ausübung des Gewerbes:

    "In sittlicher Beziehung Anstoss erregt wird" (lit. a)

    oder wenn

    "eine Belästigung des Publikums damit verbunden ist, wie bei

    Orgelspielern, Bänkelsängern, Bärenführern usw. (lit. c)."

    Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen hat den Beschwerdeführern
das Patent für den Betrieb einer "Peep-Show" aufgrund dieser kantonalen
Gesetzesbestimmungen verweigert.

    Die Beschwerdeführer behaupten zu Recht nicht, die Bestimmungen des
MHG bzw. NG zum MHG bildeten keine hinreichende gesetzliche Grundlage
für Einschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit. Sie machen auch
nicht geltend, der Betrieb einer "Peep-Show" sei kein patentpflichtiges
Gewerbe im Sinne von Art. 4 MHG/Art. 7 NG zum MHG; sie haben im Gegenteil
selbst die Erteilung eines Patentes beantragt. Sie machen ausschliesslich
geltend, das Patent zum Betrieb einer "Peep-Show" sei ihnen zu Unrecht
verweigert worden, da diese weder in sittlicher Beziehung Anstoss errege
noch eine Belästigung des Publikums damit verbunden sei.

    Das Verbot, im Kanton St. Gallen eine "Peep-Show" zu betreiben, stellt
für die Beschwerdeführer, die bisher in diesem Kanton keinen derartigen
Betrieb unterhielten, keinen besonders schweren Eingriff in die Handels-
und Gewerbefreiheit dar (vgl. BGE 101 Ia 351 E. 4); die Auslegung des
anwendbaren kantonalen Rechtes ist daher vom Bundesgericht bloss unter dem
Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen. Da aber Art. 8 lit. a und c MHG dem
Schutz der Polizeigüter der öffentlichen Sittlichkeit bzw. von Ruhe und
Ordnung dienen, reduziert sich die Prüfung praktisch auf die Frage, ob
ein hinreichendes öffentliches Interesse eine Einschränkung der Handels-
und Gewerbefreiheit rechtfertige. Diese Frage ist vom Bundesgericht
in der nachfolgenden Erwägung unter Vorbehalt der Würdigung örtlicher
Verhältnisse mit freier Kognition zu prüfen.

Erwägung 3

    3.- Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen hat den
Beschwerdeführern das Patent für den Betrieb einer "Peep-Show" in erster
Linie aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit verweigert.

    a) Das Polizeigut der öffentlichen Sittlichkeit ist mit dem
strafrechtlich geschützten Rechtsgut der Sittlichkeit nicht notwendig
identisch (BGE 100 Ib 388 E. 4b) und kann auch ein Verhalten erfassen,
das zwar nicht mit Strafe bedroht ist, jedoch den üblichen Massstäben
zulässigen Verhaltens in eindeutiger Weise widerspricht. Sittlich verpönt
sind in dieser Hinsicht namentlich gewisse Formen kommerzieller Ausbeutung
von Sexualinteressen Dritter ohne eigene persönliche Beteiligung, auch
wenn nicht geradezu ein Straftatbestand im Sinne von Art. 198, 199,
201 oder 209 StGB vorliegt.

    Der Begriff der Sittlichkeit hängt, wie derjenige der öffentlichen
Ordnung überhaupt, in starkem Masse von den herrschenden sozialen
und moralischen Anschauungen ab. Er ist deshalb örtlich verschieden
und zeitlich wandelbar (vgl. A. JOST, Die neueste Entwicklung des
Polizeibegriffs in der Schweiz, Diss. Bern 1975, S. 24). Gerade im
Sexualbereich findet seit einigen Jahren ein Wandel in den Anschauungen
statt, der sich jedoch nicht überall mit derselben Geschwindigkeit und
Intensität vollzieht. Was deshalb zu einem gegebenen Zeitpunkt in einem
bestimmten Kanton noch als sittlich zulässig gilt, kann in andern Regionen
die Toleranzgrenze sittlichen Empfindens bereits überschreiten.

    b) Die Behörden des Kantons St. Gallen haben dargelegt, dass
die Zurschaustellung nackter Frauen über einen Geldautomaten von der
St. Galler Bevölkerung als menschenunwürdige, kommerzielle Ausbeutung
des Sexualtriebs empfunden werde. Gerade weil beim normal empfindenden
Bürger in Sexualfragen eine offene und versachlichte Betrachtungsweise
Platz gegriffen habe, würden gewisse Folgeerscheinungen, die ihre Wurzel
in Frustrationen, Minderwertigkeitsgefühlen und Egozentrik hätten, als
sittlich anstössig betrachtet. Dazu gehörten namentlich Darstellungen,
bei denen die Absicht geschäftlicher Ausbeutung des Sexualinteresses
offenkundig sei, die niedere Instinkte weckten und deren Folgen sich der
sozialen Kontrolle entzögen. Die "Peep-Show" vermittle in dieser Hinsicht
automatisierten und entpersonifizierten Sex. Die Frau werde als blosse
Sache vorgeführt, die dem Betrachter für billiges Geld offenstehe. Auch
erscheine zwar nicht die Möglichkeit der Selbstbefriedigung an sich als
sittlich anstössig, wohl aber die Tatsache, dass diese Möglichkeit bewusst
geschaffen werde, um sie kommerziell in grossem Stile auszunützen.

    Die Mentalität der St. Galler Bevölkerung ist den kantonalen Behörden
besser bekannt als dem Bundesgericht. Wenn diese Behörden übereinstimmend
der Ansicht sind, eine "Peep-Show" überschreite die im Kanton St. Gallen
allgemein anerkannte Toleranzgrenze im sittlichen Bereich, so handelt es
sich um eine Würdigung örtlicher Verhältnisse, bei deren Überprüfung das
Bundesgericht Zurückhaltung übt.

    Von den St. Galler Behörden ist glaubwürdig dargetan worden, dass
gerade diese Form der finanziellen Ausnutzung des Sexualinteresses
der St. Galler Bevölkerung als sittlich unannehmbar erscheint. Diese
tatsächliche Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass nämlich im
Kanton St. Gallen ein Sittlichkeitsverständnis im beschriebenen Sinne
gelte, wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Sie machen in
ihrer staatsrechtlichen Beschwerde jedoch hauptsächlich geltend, für die
Frage der sittlichen Anstössigkeit könne nicht massgebend sein, was ein
Besucher in der Kabine oder allenfalls später mit den gewonnenen visuellen
Eindrücken mache, sondern einzig ob die Schaffung einer "unbeaufsichtigten"
Möglichkeit zur Betrachtung einer nackten Frau in natura sittlich anstössig
sei. In diesem Sinne könne auch die mangelnde soziale Kontrolle kein
Kriterium für die Beurteilung der sittlichen Anstössigkeit sein. Die
Einzelkabinen dienten zudem lediglich dem geordneten Ablauf und die Art
der Bezahlung biete sich als die rationellste und fairste an, weil sie
dem Besucher ermögliche, jede halbe Minute den Wert und Gegenwert der
Darbietung zu vergleichen. Es sei ausserdem zu unterscheiden zwischen dem
Besucher, der sich in seinem Sittlichkeitsempfinden wohl kaum provoziert
fühle, und dem Nichtbesucher, der bloss die Tafel mit der Aufschrift
"Peep-Show" zu Gesicht bekomme.

    Die Beschwerdeführer wollen ihre "Peep-Show"-Leistungen -
Altersbeschränkungen aus Gründen des Jugendschutzes vorbehalten -
jedermann anbieten. Sie wollen sich demnach mit ihrem Angebot an die
breite Öffentlichkeit wenden, was sie mit dem Patentgesuch noch betont
haben. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, worauf sich eine
Unterscheidung zwischen aktuellen und potentiellen Besuchern stützen
sollte. Aber auch abgesehen davon wird der Begriff der öffentlichen
Sittlichkeit von den Beschwerdeführern unzutreffend verstanden, wenn
sie vorbringen, für die Frage, ob elementare Grundsätze menschlichen
Verhaltens im Sexualbereich für den normal empfindenden Durchschnittsbürger
in provokativer Weise in Frage gestellt würden, sei einzig massgeblich, ob
die Schaffung einer "unbeaufsichtigten" Möglichkeit zur Betrachtung einer
nackten Frau in natura sittlich anstössig sei. Über die Vereinbarkeit
mit der Sittlichkeit entscheidet auch die Art, wie dies geschieht. In
dieser Beziehung haben die Behörden des Kantons St. Gallen übereinstimmend
festgestellt, dass gerade die "nüchterne", kommerzielle Atmosphäre, die
bei der "Peep-Show" durch den Verzicht auf jeglichen Vorwand bei der
Darstellung, durch die Isolation des Betrachters und durch die kurze,
automatisierte Blickfreigabe mit der Notwendigkeit zum Geldnachwurf
entsteht, die Institution für die St. Galler Bevölkerung sittlich
unannehmbar mache. Entscheidend für die Frage der Sittlichkeit ist aber
auch, welcher Sinnbezug der ganzen Schaustellung nach der Vorstellung des
Durchschnittsbürgers zukommt. Diese allgemeine Vorstellung kann entgegen
der Ansicht der Beschwerdeführer unter anderem auch durch die mangelnde
soziale Kontrolle des Besuchers mitbestimmt werden. Auch diese Tatsache
ist deshalb ein taugliches Kriterium für die Beantwortung der Frage,
ob eine Schaustellung in der Art der "Peep-Show" von den herrschenden
Anschauungen über die elementaren Grundsätze menschlichen Verhaltens im
Sexualbereich noch toleriert werde.

    Vermögen aus diesen Gründen die Vorbringen der Beschwerdeführer
die Darstellung des herrschenden Sittlichkeitsbegriffs durch das
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen nicht zu entkräften, so ist
davon auszugehen, dass die Institution der "Peep-Show" den sittlichen
Anschauungen der St. Galler Bevölkerung über die Form zwischenmenschlicher
Beziehungen in eindeutiger Weise widerspricht. Damit ist aber ein
hinreichendes öffentliches Interesse an einer Einschränkung der Handels-
und Gewerbefreiheit zum Schutze der öffentlichen Sittlichkeit dargetan.

    Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob auch die Befürchtung,
der Betrieb werde mit seinen Folgeerscheinungen zu einer Belästigung
der Bevölkerung führen (Art. 8 lit. c MHG) im vorliegenden Fall ein
zureichendes öffentliches Interesse für einen Eingriff in die Handels-
und Gewerbefreiheit bilden würde.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführer berufen sich auf das Rechtsgleichheitsgebot
und machen geltend, in St. Gallen existierten bereits eine Anzahl von
Sex-Shops, Sexkinos und Night-Clubs mit Striptease-Darbietungen.

    a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gewährleistet die
Handels- und Gewerbefreiheit auch die Gleichbehandlung der Gewerbegenossen
(BGE 104 Ia 98 E. 7, 102 Ia 547 E. 11e, 100 Ia 49 E. 4b, 97 I 655 E. 5
mit Hinweisen). Dieser in der Handels- und Gewerbefreiheit mitenthaltene
Gleichbehandlungsanspruch steht nach der Praxis des Bundesgerichts jedoch
nur direkten Konkurrenten zu. Als solche gelten die Angehörigen der
gleichen Branche, die sich mit gleichen Angeboten an dasselbe Publikum
richten, um das gleiche Bedürfnis zubefriedigen (BGE 93 I 309 E. 2a,
89 I 32 E. 2, 87 I 448 E. 6b, bestätigt im unveröffentlichten Entscheid
i.S. Fa. S. & Co. vom 19. Dezember 1973, S. 8; vgl. auch D. WYSS, Die
Handels- und Gewerbefreiheit und die Rechtsgleichheit, Diss. Zürich
1971, S. 22 ff.). Nach diesen Kriterien hat das Bundesgericht etwa ein
Konkurrenzverhältnis zwischen Apotheken und Drogerien (BGE 89 I 35 E. 4),
aber auch zwischen Kinos einerseits und Theater sowie Cabarets-Dancings
anderseits (BGE 93 I 309, 78 I 301 f.) verneint.

    Dass Gewerbegenossen überhaupt ein besonderer, direkt aus Art. 31
BV abgeleiteter Rechtsgleichheitsanspruch zustehen soll, ist in der
Literatur verschiedentlich kritisiert worden (vgl. H. MARTI, Die
Wirtschaftsfreiheit, Basel 1976, S. 74 ff., D. WYSS, aaO S. 106 ff.,
H. HUBER, Die Gleichbehandlung der Gewerbegenossen, in Festschrift
für Walter Hug, Bern 1968, S. 447 ff., U.P. FREY, Das Verhältnis
der Handels- und Gewerbefreiheit zu den andern Freiheitsrechten,
Diss. Zürich 1965, S. 34 ff.; vgl. aber auch F. GYGI, Die Schweizerische
Wirtschaftsverfassung, 2. Aufl. Bern 1978 S. 176 f.). Ob und gegebenenfalls
wie weit es unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität angebracht
ist, Gewerbegenossen einen weitergehenden Gleichbehandlungsanspruch
einzuräumen, als ihn schon Art. 4 BV garantiert, braucht indessen im
vorliegenden Verfahren nicht näher geprüft zu werden, weil die Inhaber von
"Peep-Shows" zu denjenigen von Kiosken, Kinos und Night-Clubs nicht im
Verhältnis direkter Konkurrenz stehen. Die Art der angebotenen Leistungen
ist derart verschieden, dass nicht mehr von der gleichen Branche im Sinne
der bundesgerichtlichen Begriffsbestimmung gesprochen werden kann. Die
Beschwerdeführer können sich aus diesem Grunde auf die Rechtsgleichheit
unter Gewerbegenossen nicht berufen.

    b) Das verfassungsmässige Rechtsgleichheitsgebot des Art. 4 BV
gebietet, Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach
Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln (BGE 103 Ia 245 E. 3a,
94 I 654 E. 5, 90 I 162 E. 2). Soweit eine unterschiedliche Behandlung
in relevanten tatsächlichen Verschiedenheiten begründet liegt, ist sie
mit dem Rechtsgleichheitsgebot vereinbar.

    Im Bereiche grundrechtsbeschränkender Massnahmen, oder soweit eine
staatliche Leistung unmittelbar einen verfassungsmässigen Anspruch der
Bürger berührt, prüft das Bundesgericht frei, ob die kantonale Instanz die
richtigen Bezugspunkte für die Beurteilung der Gleichheit oder Ungleichheit
der Verhältnisse gewählt habe (BGE 104 Ia 379 E. 3, vgl. auch R. VENANZONI,
Konkurrenz von Grundrechten, in ZSR 1979, S. 291).

    Die "Peep-Show", die die Beschwerdeführer betreiben wollen,
unterscheidet sich sowohl vom Sexfilm wie von pornographischer Literatur
dadurch, dass ein Medium fehlt, das wie die Filmleinwand oder das
Zeitschriftenpapier das Dargestellte verfremdet. Dass die posierende Frau
nur durch ein Guckloch zu sehen ist, ändert nichts daran, dass sie in
unmittelbarer Nähe, als konkreter Mensch, auftritt. Dass aber ein konkreter
Mensch in seiner natürlichen Erscheinung das Sittlichkeitsempfinden
stärker verletzen kann als eine blosse Abbildung, ist offensichtlich.

    Die "Peep-Show" ist in dieser Hinsicht am ehesten mit einer
Striptease-Darbietung vergleichbar. Das Verwaltungsgericht des Kantons
St. Gallen hat dazu ausgeführt, dass diese Striptease-Darbietungen
angesichts des völlig andersartigen Rahmens der Schaustellung im
Gegensatz zur "Peep-Show" die Toleranzgrenze sittlichen Empfindens nicht
überschritten. Zwar gehe es in beiden Fällen um eine Zurschaustellung des
weiblichen Körpers. Ob aber diese Zurschaustellung in einer primitiven Form
über einen Geldautomaten in Einzelkabinen erfolge, oder im Rahmen einer
- wenn auch noch so mageren - tänzerischen Darbietung auf einer Bühne
vor Publikum, sei für die Frage der sittlichen Anstössigkeit durchaus
unterschiedlich zu bewerten.

    Das Verwaltungsgericht hat die Frage der Gleichheit bzw. Ungleichheit
von "Peep-Show" und Striptease-Darbietung zu Recht unter dem Gesichtspunkt
der sittlichen Anstössigkeit beurteilt. Dabei ist dieser Unterscheidung
der Begriff der Sittlichkeit zugrundezulegen, der im Kanton St. Gallen
den herrschenden Anschauungen entspricht. In dieser Hinsicht haben die
Behörden des Kantons St. Gallen, wie oben ausgeführt, dargetan, dass die
versachlichte, "entpersonifizierte" Darstellung der Frau in der "Peep-Show"
zusammen mit der Isolation des Betrachters und der entsprechenden fehlenden
sozialen Kontrolle sowie dem Eindruck der Automation, der durch die Art
der Bezahlung entstehe, als sittlich anstössig erscheine. Gerade in dieser
Hinsicht ist aber eine Striptease-Darbietung von der "Peep-Show" wesentlich
verschieden. Eine unterschiedliche Behandlung der "Peep-Show" auch im
Verhältnis zum Striptease ist deshalb mit der Rechtsgleichheit vereinbar.

    Widerspricht aus diesen Gründen die Verweigerung der Patenterteilung
zum Betrieb einer "Peep-Show" im Kanton St. Gallen weder Art. 31 noch
Art. 4 BV, so ist die Beschwerde abzuweisen.