Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 II 204



105 II 204

34. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. April 1979 i.S.
Stäger gegen Brandt (Berufung) Regeste

    Art. 531 Abs. 3 und 548 Abs. 1 OR; Gewinnberechnung.

    1. Wird ein Grundstück bloss zur Überbauung in eine einfache
Gesellschaft eingebracht, so fällt es bei deren Auflösung an den
Gesellschafter zurück, dessen Eigentum es geblieben ist.

    2. Diesfalls ist nur der Betrag, um den der Wert des Grundstücks bis
zur Auflösung der Gesellschaft zugenommen hat, bei der Gewinnberechnung
zu berücksichtigen.

Sachverhalt

    A.- Hans Stäger, der in Zürich ein Architekturbüro betreibt,
befreundete sich im Winter 1968/69 mit den in Arosa wohnhaften Eheleuten
Brandt. Man kam überein, in Arosa ein Mehrfamilienhaus zu erstellen und
darin je eine Wohnung zu beziehen. Das vorgesehene Grundstück gehörte
der Bürgergemeinde Chur, die nur an Ortsansässige verkaufen wollte. Der
Kaufvertrag wurde daher am 9. Juli 1969 von Carl Brandt abgeschlossen,
der Kaufpreis von Fr. 126'620.- zur Hälfte aber von Stäger bezahlt. Im
Juli 1972 übertrug Brandt das Eigentum an der Parzelle auf seine Ehefrau.

    Stäger arbeitete ein Bauprojekt aus, das 1969 von den Behörden
abgelehnt wurde. Nach Wiedererwägung wurde 1970 die Baubewilligung
erteilt und nach Erfüllung von Auflagen am 20. Juni 1972 der Baubeginn
gestattet. Am 3. Juli 1972 teilte Frau Brandt Stäger telefonisch mit,
dass man mit den Bauvorbereitungen bereits begonnen, aber einen andern
Architekten beigezogen habe; er möge für seine Bemühungen Rechnung
stellen. Sie fügte bei, dass die für ihn vorgesehene Wohnung nunmehr
über Fr. 600'000.- kosten werde, weshalb Stäger verzichten wollte; in
der anschliessenden Korrespondenz kam er auf sein Bezugsrecht zurück,
doch wollte Brandt darauf nicht mehr eintreten.

    B.- Auf ein Vermittlungsgesuch Stägers hin überwiesen die Eheleute
Brandt ihm am 25. Mai 1973 Fr. 79'403.95 für seinen Anteil am Landerwerb
nebst Zins. Im Juli 1973 klagte Stäger gegen die Eheleute Brandt
insbesondere noch mit dem Begehren auf Feststellung, dass zwischen dem
Kläger und den Beklagten für den Erwerb, die Überbauung und den teilweisen
Verkauf der Liegenschaft eine einfache Gesellschaft geschaffen worden sei,
die heute noch bestehe.

    Das Bezirksgericht Plessur hiess die Klage am 28. August 1975 in dem
Sinne teilweise gut, dass es die Beklagten solidarisch verpflichtete, dem
Kläger seine Einlagen in Form der Architekturarbeiten mit Fr. 69'375.90
samt 5% Zins seit dem 19. März 1973 sowie einen Liquidationsgewinn von
Fr. 9'740.- samt 5% Zins seit dem 14. August 1972 zu bezahlen.

    Auf Appellation der Parteien änderte das Kantonsgericht von Graubünden
dieses Urteil am 28. August 1978 lediglich dahin ab, dass es den hälftigen
Anteil des Klägers am Liquidationsgewinn auf Fr. 14'740.- festsetzte.

    C.- Die vom Kläger gegen den Entscheid des Kantonsgerichts erhobene
Berufung beschränkt sich auf diesen Gewinn. Der Kläger verlangt,
dass ihm der volle hälftige Anteil am Liquidationserlös der einfachen
Gesellschaft zugesprochen und die Sache zu dessen Ermittlung an die
Vorinstanz zurückgewiesen werde.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Das Kantonsgericht geht bei der Berechnung des streitigen
Gewinnanteils davon aus, dass die einfache Gesellschaft auf den 3. Juli
1972, also noch vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten, aufgelöst worden
ist, weshalb nur die Wertsteigerung des Grundstückes von Fr. 19'480.-
seit dem Kauf, nicht aber der durch die Erstellung der Baute geschaffene
Wert zu berücksichtigen sei. Im Unterschied zum Bezirksgericht schlägt
es sodann für die inzwischen erreichte Baureife des Grundstückes weitere
Fr. 10'000.- hinzu, was zusammen einen Gewinnanteil von Fr. 14'740.-
zugunsten jeder Partei ergibt.

    a) Der Kläger hält diese Betrachtungsweise rechtlich für verfehlt,
weil eine Gesellschaft mit dem Eintritt eines Auflösungsgrundes in ein
Liquidationsstadium übergehe und erst nach dessen Abschluss zu bestehen
aufhöre; dazu sei es im vorliegenden Fall aber bis heute nicht gekommen.

    Was der Kläger über den Zusammenhang zwischen Auflösung und
Liquidation einer einfachen Gesellschaft eingehend ausführen. lässt,
trifft durchaus zu; insbesondere ist richtig, dass nicht schon der Eintritt
eines Auflösungsgrundes, sondern erst der Abschluss der Liquidation das
Gesellschaftsverhältnis beendigt (BGE 70 II 56, 59 II 423). Dass dies
dem Kantonsgericht entgangen sei, ist indes nicht anzunehmen, geht die
Vorinstanz doch davon aus, die Gesellschaft sei schon vor Überbauung der
Parzelle liquidiert worden.

    b) Die Behauptung, die Liquidation sei noch nicht abgeschlossen, wird
in der Berufung ausschliesslich damit begründet, dass dazu unter Vorbehalt
eines abweichenden Vereinbarung auch die Verwertung des Grundstückes
gehöre, die noch ausstehe. Da die Beklagten das Grundstück inzwischen
überbaut hätten, müsse die Wertsteigerung der Bauparzelle bis zum Abschluss
der Liquidation ermittelt werden; davon auszunehmen sei lediglich die
durch die eigentliche Bauausführung bedingte Wertzunahme. Nach Auffassung
des Klägers ist dabei so vorzugehen, dass man vom Nettoerlös der (zu
verkaufenden) Liegenschaft die (nach Baukostenindex aufgewerteten)
Bauaufwendungen abzieht und das Ergebnis davon im Verhältnis der
SIA-Honoraranteile für die Architekturarbeiten bzw. für die Bauführung
zu 5/7 der Gesellschaft und zu 2/7 den Beklagten allein zuweist, wobei
selbstverständlich die Betriebsüberschüsse der Liegenschaft seit 1972
mitzuberücksichtigen seien.

    Diese Auffassung könnte jedenfalls dem Grundsatz nach zutreffen,
wenn das Grundstück Gesellschaftsvermögen geworden wäre und deshalb
mangels anderer Einigung durch Versilberung liquidiert werden müsste (BGE
93 II 392; SIEGWART, N. 37 zu Art. 545/547 OR; MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER,
Grundriss des schweiz. Gesellschaftsrechts, 2. Aufl. § 8, N. 67). Das
Eigentum an der Parzelle ist indes nie auf die Gesellschaft übertragen
worden, was nach den für den Grundstückverkauf geltenden Formvorschriften
hätte geschehen müssen (Art. 531 Abs. 3 OR). Die Sachleistungspflicht
eines Gesellschafters kann sich freilich auch darin erschöpfen, dass
er die Sache der Gesellschaft zum Gebrauch überlässt. Um eine blosse
Gebrauchsüberlassung im Sinne von Miete oder Pacht handelte es sich
hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht; diese verpflichteten
sich vielmehr, das Grundstück der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen,
damit diese es ihrem Zweck gemäss überbauen könne (SIEGWART, N. 5 und 17
zu Art. 531 OR;, MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, N. 34; VON STEIGER, Schweiz.
Privatrecht Bd. VIII/1, S. 369). Das erklärt denn auch, dass der
Kläger sich zur Hälfte an den Landerwerbskosten beteiligt hat. Dieses
Vorgehen kann aus Kostenüberlegungen gewählt worden sein, z.B. um eine
doppelte Handänderung zu vermeiden; es entsprach zudem dem Entscheid der
Bürgergemeinde Chur, nur an Ortsansässige zu verkaufen.

    Wird eine Sache nur zum Gebrauch oder zur Verfügung einer Gesellschaft
in diese eingebracht, so fällt sie bei Auflösung der Gesellschaft an
den Gesellschafter zurück, dessen Eigentum sie geblieben ist (SIEGWART,
N. 17 und 40 zu Art. 531, N. 37 zu Art. 548/550; VON STEIGER, aaO,
S. 466). So verhielt es sich auch mit der Bauparzelle der Parteien,
weshalb es nach Auflösung der Gesellschaft keiner Liquidationsmassnahme
mehr bedurfte. Etwas anderes vermag die Berufung denn auch nicht darzutun;
eine Versilberung des Grundstückes, von der allein die Rede ist, kam
jedenfalls nicht in Betracht. Damit bestand auch kein Grund, das Ende
der Gesellschaft mit Rücksicht auf die Liquidation aufzuschieben, bis das
Haus gebaut war. Dass die Gesellschaft ursprünglich auch die gemeinsame
Überbauung bezweckt hat, vermag eine solche Verschiebung erst recht nicht
zu rechtfertigen, war doch mit der Auflösung im Juli 1972 dieser Zweck
entfallen und nur noch die Liquidation vorzunehmen (vgl. VON STEIGER,
aaO, S. 450 und 461; SIEGWART, N. 37 zu Art. 545/547 OR).

    c) Damit ist dem Vorwurf des Klägers, das Kantonsgericht habe bei
der Gewinnberechnung die Überbauung zu Unrecht ausser acht gelassen,
der Boden entzogen. Bei ihrer Berechnung hat die Vorinstanz neben
der eigentlichen Landwertsteigerung auch den Umstand berücksichtigt,
dass die Gesellschaft die Parzelle bis Sommer 1972 baureif gemacht hat;
Projekt und Baubewilligung lagen damals vor, und die Bürgergemeinde Chur
hatte einem Teilverkauf an Ortsfremde inzwischen zugestimmt. Der Kläger
bringt in dieser Hinsicht mit Recht nichts mehr vor.

    Nach den vom Kantonsgericht ermittelten Faktoren ergibt sich unstreitig
ein Gewinn von Fr. 29'480.-, der zur Hälfte dem Kläger zusteht. Das
angefochtene Urteil ist daher in dem allein noch streitigen Punkt zu
bestätigen.