Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 IV 289



105 IV 289

73. Urteil des Kassationshofes vom 27. November 1979 i.S. F. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 41 Ziff. 2 Abs. 1 StGB. Weisung.

    Die einem wegen Handels mit unzüchtigen Gegenständen (Art. 204 StGB)
Verurteilten erteilte Weisung, während der Probezeit kein Geschäft mit
Sexartikeln zu betreiben oder betreiben zu lassen, verstösst nicht gegen
Bundesrecht.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    In der Weisung der Vorinstanz, während der 3jährigen Probezeit
"kein Geschäft mit Sexartikeln zu betreiben oder betreiben zu lassen",
erblickt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 41 Ziff. 2 StGB. Zu
Unrecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts müssen sich Wahl
und Inhalt der Weisungen nach dem spezialpräventiven Zweck des bedingten
Strafvollzugs richten, durch den der Verurteilte dauernd gebessert und
vor Rückfall bewahrt werden soll. Unzulässig sind unerfüllbare oder
unzumutbare Weisungen sowie solche, die vorwiegend darauf abzielen, dem
Verurteilten Nachteile zuzufügen oder Dritte vor ihm zu schützen. Die
Weisung muss vielmehr im wohlverstandenen Interesse des Verurteilten
liegen und voraussichtlich befolgt werden können. Innerhalb der sich daraus
ergebenden Schranken sind Wahl und Inhalt der Weisungen ins richterliche
Ermessen gestellt, in welches der Kassationshof nicht eingreifen kann
(BGE 103 IV 136, 102 IV 9).

    Die hier in Frage stehende Weisung, während der Probezeit kein Geschäft
mit Sexartikeln zu betreiben oder betreiben zu lassen, steht mit dieser
Rechtsprechung in Einklang. Die Ansicht des Beschwerdeführers, mit einer
Weisung dürfe nicht ein rechtlich zulässiges Verhalten untersagt werden,
ist unzutreffend. Weisungen verbieten regelmässig gerade an sich erlaubte
Tätigkeiten (Führen eines Motorfahrzeugs, Alkoholgenuss, selbständige
Erwerbstätigkeit, etc.; BGE 102 IV 9, 100 IV 257, 95 IV 123). Das für
den Beschwerdeführer allenfalls noch akzeptable Verbot des Handels mit
unzüchtigen Artikeln wäre überflüssig, da ein solcher Handel ohnehin
schon gemäss Art. 204 StGB von Amtes wegen verfolgt wird. Einer derartigen
Weisung käme keine verstärkende und die Zwecke des bedingten Strafvollzugs
unterstützende Wirkung zu, zumal der erneute Handel mit unzüchtigen
Artikeln auch ohne Weisung als Täuschung des richterlichen Vertrauens
erscheinen und zum Widerruf des bedingten Strafvollzugs führen müsste. Die
Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer den bedingten Strafvollzug nur mit
Bedenken gewährt und die günstige Prognose vor allem auch davon abhängig
gemacht, dass F. nicht durch den Handel mit Sexartikeln in die Gefahr
komme, im Grenzbereich falsch zu urteilen oder sich durch den Erwerbstrieb
verführen zu lassen und die Nachfrage der Kunden nach unzüchtigen Artikeln
zu befriedigen. Aufgrund der früheren Erfahrungen musste mit einer
solchen Gefahr ernstlich gerechnet werden. Es war daher durchaus zweck-
und verhältnismässig, den nunmehr einsichtigen Beschwerdeführer mittels
der hier in Frage stehenden klaren Weisung vor erneuter Straffälligkeit
möglichst zu bewahren. Entgegen der nicht näher begründeten Behauptung
des Beschwerdeführers hat die Weisung keinen pönalen Charakter, auch
wenn sie einen unangenehmen Eingriff darstellen mag. Schliesslich ist
eine Rüge, die fragliche Weisung verletze die persönliche Freiheit und
die Handels- und Gewerbefreiheit, im Verfahren der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig (Art. 269 Abs. 2 BStP) und daher
unbeachtlich. Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass gerechtfertigte,
dem Gesetz entsprechende Weisungen die Verfassungsnormen nicht verletzen,
sondern zulässige Einschränkungen der Individualrechte darstellen.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.