Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 V 119



105 V 119

29. Urteil vom 20. Juni 1979 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen
Schweizerische Bankiervereinigung und Verband schweizerischer Holding-
und Finanzgesellschaften betreffend Schadenersatzklage i.S. Stutz Regeste

    Art. 130 und 116 lit. k OG. Auf Grund der OG-Revision vom 20.
Dezember 1968 ist das Eidg. Versicherungsgericht zur Beurteilung von
Schadenersatzklagen gemäss Art. 70 Abs. 2 AHVG und Art. 172 Abs. 2 AHVV
zuständig (Erw. 1).

    Art. 70 Abs. 1 lit. b AHVG, 172 und 173 AHVV. Haftung
der Gründerverbände für Schäden, die infolge absichtlicher oder
grobfahrlässiger Missachtung der Vorschriften durch Kassenorgane oder
Kassenfunktionäre entstanden sind:

    - Begriff der groben Fahrlässigkeit (Erw. 2).

    - Anwendungsfall (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung vom 31. März 1971 hatte die Ausgleichskasse für das
schweizerische Bankgewerbe Walter Stutz unter den Versichertennummern
874.11.329/874.10.521 eine ganze Ehepaar-Invalidenrente zugesprochen,
welche vom 1. Januar 1971 bis 30. September 1975 ausbezahlt wurde.

    Am 6. Januar 1972 meldete sich Hedwig Stutz, die Ehefrau des Walter
Stutz, zum Bezug einer einfachen Altersrente an, wobei sie als Geburtsdatum
richtigerweise den 21. Januar 1910 angab und vermerkte, ihr Ehemann sei
Bezüger einer Invalidenrente. Der von ihr vorgelegte Versicherungsausweis
enthielt als Geburtsdatum den 20. Januar 1910 und demzufolge die Nummer
874.10.520. Nach Durchführung des Kontenzusammenrufs unter dieser Nummer
sprach die Ausgleichskasse Hedwig Stutz am 17. Januar 1972 mit Wirkung
ab 1. Februar 1972 eine einfache Altersrente zu, welche - neben der
Ehepaar-Invalidenrente - bis zum 30. September 1975 zur Auszahlung
gelangte.

    Nach dem am 7. August 1975 erfolgten Tode von Walter Stutz stellte
die Ausgleichskasse fest, dass die einfache Altersrente für die Zeit von
Februar 1972 bis September 1975 und die Ehepaar-Invalidenrente für den
Monat September 1975 zu Unrecht ausgerichtet worden waren. Dementsprechend
forderte sie von Hedwig Stutz am 28. Oktober 1975 den Betrag von
Fr. 18'640.-- zurück. Mit einer weiteren Verfügung vom 17. März 1976 wies
sie ein Erlassgesuch ab, da die zurückzuerstattenden Leistungen nicht
gutgläubig bezogen worden seien.

    In Bestätigung eines Entscheides der AHV-Rekurskommission des Kantons
Zürich stellte das Eidg. Versicherungsgericht mit Urteil vom 15. Dezember
1976 fest, dass die unrichtige Rentenzahlung überwiegend auf die mangelnde
Sorgfalt der Verwaltung zurückzuführen sei und dass Hedwig Stutz sich auf
ihren guten Glauben beim Empfang der Renten berufen dürfe. Demzufolge
müsse die Rückerstattung des Betrages von Fr. 18'640.-- erlassen werden,
sofern sie zu einer grossen Härte im Sinne von Art. 47 Abs. 1 AHVG (in
Verbindung mit Art. 42 AHVG und Art. 60 AHVV) führe; hierüber werde die
Ausgleichskasse in einer beschwerdefähigen Verfügung zu befinden haben.

    Mit Verfügung vom 29. Dezember 1976 erliess die Ausgleichskasse des
schweizerischen Bankgewerbes die Rückzahlung der zuviel bezahlten Renten,
indem sie die Voraussetzung der grossen Härte als gegeben erachtete.

    B.- Das Bundesamt für Sozialversicherung forderte in der Folge die
Schweizerische Bankiervereinigung als Gründerverband auf, gemäss Art. 70
AHVG die Haftung im Betrage von Fr. 17'140.--, entsprechend der Hedwig
Stutz vom 1. Februar 1972 bis 30. September 1975 zu Unrecht ausgerichteten
einfachen Altersrente, anzuerkennen.

    Am 20. September 1977 lehnte die Bankiervereinigung die Haftung ab
mit der Begründung, das Versehen, welches zur doppelten Rentenzahlung
geführt habe, könne nicht als grobfahrlässig im Sinne von Art. 70 Abs. 1
lit. b AHVG bezeichnet werden.

    C.- Mit Eingabe an das Schweizerische Bundesgericht erhebt das
Bundesamt für Sozialversicherung, gestützt auf Art. 172 Abs. 2 AHVV,
Schadenersatzklage mit dem Begehren, die Schweizerische Bankiervereinigung
und der Verband schweizerischer Holding- und Finanzgesellschaften seien
in ihrer Eigenschaft als Gründerverbände der Ausgleichskasse für das
schweizerische Bankgewerbe zu verpflichten, "der AHV den Schadenbetrag
von Fr. 17'140.-- zurückzubezahlen".

    Die beklagten Gründerverbände beantragen Abweisung der Klage, da es
sich um ein einmaliges Versehen eines langjährigen zuverlässigen Beamten
handle, welches weder als absichtliche noch als grobfahrlässige Missachtung
von Vorschriften bewertet werden könne.

    D.- Mit Beschluss vom 2. Oktober 1978 hat die verwaltungsrechtliche
Kammer des Bundesgerichts die Klage nach durchgeführtem Meinungsaustausch
dem Eidg. Versicherungsgericht überwiesen.

    Im Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht haben die Parteien auf
die Durchführung einer mündlichen Vorbereitungsverhandlung verzichtet. An
der Hauptverhandlung haben sie an ihren Anträgen festgehalten. Die
Begründung dieser Anträge ergibt sich, soweit erforderlich, aus den
nachstehenden Urteilserwägungen.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine
Schadenersatzforderung gemäss Art. 70 AHVG. Nach Art. 70 Abs. 2
AHVG in Verbindung mit Art. 172 AHVV obliegt es dem Bundesamt für
Sozialversicherung, solche Forderungen beim Kanton bzw. Gründerverband
geltend zu machen. Wird die Schadenersatzpflicht ganz oder teilweise
bestritten, so hat das Bundesamt im Namen des Bundesrates Klage
einzureichen (Art. 172 Abs. 2 AHVV). Das Bundesamt für Sozialversicherung
ist somit zur Klage legitimiert (Art. 119 Abs. 1 OG).

    b) Die Klage auf Schadenersatz gemäss Art. 70 AHVG ist eine
Klage in einer Streitigkeit aus dem Verwaltungsrecht des Bundes, die
durch ein Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehen wird. Sie stellt eine
verwaltungsrechtliche Klage im Sinne von Art. 116 lit. k OG dar. Da sie
in den Bereich der Sozialversicherung fällt, ist für ihre Beurteilung
das Eidg. Versicherungsgericht zuständig (Art. 130 OG).

    c) Nach Art. 133 in Verbindung mit Art. 120 und Art. 105 Abs. 1 OG
kann das Eidg. Versicherungsgericht die Feststellung des Sachverhaltes
von Amtes wegen überprüfen. Im übrigen finden die Vorschriften über den
Bundeszivilprozess sinngemäss Anwendung.

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 70 Abs. 1 AHVG haften die Gründerverbände, der Bund
und die Kantone

    "a) für Schäden aus strafbaren Handlungen, die von ihren

    Kassenorganen oder einzelnen Kassenfunktionären bei Ausübung ihrer

    Obliegenheiten begangen werden;

    b) für Schäden, die infolge absichtlicher
   oder grobfahrlässiger Missachtung der Vorschriften durch ihre
   Kassenorgane oder einzelne Kassenfunktionäre entstanden sind".

    Zum Begriff der groben Fahrlässigkeit gemäss lit. b der Bestimmung hat
sich das Eidg. Versicherungsgericht bisher nicht zu äussern gehabt. Es
besteht auch keine diesbezügliche bundesgerichtliche Rechtsprechung aus
der Zeit vor der Revision des Organisationsgesetzes von 1968. Im übrigen
ergeben sich weder aus der Botschaft des Bundesrates zum AHVG vom 24. Mai
1946 (BBl 1946 II 365 ff., insbesondere S. 460 und 546) noch aus den
übrigen Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte zur Auslegung der Bestimmung.

    b) Mit der Frage der Grobfahrlässigkeit hat sich das Eidg.
Versicherungsgericht vorab im Zusammenhang mit der Kürzung von
Sozialversicherungsleistungen wegen selbstverschuldeter Herbeiführung
des versicherten Ereignisses zu befassen (Art. 98 Abs. 3 KUVG, Art. 7
Abs. 1 MVG, Art. 7 Abs. 1 IVG). Grobfahrlässig handelt nach dieser
Rechtsprechung, wer jene elementarsten Vorsichtsgebote unbeachtet lässt,
die jeder verständige Mensch in der gleichen Lage und unter den gleichen
Umständen befolgt hätte, um eine nach dem natürlichen Lauf der Dinge
voraussehbare Schädigung zu vermeiden (BGE 104 V 38, 103 V 21 und 34,
102 V 25, 98 V 228).

    Hinzuweisen ist ferner auf Art. 8 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom
14. März 1958 (VG), wonach der Beamte dem Bund für den Schaden haftet,
den er ihm durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung seiner
Dienstpflicht unmittelbar zufügt. In BGE 86 I 180 hat das Bundesgericht
hiezu ausgeführt, eine Fahrlässigkeit liege vor, wenn die nach den
bestehenden Vorschriften und nach den Umständen gebotene Sorgfalt bei
Ausübung dienstlicher Verrichtungen ausser acht gelassen werde. Damit
die Fahrlässigkeit als grob bezeichnet werden könne, müsse sie von einer
gewissen Schwere sein. In der Regel werde die Verletzung eines elementaren
Vorsichtsgebotes als grobe Fahrlässigkeit zu würdigen sein. Bei der
Beurteilung der Schwere des Verschuldens seien indessen stets die gesamten
Umstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen. In BGE 102 Ib 108 hält
das Bundesgericht zu Art. 8 VG fest, die Fahrlässigkeit müsse nach dem
Wortlaut und Sinn der Bestimmung derart schwer sein, "dass die Verwaltung
begründeten Anlass zum Zweifel daran hat, ob der Beamte das Vertrauen,
das sie ihm nach seiner amtlichen Stellung muss entgegenbringen können,
noch uneingeschränkt verdiene".

    c) Im Hinblick auf die weitgehende Parallelität der Rechtsfragen
rechtfertigt es sich, die Grundsätze, wie sie für die Verantwortlichkeit
der Beamten gelten, sinngemäss auf Art. 70 Abs. 1 AHVG anzuwenden. Die
Haftung für grobfahrlässig herbeigeführte Schäden setzt demzufolge
voraus, dass die Organe oder Funktionäre der Ausgleichskasse die gebotene
elementare Vorsicht bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben
nicht beachtet haben, wobei das Verhalten derart schwer sein muss, dass
ein pflichtbewusster Beamter in der gleichen Lage und unter den gleichen
Umständen keinesfalls hätte gleich handeln können. Es muss eine eigentliche
Verletzung des entgegengebrachten Vertrauens durch den Beamten vorliegen,
so dass es nicht als unbillig erschiene, wenn er auf dem Wege des
Rückgriffs in bestimmtem Umfange für den Schaden persönlich erfasst würde.

    Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit sind die gesamten
Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dabei ist jedoch von
einem objektiven Fahrlässigkeitsbegriff auszugehen, und es ist an die
Sorgfaltspflicht ein für sämtliche Beamten mit gleichartigen Funktionen
geltender durchschnittlicher Massstab anzulegen (vgl. WINZELER, Die
Haftung der Organe und der Kassenträger in der AHV, Diss. Zürich 1952,
S. 76, 87). Im übrigen gelten als Vorschriften, deren grobfahrlässige
Missachtung eine Haftung auslösen kann, nicht nur die Bestimmungen des
AHVG und der Vollziehungsverordnung, sondern auch die Weisungen der
Aufsichtsbehörde (vgl. BINSWANGER, Kommentar zum AHVG, S. 276).

Erwägung 3

    3.- Streitig ist im vorliegenden Fall, ob die beklagten Gründerverbände
für den Schaden aufzukommen haben, welcher durch die zu Unrecht erfolgte
Auszahlung von Altersrenten an Hedwig Stutz in der Höhe von Fr. 17'140.--
entstanden ist.

    a) In der "Anmeldung zur AHV" vom 6. November 1952 gab Hedwig Stutz
als Geburtsdatum den 20. Januar 1910 (statt richtig den 21. Januar
1910) an. Gestützt hierauf wurde ihr ein Versicherungsausweis
mit dem unrichtigen Geburtsdatum des 20. Januar 1910 und mit der
unrichtigen Versichertennummer 814.10.520 ausgestellt. Mit Verfügung vom
31. März 1971 wurde dem Ehemann der Versicherten unter den zutreffenden
Versichertennummern 874.11.329/874.10.521 eine ganze Ehepaar-Invalidenrente
zugesprochen. Dabei wurde übersehen, dass der Versicherungsausweis der
Ehefrau eine unrichtige Versichertennummer aufwies. Am 6. Januar 1972
meldete sich Hedwig Stutz zum Bezug einer einfachen Altersrente an,
wobei sie als Geburtsdatum richtigerweise den 21. Januar 1910 angab und
auf die entsprechende Frage im Anmeldeformular vermerkte, ihr Ehemann sei
Bezüger einer Rente der Invalidenversicherung. Der Anmeldung legte sie
den fehlerhaften Versicherungsausweis bei. Auf Grund dieses Ausweises
nahm die Ausgleichskasse unter der unrichtigen Versichertennummer den
Kontenzusammenruf vor. Da dieser keinen Ausschliessungsgrund aufzeigte,
sprach sie der Versicherten mit Wirkung ab 1. Februar 1972 eine einfache
Altersrente zu (Verfügung vom 17. Januar 1972).

    b) Das Bundesamt für Sozialversicherung legt unter Hinweis auf Rz 845
ff. der Wegleitung über die Renten im einzelnen dar, welche Kontrollen die
Kassenfunktionäre bei der Prüfung von Leistungsbegehren vorzunehmen haben.
Danach darf sich der Funktionär nicht damit begnügen, auf Grund des
Versicherungsausweises den Kontenzusammenruf zu veranlassen; vielmehr
hat er zunächst die Personalien anhand der einzufordernden amtlichen
Ausweisschriften zu prüfen.

    Im vorliegenden Fall wurde eine Prüfung der von der Versicherten im
Anmeldeformular angegebenen Personalien vorgenommen. Der Sachbearbeiter der
Ausgleichskasse hat jedoch übersehen, dass der Versicherungsausweis nicht
mit den in der Anmeldung zum Bezug einer Altersrente enthaltenen richtigen
Angaben übereinstimmte. Auch wenn den Beklagten darin beizupflichten ist,
dass es an einer entsprechenden ausdrücklichen Verwaltungsweisung fehlt,
kann kein Zweifel darüber bestehen, dass sich die Prüfung auch auf die
Angaben im Versicherungsausweis zu erstrecken hat. Der Kassenfunktionär
hat daher zumindest nicht mit der nötigen Sorgfalt gehandelt. Dabei kann
offenbleiben, ob die Unrichtigkeit des Versicherungsausweises nicht schon
früher (bei der Ausstellung des Ausweises im Jahre 1952 oder bei der
Zusprechung der Ehepaar-Invalidenrente im Jahre 1971) hätte festgestellt
werden müssen.

    c) Der Sachbearbeiter der Ausgleichskasse hat des weitern dem Umstand
keine Beachtung geschenkt, dass die Versicherte im Anmeldeformular auf
den Bezug einer Invalidenrente durch den Ehemann hingewiesen hat. Statt
den Angaben im Anmeldeformular näher nachzugehen, stellte er allein
auf das Ergebnis des Kontenzusammenrufs ab. Entgegen den Ausführungen
der Beklagten durfte er aber nicht davon ausgehen, dass es sich bei der
fraglichen Rente um eine einfache Invalidenrente handelte. Auf Grund der
gesetzlichen Regelung musste ihm vielmehr klar sein, dass es sich nur um
eine Ehepaar-Invalidenrente handeln konnte, was den gleichzeitigen Bezug
einer einfachen Altersrente durch die Ehefrau ausschloss (Art. 33 IVG und
Art. 21 AHVG). Der Kassenfunktionär hat es daher auch in dieser Hinsicht
an der notwendigen Aufmerksamkeit fehlen lassen.

    d) Bei der Beurteilung des Verschuldens ist zu berücksichtigen,
dass der Kassenfunktionär in doppelter Hinsicht nachlässig gehandelt hat
und dass der Schaden unterblieben wäre, wenn er auch nur in einem Punkt
mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen wäre. Dabei fällt der erste
Fehler nicht stark ins Gewicht. Abgesehen davon, dass die Unrichtigkeit des
Versicherungsausweises verhältnismässig leicht übersehen werden konnte,
musste der Kassenfunktionär nicht mit der Unrichtigkeit der im Ausweis
enthaltenen Angaben rechnen. Es kann daher nicht gesagt werden, er habe
gegen elementare Vorsichtspflichten verstossen und einen Fehler begangen,
der einem pflichtbewussten Beamten unter den gleichen Umständen keinesfalls
unterlaufen durfte.

    Schwerer wiegt die Nichtbeachtung des Hinweises auf die
Invalidenrente. Es ist indessen zu berücksichtigen, dass es sich bei der
Prüfung der Leistungsbegehren um eine eigentliche Massenarbeit handelt und
dass die Anforderungen an die Kassenfunktionäre infolge der zunehmenden
Kompliziertheit der Materie erheblich gestiegen sind. Fehlleistungen
der vorliegenden Art erscheinen daher bis zu einem gewissen Grad als
entschuldbar, weshalb es sich als unbillig erwiese, dem Kassenfunktionär
wegen eines einmaligen solchen Vorfalls das Vertrauen zu entziehen und
ihn, wenn auch nur mittelbar, für den sich hieraus ergebenden Schaden
haften zu lassen.

    Werden beide Fehler in Betracht gezogen, so liegt mit Bezug auf das
vorausgesetzte Verschulden ein Grenzfall vor. In Würdigung der gesamten
Umstände erscheinen die begangenen Pflichtverletzungen jedoch nicht als
dermassen schwer, dass eine grobe Fahrlässigkeit anzunehmen ist. Die
Voraussetzungen zu einer Schadenersatzforderung gestützt auf Art. 70
Abs. 1 lit. b AHVG sind daher nicht erfüllt.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die verwaltungsrechtliche Klage wird abgewiesen.