Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 V 145



105 V 145

35. Auszug aus dem Urteil vom 28. August 1979 i.S. Hälg gegen
Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen und Versicherungsgericht des
Kantons St. Gallen Regeste

    Art. 5 Abs. 5 Satz 2 und Art. 90 Abs. 3 und 4 IVV. Keine Anpassung
einer Kostengutsprache an das ungünstigere neue Recht, wenn die Anpassung
den Erfolg einer laufenden Eingliederungsmassnahme gefährden würde.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Zunächst ist streitig, ob Markus Hälg Anspruch darauf habe, dass ihm
die Invalidenversicherung für die Unterkunft und Verpflegung im Pflegeheim
bis Ende 1977 den Betrag von Fr. 48.-- täglich vergüte.

    Am 1. Januar 1977 ist Art. 5 Abs. 5 IVV in Kraft getreten, der für
Personen, die sich in erstmaliger beruflicher Ausbildung befinden, unter
anderem bestimmt, dass die Invalidenversicherung bei auswärtiger Unterkunft
und Verpflegung ausserhalb der Ausbildungsstätte die ausgewiesenen
notwendigen Kosten, höchstens jedoch Leistungen gemäss Art. 90 Abs. 3
und 4 IVV übernimmt. Gemäss Art. 90 Abs. 3 IVV wird zu den Fahrauslagen
und den notwendigen Nebenkosten ein Zehrgeld ausgerichtet. Dessen Höhe
ist gestützt auf Art. 90 Abs. 4 IVV vom Eidgenössischen Departement des
Innern in der Verordnung über die Kostenlimite bei erstmaliger beruflicher
Ausbildung und das Zehrgeld in der Invalidenversicherung festgelegt
worden. Pro Infirmis hält diese Ordnung für gesetzwidrig und insbesondere
dem Art. 16 IVG widersprechend. Ob diese Auffassung richtig ist, kann
aus den nachstehenden Überlegungen für heute offen gelassen werden.

    Mit ihrer Verfügung vom 22. Dezember 1975 gewährte die
Ausgleichskasse Kostengutsprache für die erstmalige berufliche
Ausbildung ab Frühjahr 1976 bis zum 31. Dezember 1977. Diese Gutsprache
umfasste nicht nur die eigentlichen Ausbildungskosten (Aufwendungen
für die Vermittlung der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten),
sondern nach der damaligen Regelung auch die "Kosten für die wegen
der Ausbildung notwendige auswärtige Unterbringung und Verpflegung"
(Art. 5 alt Abs. 3 IVV). Sie basierte auf dem Eingliederungsvorschlag der
Regionalstelle vom 17. November 1975, die eine auf zwei Jahre beschränkte
Anlehre befürwortet hatte. Diese Anlehre muss als eine einheitliche
Eingliederungsmassnahme betrachtet werden. Als solche wurde sie von der
Invalidenversicherungs-Kommission gebilligt und zugesprochen. Hätte die
Verwaltung einen Teil dieser Massnahme vor deren Abschluss rechtskräftig
widerrufen, so wäre dadurch die erfolgreiche Durchführung der ganzen
Massnahme gefährdet worden. Damit wäre aber auch der mit der Massnahme
verfolgte gesetzliche Zweck, nämlich die berufliche Eingliederung des
Versicherten, in Frage gestellt worden. Demzufolge handelte die Verwaltung
nicht gesetzeskonform, wenn sie ihre unter der Herrschaft des alten Rechts
rechtskräftig zugesprochene Leistung an die Unterkunft und Verpflegung im
Pflegeheim während der bis Ende 1977 bewilligten erstmaligen beruflichen
Ausbildung in Wiedererwägung zog und in Anwendung neuen Rechts von
Fr. 48.-- auf Fr. 18.-- täglich (bzw. Fr. 30.-- gemäss vorinstanzlichem
Entscheid) reduzierte.