Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 106 IA 163



106 Ia 163

32. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22.
Februar 1980 i.S. Graf und Erni gegen Grosser Rat und Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 und 22ter BV: Pensionsordnung, wohlerworbene Rechte.

    1. Wann kommt den finanziellen Ansprüchen der Beamten der Charakter
wohlerworbener Rechte zu? (E. 1a).

    2. Welche verfassungsmässigen Rechten können zum Schutz wohlerworbener
Rechte angerufen werden? Präzisierung der Rechtsprechung (E. 1b).

    3. Inwieweit werden durch § 14 Abs. 3 des luzernischen Behördengesetzes
wohlerworbene Rechte geschaffen? (E. 2-4).

Sachverhalt

    A.- Am 17. November 1970 erliess der Grosse Rat des Kantons Luzern
das Gesetz über die Rechtsstellung der obersten Verwaltungs- und
Gerichtsbehörden (Behördengesetz, BehG). Dieses verpflichtet den Staat,
die Behördenmitglieder und ihre Hinterbliebenen gegen die wirtschaftlichen
Folgen u.a. des Todes und des Alters durch eine besondere Pensionsordnung
zu schützen.

    § 14 Abs. 3 BehG lautet wie folgt:

    "Die Behördenmitglieder leisten dem Staat Beiträge. Ihre Ansprüche aus
   der Pensionsordnung gelten als wohlerworbene Rechte."

    Gemäss § 14 Abs. 4 BehG ordnet der Grosse Rat alles Weitere durch
Dekret. Der Grosse Rat kam diesem Auftrag gleichzeitig mit der Annahme
des Behördengesetzes durch Erlass des Dekrets über die Pensionsordnung
der obersten Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, des Staatsschreibers
und des Rechtskonsulenten vom 17. November 1970 (Pensionsordnung 70,
PO 70) nach. Die Pensionsordnung 70 enthält folgende, hier wesentliche
Bestimmungen:

    § 3

    Die versicherte Besoldung umfasst die Besoldung nach Dekret und alle

    Zulagen dauernden Charakters, ausgenommen die Repräsentations-,
Teuerungs-
   und Sozialzulagen.

    § 17

    1) Zu den Grund-, Witwen und Waisenpensionen werden Teuerungszulagen
   ausgerichtet.

    2) Die Teuerungszulagen werden in Prozenten des Pension nach den

    Vorschriften, die bei der Pensionsfestsetzung für die im Amte stehenden

    Amtsinhaber gelten, festgesetzt und der Teuerung angepasst."

    Mit Dekret vom 18. März 1975 (Pensionsordnung 75, PO 75) änderte der
Grosse Rat auf Antrag des Regierungsrates die §§ 3 und 17 wie folgt:

    "§ 3

    Versicherte Besoldung

    Die versicherte Besoldung beträgt 90% der

    Grundbesoldung gemäss Besoldungsdekret und der Zulagen dauernden

    Charakters, ausgenommen die Repräsentations-, Teuerungs- und
Sozialzulagen.

    § 17

    Teuerungszulage

    1) Zu den Grund-, Witwen- und Waisenpensionen werden Teuerungszulagen
   ausgerichtet.

    2) Die Teuerungszulagen werden vom Regierungsrat in Prozenten der
Pension
   gestützt auf den Indexstand der Konsumentenpreise festgesetzt. Dabei
   sind die Leistungen der AHV und IV angemessen zu berücksichtigen. Im
   übrigen ist die Teuerungszulagenregelung der im Amte stehenden
   Amtsinhaber sinngemäss anzuwenden."

    Anlass für die Änderungen gab nach den Darlegungen des Grossen
Rates, dass die Grundbesoldungen durch den Einbau der Teuerungszulagen
erheblich angestiegen waren und dass sich seit 1970 auch die Leistungen
der AHV beträchtlich erhöht hatten. Es wurde geltend gemacht, dass sich
bei unveränderter Beibehaltung der Vorschriften der Pensionsordnung 70
Gesamtbezüge der pensionierten Magistraten ergeben hätten, die fast die
Höhe der Nettobesoldungen der amtierenden Behördenmitglieder erreicht
hätten.

    Auf den 31. März 1975 trat Dr. Johann Graf als Oberrichter zurück. Sein
Pensionsanspruch wurde in Anwendung der neuen Dekretsbestimmungen errechnet
und auf Fr. ... festgesetzt. Auf den 31. Juli 1975 trat Dr. Bernhard Erni
als Präsident des Verwaltungsgerichts zurück. Für ihn ergab sich aufgrund
der neuen Bestimmungen ein Pensionsanspruch von Fr. ... . Wenn die beiden
Pensionen nach den Bestimmungen der PO 70, aber unter Berücksichtigung
der inzwischen erhöhten Grundbesoldung festgesetzt worden wären,
so hätten sich um ca. 10% höhere Beträge ergeben. Die Anwendung der
Teuerungszulagenregelung gemäss § 17 Abs. 2 PO 70 hätte zudem ein
schnelleres Anwachsen der Bezüge bewirkt.

    In der Folge verlangten Dr. Graf und Dr. Erni im
Normenkontrollverfahren vor dem luzernischen Verwaltungsgericht,
dass die Dekretsänderung auf ihre Verfassungs- und Gesetzesmässigkeit
hin überprüft werde. Sie stellten den Antrag, die §§ 3 und 17 Abs. 2
der PO 75 seien aufzuheben, soweit sie Geltung auch für diejenigen
Behördenmitglieder beanspruchten, die - wie die beiden Antragsteller -
im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung bereits im Amte standen. Für
diese Behördenmitglieder müssten die §§ 3 und 17 Abs. 2 in der Fassung
gemäss PO 70 anwendbar bleiben. Zur Begründung machten die Antragsteller
im wesentlichen geltend, die Ansprüche der Behördenmitglieder aus der
Pensionsordnung 70 stellten gemäss § 14 Abs. 3 BehG wohlerworbene Rechte
dar. Die angefochtenen Dekretsänderungen verletzten daher Art. 4 und
22ter BV.

    Mit Urteil vom 2. Juni 1978 wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern die gestellten Anträge ab, soweit es darauf eintrat. Das
Bundesgericht weist die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kommt den
finanziellen Ansprüchen der Beamten in der Regel nicht der Charakter
wohlerworbener Rechte zu. Das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis
ist durch die jeweilige Gesetzgebung bestimmt, und es macht daher,
auch was seine vermögensrechtliche Seite angeht, die Entwicklung
mit, welche die Gesetzgebung erfährt. Sowohl Besoldungs- als auch
Pensionsansprüche können nur dann als wohlerworbene Rechte erachtet
werden, wenn das Gesetz die entsprechenden Beziehungen ein für alle
Mal festlegt und von den Einwirkungen der gesetzlichen Entwicklung
ausnimmt oder wenn bestimmte, mit einem einzelnen Anstellungsverhältnis
verbundene Zusicherungen abgegeben werden (BGE 101 Ia 445 E. 2a und dort
angeführte Entscheide). Ersteres ist namentlich der Fall, wenn das Gesetz
festsetzt, dass die Besoldungsansprüche der Beamten während der Dauer der
jeweiligen Amtsperiode keiner Änderung unterliegen. Gleich verhält es sich,
wenn das Gesetz die Pensionsansprüche der Beamten dem Betrage nach als
unabänderlich bezeichnet oder vorsieht, dass Änderungen der Pensionsordnung
nur für später eintretende Beamte wirksam werden sollen (vgl. BGE 67 I
177 ff.). Eine individuelle Zusicherung, die ein wohlerworbenes Recht
zu begründen vermag, kann hinsichtlich des Pensionsanspruchs in der
Ausstellung eines Rentenscheins erblickt werden, der die Höhe der Leistung
frankenmässig umschreibt und so verstanden werden darf, dass damit die
Höhe der Pension endgültig festgelegt sei (vgl. 63 I 39 f.).

    Es besteht kein Anlass, von diesen Grundsätzen abzugehen.

    b) Das Bundesgericht hat in BGE 101 Ia 445 E. 2a ausgeführt, dass
die Verletzung wohlerworbener Rechte früher vorwiegend als Verletzung
der Eigentumsgarantie behandelt worden sei, während heute vor allem
der Schutz von Treu und Glauben der Beamten im Vordergrund stehe. Diese
Rechtsprechung hat in der Literatur teils Zustimmung gefunden (KÄMPFER,
Zur Gesetzesbeständigkeit "wohlerworbener Rechte", Mélanges Zwahlen, S. 357
f.; KÖLZ, Das wohlerworbene Recht - Immer noch aktuelles Grundrecht?,
SJZ 74/1978, S. 89 ff.); teils ist sie auf Kritik gestossen (H. HUBER,
in ZBJV 113/1977, S. 42 ff.; SAMELI, Treu und Glauben im öffentlichen
Recht, ZSR 96/1977, II, S. 355 f.; EICHENBERGER/RUCH, Bericht über
wohlerworbene Rechte bei Änderung der Gesetzgebung betreffend Beamte und
Pensionskasse, 1977/1978, S. 18 f.; RHINOW, Wohlerworbene und vertragliche
Rechte im öffentlichen Recht, ZBl, 80/1979, S. 16 ff.). So ist namentlich
eingewendet worden, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nicht geeignet
sei, den wohlerworbenen Rechten den gebotenen verfassungsrechtlichen
Schutz zukommen zu lassen. Richtigerweise seien diese Rechte unter
den Schutz der Eigentumsgarantie zu stellen. Ferner wurde ausgeführt,
die Rechtsprechung neige zu Unrecht darauf hin, einerseits den Kreis
der als wohlerworbene Rechte anerkannten Rechtspositionen zu erweitern,
anderseits das Mass des verfassungsrechtlichen Schutzes dieser Rechte
einzuschränken. Damit gefährde sie diejenigen Rechtspositionen, die bis
anhin allein als wohlerworbene Rechte anerkannt worden seien. Eingewendet
wurde schliesslich, dass das Bundesgericht die wohlerworbenen Rechte nach
Massgabe des Grundsatzes von Treu und Glauben schützen wolle, aber im
erwähnten Urteil zugleich ausgeführt habe, dass dieser Grundsatz keinen
Schutz vor Gesetzesänderungen biete.

    Diese Kritik gibt Anlass, die Erwägungen von BGE 101 Ia 443 ff. zu
präzisieren. Wenn in jenem Entscheid ausgeführt wurde, dass hinsichtlich
der Garantie der wohlerworbenen Rechte heute der Schutz von Treu und
Glauben der Beamten im Vordergrund stehe, so sollte damit nicht zum
Ausdruck gebracht werden, dass die wohlerworbenen Rechte nunmehr unter
einem geringeren als dem bis anhin gewährten verfassungsrechtlichen Schutz
stehen sollten. Stellt ein bestimmter Anspruch ein wohlerworbenes Recht
dar, so bedeutet das nach wie vor, dass ein Entzug nur zulässig ist,
wenn er auf gesetzlicher Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse
liegt und gegen volle Entschädigung erfolgt. Für Ansprüche, die eine
staatliche Geldleistung oder ein Abgabenprivileg zum Gegenstand haben,
schliesst die Entschädigungspflicht einen ganzen oder teilweisen Entzug
praktisch aus. Derartige Eingriffe wären in der Regel ohne Sinn, da
mit der geschuldeten Entschädigung eben das geleistet werden müsste,
was durch den Eingriff entzogen werden sollte. Den Erwägungen von BGE
101 Ia 443 ff. liegt der Gedanke zugrunde, dass den als wohlerworbenen
Rechten geltenden Rechtspositionen dieser Charakter weithin mit Rücksicht
darauf zuerkannt wird, dass zwischen Bürger und Staat eine besondere
Vertrauensbeziehung geschaffen worden ist, die zumindest für gewisse Zeit
und in bestimmten Punkten stabilisiert und vor staatlichen Eingriffen
geschützt sein soll. Die wohlerworbenen Rechte stehen daher bezüglich
ihres Sinngehalts in einem engen Verhältnis zur Verfassungsgarantie
von Treu und Glauben, die dazu bestimmt ist, den Schutz berechtigten
Vertrauens des Bürgers in das Verhalten der staatlichen Behörden zu
gewährleisten. Das gibt Anlass, diese Garantie, die grundrechtlichen
Charakter besitzt und unmittelbar aus Art. 4 BV folgt (Vgl. BGE 103
Ia 508 E. 1), neben der Eigentumsgarantie für die Umschreibung und zum
Schutze der wohlerworbenen Rechte beizuziehen. Werden wohlerworbene Rechte
zusätzlich unter den Schutz von Treu und Glauben gestellt, so ist klar,
dass dieser Verfassungsgrundsatz insoweit auch gegen Gesetzesänderungen
Schutz gewährt. Wenn das Bundesgericht im erwähnten Urteil am Ende
ausführte (S. 450 E. 4c), dass der Grundsatz von Treu und Glauben nach der
Rechtsprechung gegenüber Gesetzesänderungen nicht angerufen werden könne,
so war das einzig auf den Fall bezogen, dass nicht eine Beeinträchtigung
wohlerworbener Rechte in Frage stehe, sondern dass der Grundsatz von Treu
und Glauben im Zusammenhang mit einer Rechtsposition angerufen werde, die
kein wohlerworbenes Recht darstellt. In weitergehendem Masse braucht hier
auf diese Fragen nicht eingegangen zu werden. Ergibt sich nämlich, dass
zugunsten der luzernischen Behördenmitglieder, die vor dem Inkrafttreten
der Pensionsordnung 75 im Amte standen, ein wohlerworbenes Recht darauf
besteht, dass ihre Pensionen nach Massgabe der Pensionsordnung 70 ermittelt
werden, so steht ausser Zweifel, dass ein Eingriff in dieses Recht von
Verfassungs wegen ausgeschlossen ist. Ein Entzug des wohlerworbenen
Rechts gegen Entschädigung fällt unter den Umständen des vorliegenden
Falles ausser Betracht.

    c) Soweit die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten keine
wohlerworbenen Rechte darstellen, so sind sie gegenüber Massnahmen
des Gesetzgebers nach Massgabe des Willkürverbots und des Gebots
der Rechtsgleichheit geschützt. Unmittelbar aufgrund von Art. 4 BV
ist ausgeschlossen, dass derartige Ansprüche willkürlich abgeändert,
nachträglich entzogen oder im Wert herabgesetzt werden und dass Eingriffe
ohne besondere Rechtfertigung einseitig zu Lasten einzelner Berechtigter
Oder bestimmter Gruppen erfolgen (BGE 101 Ia 446 mit Hinweisen; ferner
Urteil vom 15. Dezember 1976 i.S. Koch, in ZBl 78/1977, S. 267 ff.).

Erwägung 2

    2.- § 14 Abs. 3 des luzernischen Behördengesetzes bestimmt, dass die
Behördenmitglieder dem Staat Beiträge leisten und dass ihre Ansprüche
aus der Pensionsordnung als wohlerworbene Rechte gelten. Es ist klar und
unbestritten, dass damit das Gesetz selber eine Zusicherung erteilt hat,
die geeignet ist, wohlerworbene Rechte im Sinne der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zu schaffen. Der Streit dreht sich einzig darum,
welche Beziehungen des Pensionsverhältnisses mit dieser Vorschrift als
wohlerworbene Rechte verfestigt worden sind. Das Verwaltungsgericht geht
davon aus, dass sich die gesetzliche Garantie nur auf den eigentlichen
Pensionsanspruch beziehe und dass die Behördenmitglieder demnach nur
insoweit ein wohlerworbenes Recht besässen, als sie verlangen könnten,
dass die beim Ausscheiden aus dem Amt ermittelte Pension später nicht
herabgesetzt werde. Die Beschwerdeführer machen dagegen geltend, §
14 Abs. 3 BehG erkläre nicht nur den eigentlichen Pensionsanspruch
zum wohlerworbenen Recht, sondern sämtliche Ansprüche aus der
Pensionsordnung. Das bedeute, dass eine bestimmte Pensionsordnung
und namentlich auch jene von 1970 nicht mehr zum Nachteil der bereits
amtierenden Behördenmitglieder geändert werden dürfe. Die Beschwerdeführer
hätten daher ein wohlerworbenes Recht darauf, dass die versicherte
Besoldung weiterhin 100% der Grundbesoldung betrage (§ 3 PO 70) und dass
die Teuerungszulagen auf die Pensionen nach den gleichen Vorschriften
ausgerichtet würden, die für die Bezüge der amtierenden Magistraten
Anwendung fänden (§ 17 Abs. 2 PO 70). Wie es sich damit verhält, prüft
das Bundesgericht nicht frei, sondern lediglich unter dem beschränkten
Gesichtswinkel der Willkür, da die Auslegung von kantonalem Gesetzesrecht
in Frage steht und kein besonders schwerer Grundrechtseingriff vorliegt
(BGE 104 Ia 338; 102 Ia 115).

    Das Verwaltungsgericht führte im angefochtenen Entscheid aus,
dass der Wortlaut von § 14 Abs. 3 BehG zunächst klar erscheine. Es
lägen aber triftige Gründe dafür vor, dass er nicht den wahren Sinn der
Bestimmung zum Ausdruck bringe. Von einem klaren Wortlaut lässt sich indes
nicht sprechen, wie aus der nachfolgenden Erwägung 4 hervorgeht. Das
Bundesgericht hat daher nicht zu prüfen, ob triftige Gründe für ein
Abgehen vom Gesetzeswortlaut vorhanden seien, sondern lediglich, ob die
Auslegung des Verwaltungsgerichts völlig unhaltbar sei oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufe.

Erwägung 3

    3.- Das Verwaltungsgericht führte im angefochtenen Entscheid aus,
die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 3 BehG zeige, dass der Bestimmung
nicht der von den Beschwerdeführern behauptete Sinn zukomme. Der Grosse Rat
habe 1970 eine Bestimmung über die Pensionsordnung in das neugeschaffene
Behördengesetz aufgenommen, da bis zu diesem Zeitpunkt eine ausdrückliche
gesetzliche Grundlage für die Pensionsbezüge der Magistraten gefehlt
habe. Es sei zudem darum gegangen, den mit der früheren Pensionsordnung
von 1964 verbundenen Systemwechsel (Einführung einer rein staatlichen
Pensionsordnung mit Beitragsleistungen der Behördenmitglieder) dem
Grundsatz nach im Gesetz zu verankern. Zugleich habe die Stellung der
Anspruchsberechtigten gesichert werden sollen. Bis zu diesem Zeitpunkt
sei der Pensionsanspruch in der Praxis als wohlerworbenes Recht anerkannt
worden. Es fehlten aber Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die
bisherige Rechtsstellung der Anspruchsberechtigten materiell habe
verbessern wollen. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass er die
amtierenden Magistraten gegen jede künftige und für sie nachteilige
Änderung der Pensionsordnung habe schützen wollen. Der Regierungsrat
habe sodann in der Botschaft an den Grossen Rat nur im Zusammenhang
mit dem Pensionsanspruch als solchem von einem wohlerworbenen Recht
gesprochen. Es deute nichts darauf hin, dass der Grosse Rat sich in dieser
Hinsicht nicht der Auffassung des Regierungsrates angeschlossen habe. Es
sei nur mit Mühe vorstellbar, dass das kantonale Parlament § 14 Abs. 3
BehG ohne jede Aussprache angenommen hätte, wenn es den amtierenden
Magistraten die von den Beschwerdeführern behauptete Vorzugsstellung
wirklich hätte einräumen und sich selber in derart weitgehender Weise
hätte binden wollen. Das Verwaltungsgericht machte ferner geltend, gegen
die Auslegung der Beschwerdeführer spreche der Umstand, dass zugunsten
der Behördenmitglieder vor dem Ausscheiden aus dem Amte noch gar keine
eigentlichen Ansprüche aus der Pensionsordnung beständen. Es seien erst
Anwartschaften vorhanden, d.h. Rechte, die erst im Werden begriffen seien
und die in der Regel nicht als wohlerworbene Rechte betrachtet würden. Es
fehle ein genügender Hinweis dafür, dass § 14 Abs. 3 BehG entgegen dieser
allgemein verbreiteten Auffassung bereits die anwartschaftlichen Pensionen
habe als wohlerworbene Rechte anerkennen wollen. § 14 Abs. 3 BehG sei so
auszulegen, dass es sich bei den "Ansprüchen aus der Pensionsordnung"
lediglich um den eigentlichen Pensionsanspruch handle. Ein aus dem
Staatsdienst ausgeschiedenes Behördenmitglied könne bei dieser Sachlage
nicht mehr und nicht weniger verlangen, als dass seine Pension nach
Massgabe der im Zeitpunkt der Pensionierung geltenden Pensionsordnung
festgelegt und in der Folge nicht zu seinem Nachteil verändert werde.

Erwägung 4

    4.- a) Die in der staatsrechtlichen Beschwerde erhobenen
Einwendungen vermögen die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht
als unhaltbar erscheinen zu lassen. Was unter dem Ausdruck "Ansprüche
aus der Pensionsordnung" zu verstehen sei, ist nicht zum vorneherein
klar, sondern bedarf der Auslegung. Die Beschwerdeführer verstehen
den Begriff "Anspruch" in einem weiten Sinne und nehmen deshalb an,
"Ansprüche aus der Pensionsordnung" ständen ihnen insoweit zu, als sie
sich auf Dekretsvorschriften berufen könnten, die für die Berechnung
der Pension massgebend seien oder ganz allgemein ihre Rechtsstellung
im Pensionsverhältnis umschrieben. Träfe diese Betrachtungsweise zu,
so ergäbe sich aus der in § 14 Abs. 3 BehG enthaltenen Garantie in der
Tat, dass die Pensionsordnung nicht zum Nachteil der bereits im Amte
stehenden Behördenmitglieder abgeändert werden dürfte. Der Ausdruck
"Anspruch" besitzt in der schweizerischen Rechtssprache jedoch
verschiedene Sinngehalte, und er wird in der Regel nicht in der von
den Beschwerdeführern vertretenen Weise verwendet, sondern in gleicher
Bedeutung wie der Ausdruck "Forderung" (vgl. dazu SCHÖNENBERGER/JÄGGI,
Kommentar, N. 85 ff. der Vorbemerkungen zu Art. 1 OR; VON TUHR/PETER,
Allgemeiner Teil des Schweiz. OR, 3. Auflage, 1978, § 2, VI, S. 15 f.;
GUHL/MERZ/KUMMER, Das schweizerische Obligationenrecht, 6. Auflage, 1972,
S. 39). Das Bundesgericht selber hat in BGE 87 II 161 ff. erklärt, dass
zwischen den Bezeichnungen "Anspruch" und "Forderung" kein Unterschied
zu machen sei, da es sachlich immer um dasselbe gehe, nämlich um die
Befugnis, Leistung zu verlangen. Bei dieser Sachlage erscheint es
schon aufgrund des Gesetzeswortlauts möglich, dass das Behördengesetz,
wenn es von "Anspruchen aus der Pensionsordnung" spricht, lediglich die
den eigentlichen Pensionsanspruch darstellende Forderung meint und dass
der Gesetzgeber lediglich garantieren wollte, dass der Pensionsanspruch
bei Ausscheiden eines Behördenmitglieds aus dem Amt nach Massgabe der
dannzumal geltenden Vorschriften festzulegen sei und in der Folge vor
Herabsetzungen geschützt sein solle. Die Beschwerdeführer nehmen zu Unrecht
an, eine solche Auslegung sei schon deshalb ausgeschlossen, weil in §
14 Abs. 3 BehG von "Ansprüchen" die Rede ist, das Gesetz den Ausdruck
also in der Mehrzahl verwendet. Dieser Umstand vermag die Auslegung des
Verwaltungsgerichts für sich allein nicht als willkürlich erscheinen zu
lassen. Die Verwendung der Mehrzahl lässt sich, sofern keine sonstigen
Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung des Gesetzestextes bestehen,
ohne Verstoss gegen Art. 4 BV darauf zurückführen, dass die streitige
Bestimmung unmittelbar an § 14 Abs. 3 Satz 1 anschliesst, wo gesagt wird,
dass die Behördenmitglieder dem Staat Beiträge leisteten. Wenn Satz 2 davon
spricht, dass "ihre Ansprüche" aus der Pensionsordnung wohlerworbene Rechte
seien, so kann dies, besondere Anhaltspunkte für eine andere Abweichung
vorbehalten, ohne Willkür mit rein redaktionellen Gründen erklärt werden.

    b) Ist der Wortlaut von § 14 Abs. 3 BehG auslegungsbedürftig, so war
es keineswegs unhaltbar, wenn das Verwaltungsgericht massgeblich darauf
abstellte, dass der Regierungsrat in seiner Botschaft an den Grossen Rat
nirgends davon gesprochen hatte, dass die amtierenden Behördenmitglieder
vor künftigen Änderungen der Pensionsordnung geschützt sein sollten. Der
Regierungsrat hatte ausgeführt, dass die neue Regelung vor allem folgende
Vorteil biete:

    "Rechtliche Sicherheit für die Anspruchsberechtigten: Die

    Anspruchsberechtigten haben in dieser Beziehung nichts zu
befürchten. Ihr

    Pensionsanspruch ist ein wohlerworbenes Recht; er steht unter dem
Schutz
   der Eigentumsgarantie und kann durch eine Gesetzesänderung nicht
   entzogen oder gekürzt werden. Der Besitzstand müsste auf jeden Fall
   gewahrt bleiben."

    In der Botschaft des Regierungsrates wurde demnach einzig gesagt,
dass der "Pensionsanspruch" ein wohlerworbenes Recht sei. Das spricht
in klarer Weise für die Auffassung des Verwaltungsgerichts. Ins Gewicht
fällt sodann, dass in der Botschaft von den "Anspruchsberechtigten"
die Rede ist. Dieser Ausdruck wird im Sozialversicherungsrecht in der
Regel so gebraucht, dass anspruchsberechtigt jene Person ist, welcher der
Versicherungsanspruch zusteht. Unter dem Versicherungsanspruch ist die
Befugnis zu verstehen, vom Versicherungstrager die geschuldete Leistung
zu verlangen. Der Versicherungsanspruch, für den auch die Bezeichnungen
Leistungsanspruch, Anspruch auf Leistungen, usw. verwendet wird, bildet
das Gegenstück zu der aus dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit folgenden
Pflicht des Versicherungsträgers, die geschuldete Leistung nach Eintritt
des Versicherungsfalles korrekt zu bestimmen und zu erbringen (MAURER,
Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. I, 1979, S. 293). Auch
die Verwendung des Begriffs "Anspruchsberechtigte" bezieht sich demnach
unmittelbar auf den eigentlichen Pensionsanspruch. In der Botschaft des
Regierungsrates wurde schliesslich gesagt, der "Besitzstand" müsse auf
jeden Fall gewahrt bleiben. Das lässt sich Ohne Willkür so verstehen, dass
der Regierungsrat erneut Bezug auf den eigentlichen Pensionsanspruch nahm
und zum Ausdruck bringen wollte, dass eine zugesprochene Pension nicht
herabgesetzt oder anderweitig zum Nachteil der Pensionierten verändert
werden dürfe. Die von den Beschwerdeführern vertretene weitergehende
Auslegung des Gesetzestextes findet in der Botschaft des Regierungsrates
dagegen keinerlei Stütze.

    c) Der Grosse Rat nahm § 14 Abs. 3 BehG ohne Diskussion an, und eine
Volksabstimmung fand nicht statt. Es ist nicht willkürlich, wenn das
Verwaltungsgericht anführte, es sei nur mit Mühe vorstellbar, dass der
Grosse Rat die erwähnte Bestimmung stillschweigend beschlossen hätte,
wenn ihr wirklich die von den Beschwerdeführern behauptete weitgehende
Bedeutung hätte zukommen sollen und wenn sich das kantonale Parlament
hinsichtlich der im Amte stehenden Behördenmitglieder für die Zukunft
weitgehend hätte binden wollen. Diese Überlegung ist mit sachlichen
Gründen vertretbar. Sie ist namentlich deswegen haltbar, weil sich
gerade bei Erlass des Behördengesetzes und der Pensionsordnung 70 die
Notwendigkeit gezeigt hatte, die Pensionsordnung 64 zum Nachteil der
amtierenden Behördenmitglieder abzuändern. So wurde namentlich beschlossen,
Reallohnerhöhungen könnten nach der Pensionierung nicht mehr unbeschränkt,
sondern nur noch bis zum 65. Altersjahr angerechnet werden. Ferner wurde
das Rücktrittsalter für Oberrichter neu festgelegt. Wenn ein derartiges
Vorgehen für die Zukunft hätte ausgeschlossen werden sollen, so wäre in
der Tat zu erwarten gewesen, dass der Regierungsrat in seiner Botschaft
darauf Bezug genommen hätte und dass die Bestimmung im Parlament auf
besondere Aufmerksamkeit gestossen wäre. Jedenfalls kann diese Annahme
des Verwaltungsgerichts nicht als willkürlich erachtet werden.

    d) Das Verwaltungsgericht verstiess auch nicht gegen Art. 4 BV, wenn
es davon ausging, blosse Anwartschaften, wie sie die Behördenmitglieder in
bezug auf die Pension vor dem Ausscheiden aus dem Amte besässen, würden
in der Regel nicht als wohlerworbene Rechte betrachtet. Dass Rechte,
die im Werden begriffen sind, deren Verwirklichung eingeleitet, aber
noch nicht abgeschlossen ist, in Lehre und Praxis gewöhnlich nicht als
wohlerworbene Rechte gelten, trifft zu (Vgl. KÄMPFER, aaO, S. 344; DUBACH,
Die wohlerworbenen Rechte im Wasserrecht, 1979, S. 23; IMBODEN/RHINOW,
Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage, 1976, S. 1086). In
der Literatur ist überdies ausgeführt worden, dass gerade im Falle der
Beamtenrechte jeweils nicht irgendeine Rechtslage als wohlerworbenes Recht
geschützt werde, sondern einzig ein Recht im subjektiven Sinne (H. HUBER,
Der Schutz der wohlerworbenen Rechte in der Schweiz, Gedächtnisschrift
Jellinek, S. 465). Dem Umstand, dass blosse Anwartschaften in der Regel
nicht als wohlerworbene Rechte gelten, käme im vorliegen Falle freilich
keine massgebende Bedeutung zu, wenn anzunehmen wäre, der luzernische
Gesetzgeber habe allen unter der Geltungsdauer der Pensionsordnung 70
bereits im Amte stehenden Behördenmitgliedern die Unabänderlichkeit
der getroffenen Regelung garantieren wollen. Das Bundesgericht hat denn
auch in BGE 67 I 177 ff. für den damals zu beurteilenden Fall bejaht,
dass künftige Änderungen der Pensionsordnung für die bereits im Amte
stehenden Beamten keine Geltung beanspruchen könnten. Damals war in den
massgebenden Vorschriften jedoch ausdrücklich festgehalten worden, dass
künftige Herabsetzungen der Pension die bereits im Amte stehenden Beamten
nicht betreffen würden. Da es im vorliegenden Fall an einer entsprechenden
klaren Regelung fehlt, konnte das Verwaltungsgericht bei seinem Entscheid
ohne Verstoss gegen Art. 4 BV annehmen, der luzernische Gesetzgeber habe
keine vom allgemeinen Grundsatz abweichende Lösung treffen wollen.
   e) ...

    f) Es ergibt sich demnach, dass das Verwaltungsgericht ohne Willkür
annehmen konnte, § 14 Abs. 3 BehG enthalte keine Garantie zugunsten der
amtierenden Behördenmitglieder, dass sie vor jeder nachteiligen Änderung
der Pensionsordnung geschützt seien. Bei dieser Sachlage verletzte
der Grosse Rat keine wohlerworbenen Rechte, wenn er die §§ 3 und 17
Abs. 2 der PO 70, welche die Höhe der versicherten Besoldung und die
Ausrichtung von Teuerungszulagen regeln, mit Wirkung für die bereits im
Amte stehenden Behördenmitglieder änderte. § 14 Abs. 3 BehG lässt sich
ohne Willkür so auslegen, dass lediglich der eigentliche Pensionsanspruch
als wohlerworbenes Recht garantiert sei. Allerdings trifft es entgegen
einzelnen Bemerkungen des Verwaltungsgerichts nicht zu, dass lediglich die
einmal festgesetzte Pension der bereits pensionierten Behördenmitgliedern
vor späteren Änderungen geschützt sei. Es besitzen auch die aus dem
Amte ausscheidenden Behördenmitglieder ein wohlerworbenes Recht darauf,
dass ihre Pension nach Massgabe der im Zeitpunkt der Pensionierung
geltenden Vorschriften festgesetzt werde. Aus dem Zusammenhang der
Erwägungen des angefochtenen Entscheids ergibt sich indes, dass auch das
Verwaltungsgericht selbst keine andere Auffassung vertritt.