Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 II 28



105 II 28

30. Januar 1979 i.S. Banque de crédit international Genève in
Nachlassliquidation gegen Seattle-First National Bank (Switzerland) Zürich
(Berufung) Regeste

    Sicherstellung der Gegenleistung gemäss Art. 83 OR.

    1. Im Gesuch um Bankenstundung gemäss Art. 29 BankG liegt das
Eingeständnis der Zahlungsunfähigkeit im Sinne von Art. 83 Abs. 1 OR
(E. 1).

    2. Verhältnis zwischen Art. 82 und Art. 83 OR. Sicherstellung gemäss
Art. 83 OR auch bei Verträgen, die Zug um Zug zu erfüllen sind? (E. 2).

    3. Fristansetzung gemäss Art. 83 Abs. 2 OR. Bemessung der Frist nach
den Regeln von Art. 107 Abs. 1 OR (E. 3a). Vorgehen des Schuldners bei
zu kurz bemessener Frist (E. 3b).

Sachverhalt

    A.- Die Banque de crédit international Genève (BCI) und die
Seattle-First National Bank (Switzerland) Zürich vereinbarten am
13. November 1973 ein Devisentermingeschäft. Danach verkaufte erstere der
letzteren 10 Millionen US-Dollar zu einem Kurs von Fr. 3.1138. Leistung
und Gegenleistung waren am 15. Oktober 1974 zu erbringen, diejenige der
Verkäuferin bei der Bankers Trust Company in New York, diejenige der
Käuferin bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Genf.

    Sechs Tage vor dem Erfüllungstag, am 9. Oktober 1974, ersuchte die BCI
das zuständige Gericht um Gewährung einer Stundung im Sinne der Art. 29
ff. BankG und schloss ihre Schalter. Die Seattle-First National Bank
(Switzerland) Zürich erfuhr das tags darauf durch die Presse und setzte
sich unverzüglich mit der BCI in Verbindung. Noch am gleichen Tage, um
14.35 Uhr, übermittelte sie der BCI ein Fernschreiben, in dem sie dieser
unter Hinweis auf Art. 83 Abs. 2 und Art. 107 OR eine Frist bis Freitag,
den 11. Oktober 1974, 10.00 Uhr, setzte, "um uns die noetigen sicherheiten
zur abwicklung" des im November 1973 geschlossenen Devisentermingeschäftes
zu geben. Da die Franken in der Schweiz bezahlt werden müssten, "benoetigen
wir ausreichende garantien ihrerseits, dass die von uns gekauften dollars
angeschafft werden". Auf diese Fristansetzung reagierte die BCI nicht, so
dass die Seattle-First National Bank (Switzerland) Zürich am 11. Oktober
1974, 15.25 Uhr, fernschriftlich den Rücktritt vom Vertrage erklärte. Der
Kurs des Dollars belief sich am 15. Oktober 1974 auf Fr. 2'925.-.

    Am 25. November 1979 wurde der BCI die Stundung gemäss Art. 29 BankG
bewilligt, später wurde das Nachlassverfahren über sie eröffnet.

    B.- Im November 1976 erhob die Banque de crédit internationl Genève in
Nachlassliquidation gegen die Seattle-First National Bank (Switzerland)
Zürich Klage auf Zahlung von Fr. 1'930'000.- nebst Zins; Damit forderte
sie die Erstattung des aus dem Dahinfallen des seinerzeit vereinbarten
Devisentermingeschäftes entstandenen Schadens, den sie auf Fr. 1'930'000.-
veranschlagte. Mit Urteil vom 8. März 1978 wies das Handelsgericht des
Kantons Zürich die Klage ab.

    C.- Die Klägerin hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Sie
stellt den Antrag, dass die Klage im Betrage von Fr. 1'888'000.- nebst
Zins zu 6% seit dem 15. Oktober 1974 gutzuheissen sie. Demgegenüber
schliesst die Beklagte auf Abweisung der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, sie habe am
11. Oktober 1974 vom Vertrage mit der BCI zurücktreten dürfen, weil diese
ihre Gegenleistung binnen der ihr auf Grund von Art. 83 OR gesetzten
Frist nicht sichergestellt habe. Zu Recht bestreitet die Klägerin vor
Bundesgericht nicht, dass die BCI im Sinne dieser Gesetzesbestimmung
zahlungsunfähig war, als seitens der Beklagten die erwähnte Aufforderung
an sie erging. Zahlungsunfähigkeit im Sinne von Art. 83 SchKG setzt nicht
den Konkurs oder die fruchtlose Pfändung des Schuldners voraus, sondern
ist schon dann erstellt, wenn der Schuldner für absehbare Zeit nicht mehr
über die notwendigen Mittel verfügt, um seine Gläubiger zu befriedigen
(BGE 68 II 177 mit Hinweisen). Das traf für die BCI am 10. Oktober 1974,
als sie von der Beklagten um Sicherstellung ersucht wurde, zu, hatte
sie doch bereits tags zuvor ihre Schalter geschlossen und das Gesuch
um Bankenstundung gestellt, was nach Art. 29 BankG voraussetzt, dass
die Bank "sich ausserstande sieht, ihre Verbindlichkeiten zeitgerecht
zu erfüllen". In einem solchen Gesuch liegt das Eingeständnis der
Zahlungsunfähigkeit (vgl. BODMER/KLEINER/LUTZ, Kommentar zum BankG,
Zürich 1976, N. 1 zu Art. 29-35).

Erwägung 2

    2.- a) Nach dem Vertrag hätte die Beklage ihre Leistung in Schweizer
Franken am 15. Oktober 1974 in Genf erbringen müssen, während die BCI
die verkauften 10 Millionen Dollar der Beklagten am gleichen Tage in New
York zur Verfügung zu stellen gehabt hätte. Beides hätte mangels einer
besonderen Abrede während der gewöhnlichen Geschäftszeit geschehen müssen
(Art. 79 OR). Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nun, dass der
Geschäftsschluss in Genf um 16.30 Uhr Ortszeit war, derjenige in New York
aber - der Zeitverschiebung wegen - fünf Stunden später. Die Beklagte
hätte somit ihre Leistung bis 16.30 Uhr Genfer Zeit erbringen müssen,
während die BCI mit der Gegenleistung fünf Stunden länger, bis zum New
York Geschäftsschluss, hätte zuwarten können. Die Klägerin hält nun dafür,
dass trotzdem dergestalt ein Vertrag vereinbart gewesen sei, der von der
Parteien Zug um Zug hätte erfüllt werden müssen. Für die Anwendung des
Art. 83 OR bleibe somit kein Raum mehr, da diese Bestimmung auf Verträge
zugeschnitten sei, bei denen die eine Partei vorleistungspflichtig
sei. Anwendbar sei in diesen Fällen allein Art. 82 OR.

    b) Sind bei einem zweiseitigen Vertrag beide Leistungen gleichzeitig zu
erbringen, so kann nach Art. 82 OR nur derjenige den andern zur Erfüllung
anhalten, der seinerseits geleistet oder doch die Leistung angeboten
hat. Schon nach seinem Wortlaut kann Art. 82 OR von einer Partei, die
zur Vorleistung verpflichtet ist, nicht angerufen werden, steht doch
eine solche Vertragspflicht der Einrede des nicht erfüllten Vertrages von
vornherein entgegen. Von andern Voraussetzungen geht demgegenüber Art. 83
OR aus, der für den Fall, dass ein Vertragspartner nach Vertragsschluss
zahlungsunfähig wird, der andern Partei einen besonderen Rechtsbehelf
zur Verfügung stellt, der wesentlich einschneidender ist als die Einrede
nach Art. 82 OR (VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des schweizerischen
Obligationenrechts, Band II, Zürich 1974, S. 65). Gemäss Art. 83 OR kann
nämlich diejenige Partei, deren Anspruch durch die Verschlechterung
der Vermögenslage des andern gefährdet wird, Sicherstellung verlangen
und - wenn diese nicht binnen angemessener Frist geleistet wird - vom
Vertrage zurücktreten. Damit gibt Art. 83 OR der sich vor veränderte
Verhältnisse gestellt sehenden Vertragspartei die Möglichkeit, die aus der
Verschlechterung der Vermögenslage des Vertragsgegners folgende Gefährdung
ihres Anspruches abzuwenden. Während die Art. 107 ff. OR den Rücktritt vom
Vertrage für den Fall regeln, dass eine fällige Verbindlichkeit aussteht,
kann über Art. 83 OR der Vertrag schon aufgelöst werden, wenn noch
keine Vertragsleistung fällig ist. Wenn diese Bestimmung dem Gläubiger
das Recht einräumt, seine eigene Leistung "zurückzuhalten", heisst das
nur, dass der Vertragsgegner unter den Voraussetzungen des Art. 83 OR
selbst eine fällige Leistung des Gläubigers nicht einfordern kann. Aus
dem Wortlaut von Art. 83 OR lässt sich insbesondere nicht ableiten,
dass der Gläubiger die Frist zur Sicherstellung nur dann und erst dann
ansetzen dürfe, wenn wenigstens seine Leistung fällig ist. Voraussetzung
für das Vorgehen nach Art. 83 OR bildet vielmehr der Umstand, dass durch
die Verschlechterung der Vermögenslage des Vertragsgegners der Anspruch
des Gläubigers als gefährdet erscheint. Das kann durchaus auch dann der
Fall sein, wenn dieser nicht vorleistungspflichtig ist. Der Hinweis der
Klägerin auf § 321 des deutschen BGB hilft nichts. Zwar trifft es zu,
dass § 321 BGB und Art. 83 OR dieselben Grundlagen haben (vgl. BGE 49
II 463). Im Gegensatz zum deutschen Gesetzgeber hat der schweizerische
die Einschränkung aber gerade nicht in das Gesetz aufgenommen, dass der
in Frage stehende Rechtsbehelf nur dann zum Zuge kommen könne, wenn der
Gläubiger vorleistungspflichtig sei. Genügt somit für die Fristansetzung
nach Art. 83 OR, dass durch die nach Vertragsschluss eingetretene
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners der Anspruch des Gläubigers gefährdet
wird, so kann die nach dieser Bestimmung anzusetzende "angemessene Frist"
durchaus schon abgelaufen sein, bevor eine der Parteien nach Vertrag hätte
erfüllen müssen. Dergestalt vermag sich der von der Zahlungsunfähigkeit
des Vertragsgegners überraschte Gläubiger frühzeitig Klarheit darüber zu
verschaffen, ob mit der vertragsgemässen Abwicklung des Geschäftes noch
zu rechnen ist (VON TUHR/ESCHER, aaO, S. 67).

    Freilich kommt die Regelung des Art. 83 OR in erster Linie dem
vorleistungspflichtigen Gläubiger zugute, indem er ihn bei Vorliegen
veränderter Umstände von der Pflicht entbindet, selber leisten zu müssen,
ohne dabei die Gewissheit zu haben, dass der Schuldner die Gegenleistung
ebenfalls erbringen werde (vgl. BGE 64 II 265 E. 1, 49 II 460 E. 2). Sind
dagegen Leistung und Gegenleistung Zug um Zug zu erbringen, so steht dem
Gläubiger mit der Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach Art. 82 OR
ein Rechtsbehelf zur Verfügung, der in sehr vielen Fällen zu genügen
vermag. Jedenfalls braucht er nicht zu leisten, ohne seinerseits die
Gegenleistung zu empfangen. Nach Art. 83 OR hat der Gläubiger aber das
Recht auf Sicherstellung, sobald sein Anspruch durch die Verschlechterung
der Vermögenslage des Vertragsgegners als gefährdet erscheint. Dieser
Anspruch kann durchaus auch derjenige auf Schadenersatz sein, der entstehen
kann, wenn der Schuldner nicht vertragsgemäss erfüllen sollte. In dieser
Hinsicht bietet Art. 82 OR dem Gläubiger keinen Schutz: erfüllt der
Schuldner im verabredeten Zeitpunkte nicht, so kann der Gläubiger zwar
auf Grund dieser Bestimmung seine Leistung verweigern und gestützt auf
Art. 107 OR Schadenersatz verlangen, was ihm bei Zahlungsunfähigkeit des
Schuldners aber unter Umständen nichts mehr hilft. Demgegenüber erlaubt
Art. 83 OR dem Gläubiger, wie dargelegt, sich über die Abwicklung des
Vertrages frühzeitig Klarheit zu verschaffen. Leistet der Schuldner keine
Sicherheit, so kann sich der Gläubiger vom Vertrage lossagen und so den
Eintritt eines Schadens abwenden oder ihn doch geringer halten, indem
er z.B. einen entsprechenden Vertrag mit einem Dritten eingeht oder auf
weitere Vorbereitungshandlungen für die Abwicklung des nunmehr aufgelösten
Vertrages verzichtet. Für die Anwendung des Art. 83 OR kommt somit es
nicht darauf an, ob die Vertragsparteien gleichzeitig zu erfüllen haben
oder nicht (vgl. BECKER, N. 6 zu Art. 83 OR; VON TUHR/ESCHER, aaO, S. 67;
VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Zürich
1964, S. 470); vielmehr ist nach dem Gesagten allein entscheidend, ob
durch die Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners Ansprüche des
Gläubigers gefährdet sind. Das kann aber selbst dann der Fall sein, wenn
der Gläubiger seine Leistung an sich gestützt auf Art. 82 OR verweigern
könnte. Es ist somit auch im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob die
Leistung gleichzeitig hätten erbracht werden müssen oder nicht.

    c) Die Vorinstanz hält fest, dass das in Frage stehende
Devisentermingeschäft, "zweifellose nur ein Glied in der Kette
von Devisentransaktionen darstellte". Dieser sowie den weiteren
Erwägungen des Handelsgerichts, dem fachkundige Richter angehören,
wonach es für eine kleine Bank wie die Beklagte sehr schwierig sei,
kurzfristig 10 Millionen Dollar aufzutreiben, so dass sie für den Fall
der Nichterfüllung durch die BCI Gefahr gelaufen wäre, ihren weiteren
Verpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können, widerspricht die
Berufung nicht. Aus diesen Darlegungen folgt zwingend, dass der Beklagten
erhebliche Schadenersatzansprüche gegen die BCI hätten erwachsen können,
wenn diese nicht vertragsgemäss erfüllt hätte. Mit letzterem war infolge
ihrer Zahlungsunfähigkeit zu rechnen; aus gleichem Grunde erschienen aber
auch die für diesen Fall zu erwarten gewesenen Schadenersatzansprüche
der Beklagten als gefährdet. Somit war diese befugt, die BCI gestützt
auf Art. 83 OR zur Sicherstellung der Gegenleistung anzuhalten.

Erwägung 3

    3.- a) Die vom Gläubiger zur Leistung der Sicherstellung anzusetzende
Frist hat angemessen zu sein (Art. 83 Abs. 2 OR). Ob dies zutrifft,
beurteilt sich nach denselben Grundsätzen wie die Frage, ob eine Frist
im Sinne von Art. 107 Abs. 1 OR angemessen sei (Becker, N. 10 zu Art. 83
OR; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 12 zu Art. 83 OR; VON TUHR/ESCHER, aaO, S. 67
Anm. 67). Das hängt von den Umständen des einzelnen Falles, namentlich
von der Art der Leistung und dem Interesse des Gläubigers an der baldigen
Erfüllung ab. Je grösser dieses Interesse und je leichter die Leistung
zu erbringen ist, desto kürzer darf die Frist bemessen sein (BGE 103 II
106 E. 1b mit Hinweisen).

    b) In tatsächlicher Hinsicht ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil,
dass die Beklagte die BCI am Donnerstag, dem 10. Oktober 1974, um 14.35
Uhr, zur Sicherstellung anhielt und ihr dabei eine Frist bis Freitag,
den 11. Oktober, 10.00 Uhr, setzte, was 4 1/2 Stunden Geschäftszeit
ausmachte. Auch bei gutem Willen wäre es der BCI sodann nach Auffassung der
fachkundigen Vorinstanz nicht möglich gewesen, der Beklagten fristgemäss
die verlangte Sicherstellung anzubieten. Auch wenn einzuräumen ist,
dass der Beklagten nicht mehr viel Zeit zur Verfügung stand, um die 10
Millionen Dollar gegebenenfalls selber aufzutreiben, sind umgekehrt
keine Umstände ersichtlich, dass ihr das nicht möglich gewesen wäre,
wenn sie der BCI nicht doch eine etwas längere Frist gesetzt hätte. Aus
diesen Gegebenheiten ergibt sich, dass die angesetzte Frist an sich zu kurz
bemessen war. Allein, das heisst nicht, dass die BCI sie schlechthin nicht
zu beachten hatte. Nach Rechtsprechung und Lehre hat sich der Schuldner,
dem eine zu kurze Frist angesetzt wird, hiergegen beim Vertragsgegner
zu verwahren und ihn um eine Verlängerung der Frist anzugehen; tut
er das nicht, so ist anzunehmen, er sei mit der ihm gesetzten Frist
einverstanden (BGE 46 II 251 E. 3, BGE 15, 868; VON TUHR/ESCHER, aaO,
S. 150; Becker, N. 25 zu Art. 107 OR, OSER/SCHÖNENBERGER, N. 15 zu Art. 107
OR). Unbehelflich ist es, wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang auf
den einen gegenteiligen Standpunkt einnehmenden BGE 32 II 726 verweist,
setzt sich doch dieses Urteil mit dem älteren BGE 15, 868 nicht auseinander
und ist es zudem durch die spätere Rechtsprechung überholt.

    Nach Rechtsprechung und Lehre ist zwar unter Umständen eine zu
kurz bemessene Frist in eine angemessenen Frist umzudeuten. Praktische
Bedeutung haben kann das aber nur dann, wenn der Schuldner innerhalb der
angemessenen Frist seinen Verpflichtungen tatsächlich nachkommt (vgl. BGE
91 II 351 E. 3b mit Hinweisen). Das entfällt hier aber von vornherein,
da die BCI auf die Fristansetzung der Beklagten hin nicht reagierte: weder
ersuchte sie um Verlängerung der Frist, noch leistete sie Sicherheit,
noch bot sie gar die Erfüllung des Vertrages an.

    Die Berufung macht zwar geltend, die BCI habe auf die Fristansetzung
der Beklagten nicht reagieren müssen, ergebe sich doch aus deren
Fernschreiben vom 10. Oktober 1974, dass sie "nicht weiter mit sich reden
lassen werde". Die Klägerin leitet das aus der Drohung der Beklagen im
erwähnten Fernschreiben ab, wonach diese sich "im markte zurückdecken"
werde, wenn "die verlangten sicherheiten bis zum gesetzten termin
nicht vorliegen". Nach Auffassung der Berufung liegt damit der gleiche
Sachverhalt vor wir in BGE 103 II 106 E. 1b, wo das Bundesgericht erklärte,
es sei zulässig, wenn der Gläubiger die Fristansetzung nach Art. 107 Abs. 1
OR mit der Erklärung verbinde, dass er auf die Erfüllung des Vertrages
verzichten und Schadenersatz verlangen werde, falls der Schuldner die
Frist nicht einhalten sollte. Auf eine einmal gesetzte Frist kann der
Gläubiger nach dem oben Ausgeführten indes jederzeit in dem Sinne wieder
zurückkommen, dass er sie auf Begehren des Schuldners hin verlängert, wozu
er unter Umständen sogar verpflichtet ist. Daran ändert auch nichts, dass
der Gläubiger sich bereits mit der ersten Fristansetzung darauf festgelegt
hat, wie er vorgehen will, wenn der Schuldner die Frist nicht einhalten
sollte. Bei der von der Beklagten mit dem Fernschreiben vom 10. Oktober
1974 angesetzten Frist muss es somit sein Bewenden haben, wenn sich nicht
ergibt, dass die Fristansetzung als solche rechtsmissbräuchlich war.

    c) (Das Bundesgericht verneint, dass die Fristansetzung durch die
Beklagte rechtsmissbräuchlich war.)

Erwägung 4

    4.- Hatte sich die BCI somit die ihr von der Beklagten gesetzte
Frist entgegenhalten zu lassen, so konnte die Beklagte nach deren Ablauf
den Vertrag gestützt auf Art. 83 Abs. 2 OR auflösen. Das tat sie denn
auch mit ihrem Fernschreiben vom 11. Oktober 1974, 15.25 Uhr. Der
Schadenersatzforderung der Klägerin ist damit der Boden entzogen.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 8. März 1978 bestätigt.