Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 V 50



105 V 50

13. Auszug aus dem Urteil vom 17. April 1979 i.S. Bundesamt für
Sozialversicherung gegen Eggenberger und Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn Regeste

    Art. 39 Abs. 1 AHVG und Art. 55quater Abs. 1 AHVV. Ein Versicherter,
der unwidersprochen Rentenzahlungen entgegennimmt, hat durch konkludentes
Verhalten auf den Rentenaufschub verzichtet und deshalb sein Wahlrecht
verwirkt.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus der Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- ...

    a) Nach Art. 39 Abs. 1 AHVG können Personen, die Anspruch auf eine
ordentliche Altersrente haben, den Rentenbezug mindestens ein Jahr und
höchstens fünf Jahre aufschieben und innerhalb dieses Zeitraums die Rente
nach freier Wahl im voraus von einem bestimmten Monat an abrufen. Gemäss
Art. 55quater Abs. 1 AHVV beginnt die Aufschubsdauer bei Männern vom
ersten Tag des der Vollendung des 65. Altersjahres folgenden Monats an zu
laufen. Der Aufschub ist innert eines Jahres vom Beginn der Aufschubsdauer
an schriftlich zu erklären.

    b) Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob dem Versicherten, als er in
seiner Beschwerde an die Vorinstanz erstmals förmlich um Rentenaufschub
nachsuchte, das Wahlrecht noch offenstand. Während nach Auffassung der
Vorinstanz - und entgegen der Rz 49 des Kreisschreibens des Bundesamtes
für Sozialversicherung über den Aufschub der Altersrenten, gültig ab
1. November 1969 - das Aufschubsbegehren auch nach erfolgter Anmeldung
binnen der Jahresfrist des Art. 55quater Abs. 1 gestellt werden kann,
geht das Bundesamt für Sozialversicherung anscheinend davon aus, dass
die Wahlerklärung spätestens mit der Anmeldung zum Rentenbezug abzugeben
ist. Damit stellt sich das Bundesamt allerdings seinerseits in Gegensatz
zum erwähnten Kreisschreiben, nach dessen Rz 52 erst der Eintritt der
Rechtskraft der Rentenverfügung einem nachträglichen Aufschubsbegehren
entgegenstehen würde. Wie es sich damit verhält, braucht indessen im
vorliegenden Fall nicht näher geprüft zu werden, da das Verhalten des
Versicherten von der Anmeldung weg darauf schliessen liess, dass er von
der Möglichkeit eines Rentenaufschubs keinen Gebrauch machen wollte und er
sein Wahlrecht jedenfalls dadurch verwirkt hat, dass er während längerer
Zeit und unwidersprochen die Rentenzahlungen entgegennahm.

    In seiner Anmeldung vom 9. Februar 1977 hat der Versicherte die unter
Ziff. 14 gestellte Frage, ob ein Rentenaufschub verlangt werde, zwar
offengelassen, unter Ziff. 15 aber angegeben, auf welches Postcheckkonto
er die Überweisung der Rente wünscht. Bei dieser Sachlage durfte die
Kasse davon ausgehen, dass der Versicherte die Frage des Rentenaufschubes
versehentlich offengelassen hatte und, wie der grösste Teil der Rentner,
von der Aufschubsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollte. Armin
Eggenberger macht allerdings geltend, er sei durch eine behördliche
Auskunft zu diesem Vorgehen veranlasst worden und der Meinung gewesen,
das Begehren noch später stellen zu können. Sollte er tatsächlich falsch
informiert worden sein, so hätte er spätestens im Zeitpunkt der ersten
Rentenauszahlung auf den Irrtum aufmerksam werden und die Annahme der
Rente konsequenterweise verweigern müssen. Das hat er indessen nicht
getan und das Bundesamt für Sozialversicherung sieht darin zu Recht ein
konkludentes Verhalten, welches einer Willensäusserung in der Frage des
Rentenaufschubs gleichkommt.

    Es stünde im Widerspruch zu Sinn und Zweck der gesetzlichen
Aufschubsregelung, wenn ein Versicherter die Möglichkeit hätte,
einerseits eine Rente zu beziehen und sich andrerseits das Wahlrecht
vorzubehalten. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 98 V 257
festgehalten hat, beinhaltet die bei Rentenaufschub eintretende Erhöhung
der Rente (Art. 39 Abs. 2 AHVG) nicht nur den Gegenwert der Leistungen,
auf die ein einzelner Rentner vorher verzichtet hat, sondern auch einen
durchschnittlichen Anteil an den Beträgen, die infolge Hinschieds anderer
Rentenbezüger innerhalb der Aufschubsdauer nicht ausbezahlt worden
sind. Aus diesem Grunde wurde die Wahlmöglichkeit zwischen Nachzahlung
einer aufgeschobenen Rente und Zuschlag ausgeschlossen. Die gleichen
versicherungstechnischen Überlegungen führen dazu, dass mit Beginn des
Rentenbezugs das Aufschubsrecht dahinfallen muss. Andernfalls hätte es
nämlich ein Rentenbezüger in der Hand, mit der Ausübung seines Wahlrechts
bis kurz vor Ablauf der 1jährigen Frist gemäss Art. 55quater Abs. 1
zuzuwarten, um, falls er diesen Zeitpunkt erlebt, gegen Anbietung der
bisher bezogenen Leistungen in den Genuss einer aufgeschobenen, höheren
Rente zu gelangen. Gerade dies will aber der Versicherte, wie seinem
Schreiben vom 28. Januar 1978 an die Ausgleichskasse entnommen werden kann.