Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 V 163



105 V 163

39. Urteil vom 13. August 1979 i.S. C. gegen Ausgleichskasse des
Kantons Zürich und Bundesamt für Sozialversicherung gegen C. und
AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Regeste

    Art. 39 Abs. 1 und 42 Abs. 1 IVG, Art. 11 Abs. 1 und Art. 13 des
Sozialversicherungsabkommens mit Griechenland.

    - Zum Anspruch eines griechischen Staatsangehörigen auf eine
ausserordentliche Invalidenrente und eine Hilflosenentschädigung, wenn
sich der Leistungsansprecher ausschliesslich im Hinblick auf die Behandlung
seines Leidens in der Schweiz aufhält (Erw. 1-4).

    - Bestätigung der Rechtsprechung, dass bei der Beurteilung der
Frage, ob der Leistungsansprecher in der Schweiz "wohnhaft" ist, der
zivilrechtliche Wohnsitz nicht ohne weiteres genügt, sondern zusätzlich
darauf abzustellen ist, wo sich der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen
befindet (Erw. 1-4).

    Art. 47 Abs. 1 AHVG, 49 IVG und 85 Abs. 2 IVV.

    - Art. 85 Abs. 2 IVV ist gesetzmässig (Erw. 5-6).

    - Abgrenzung des Anwendungsbereichs von Art. 47 Abs. 1 AHVG und
Art. 85 Abs. 2 IVV; massgebend ist, ob der nachträglich im Rahmen einer
Wiedererwägung festgestellte Fehler eine AHV-analoge oder eine spezifisch
IV-rechtliche Frage betrifft (Erw. 5-6).

Sachverhalt

    A.- Der am 19. Februar 1950 im Ausland geborene griechische
Staatsangehörige Jean C. leidet an perinatal bedingter Encephalopathie mit
epileptischen Reaktionen in Form von generalisierten Anfällen, Absenzen
und psychomotorischen Anfällen, Mikrocephalie und erethischer Idiotie. Seit
dem 12. Lebensmonat steht die intellektuelle Entwicklung fast vollständig
still. Jean C. bedarf dauernder Pflege in einer geschlossenen Anstalt
(Bericht des Dr. med. V. vom 22. September 1975). Anfangs Oktober 1954
brachten ihn seine damals in New York lebenden Eltern zur Behandlung
in die Schweizerische Anstalt für Epileptische in Zürich, wo er seither
ununterbrochen lebt.

    Am 14. November 1976 liess die Mutter von Jean C. durch Rechtsanwalt
J. bei der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich die Einleitung des
Entmündigungsverfahrens nach Art. 369 ZGB beantragen. Dies wurde mit
Beschluss vom 17. Juni 1977 im wesentlichen wegen örtlicher Unzuständigkeit
abgelehnt. Auf Beschwerde hin stellte der Bezirksrat Zürich fest,
Jean C. besitze - nachdem er mit der Erlangung der Volljährigkeit den
unselbständigen Wohnsitz in Athen aufgegeben habe - gemäss Art. 24
Abs. 2 ZGB einen fiktiven Wohnsitz in Zürich, und bejahte daher die
örtliche Zuständigkeit (Entscheid vom 19. Januar 1978). Daraufhin wurde
das Entmündigungsverfahren durchgeführt und am 8. Juni 1978 der Vormund
bestellt.

    B.- Im Januar 1976 war Jean C. von seinem Vater bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (medizinische Massnahmen
sowie Rente) angemeldet worden. Entsprechend dem Beschluss der
Invalidenversicherungs-Kommission des Kantons Zürich vom 16. März 1976
sprach die Ausgleichskasse des Kantons Zürich (Zweigstelle Zürich) Jean
C. mit Verfügungen vom 5. April 1976 ab 1. September 1974 eine ganze
ausser ordentliche Invalidenrente sowie eine Hilflosenentschädigung für
Hilflosigkeit schweren Grades zu, lehnte dagegen medizinische Massnahmen
ab. Beide Verfügungen blieben unangefochten.

    Auf Anweisung des Bundesamtes für Sozialversicherung sistierte die
Ausgleichskasse die Auszahlung der IV-Leistungen ab Oktober 1976. Mit der
Begründung, dass der für den Anspruch auf eine ausserordentliche Rente
sowie auf eine Hilflosenentschädigung erforderliche zivilrechtliche
Wohnsitz in der Schweiz verneint werden müsse und dass Jean
C. zudem im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles für die
Hilflosenentschädigung mangels schweizerischen Wohnsitzes nicht versichert
gewesen sei, verfügte die Ausgleichskasse am 21. September 1977 die
Aufhebung der am 5. April 1976 zugesprochenen Leistungen rückwirkend ab
1. September 1974 und die Rückerstattung der zu Unrecht bezogenen Renten
von Fr. 16'677.-- und Hilflosenentschädigungen von Fr. 10'000.--.

    C.- Die hiegegen eingereichte Beschwerde hiess die AHV-Rekurskommission
des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. April 1978 teilweise gut, sprach
Jean C. in Abänderung der Verfügung vom 21. September 1977 ab 1. Dezember
1974 eine ausserordentliche Invalidenrente zu (Dispositivziffer 1a) und
setzte den Rückerstattungsbetrag auf Fr. 12'136.-- herab, einschliesslich
Fr. 2'136.-- für die vom 1. September bis 30. November 1974 zu Unrecht
ausbezahlten Renten (Dispositivziffer 1b). Soweit sich die Beschwerde
gegen die Aufhebung der Hilflosenentschädigung und gegen die Rückerstattung
der zu Unrecht bezogenen Hilflosenentschädigungen richtete, wies sie die
Rekurskommission ab (Dispositivziffer 2). Sie nahm an, Jean C. habe bis
zur Volljährigkeit (19. Februar 1971) keinen zivilrechtlichen Wohnsitz
in der Schweiz gehabt; seither besitze er aber am Aufenthaltsort
Zürich einen fiktiven Wohnsitz im Sinne des Art. 24 Abs. 2 ZGB. Da
die staatsvertraglichen und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt
seien, habe Jean C. ab Inkrafttreten des Abkommens mit Griechenland
(1. Dezember 1974) Anspruch auf eine ausserordentliche Rente. In bezug
auf die Hilflosenentschädigung sei der Versicherungsfall am 1. März 1968
eingetreten und damit in einem Zeitpunkt, in welchem Jean C. mangels
zivilrechtlichen Wohnsitzes in der Schweiz nicht versichert gewesen sei;
daher bestehe kein Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Für die
Verpflichtung zur Rückerstattung genüge objektive Unrechtmässigkeit des
Bezuges. Im übrigen habe die Kasse ihre Verfügungen vom 5. April 1976 zu
Recht in Wiedererwägung gezogen.

    D.- Jean C. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem
Begehren, es sei ihm in Abänderung des vorinstanzlichen Entscheids
ab 1. Dezember 1974 eine Hilflosenentschädigung auszurichten und
es sei die Verpflichtung aufzuheben, den Betrag von Fr. 10'000.--
zurückzuerstatten. Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend,
es sei nicht einzusehen, weshalb im Rahmen des Art. 42 Abs. 1 IVG die
invaliditätsmässigen Voraussetzungen und die Versicherteneigenschaft im
gleichen Zeitpunkt vorliegen müssten.

    Das Bundesamt für Sozialversicherung erhebt ebenfalls
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Es verlangt die Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids, soweit Jean C. ab 1. Dezember
1974 eine ausserordentliche Invalidenrente zugesprochen und der
Rückforderungsanspruch der Kasse auf Fr. 12'136.-- herabgesetzt
wurde. Dazu führt es aus, mit der Erlangung der Volljährigkeit sei es
zu einer Perpetuierung des zuvor von den Eltern abhängigen ausländischen
Wohnsitzes gekommen (Art. 24 Abs. 1 ZGB). Ein fiktiver zivilrechtlicher
Wohnsitz am schweizerischen Aufenthaltsort (Art. 24 Abs. 2 ZGB) dürfe nicht
angenommen werden, da Jean C. den abhängigen ausländischen Wohnsitz zufolge
gänzlicher Urteilsunfähigkeit gar nicht habe aufgeben können. Doch selbst
bei Bejahung eines zivilrechtlichen Wohnsitzes in der Schweiz müsse im
vorliegenden Fall ein Anspruch auf eine ausserordentliche Invalidenrente
verneint werden; auf Einzelheiten wird in den Erwägungen eingegangen.

    Der Vertreter des Jean C. und das Bundesamt für Sozialversicherung
halten an ihren Anträgen fest und schliessen auf Abweisung des jeweils
gegnerischen Rechtsbegehrens.

    Die Ausgleichskasse beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
des Jean C. sei abzuweisen; auf eine Stellungnahme zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Bundesamtes wird verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 13 des am 1. Dezember 1974 in Kraft getretenen
schweizerisch-griechischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom
1. Juni 1973 haben griechische Staatsangehörige unter den gleichen
Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf eine ausserordentliche
Rente der schweizerischen Invalidenversicherung, solange sie in der
Schweiz Wohnsitz haben und sofern sie unmittelbar vor dem Zeitpunkt,
ab welchem sie die Rente verlangen, ununterbrochen während mindestens
fünf Jahren in der Schweiz gewohnt haben. Anspruch auf ausserordentliche
Invalidenrenten haben nach Art. 39 Abs. 1 IVG die in der Schweiz wohnhaften
rentenberechtigten Schweizer Bürger, denen keine ordentliche Rente zusteht
oder deren ordentliche Rente kleiner ist als die ausserordentliche. Der
im Abkommen verwendete Ausdruck "Wohnsitz" ist gleich zu verstehen wie
der Begriff "wohnhaft" in Art. 39 Abs. 1 IVG (unveröffentlichtes Urteil
Bregani vom 5. Juni 1975 in bezug auf Art. 7 lit. b des Abkommens mit
Italien und Art. 42 AHVG).

    Das schweizerisch-griechische Abkommen bestimmt in Art. 11 Abs. 1
des weitern, dass griechische Staatsangehörige unter den gleichen
Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf Hilflosenentschädigungen
der schweizerischen Invalidenversicherung haben. Einen derartigen
Anspruch räumt Art. 42 Abs. 1 IVG den in der Schweiz wohnhaften invaliden
Versicherten ein, die hilflos sind. Somit ist im Rahmen dieser Bestimmung
auch die Versicherteneigenschaft eine der Anspruchsvoraussetzungen. Sie
muss - laut Art. 6 Abs. 1 IVG - bei Eintritt der Invalidität gegeben
sein. Nach Art. 4 Abs. 2 IVG gilt die Invalidität als eingetreten, sobald
sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung
erforderliche Art und Schwere erreicht hat.

Erwägung 2

    2.- Jean C. ist seit frühester Jugend gesundheitlich derart schwer
geschädigt, dass er die invaliditätsmässigen Anspruchsvoraussetzungen
sowohl für eine ganze Invalidenrente als auch für eine
Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades offensichtlich
erfüllt. Unbestritten ist auch, dass er mangels Beitragszahlung keine
ordentliche Invalidenrente beanspruchen kann, jedoch im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Abkommens wesentlich länger als fünf Jahre in der
Schweiz wohnte, d.h. sich hier im Sinne des Art. 1 lit. f des Abkommens
gewöhnlich aufhielt und damit die staatsvertraglich vorgesehene Wartefrist
für die Gewährung einer ausserordentlichen Invalidenrente erfüllte. Dagegen
ist streitig, ob Jean C. im Sinne der Art. 39 Abs. 1 und 42 Abs. 1 IVG
in der Schweiz "wohnhaft" war. Praxisgemäss sind dabei die bis zum
Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung (21. September 1977)
eingetretenen tatsächlichen Verhältnisse massgebend (BGE 99 V 102).

Erwägung 3

    3.- a) Das Bundesamt für Sozialversicherung vertritt in seiner
Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Auffassung, Jean C. stehe selbst dann
keine ausserordentliche Invalidenrente zu, wenn ein zivilrechtlicher
Wohnsitz in der Schweiz bejaht werde. Zwar treffe es zu, dass für die
primäre Feststellung des Wohnsitzes im Sinne des Sozialversicherungsrechtes
grundsätzlich die gleichen Regeln wie im Zivilrecht gelten, doch hätten
Rechtsprechung und Verwaltungspraxis hievon Ausnahmen gemacht, wenn ein
besonderer Sachverhalt eine engere Bindung des Leistungsansprechers an die
schweizerische Wohnbevölkerung als Versichertengemeinschaft verlangt habe.

    b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat 1961 im Urteil Ehrler
(EVGE 1961 S. 257 ff.) im Falle einer geisteskranken, in der Schweiz
bevormundeten Frau, die während mehrerer Jahre in einer ausländischen
Heil- und Pflegeanstalt hospitalisiert war, den bereits in EVGE 1958
S. 30 ff. enthaltenen Grundgedanken bestätigt, wonach "der zivilrechtliche
Wohnsitz zur Begründung eines Rentenanspruchs nicht ohne weiteres genügt,
wenn sich der Aufenthalt während längerer Zeit im Ausland befindet". Daher
hat es im Zusammenhang mit Art. 39 Abs. 1 IVG entschieden, es sei

    "bei schweizerischem Wohnsitz und Daueraufenthalt im Ausland ein
Anspruch
   auf die ausserordentliche Rente gegeben, sofern die schweizerischen
   Momente überwiegen, d.h. der Schwerpunkt aller Beziehungen -
   sozialversicherungsrechtlich gesehen - schweizerisch ist. Ob dies
   zutrifft oder nicht, muss für die ausserordentlichen Renten der AHV
   und der

    Invalidenversicherung auf Grund der Verhältnisse im Einzelfall
abgeklärt
   werden. Für die Invalidenversicherung ist hiebei vor allem von
   Bedeutung, aus welchen Gründen ein Aufenthaltsort im Ausland gewählt
   wird; erfolgt diese Wahl gerade wegen der bestehenden Invalidität,
   so wird das Überwiegen der schweizerischen Momente in der Regel bejaht
   werden müssen" (EVGE 1961

    S. 261).

    In diesem Sinne hat sich das Gericht auch in späteren Urteilen
geäussert (EVGE 1969 S. 45; unveröffentlichtes Urteil Bregani vom 5. Juni
1975 Erw. 1 i.f.).

    c) Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob der Schwerpunkt
aller Beziehungen des Jean C. - sozialversicherungsrechtlich gesehen -
schweizerisch ist oder nicht. Dabei fällt ins Gewicht, dass Jean C.
im Jahre 1954 zugegebenermassen einzig und allein zur Behandlung seines
Gebrechens in die Schweizerische Anstalt für Epileptische gebracht worden
und dort lediglich mangels einer entsprechenden Unterbringungsmöglichkeit
in seiner griechischen Heimat verblieben ist. Dies bedeutet, dass seine in
all den Jahren ununterbrochen im Ausland, nunmehr in Athen domizilierten
Eltern den Aufenthalt in der Schweiz ausschliesslich wegen der Invalidität
des Leistungsansprechers gewählt hatten. Damit liegt aber ein Sachverhalt
vor, der - bei entsprechender Abwandlung des im Urteil Ehrler aufgestellten
Grundsatzes - zur Annahme des Schwerpunktes aller Beziehungen des Jean
C. in Griechenland und nicht in der Schweiz führt. Denn die Frage des
Schwerpunktes ist nicht nur zu beachten, wenn sich jemand - wie im
Urteil Ehrler - von der Schweiz aus wegen der Invalidität ins Ausland
begibt, sondern auch im umgekehrten Fall. Da nach dem Gesagten der
Schwerpunkt aller Beziehungen im vorliegenden Fall im Ausland liegt,
kann Jean C. allein schon aus diesem Grunde nicht als in der Schweiz
"wohnhaft" im Sinne des Art. 39 Abs. 1 IVG angesehen werden. Die Frage,
ob er ab Erreichen der Volljährigkeit (19. Februar 1971) allenfalls gemäss
Art. 24 Abs. 2 ZGB einen fiktiven zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz
besessen habe, wie dies die Vorinstanz annimmt, das Bundesamt in seiner
Verwaltungsgerichtsbeschwerde aber ablehnt, kann daher offen gelassen
werden. Somit ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zusprechung
einer ausserordentlichen Invalidenrente nicht erfüllt sind.

Erwägung 4

    4.- Da die Hilflosenentschädigung nach Art. 42 Abs. 1 IVG ebenfalls
davon abhängt, dass der Leistungsansprecher in der Schweiz "wohnhaft"
ist, und da demzufolge der Schwerpunkt aller Beziehungen auch bei dieser
Leistungsart zu berücksichtigen ist, muss - entsprechend den Darlegungen
in Erw. 3c hievor - auch der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung
verneint werden. Hinzu kommt hier noch, dass eine derartige Leistung nur
an invalide Versicherte ausgerichtet werden kann, d.h. an Personen, die
gemäss Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 IVG im Zeitpunkt des
Eintritts des Versicherungsfalles versichert sind. Die Vorinstanz führt
in Erw. III/4 ihres Entscheids zutreffend aus, der Versicherungsfall für
die Hilflosenentschädigung sei vorliegend am 1. März 1968, d.h. am ersten
Tag des der Vollendung des 18. Altersjahres folgenden Monats eingetreten;
in jenem Zeitpunkt sei Jean C. aber nicht gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. a AHVG
(in Verbindung mit Art. 1 IVG) obligatorisch versichert gewesen, da sich
sein zivilrechtlicher Wohnsitz nicht in der Schweiz, sondern bei seinen
Eltern im Ausland befunden habe.

Erwägung 5

    5.- Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts
kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht
Gegenstand einer gerichtlichen Beurteilung gebildet hat, jederzeit
von Amtes wegen in Wiedererwägung ziehen, wenn sie sich als zweifellos
unrichtig erweist und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist
(BGE 103 V 128 mit Hinweis).

    Im vorliegenden Fall stellten sich die beiden Verfügungen vom
5. April 1976 bei einer nachträglichen Prüfung durch die Verwaltung als
zweifellos unrichtig heraus, weil der für die Bejahung bzw. Verneinung
des Leistungsanspruchs entscheidenden Frage des Wohnsitzes aus
sozialversicherungsrechtlicher Sicht, insbesondere was den Schwerpunkt der
Beziehungen anbelangt, keinerlei Beachtung geschenkt bzw. weil das Bestehen
des massgeblichen Wohnsitzes unzutreffenderweise bejaht worden war. Dass
die Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist, kann nicht bestritten
werden. Die Verwaltung handelte demnach richtig, indem sie die genannten
Verfügungen in Wiedererwägung zog und am 21. September 1977 aufhob.

Erwägung 6

    6.- In der Kassenverfügung vom 21. September 1977 wurde nicht
ausgeführt, aus welchem Grunde die Aufhebung der zuvor am 5. April 1976
zugesprochenen Leistungen rückwirkend erfolgte. Die Vorinstanz stellt
dazu in ihrem Entscheid im wesentlichen bloss fest, es müsse nach Art. 47
Abs. 1 AHVG und Art. 78 AHVV vorgegangen werden.

    a) Gemäss Art. 47 Abs. 1 AHVG sind unrechtmässig bezogene Renten
und Hilflosenentschädigungen der AHV zurückzuerstatten. Diese Bestimmung
findet laut Art. 49 IVG sinngemäss auch Anwendung für die Rückerstattung
unrechtmässig bezogener IV-Leistungen. Dagegen ist nach Art. 85 Abs. 2 IVV
(in der seit dem 1. Januar 1977 gültigen Fassung) die Änderung erst von dem
der neuen Verfügung folgenden Monat an vorzunehmen, wenn eine Überprüfung
der Anspruchsberechtigung ergibt, dass eine Leistung herabgesetzt oder
aufgehoben werden muss (und sofern nicht der Spezialfall des Abs. 3
vorliegt). Somit kennt das IV-Recht nebeneinander sowohl die Rückwirkung
(verbunden mit der Rückerstattung) als auch die Wirkung für die Zukunft. Es
äussert sich indessen nicht dazu, wie Art. 85 neu Abs. 2 IVV gegenüber
Art. 47 Abs. 1 AHVG abzugrenzen ist, und legt somit die Kriterien nicht
fest, anhand derer entschieden werden muss, ob eine Leistung nach Art. 85
neu Abs. 2 IVV ex nunc oder vielmehr gemäss Art. 47 Abs. 1 AHVG ex tunc
herabzusetzen oder aufzuheben ist, wenn die Verwaltung im Rahmen einer
Wiedererwägung auf eine frühere Verfügung zurückkommt.

    Das Gesamtgericht, dem diese Rechtsfrage unterbreitet wurde, hat
festgestellt, dass die Regelung des Art. 85 neu Abs. 2 IVV sachlich
gerechtfertigt ist, insoweit sie spezifisch IV-rechtlichen Gesichtspunkten
(auf die im folgenden noch eingegangen wird) Rechnung trägt und deshalb
eine von Art. 47 Abs. 1 AHVG abweichende Ordnung vorsieht, die sich im
übrigen an die Wirkung der Revision nach Art. 41 IVG anlehnt (vgl. neu
Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV). Gesetzlich ist Art. 85 neu Abs. 2
IVV insofern abgestützt, als Art. 49 IVG den in Art. 47 Abs. 1 AHVG
aufgestellten Grundsatz im Bereich der Invalidenversicherung nicht als
generell, sondern nur als "sinngemäss" anwendbar erklärt. Mit dieser
Umschreibung wird eine die besonderen IV-rechtlichen Gegebenheiten
berücksichtigende Lösung auf dem Verordnungswege ermöglicht. In bezug auf
die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der einen oder anderen Regelung
hat das Gesamtgericht erkannt, dass zum Beispiel bei der Beurteilung
des Anspruchs auf eine Invalidenrente Fragen zu beantworten sind,
die sich in gleicher Weise auch bei den Renten der AHV stellen. In
diesem Sinne sind in beiden Fällen - und unabhängig von allfälligen
Besonderheiten des einen oder andern Sozialversicherungszweiges -
zu prüfen etwa die Staatsangehörigkeit, der Zivilstand, der Wohnsitz,
die Versicherteneigenschaft, die Berechnungsgrundlagen der ordentlichen
Rente (massgebendes durchschnittliches Jahreseinkommen, anwendbare
Rentenskala). Wird im nachhinein festgestellt, dass ein solcher Faktor
bei einer Invalidenrente falsch beurteilt oder berechnet wurde, und muss
deswegen die Leistung herabgesetzt oder aufgehoben werden, so ist mit
Bezug auf die Frage der Wirkung dieser Änderung auf die AHV-rechtliche
Regelung abzustellen; demzufolge tritt gemäss Art. 47 Abs. 1 AHVG
die Rückwirkung - verbunden mit der Verpflichtung zur Rückerstattung -
ein. Würde hingegen im Sinne des Art. 85 neu Abs. 2 IVV verfahren und bloss
eine Ex-nunc-Wirkung angenommen, so ergäbe sich eine nicht gerechtfertigte
ungleiche Behandlung gleichgelagerter Tatbestände (so wäre etwa eine -
auf Grund eines falsch berechneten durchschnittlichen Jahreseinkommens - zu
hohe Altersrente rückwirkend herabzusetzen, und es müssten die zu Unrecht
bezogenen Betreffnisse zurückverlangt bzw. verrechnet werden, während
bei einer - auf dem gleichen Fehler beruhenden - zu hohen Invalidenrente
eine Änderung nur für die Zukunft in Betracht käme). Anderseits hat
das Gesamtgericht festgestellt, dass bei der Beurteilung des Anspruchs
auf Leistungen der Invalidenversicherung auch Faktoren geprüft werden
müssen, die spezifisch IV-rechtlicher Natur sind. Hiezu gehören
etwa die Bemessung des Invaliditäts- und Hilflosigkeitsgrades, die
Beurteilung der Notwendigkeit und Geeignetheit von medizinischen und
beruflichen Eingliederungsmassnahmen, von Sonderschulmassnahmen und
Hilfsmitteln. Wenn sich bei einer späteren Überprüfung herausstellt,
dass die sachlich zuständige Invalidenversicherungs-Kommission (Art. 60
Abs. 1 IVG) einen solchen Faktor falsch beurteilte, und wenn deswegen die
betreffende Leistung verfügungsweise herabgesetzt oder aufgehoben werden
muss, so richtet sich die Wirkung dieser Änderung nach der spezifisch
IV-rechtlichen Regelung des Art. 85 neu Abs. 2 IVV. Es ist somit in
jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob der Fehler, der zur Wiedererwägung
einer früheren Verfügung führt, einen AHV-analogen oder einen spezifisch
IV-rechtlichen Faktor betrifft.

    b) Im vorliegenden Fall nahm die Verwaltung die Wiedererwägung vor,
weil sie beim Erlass der beiden Verfügungen vom 5. April 1976 zu Unrecht
davon ausgegangen war, Jean C. besitze in der Schweiz Wohnsitz im Sinne
des Sozialversicherungsrechts. Nach dem hievor Gesagten beschlägt
dieser Fehler eindeutig einen AHV-analogen Gesichtspunkt. Deshalb
ist hinsichtlich der Wirkung der Wiedererwägung Art. 47 Abs. 1 AHVG
anzuwenden. Die Kasse handelte daher richtig, indem sie die Verfügungen
vom 5. April 1976 rückwirkend aufhob und die Rückerstattung der zu Unrecht
bezogenen Renten und Hilflosenentschädigungen anordnete. Daraus folgt,
dass der vorinstanzliche Entscheid insoweit aufzuheben ist, als er Jean
C. ab 1. Dezember 1974 eine ausserordentliche Invalidenrente zusprach und
den Rückerstattungsbetrag auf Fr. 12'136.-- herabsetzte. Entsprechend der
Verfügung vom 21. September 1977 sind somit die unrechtmässig bezogenen
Leistungen im Gesamtbetrag von Fr. 26'677.-- zurückzuerstatten.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Bundesamtes
für Sozialversicherung wird Dispositivziffer 1 des Entscheids der
AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 14. April 1978 aufgehoben. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Jean C. wird abgewiesen.