Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 IV 78



105 IV 78

21. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 8. März 1979 i.S. Rimann
(Beschwerde) Regeste

    Art. 95 Abs. 2 VStrR.

    Wird ein Verwaltungsstrafverfahren eingestellt, so dürfen dem
Beschuldigten die Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Untersuchung
schuldhaft verursacht hat. Dass objektive Verdachtsgründe die Einleitung
der Untersuchung rechtfertigten, genügt nicht.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus dem Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 95 Abs. 2 VStrR dürfen die Kosten eines eingestellten
Verfahrens ganz oder teilweise dem Beschuldigten auferlegt werden, wenn
er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig
wesentlich erschwert oder verlängert hat. Dass der Beschwerdeführer das
Verfahren erschwert oder verlängert habe, macht die Generaldirektion
PTT nicht geltend. Zu prüfen ist deshalb lediglich, ob er es schuldhaft
verursacht habe.

    b) Der Beschwerdeführer hatte an seinem Wagen eine Antenne
montiert und führte im Kofferraum ein nicht-typengenehmigtes und
nicht-konzessionsfähiges Funkgerät mit sich. Dadurch geriet er, wie die
Generaldirektion PTT zutreffend ausführt, objektiv in den Verdacht, eine
Regalverletzung begangen zu haben. Derartige objektive Verdachtsgründe
genügen indessen für eine Kostenüberbindung im Sinne von Art. 95 Abs. 2
VStrR nicht. Eine solche darf nur stattfinden, wenn der Betreffende die
Untersuchung schuldhaft verursacht hat. Das Gesetz verlangt also neben
dem objektiven Verdacht ein subjektives Moment: Der Betreffende muss
durch schuldhaftes, das heisst verwerfliches, unkorrektes oder zumindest
erheblich leichtfertiges Verhalten Anlass zum Verdacht und damit zur
Einleitung der Strafuntersuchung gegeben haben. Fehlt es an dieser
subjektiven Voraussetzung, dürfen ihm keine Kosten überbunden werden.

    Inwiefern dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall ein schuldhaftes
Verhalten im Sinne von Art. 95 Abs. 2 VStrR zur Last gelegt werden könnte,
ist nicht ersichtlich. Das Anbringen einer Antenne am Auto war ihm nicht
verboten, sondern zu den von ihm angegebenen Zwecken erlaubt. Das Mitführen
eines nicht-typengenehmigten, mit der Antenne nicht verbundenen und am
Bordnetz nicht angeschlossenen Sende- und Empfangsgerätes im Kofferraum
kann ihm weder als Unkorrektheit noch als Leichtfertigkeit zur Last
gelegt werden, besonders wenn gemäss seinen nicht widerlegten Aussagen
angenommen werden muss, er habe das Gerät nur zum Weiterverkauf mit sich
geführt. Wohl musste er wissen, dass die ihm erteilte Radio-Sendekonzession
der Klasse A 3.2/III ihn nicht berechtigte, das beschlagnahmte Funkgerät
zu erstellen, zu betreiben oder zu benützen. Dass er dies je getan habe,
ist aber nicht bewiesen. Das blosse Mitführen des Geräts zum Verkauf
(zum Beispiel an einen Interessenten, der es im Ausland verwenden will)
war ihm nicht verboten.

    c) ... Wohl hat der Beschwerdeführer sein Fahrzeug mit einer
Einrichtung versehen, die ihm ermöglichte, damit nicht nur eine erlaubte,
sondern auch eine in der Schweiz verbotene Funkanlage zu betreiben. Das
allein genügt aber noch nicht, um ihm ein verwerfliches oder leichtfertiges
Verhalten vorzuwerfen, zumal nicht bewiesen ist, dass er die ganze Anlage
je in verbotener Weise betrieben hat.

    Gewiss kann den Organen der PTT kein Vorwurf daraus gemacht werden,
dass sie im vorliegenden Fall aufgrund objektiver Verdachtmomente ein
Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer anhoben und die
fragliche Anlage zu Beweiszwecken beschlagnahmten. Dem Beschwerdeführer
kann aber anderseits nichts zur Last gelegt werden, was ihm irgendwie
zum Verschulden gereichen oder als verwerfliches, unkorrektes oder
leichtfertiges Verhalten vorgeworfen werden könnte. Die Voraussetzungen
für die Überbindung der Kosten im Sinne von Art. 95 Abs. 2 VStrR fehlen
deshalb, so dass die Beschwerde in diesem Punkt gutzuheissen ist, was zur
Folge hat, dass die Kosten der Einstellungsverfügung vom 29. Januar 1979
den PTT-Betrieben aufzuerlegen sind.