Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 II 65



105 II 65

8. März 1979 i.S. W. gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt (Berufung)
Regeste

    Art. 30 Abs. 1 ZGB; Namensänderungsgesuch eines erwachsenen
Adoptierten. Mit der Adoption erwirbt der Adoptierte den Familiennamen der
Adoptiveltern. Die mit einem solchen Namenswechsel regelmässig verbundenen
Unannehmlichkeiten stellen keine wichtigen Gründe dar, die die Beibehaltung
des bisherigen Namens rechtfertigen würden.

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung der Justizdirektion des Kantons Basel-Landschaft vom
27. April 1977 wurde der am 14. August 1942 geborene Peter K. von seinem
Stiefvater Hans W. adoptiert. Durch die Adoption verloren der Adoptierte
und seine Ehefrau den bisherigen Familiennamen K. und erhielten denjenigen
des Adoptivvaters W.

    B.- Am 26. Januar 1978 ersuchten die Ehegatten Peter und Rosemarie
W. beim Justizdepartement ihres Wohnsitzkantons Basel-Stadt um die
Bewilligung, ihren früheren Namen K. beibehalten zu dürfen. Das
Justizdepartement wies das Namensänderungsgesuch mit Entscheid
vom 12. April 1978 ab. Ein Rekurs gegen diesen Entscheid wurde vom
Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt mit Beschluss vom 15. August 1978
abgewiesen.

    C.- Gegen den Beschluss des Regierungsrats führten die
Eheleute W. sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde
ans Bundesgericht. Die staatsrechtliche Beschwerde wurde mit Urteil
vom heutigen Tag abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Mit der
Berufung wird beantragt, es sei den Berufungsklägern zu bewilligen,
fortan wieder den Namen "K." zu führen, eventuell sei der Regierungsrat
bzw. das Justizdepartement Basel-Stadt anzuweisen, den Berufungsklägern
die Bewilligung zu erteilen, ab sofort wieder den Namen "K." zu führen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 44 lit. a OG in der Fassung vom 25. Juni 1976, in Kraft
seit 1. Januar 1978, ist gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide,
mit denen eine beantragte Namensänderung verweigert wird, im Gegensatz
zur Rechtslage, wie sie früher bestand (vgl. BGE 99 Ia 563 E. 2, 98 Ia
452 E. 2, 457 E. 1), die Berufung ans Bundesgericht zulässig. Auf die
Berufung ist daher einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Nach dem revidierten Art. 30 Abs. 1 ZGB kann einer Person durch die
Regierung ihres Wohnsitzkantons die Änderung des Namens bewilligt werden,
wenn wichtige Gründe vorliegen. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist,
ist eine Ermessensfrage, die von der Behörde nach Recht und Billigkeit
zu beantworten ist (Art. 4 ZGB; 99 Ia 563 E. 2, 98 Ia 451, 457/458, 96 I
429). Als Berufungsinstanz prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei, ob
wichtige Gründe für eine Namensänderung gegeben sind. Doch pflegt es sich
bei der Überprüfung von Ermessensentscheiden der kantonalen Behörden eine
gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen (vgl. BGE 100 II 81 E. 4 mit Bezug auf
das Besuchsrecht gemäss Art. 156 ZGB, 98 II 166 mit Bezug auf die Höhe
der Rente gemäss Art. 151 ZGB). Das Bundesgericht schreitet in solchen
Fällen nur ein, wenn die Vorinstanz bei ihrer Entscheidung Umstände
berücksichtigt hat, die nach dem Sinn des Gesetzes keine Rolle spielen
durften, oder wenn sie wesentliche Gesichtspunkte ausser acht gelassen
hat (BGE 100 II 81 E. 4, 98 II 166). Diese Zurückhaltung drängt sich auch
bei der Überprüfung von Entscheiden der vorliegenden Art auf. Ob wichtige
Gründe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB vorliegen oder nicht, lässt sich
weitgehend nur aus der Kenntnis örtlicher und persönlicher Gegebenheiten,
Anschauungen und Gepflogenheiten und durch Gewichtung der persönlichen
Umstände, in denen der Gesuchsteller lebt, beantworten. Dazu sind die
kantonalen Behörden am Wohnsitz des Gesuchstellers in der Regel besser
in der Lage als das Bundesgericht. Gerade weil die Behörde des Wohnsitzes
mit den massgebenden örtlichen Verhältnissen besser vertraut ist, hat der
Gesetzgeber anlässlich der Revision des Kindesrechts die Zuständigkeit für
die Namensänderung von der Regierung des Heimatkantons auf diejenige des
Wohnsitzkantons übertragen (Botschaft des Bundesrates vom 5. Juni 1974,
BBl 1974 II 93).

Erwägung 3

    3.- Der Berufungskläger wurde von seinem Stiefvater, von dem er seit
der Wiederverheiratung seiner Mutter im Jahre 1953 erzogen worden war,
im Alter von bereits 35 Jahren adoptiert. Nach Art. 267 Abs. 1 ZGB erhält
das Adoptivkind die Rechtsstellung eines Kindes der Adoptiveltern. Die
Adoption hatte somit von Gesetzes wegen zur Folge, dass der Adoptierte und
seine Ehefrau den Familiennamen ihres Adoptivvaters erwarben (Art. 270
ZGB; HEGNAUER, Die Adoption, N. 34 zu Art. 267 ZGB). Diese Folge,
die bereits dem alten Adoptionsrecht eigen war, ist in der Revision
von 1972 ohne jede Einschränkung übernommen worden. Mit der Revision
strebte der Gesetzgeber bewusst die Volladoption an; er wollte also
das Adoptivverhältnis grundsätzlich dem ehelichen Kindesverhältnis
gleichstellen. Mit diesem Zweck wäre es nicht vereinbar, wenn das
Adoptivkind seinen bisherigen Namen beibehielte. Dass das Adoptivkind die
Rechtsstellung eines Kindes der Adoptiveltern erhält, gilt vollumfänglich
(mit der einzigen Ausnahme des Bürgerrechts; vgl. BGE 101 Ib 115) auch für
die Erwachsenenadoption. Dabei war dem Gesetzgeber die Problematik der
Adoption Erwachsener durchaus bewusst (vgl. Botschaft des Bundesrates
vom 12. Mai 1971, BBl 1971 I 1211 f., 1222 f.; Amtl. Bull. 1971, S
724 f., 1972 N 588 f., 606 ff., 1001). Dennoch wurde von keiner Seite
beantragt, es sei bezüglich der Übernahme des Namens der Adoptiveltern
eine Wahlfreiheit oder sonstwie eine Erleichterung vorzusehen. Angesichts
dieser klaren Ordnung widerspricht daher die Auffassung der Vorinstanz,
wonach "die üblichen Folgeerscheinungen des Namenswechsels nach der
Adoption" nicht als wichtige Gründe für eine Namensänderung angesehen
werden dürfen, grundsätzlich nicht dem Bundesrecht. Würde man anders
entscheiden, so liefe dies auf ein Wahlrecht des Adoptierten hinaus, was
gegen Art. 267 Abs. 1 ZGB verstiesse. Wer sich adoptieren lassen will,
muss eben auch die gesetzlichen Folgen der Adoption auf sich nehmen. Mit
Bezug auf den Namen ist das Adoptivkind in einer ähnlichen Stellung wie
die verheiratete Frau, die nach Art. 161 Abs. 1 ZGB mit der Eheschliessung
den Familiennamen des Mannes erhält. Wie das Bundesgericht in BGE 98 Ia
449 ff. - allerdings unter dem Gesichtswinkel der Willkür - entschieden
hat, kann diese keine Namensänderung verlangen bloss mit der Begründung,
der mit der Eheschliessung verbundene Namenswechsel habe für sie auf
beruflichem Gebiet gewisse Unannehmlichkeiten zur Folge.

Erwägung 4

    4.- Zur Begründung ihres Namensänderungsgesuches hatten die
Berufungskläger vorgebracht, sie seien beide berufstätig, da ihre Ehe
kinderlos sei. Der Ehemann sei seit mehreren Jahren als Techniker bei
den Industriellen Werken Basel tätig, während die Ehefrau als rechte
Hand des Chefs eine verantwortungsvolle Stelle bei der Maneg AG, Basel,
bekleide. Beide Ehegatten seien an ihren Arbeitsplätzen bei Vorgesetzten,
Mitarbeitern und vor allem auch bei Dritten, mit denen sie zu tun
hätten, allgemein unter dem Namen "K." bekannt. Es sei für sie äusserst
peinlich, wenn sie nun unvermittelt unter dem neuen Namen "W." auftreten
müssten. Unangenehmen Fragen über die Hintergründe dieser Namensänderung
wären Tür und Tor geöffnet. Überdies wäre andauernd mit Missverständnissen
und Verwechslungen zu rechnen, die den Arbeitsablauf stören könnten. Müsste
insbesondere die Ehefrau ihren neuen Namen Dritten bekanntgeben, so würden
diese logischerweise auf den Gedanken kommen, sie habe sich scheiden
lassen, und indiskrete Anspielungen wären kaum zu vermeiden. Zu beachten
sei ferner, dass die Ehegatten seit ihrer Verheiratung in Basel wohnten
und dort einen sehr grossen Bekanntenkreis hätten, dem sie unter dem Namen
"K." bekannt seien. Insbesondere figurierten sie in der von ihnen bewohnten
Liegenschaft unter diesem Namen. Bei der Post habe sich bereits ein grosses
Durcheinander ergeben, da eintreffende Briefe sowohl auf den Namen "K."
als auch auf "W." lauteten. Schliesslich sei zu berücksichtigen, dass
beide Gesuchsteller dem Tenissport stark verbunden seien. Auch in diesen
Kreisen wäre mit Missverständnissen und lästigen Fragen zu rechnen,
wenn sie unvermittelt unter dem Namen des Adoptivvaters auftreten müssten.

    Diese Unannehmlichkeiten gehen nicht über das hinaus, was jeder
Namenswechsel mit sich bringt. Was die Missverständnisse und die Gefahr
von Verwechslungen bei der Post und dergleichen anbetrifft, so lassen sich
diese ohne weiteres durch entsprechende Mitteilungen beseitigen, nicht
anders als dies bei Adressänderungen regelmässig geschieht. Auch Freunde
und Bekannte lassen sich auf diese Weise leicht aufklären. Eine solche
Mitteilung hat nichts Peinliches an sich, da einer Adoption anders als etwa
einer Scheidung gesellschaftlich kein Makel anhaftet. Schliesslich sind
auch die beruflichen Unannehmlichkeiten nicht besonders schwerwiegend. Die
Berufungskläger sind nicht etwa Künstler, Schriftsteller, Inhaber eines
unter ihrem Namen geführten Geschäftes oder dergleichen; sie sind daher
anders als diese Personen nicht in besonderem Masse an der Beibehaltung
des Namens, unter dem sie bekannt sind, interessiert. Die Nachteile, die
der Verlust des bisherigen Namens für sie zur Folge hat, sind jedenfalls
weder ernsthafter noch dauernder Natur. Unter diesen Umständen verstösst
es nicht gegen Bundesrecht, wenn die Vorinstanz ihnen die Beibehaltung
des bisherigen Namens nicht bewilligte (vgl. BGE 98 Ia 454 E. 4).

Erwägung 5

    5.- Die Berufungskläger machen geltend, es bestehe kein wesentlicher
Unterschied zwischen einem Namenswechsel infolge von Adoption und
einem solchen infolge von Scheidung. Geschiedenen Ehefrauen werde
aber von den basel-städtischen Behörden laufend und in tolerantester
Weise bewilligt, den bisherigen ehelichen Namen beizubehalten. Dieses
Argument schlägt indessen nicht durch. Einmal müssen auch für die
Namensänderung der geschiedenen Ehefrau wichtige Gründe gegeben sein;
die blosse Tatsache, dass diese während der Ehe den Namen des Mannes
trug, vermag die Wiederannahme desselben nicht zu rechtfertigen (BGE 81
II 405). Sodann wird in der Mehrzahl der Fälle der geschiedenen Ehefrau
die Beibehaltung des ehelichen Namens deswegen bewilligt, damit sie den
gleichen Namen trägt wie die ihr bei der Scheidung zugeteilten unmündigen
Kinder (BGE 100 II 296; BÜHLER, N. 20 zu Art. 149 ZGB). Dieses Bestreben,
den Kindern die Unannehmlichkeiten zu ersparen, die dadurch hervorgerufen
werden können, dass ihr Name anders lautet als derjenige der Mutter, mit
der sie zusammenleben, fällt beim Namensänderungsgesuch des Adoptierten
ausser Betracht. Zu berücksichtigen ist ferner, dass Frauen häufig gegen
ihren Willen oder ohne ihr Verschulden geschieden werden, während ein
Erwachsener ohne seine Zustimmung nicht adoptiert werden kann (Art. 265
Abs. 2 ZGB) und es daher allein von ihm abhängt, ob er seinen Namen
aufgeben will. Überhaupt ist die Situation geschiedener Frauen nicht
ohne weiteres vergleichbar mit derjenigen der mündigen Adoptierten;
sie weist vielmehr erhebliche Besonderheiten auf, die seit Jahrzehnten
zu Diskussionen Anlass boten und denen die Namensänderungspraxis der
kantonalen Regierungen in unterschiedlichem Masse, im Ganzen aber doch
in grosszügiger Weise Rechnung zu tragen versucht (vgl. hiezu BGE 100 II
295 ff. E. 3b, mit Hinweisen). Art. 149 Abs. 1 ZGB, der die geschiedene
Ehefrau dazu verpflichtet, wieder den vor der Eheschliessung getragenen
Namen anzunehmen, wird dementsprechend in der Literatur als unbefriedigend
bezeichnet, und in den Vorarbeiten für die Revision des Familienrechts
wird deshalb seine Abänderung vorgeschlagen (BÜHLER, N. 38 zu Art. 149
ZGB). Demgegenüber hat sich der Gesetzgeber bei der jüngst erfolgten
Revision des Adoptionsrechts, wie bereits gesagt, nicht veranlasste
gesehen, bei der Adoption Erwachsener mit Bezug auf den Namenswechsel
eine Ausnahme vorzusehen.

Erwägung 6

    6.- Dass die Berufungskläger von den zuständigen Behörden vor
der Adoption auf die namensrechtlichen Konsequenzen dieses Schrittes
hingewiesen worden sind, hat die Vorinstanz für das Bundesgericht
verbindlich festgestellt (Art. 63 Abs. 2 OG). Im übrigen ist diese Frage
für den Entscheid über das Namensänderungsgesuch nicht erheblich. Es war
Sache der Berufungskläger, sich rechtzeitig über die Folgen der von ihnen
in Aussicht genommenen Adoption zu informieren.

    Die Berufung erweist sich somit als unbegründet.