Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 V 66



105 V 66

17. Auszug aus dem Urteil vom 8. Mai 1979 i.S. Bundesamt für
Sozialversicherung gegen Scotoni und AHV-Rekurskommission des Kantons
Zürich Regeste

    Art. 42 IVG und 35 Abs. 1 IVV. Entstehung des Anspruchs auf
Hilflosenentschädigung: sinngemässe Anwendung der Regeln über die
Entstehung des Rentenanspruchs gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    II.1.- Gemäss Art. 42 Abs. 1 IVG haben in der Schweiz
wohnhafte invalide Versicherte, die hilflos sind, Anspruch auf eine
Hilflosenentschädigung. Als hilflos gilt nach Abs. 2 der Bestimmung, wer
wegen der Invalidität für die alltäglichen Lebensverrichtungen dauernd der
Hilfe Dritter oder der persönlichen Überwachung bedarf. Nach Art. 42 Abs. 3
IVG wird die Entschädigung nach dem Grad der Hilflosigkeit bemessen;,
sie entspricht mindestens 20% und höchstens 80% des Mindestbetrages der
einfachen Altersrente gemäss Art. 34 Abs. 2 AHVG.

    Nach Art. 35 Abs. 1 IVV entsteht der Anspruch auf die
Hilflosenentschädigung am ersten Tag des Monats, in dem sämtliche
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.

Erwägung 2

    II.2.- Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass das Gesetz für
den Anspruch auf Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung - im
Gegensatz zu Art. 43bis Abs. 2 AHVG - keine Wartezeit vorschreibt. Nach
Art. 42 Abs. 2 IVG gilt jedoch nur als hilflos, wer dauernd der Hilfe
Dritter oder der persönlichen Überwachung bedarf. Dieses Erfordernis
ist nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis erfüllt, wenn
der die Hilflosigkeit begründende Zustand weitgehend stabilisiert und
im wesentlichen irreversibel ist, wenn also analoge Verhältnisse wie
bei der ersten Variante von Art. 29 Abs. 1 IVG gegeben sind. Ferner
ist das Erfordernis der Dauer als erfüllt zu betrachten, wenn die
Hilflosigkeit während 360 Tagen ohne wesentlichen Unterbruch gedauert
hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird (2. Variante). Da
der Anspruch auf Hilflosenentschädigung nicht von einem allfälligen
Rentenanspruch abhängig ist, entsteht er im Falle der ersten Variante
somit im Zeitpunkt, in dem die leistungsbegründende Hilflosigkeit als
bleibend vorausgesehen werden kann, und im Falle der zweiten Variante
nach Ablauf der 360 Tage, sofern weiterhin mit einer Hilflosigkeit der
vorausgesetzten Art zu rechnen ist (EVGE 1969 S. 112, ZAK 1970 S. 71;
vgl. auch Rz 310 ff. der Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit).

    An dieser Praxis ist festzuhalten. Sie entspricht der gesetzlichen
Regelung, wonach kurzfristige Hilfs- und Überwachungsbedürftigkeit
keinen Leistungsanspruch begründet und wonach der Anspruch auf
Hilflosenentschädigung eine Invalidität voraussetzt. Als Invalidität gilt
nach Art. 4 IVG die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde
Erwerbsunfähigkeit, wobei der Gesetzgeber in Art. 29 Abs. 1 IVG als
"längere Zeit dauernd" eine Zeitspanne von mindestens 360 Tagen bewertet
hat. Die Rechtsprechung hat dieser Abgrenzung im Rahmen von Art. 4 IVG
allgemeine Bedeutung zuerkannt (vgl. ZAK 1973 S. 294 und 646). Da Art. 42
IVG sinngemäss auf Art. 4 IVG verweist, hat sie auch auf den Anspruch
auf Hilflosenentschädigung Anwendung zu finden. Dem steht nicht entgegen,
dass der Anspruch auf die Hilflosenentschädigung nach Art. 35 Abs. 1 IVV am
ersten Tag des Monats entsteht, "in dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen
erfüllt sind".