Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IA 20



106 Ia 20

6. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. März 1980 i.S.
Achermann und 181 Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Formulierung der Abstimmungsfrage.

    1. Die Behörden trifft bei der Formulierung der Abstimmungsfrage eine
erhöhte Sorgfaltspflicht, welche die vom Bundesgericht im Zusammenhang
mit amtlichen Erläuterungen aufgestellten Anforderungen übersteigt. Die
Frage muss klar und objektiv abgefasst werden, darf weder irreführend
sein noch suggestiv wirken und muss allfälligen besonderen Vorschriften
des kantonalen Rechts genügen (E. 1).

    2. Anwendung dieser Grundsätze auf die zürcherische Abstimmung über
die Wünschbarkeit der Erstellung des Kernkraftwerks Kaiseraugst:

    - Die Abstimmungsfrage genügt den Anforderungen von Art. 30 Abs. 1
Ziff. 4 KV (E. 2);

    - sie wirkt indessen suggestiv (E. 3).

Sachverhalt

    A.- In der kantonalen Volksabstimmung vom 2. Dezember 1979 nahm das
Zürcher Stimmvolk ein "Verfassungsgesetz über Volksrechte beim Bau Von
Atomanlagen" an, durch welches die Kantonsverfassung vom 18. April 1869
wie folgt geändert wurde:

    "Art. 30. Der Volksabstimmung werden unterstellt:

    Ziff. 1-3 unverändert;

    4. Die Stellungnahmen des Kantons im Rahmen des

    Vernehmlassungsverfahrens des Bundes über die Wünschbarkeit der
Errichtung
   von Atomanlagen auf dem Gebiete des Kantons Zürich und seiner

    Nachbarkantone.

    Abs. 2 ff. unverändert."

    Dieses Verfassungsgesetz trat am 19. Januar 1980 in Kraft.

    Gemäss Art. 6 Abs. 1 des Bundesbeschlusses zum Atomgesetz vom
6. Oktober 1978 (Bundesbeschluss) holt der Bundesrat von den Kantonen
und den zuständigen Fachstellen des Bundes Vernehmlassungen zum Gesuch
um Erteilung der Rahmenbewilligung ein. Art. 3 des Bundesbeschlusses
führt die einzelnen Voraussetzungen auf, welche für die Rahmenbewilligung
erfüllt sein müssen. Bei Atomanlagen, für die eine Standortbewilligung,
aber noch keine (nukleare) Baubewilligung besteht, wird gemäss Art. 12
Abs. 2 des Bundesbeschlusses in einem Vereinfachten Verfahren nur noch
geprüft, ob an der Energie, die in der Anlage erzeugt werden soll, im
Inland voraussichtlich ein hinreichender Bedarf bestehen wird.

    Der Bundesrat Veröffentlichte am 18. September 1979 das Gesuch um
Erteilung der Rahmenbewilligung für das Kernkraftwerk Kaiseraugst und lud
unter anderem die Kantone zur Vernehmlassung zu diesem Gesuch ein. Da
er davon ausging, dass das Vereinfachte Verfahren durchzuführen sei,
war lediglich eine Vernehmlassung zur Bedarfsfrage erforderlich. Für den
Kanton Zürich reichte der Regierungsrat die Vernehmlassung ein; er kam
darin zum Schluss, dass der Bedarfsnachweis für Kaiseraugst erbracht sei.

    Am 6. Februar 1980 fasste der Regierungsrat über die Anordnung der
kantonalen Volksabstimmung vom 27. April 1980 Beschluss. Danach wird
unter II den Stimmberechtigten folgende Frage zur Beantwortung mit Ja
oder Nein vorgelegt:

    "5. Stellungnahme des Kantons Zürich im Rahmen des

    Vernehmlassungsverfahrens des Bundes über die Wünschbarkeit der
Errichtung
   des Kernkraftwerks Kaiseraugst.

    Wollen Sie den zuständigen Bundesbehörden empfehlen, im Interesse der

    Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung, die Errichtung des

    Kernkraftwerks Kaiseraugst zu bewilligen?"

    Diese Formulierung der Abstimmungsfrage entspricht einem Beschluss
des Kantonsrates, der am 21. und 28. Januar 1980 über die Fragestellung
beraten hatte.

    Das Bundesgericht heisst eine staatsrechtliche Beschwerde gegen die
Verabschiedung dieser Abstimmungsfrage gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Stimmrecht gibt
dem Bürger unter anderem Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis
anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig
und unverfälscht zum Ausdruck bringt (BGE 105 Ia 150 E. 2, 153 E. 3a;
104 Ia 223 E. 2b, 237 E. 2a; 97 I 662/63; 91 I 318; 90 I 73). Der freie
Wille der Stimmbürger kann namentlich durch eine unrichtige Fragestellung
auf dem Stimmzettel verfälscht werden. Eine fehlerhafte Formulierung
der Abstimmungsfrage ist sogar in besonderem Masse geeignet, auf den
Volkswillen einzuwirken und diesen zu Verfälschen, denn die vom Bürger
verlangte Antwort steht in engem Zusammenhang mit der ihm gestellten
Frage und wird durch diese bis zu einem gewissen Grade bestimmt. Die
Gewährleistung einer unverfälschten Kundgabe des politischen Willens
verlangt daher, dass die Abstimmungsfrage klar und korrekt abgefasst
wird (vgl. H. HUBER, Die Formulierung der Abstimmungsfragen bei
Eventualabstimmungen gemäss Art. 30 Abs. 2 der Zürcher Kantonsverfassung,
in: ZBl 77/1976 S. 179; PICENONI, Die Kassation von Volkswahlen und
Volksabstimmungen in Bund, Kantonen und Gemeinden, Diss. Zürich 1945, S.
45). Die Behörden trifft dabei eine erhöhte Sorgfaltspflicht, welche die
vom Bundesgericht im Zusammenhang mit amtlichen Erläuterungen aufgestellten
Anforderungen übersteigt (vgl. dazu BGE 105 Ia 153; 102 Ia 268; 98 Ia
622). Die Abstimmungsfrage allein stellt zwar - auch korrekt abgefasst - in
der Regel keine genügende, mögliche Irrtümer ausschliessende Information
dar (BGE 99 Ia 221); die Frage muss indessen von Bundesrechts wegen
objektiv formuliert werden, darf weder irreführend sein noch suggestiv
wirken und muss allfälligen besonderen Vorschriften des kantonalen Rechts
genügen. Das Bundesgericht prüft bei Stimmrechtsbeschwerden nicht nur die
Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern
auch die Auslegung anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt
des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang
stehen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich das Bundesgericht
jedoch der von der obersten kantonalen Behörde Vertretenen Auslegung an
(BGE 104 Ia 228, 242; 103 Ia 561, 155 E. 2c; 101 Ia 232 E. 1; 100 Ia 238;
99 Ia 181 E. 3a). Als oberste kantonale Behörde anerkennt das Bundesgericht
das Parlament und das Volk (BGE 90 I 240 mit zahlreichen Hinweisen).

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, die
angefochtene Fragestellung verletze Art. 30 Abs. 1 Ziff. 4 KV. Diese
Vorschrift bestimmt, dass "die Stellungnahmen des Kantons im Rahmen
des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes über die Wünschbarkeit der
Errichtung von Atomanlagen" der Volksabstimmung unterstellt werden
sollen. Die Beschwerdeführer vertreten die Ansicht, dass der Stimmbürger
nach dem Wortlaut der Verfassung ausschliesslich "über die Wünschbarkeit
der Errichtung Von Atomanlagen" befragt werden soll; die Verfassung
lasse keinen Raum für irgendwelche Hinweise oder Präzisierungen in der
Abstimmungsfrage.

    a) Die "Wünschbarkeit" ist kein Begriff der bundesrechtlichen
Atomgesetzgebung und damit an sich nicht Entscheidungskriterium für die
Erteilung oder Verweigerung der Rahmenbewilligung, welche Gegenstand des
Vernehmlassungsverfahrens bildet. Den Materialien zur Verfassungsbestimmung
ist zu entnehmen, dass der Begriff der Wünschbarkeit absichtlich und in
Kenntnis der geltenden bundesrechtlichen Ordnung gewählt wurde. So führte
der Präsident der vorberatenden Kommission im Kantonsrat aus, im Gegensatz
zu der in Schaffhausen und Neuenburg eingeführten Regelung solle im Kanton
Zürich nicht die ganze, möglicherweise umfangreiche Stellungnahme mit zum
Teil technischem Charakter vom Kantonsrat beraten und der Volksabstimmung
unterstellt werden, sondern nur die Grundfrage, ob die Stimmberechtigten
die Errichtung der geplanten Anlage für wünschbar halten; der Bürger wolle
und könne nicht alle wissenschaftlichen und technologischen Probleme prüfen
und abwägen; er wolle sich Vielmehr darüber äussern, ob er insgesamt eine
solche Anlage für wünschbar halte (Protokoll vom 9. Juli 1979, S. 717,
749). Eine Minderheit des Kantonsrates strebte dagegen die Unterstellung
der Vernehmlassung selber unter die Volksabstimmung an, weshalb sie
die Streichung des Satzteiles "über die Wünschbarkeit" beantragte und
verlangte, die Stellungnahme des Kantons sei als Abstimmungsgegenstand zu
bezeichnen (aaO, S. 748). Dieser Antrag wurde im Kantonsrat abgelehnt (aaO,
S. 756). Daraus ergibt sich, dass der Kantonsrat in seiner Mehrheit nicht
die Vernehmlassung als solche der Volksabstimmung unterstellen wollte,
sondern nur die Grundfrage, ob der Bürger insgesamt eine solche Anlage für
wünschbar halte. Deshalb wurde der der Bundesgesetzgebung fremde Begriff
der Wünschbarkeit in die Verfassung aufgenommen. Die Vernehmlassung
als solche soll nach dem Willen des Verfassungsgebers vom Regierungsrat
verfasst werden; sie hat die rechtlichen und technischen Antworten auf
die dem Kanton gestellten Fragen zu enthalten.

    b) Dennoch soll die Stellungnahme der Stimmbürger nach der
Verfassungsbestimmung "im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes"
erfolgen. Die Verfassung nimmt also Bezug auf das Vernehmlassungsverfahren
und rückt die Volksabstimmung zeitlich und sachlich in die Nähe der
Vernehmlassung zur Frage, ob die Rahmenbewilligung für eine bestimmte
Atomanlage erteilt werden soll oder nicht. Nach der bundesrechtlichen
Ordnung muss die Bewilligung erteilt werden, wenn die rechtlichen
Voraussetzungen erfüllt sind. Da nach Ansicht der Bundesbehörden für
das Kernkraftwerk Kaiseraugst das vereinfachte Bewilligungsverfahren
durchzuführen ist, muss zur Erteilung der Rahmenbewilligung nurmehr
nachgewiesen werden, dass an der Energie, die in der Anlage erzeugt
werden soll, im Inland voraussichtlich ein hinreichender Bedarf besteht
(Art. 12 Abs. 2 Bundesbeschluss). Es kann nicht zweifelhaft sein,
dass der beleuchtende Bericht diesen Zusammenhang herstellen und
insbesondere darstellen darf, unter welchen Voraussetzungen der Bund die
Rahmenbewilligung erteilen muss. Das ergibt sich aus dem Wortlaut von
Art. 30 Abs. 1 Ziff. 4 KV, der die Volksabstimmung in den "Rahmen des
Vernehmlassungsverfahrens" stellt.

    c) Fraglich kann allenfalls sein, ob das bundesrechtliche Kriterium,
welches für die Erteilung oder Verweigerung der Rahmenbewilligung
entscheidend ist, in die Abstimmungsfrage selber eingefügt werden darf. Die
Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, wie die verschiedenen Satzteile
von Art. 30 Abs. 1 Ziff. 4 KV gewichtet werden. Die Beschwerdeführer
legen das Hauptgewicht auf die Formulierung, das Volk habe "über
die Wünschbarkeit der Errichtung von Atomanlagen" zu entscheiden; sie
vertreten daher die Ansicht, es sei dem Stimmbürger gemäss diesem Wortlaut
lediglich die allgemeine Frage nach der Wünschbarkeit des Kernkraftwerks
Kaiseraugst zu stellen und nichts anderes. Der Regierungsrat legt dagegen
das Gewicht Vor allem auf den Umstand, dass die Volksabstimmung gemäss der
Verfassungsbestimmung "im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes"
zu erfolgen hat. Er kommt daher zum Schluss, auch die Fragestellung dürfe
Bezug auf das hängige Vernehmlassungsverfahren nehmen und insbesondere
das entscheidwesentliche Kriterium für die Erteilung oder Verweigerung
der Rahmenbewilligung enthalten. Der Wortlaut der Bestimmung lässt
beide Auslegungen zu. Er stellt die Abstimmung über die Wünschbarkeit
in den grösseren Zusammenhang des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes,
sagt aber nicht, wie eng das Verhältnis zwischen Volksabstimmung und
Vernehmlassung sein soll. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift
gibt keine schlüssige Antwort auf die Frage, ob die Volksabstimmung
derart eng mit dem Vernehmlassungsverfahren verbunden werden darf,
dass das im Bewilligungsverfahren entscheidwesentliche Kriterium
in die Abstimmungsfrage aufgenommen wird, oder ob der Zusammenhang
lediglich im beleuchtenden Bericht hergestellt werden darf. Aus
den Materialien ist lediglich zu entnehmen, dass Vernehmlassung
und Volksabstimmung nicht identisch sind. Auch unter teleologischen
Gesichtspunkten lassen sich für beide Auslegungen gewichtige Gründe
anführen. Nach der Ansicht der Beschwerdeführer besteht der Sinn und
Zweck der Verfassungsbestimmung darin, den Stimmbürger frei und unter
Berücksichtigung selbst gewählter Kriterien über die Wünschbarkeit einer
Atomanlage abstimmen zu lassen. Viele Stimmbürger könnten sich nicht
kompetent zur Bedarfsfrage äussern und würden daher möglicherweise
vom Urnengang abgehalten. Die Bestimmung wolle dem Stimmbürger auch
eine intellektuell nicht begründete, rein gefühlsmässige Stellungnahme
ermöglichen. Deshalb werde er lediglich nach der Wünschbarkeit gefragt und
das sei auch der Grund, weshalb die Verfassung neben der Volksabstimmung
eine einlässliche Vernehmlassung des Regierungsrates vorsehe. Auf der
andern Seite lässt sich zu Sinn und Zweck der Bestimmung ausführen, dieser
bestehe darin, den Standpunkt des Stimmbürgers vor den Bundesbehörden
möglichst wirksam darzustellen. Die Stellungnahme gewinne im Rahmen des
Vernehmlassungsverfahrens an Gewicht, wenn der Stimmbürger gehalten sei,
zu dem rechtlich massgebenden Kriterium Stellung zu nehmen, denn auch die
Bewilligungsbehörde müsse ihren Entscheid nach diesem Kriterium fällen und
werde daher eher geneigt sein, das Abstimmungsergebnis in ihre Erwägungen
einzubeziehen, wenn sie annehmen könne, der Stimmbürger habe sich unter
Berücksichtigung der im Vernehmlassungsverfahren entscheidenden Frage
geäussert. Auch die teleologische Auslegung der Bestimmung führt daher
zu keinem eindeutigen Ergebnis, so dass zweifelhaft ist, welche Auslegung
von Art. 30 Abs. 1 Ziff. 4 KV zutrifft. Nach der Rechtsprechung schliesst
sich das Bundesgericht in ausgesprochenen Zweifelsfällen der von der
obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an. Der Kantonsrat
Von Zürich nahm zu dieser Frage in eindeutiger Weise Stellung, indem
er eine Abstimmungsfrage verabschiedete, welche das bundesrechtliche
Kriterium für die Erteilung oder Verweigerung der Rahmenbewilligung
enthält; er stellte damit den Bezug zum Vernehmlassungsverfahren
auch in der Abstimmungsfrage selber her. Wenn der Regierungsrat diese
Auslegung der Verfassung in der Folge übernahm, entsprach er dem Willen
des Kantonsrates. Das Bundesgericht schliesst sich nach dem Gesagten
dieser Auffassung an, so dass grundsätzlich nicht zu beanstanden ist,
wenn die kantonalen Behörden eine Fragestellung wählen, welche auf die
bundesrechtlichen Voraussetzungen für die Rahmenbewilligung hinweist.

Erwägung 3

    3.- Die Fragestellung darf die Willensbildung des Stimmbürgers
weder zugunsten einer Bejahung noch einer Verneinung beeinflussen.
Eine unzulässige Suggestivfrage liegt etwa vor, wenn ein entscheidendes
Argument, welches für oder gegen die Vorlage spricht, in die
Abstimmungsfrage eingefügt wird. Die kantonalen Behörden stellten die
Frage: "Wollen Sie ... empfehlen, im Interesse der Sicherstellung der
Elektrizitätsversorgung die Errichtung des Kernkraftwerks Kaiseraugst zu
bewilligen?" Sie wollten mit dieser Frage darauf hinweisen, dass bei der
Beantwortung die im Vernehmlassungsverfahren massgebliche Bedarfsfrage
zu berücksichtigen sei. Hätten sie den Stimmzettel entsprechend dieser
Absicht verfasst und den Stimmbürger beispielsweise gefragt, ob er die
Errichtung des Kernkraftwerks Kaiseraugst unter Berücksichtigung der im
Vernehmlassungsverfahren entscheidenden Bedarfsfrage für wünschbar halte,
dann wäre die Fragestellung nicht zu beanstanden gewesen, weil sie bloss
auf das bundesrechtlich massgebliche Kriterium hingewiesen hätte. Der
unvoreingenommene Leser des Stimmzettels Versteht die Formulierung indessen
in dem Sinne, dass der Stimmbürger gefragt wird, ob er die im Interesse
der Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung liegende Errichtung des
Kernkraftwerks Kaiseraugst empfehlen wolle. Die Frage bringt daher zum
Ausdruck, die Erstellung des Kernkraftwerks liege im Interesse einer
gesicherten Energieversorgung und setzt damit als gegeben voraus, was
eigentlich Gegenstand der Frage sein sollte. Die Formulierung unterstellt,
es bestehe ein Bedürfnis für ein Kernkraftwerk und enthält damit ein -
von den Gegnern der Vorlage bestrittenes - Argument, welches für die
Annahme der Vorlage spricht; sie wirkt in diesem Sinne suggestiv und ist
daher unzulässig. Der angefochtene Regierungsratsbeschluss muss aus diesen
Gründen aufgehoben werden.